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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.671/2005 /gij 
 
Urteil vom 15. März 2006 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann, 
Gerichtsschreiber Haag. 
 
Parteien 
- X.________AG, 
- Y.________, 
Beschwerdeführerinnen, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Peter Beck, 
 
gegen 
 
Z.________AG, Beschwerdegegnerin, 
Gemeinde St. Moritz, 7500 St. Moritz, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Otmar Bänziger, 
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, Obere Plessurstrasse 1, 7001 Chur. 
 
Gegenstand 
Baueinsprache, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 4. Kammer, vom 30. August 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Z.________AG ist Eigentümerin der teilweise überbauten Parzelle Nr. 1462 in St. Moritz, welche in der Äusseren Dorfzone liegt und mit einer Gefahrenzone II überlagert ist. Das Grundstück befindet sich in Hanglage und grenzt im Norden an die Via Brattas und im Süden an die Via Tinus. Zurzeit besteht auf dem Grundstück ein vor rund 70 Jahren errichteter Schopf mit einer Garage im Untergeschoss. Am 22. November 2004 reichte die Grundeigentümerin bei der Gemeinde St. Moritz ein Baugesuch für den Neubau eines Personalhauses mit dreigeschossiger Tiefgarage ein. Während der öffentlichen Auflage des Bauprojekts erhoben unter anderem die X.________AG und die Y.________ Einsprache. In der Folge nahm die Bauherrschaft zu einem Einsprachepunkt Stellung und ergänzte das Baugespann, worauf das Vorhaben am 27. Januar 2005 erneut öffentlich aufgelegt wurde. Daraufhin ergänzten die erwähnten Einsprecherinnen die Baueinsprache. Nach zusätzlichen Projektanpassungen, über welche die Einsprecherinnen orientiert wurden, wies der Gemeindevorstand St. Moritz die Einsprachen am 2. Mai 2005 ab und erteilte gleichzeitig die Baubewilligung. 
 
