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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1A.58/2002/dxc 
 
Urteil vom 2. September 2002 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident, 
Bundesrichter Reeb, Féraud, 
Gerichtsschreiberin Gerber. 
 
X.________, 
Y.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Werner Marti, Postgasse 27, Postfach 649, 8750 Glarus, 
 
gegen 
 
Orts- und Tagwensgemeinde Schwanden, 
c/o Gemeinderat, Gemeindehaus, 8762 Schwanden GL, 
Regierungsrat des Kantons Glarus, Rathaus, 8750 Glarus, 
Verwaltungsgericht des Kantons Glarus, I. Kammer, 
Spielhof 1, 8750 Glarus. 
 
Baubewilligungsverfahren Werkhof Schwanden 
 
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus, I. Kammer, vom 5. Februar 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 17. Juli 2000 erteilte der Gemeinderat Schwanden der Orts- und Tagwensgemeinde Schwanden die Bewilligung zum Bau eines Gemeindewerkhofs auf der Parzelle GB Schwanden Nr. 376 an der Freibergstrasse in Schwanden, unmittelbar am Ufer der Linth. Im Gebäude einer ehemaligen Sägerei sollen Werkstätten, eine Schreinerei, Lagerräume, eine Hebebühne sowie ein neues Tor auf der Südseite eingebaut werden. Das Gebäude der bereits bestehenden Wertstoff-Sammelstelle soll auf der Südseite um ca. 3.50 m verlängert werden. Zudem ist der Bau mehrerer Parkplätze, einer Garage für Strassenunterhalts- und Schneeräumungsfahrzeuge und eines Autowaschplatzes geplant. Am 10. Mai 2000 erteilte die Baudirektion des Kantons Glarus die Ausnahmebewilligung zur Unterschreitung des Gewässerabstands im Bereich der Linth. 
B. 
Gegen die Bewilligung erhoben X.________ und Y.________ Beschwerde an den Regierungsrat des Kantons Glarus. Sie rügten u.a. die fehlende Zonenkonformität des Bauvorhabens und befürchteten übermässige Lärmimmissionen. Am 6. März 2001 wies der Regierungsrat die Beschwerde ab. 
C. 
Gegen diesen Entscheid erhob das Ehepaar X.________ und Y.________ Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus. Dieses hiess die Beschwerde am 5. Februar 2002 teilweise gut und wies die Sache an den Regierungsrat zurück, um erneut über die Erteilung einer Ausnahmebewilligung für die Unterschreitung des Gewässerabstands zu entscheiden; zudem müsse der Gemeinderat Schwanden prüfen, ob eine Ausnahme von den Strassenabstandsvorschriften bewilligt werden könne. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab. Das Gericht ging davon aus, dass der Werkhof höchstens mässige Lärmimmissionen verursachen werde, die in der Wohn- und Gewerbezone hinzunehmen seien, zumal das Rauschen der Linth einen ständigen erheblichen Lärmpegel darstelle. Die Baubewilligungsbehörde habe deshalb ihr Ermessen nicht überschritten, als sie auf eine Lärmprognose verzichtete. 
D. 
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid erhoben die Eheleute X.________ und Y.________ am 8. März 2002 Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht. Sie beantragen, das angefochtene Urteil sei insoweit aufzuheben, als dem Antrag auf Erstellung einer Lärmprognose nicht entsprochen worden sei. Der Gemeinderat Schwanden sei anzuweisen, für den Werkhof an der Freibergstrasse in Schwanden eine Lärmprognose gemäss Art. 25 Abs. 1 USG sowie Art. 36 Abs. 1 und Art. 38 Abs. 1 LSV zu erstellen bzw. erstellen zu lassen. Zudem beantragen sie, ihrer Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
E. 
Das Verwaltungsgericht und der Regierungsrat des Kantons Glarus beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen. Die Orts- und Tagwensgemeinde Schwanden hat sich nicht vernehmen lassen. Das BUWAL kommt in seiner Vernehmlassung zum Ergebnis, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die zu erwartenden Lärmimmissionen des Werkhofs die Planungswerte in der Umgebung überschreiten könnten. Den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, sich zur Stellungnahme des BUWAL zu äussern. 
F. 
Mit Verfügung vom 19. April 2002 wies der Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung ab. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Angefochten ist ein Entscheid des Verwaltungsgerichts, einer letzten kantonalen Instanz, der sich u.a. auf das Bundesgesetz über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG; SR 814.01) und die Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) stützt, d.h. auf Bundesverwaltungsrecht. Dieser Entscheid unterliegt somit grundsätzlich der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht (Art. 97 Abs. 1 OG i.V.m. Art. 5 VwVG; Art. 98 lit. g OG). Zwar handelt es sich formell um einen Zwischenentscheid, weil das Verwaltungsgericht die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanzen zurückgewiesen hat und das Verfahren somit noch nicht endgültig abgeschlossen ist. Die Rückweisung betrifft jedoch nur die Ausnahmebewilligung für die Unterschreitung des Gewässer- und des Strassenabstands; alle lärmrechtlichen Fragen wurden vom Verwaltungsgericht abschliessend entschieden und die Beschwerde insoweit abgewiesen. Insofern liegt ein Teilentscheid vor, der in gleicher Weise wie ein Endentscheid anfechtbar ist (BGE 120 Ib 97 E. 1b S. 99; 118 Ib 196 E. 1b S. 198 f., je mit Hinweisen). Die binnen 30 Tagen nach Zustellung des Urteils eingereichte Beschwerde ist deshalb rechtzeitig erhoben worden (Art. 106 Abs. 1 OG). Die Beschwerdeführer sind als Eigentümer der unmittelbar an die Bauliegenschaft angrenzenden Parzelle GB Schwanden Nr. 336 zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert (Art. 103 lit. a OG). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten. 
2. 
Die Beschwerdeführer verlangen, dass vor der Bewilligung des Bauvorhabens eine Lärmprognose erstellt werde. Der Gemeinderat Schwanden und der Regierungsrat hatten eine derartige Prognose nicht für erforderlich gehalten. Das Verwaltungsgericht sah darin keinen Ermessensmissbrauch, weil es sich beim Werkhof nicht um ein bedeutendes Bauvorhaben handle, von ihm höchstens mässig störende Immissionen zu erwarten seien und das Rauschen der Linth einen ständigen erheblichen Lärmpegel darstelle. Schliesslich verwies das Verwaltungsgericht auf die Möglichkeit, die Aussenlärmimmissionen der Werkhofs nachträglich, d.h. nach dessen Inbetriebnahme, zu ermitteln, wenn Grund zur Annahme bestehe, dass die massgebenden Belastungsgrenzwerte überschritten seien. 
2.1 Nach Art. 25 Abs. 1 Satz 1 USG und Art. 7 Abs. 1 lit. b LSV dürfen ortsfeste Anlagen nur errichtet werden, wenn die durch diese Anlagen allein erzeugten Lärmimmissionen die Planungswerte in der Umgebung nicht überschreiten. Die Bewilligungsbehörde kann eine Lärmprognose verlangen (Art. 25 Abs. 1 Satz 2 USG). Diese Bestimmungen werden durch die Art. 36 ff. LSV ergänzt: Danach ist die Vollzugsbehörde verpflichtet, die Aussenlärmimmissionen ortsfester Anlagen zu ermitteln oder deren Ermittlung anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass die massgebenden Belastungsgrenzwerte überschritten sind oder ihre Überschreitung zu erwarten ist (Art. 36 Abs. 1 LSV). Die Lärmimmissionen werden als Beurteilungspegel Lr (Anh. 3-7 Ziff. 3) oder Lmax (Anh. 5 Ziff. 4) anhand von Berechnungen oder Messungen ermittelt (Art. 38 Abs. 1 LSV). Die Anforderungen an die Berechnungsverfahren und Messgeräte richten sich nach Anhang 2 (Art. 38 Abs. 3 LSV). Die ermittelten Aussenlärmimmissionen werden sodann anhand der Belastungsgrenzwerte nach den Anhängen 3 ff. LSV beurteilt (Art. 40 Abs. 1 LSV). 
2.2 Für die Beurteilung des Lärms des geplanten Werkhofs ist Anhang 6 LSV (Industrie- und Gewerbelärm) massgebend. Der einzuhaltende Planungswert beträgt somit 60 dB(A) tagsüber und 50 dB(A) in der Wohn- und Gewerbezone sowie den angrenzenden Zonen mit Empfindlichkeitsstufe III und 55 bzw. 45 dB(A) in der südlich gelegenen allgemeinen Wohnzone 3a mit Lärmempfindlichkeitsstufe II. Dabei sind alle relevanten Lärmquellen des Werkhofs, aber auch nur diese zu berücksichtigen. Auf den Lärmpegel der Linth kommt es deshalb - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht an (vgl. Vernehmlassung des BUWAL Ziff. 3.3. a.E.). 
2.3 Die zu erwartenden Immissionen müssen schon im Baubewilligungsverfahren ermittelt werden. Es widerspricht dem Grundsatz der Vorsorge nach Art. 1 Abs. 2 und Art. 25 USG, die Abklärungen über die Einwirkungen der Anlage und den Erlass von Massnahmen zur Begrenzung der Lärmemissionen auf einen Zeitpunkt nach der Erstellung bzw. der Inbetriebnahme der Anlage zu verschieben (Entscheid 1A.405/1996 vom 9. September 1997 E. 5c/bb, publ. in URP 1997 577 und RDAF 1998 1 612). Die Baubewilligung darf nur erteilt werden, wenn die Anlage die Planungswerte in der Umgebung voraussichtlich einhalten wird; u.U. müssen hierfür emissionsmindernde Massnahmen angeordnet werden. Dies schliesst spätere Kontrollmessungen nach Inbetriebnahme der Anlage und die nachträgliche Anordnung weiterer emissionsmindernder Massnahmen bei einer festgestellten Überschreitung der Planungswerte nicht aus. Solche Massnahmen dürfen und müssen gegebenenfalls in der Baubewilligung vorbehalten werden, vermögen aber die gebotene