Einen von den unterlegenen Einsprecherinnen erhobenen Rekurs wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit Urteil vom 30. August 2005 ab, nachdem es einen Augenschein an Ort und Stelle durchgeführt hatte. 
B. 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 10. Oktober 2005 beantragen die X.________AG und die Y.________ im Wesentlichen, der Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 30. August 2005 sei aufzuheben. Sie rügen eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) und machen geltend, das Bauvorhaben übersteige die maximal zulässige Gebäudehöhe um rund 3 m, was ihre Liegenschaften empfindlich entwerte. Das Verwaltungsgericht und die Z.________AG beantragen Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werde. Die Gemeinde St. Moritz schliesst auf Abweisung des Rechtsmittels. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid, gegen den die staatsrechtliche Beschwerde zulässig ist (Art. 86 Abs. 1 OG). Die Beschwerdeführerinnen rügen die Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) bei der Anwendung der kommunalen Vorschriften über die Gebäudehöhe. Diese Bestimmungen haben nachbarschützenden Charakter. Die Beschwerdeführerinnen sind als nordöstlich und nordwestlich an das Baugrundstück angrenzende Nachbarn in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen und zur Beschwerdeführung befugt (Art. 88 OG; BGE 127 I 44 E. 2d S. 46 f; 119 Ia 362 E. 1b; 118 Ia 232 E. 1a, je mit Hinweisen). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten. 
2. 
Umstritten ist im vorliegenden Verfahren einzig, ob das Bauprojekt die zulässige maximale Gebäudehöhe von 15.5 m einhält oder überschreitet. Das Bundesgericht prüft, ob der auf kantonales und kommunales Baurecht gestützte Entscheid willkürlich ist. Willkürlich ist ein Entscheid, der mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dabei genügt es nicht, dass die Begründung unhaltbar ist, der Entscheid muss sich vielmehr im Ergebnis als willkürlich erweisen (BGE 125 I 166 E. 2a; 125 II 10 E. 3a; 129 E. 5b; 122 I 61 E. 3a, je mit Hinweisen). 
2.1 Nach Art. 89 Abs. 1 des Baugesetzes für die Gemeinde St. Moritz vom 14. März 1999 (BG) wird die Gebäudehöhe vom tiefsten Punkt des gewachsenen oder abgetragenen Bodens längs der Gebäudeaussenseite aus gemessen bis zum höchsten Punkt des Daches. Durch Terrainveränderungen dürfen die Vorschriften über die maximale Gebäudehöhe nicht umgangen werden. Bei seitlich gegliederten und/oder in der Höhe gestaffelten Bauten wird die Gebäudehöhe an jedem erkennbaren Baukörperteil einzeln ermittelt. Die Gesamthöhe eines zusammenhängenden in der Höhe gestaffelten Gebäudes darf von der Talseite her gemessen jedoch die zonengemässe Gebäudehöhe höchstens um 3,0 m überschreiten (sog. Hangbonus; Art. 89 Abs. 2 BG). Die Baubehörde kann bei besonderen Verhältnissen Abweichungen von der Gebäudehöhe bis max. 10 % gestatten (Art. 89 Abs. 3 BG). In der Äusseren Dorfzone beträgt die zulässige Gebäudehöhe 15.5 m (Art. 86 Abs. 4 BG). 
2.2 Das Verwaltungsgericht führt im angefochtenen Entscheid aus, das geplante Gebäude sei als gestaffelte Baute zu qualifizieren. Der über dem Garagentrakt liegende Wohntrakt sei um ca. 3 m gegen den Hang zurückversetzt, sodass ein treppenartiger Eindruck entstehe und das Gebäude den Anblick eines im Hang gestaffelten Komplexes biete. Die Gemeinde habe somit den Hangbonus vom 3 m im Sinne von Art. 89 Abs. 2 BG gewähren dürfen. Es werde von den Beschwerdeführerinnen zu Recht nicht behauptet, dass die unter Inanspruchnahme des Hangbonus zulässige Gebäudehöhe überschritten werde. Zudem sei die Gebäudehöhe bei seitlich gegliederten und/oder in der Höhe gestaffelten Bauten an jedem erkennbaren Baukörperteil noch einzeln zu ermitteln. Die einzelnen Teile hätten für sich allein betrachtet die Gebäudehöhe ohne den Hangbonus einzuhalten. Diese Voraussetzung sei erfüllt. Die südöstliche Ecke des zurückversetzten Wohnteils befinde sich nicht oberhalb des bestehenden Schopfs/Garage, sondern im Hangterrain. An diesem Punkt sei daher die Gebäudehöhe für den zurückversetzten und für sich erkennbaren Baukörperteil zu ermitteln. Dort finde offensichtlich auch keine Abgrabung statt; die Baute gehe dort vielmehr in das gewachsene Terrain über, so wie es sich heute präsentiere. Damit stehe das Gebäude im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts (Urteil 1P.363/2003 vom 15. April 2004) und der Messweise gemäss der langjährigen Praxis des Bündner Verwaltungsgerichts zum Begriff des gewachsenen Terrains (Praxis des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, PVG, 1992 Nr. 10). 
2.3 Die Beschwerdeführerinnen kritisieren die Ausführungen des Verwaltungsgerichts und machen geltend, die südöstliche Ecke des zurückversetzten Wohnteils befinde sich nicht im Hangterrain. Der Wohnteil rage vielmehr mit einer Wohnfläche von ca. 50 m2 mitten in das Dach des heute bestehenden Schopfs hinein. In diesem Bereich könne kein gewachsenes Terrain vorhanden sein, weil es bereits überbaut sei. In jenem Bereich stelle das Niveau des Erdgeschosses des Schopfs (Kote ca. 1848) "abgetragenen Boden" im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BG dar, von welchem aus die Gebäudehöhe des zurückversetzten Wohnteils gemessen werden müsse. Da der höchste Punkt des Dachs des zurückversetzten Wohnteils die Kote 1866 erreiche, betrage die Gebäudehöhe somit 18 m statt der maximal zulässigen 15.5 m. 
2.4 Aus den Baubewilligungsakten ergibt sich, dass die Grundfläche des umstrittenen Gebäudes auf der Ost- und der Westseite weit über die Grundmauern des bestehenden Schopfs hinausragt. Während das Verwaltungsgericht für die Bestimmung der Höhe des zurückversetzten Gebäudeteils auf den sichtbaren Terrainverlauf abstellt, vertreten die Beschwerdeführerinnen die Auffassung, die für die Errichtung des Schopfs vor ca. 70 Jahren vorgenommene Abgrabung sei massgebend. Nach Art. 89 Abs. 1 BG wird die Gebäudehöhe vom tiefsten Punkt des gewachsenen oder abgetragenen Bodens längs der Gebäudeaussenseite aus gemessen. Die für den zurückversetzten Gebäudeteil massgebenden Gebäudeaussenseiten befinden sich nach den Bauplänen überwiegend westlich und östlich des Schopfs auf bestehendem Terrain. Die Beschwerdeführerinnen kritisieren zwar, das bestehende Terrain sei in der Darstellung der Süd-Ost Fassade unzutreffend eingezeichnet. Dies ist insofern verständlich, als die früheren Abgrabungen für das Kellergeschoss des Schopfs auf dem Fassadenplan nicht eingezeichnet sind. Indessen ergibt sich aus der in der Beschwerde enthaltenen "Ansicht Süd", dass seitlich neben dem Schopf der Terrainverlauf mit dem im Fassadenplan eingezeichneten bestehenden Terrain übereinstimmen dürfte. Zum gleichen Ergebnis ist das Verwaltungsgericht, das auf dem Baugrundstück einen Augenschein durchgeführt hat, gelangt. Es bestehen auch aufgrund der Rügen der Beschwerdeführerinnen keine Anhaltspunkte, dass diese tatsächliche Situation nicht der Wirklichkeit entsprechen würde. Jedenfalls kann die Sachverhaltsfeststellung des Verwaltungsgerichts nicht als willkürlich bezeichnet werden. Ein Augenschein des Bundesgerichts erscheint somit nicht erforderlich. 
 
Angesichts dieser tatsächlichen Verhältnisse und der nach Art. 89 BG bestehenden Rechtslage ist es auch nicht willkürlich, dass das Verwaltungsgericht für die Beurteilung der Höhe des zurückversetzten Gebäudeteils auf das bestehende Terrain an der Gebäudeaussenseite unterhalb des zurückversetzten Gebäudeteils abgestellt hat. Die von den Beschwerdeführerinnen verlangte Messung vom Boden des Kellergeschosses des Schopfs aus wäre nicht angezeigt, weil die Gebäudehöhe des zurückversetzten Gebäudeteils nicht im Innern des Gebäudes, sondern nach Art. 89 Abs. 1 und 2 BG an der Gebäudeaussenseite zu bestimmen ist. Die in der Beschwerde beschriebene Höhe von 18 m umfasst die Gesamthöhe des Garagen- und des Wohntrakts zusammen, gemessen ab der Einfahrt in die Garage im 3. Untergeschoss an der Via Tinus. Diese Gesamthöhe ist indessen ebenfalls nicht zu beanstanden, da Art. 89 Abs. 2 BG bei gestaffelten Gebäuden eine Überschreitung der zonengemässen Gebäudehöhe um maximal 3 m von der Talseite her gemessen zulässt. Von Willkür bei der Anwendung der genannten baurechtlichen Bestimmungen kann somit keine Rede sein. Die kantonale Rechtsprechung entspricht im Übrigen auch der Praxis, wie sie in anderen Kantonen gilt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1P.327/2004 vom 5. Januar 2005, E. 3.5.3 mit Hinweisen). 
3. 
Es ergibt sich, dass die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen ist. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind den Beschwerdeführerinnen aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Diese haben die durch einen Anwalt vertretene obsiegende Gemeinde St. Moritz angemessen zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2 und 5 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird den Beschwerdeführerinnen auferlegt. 
3. 
Die Beschwerdeführerinnen haben die Gemeinde St. Moritz für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde St. Moritz und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 15. März 2006 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: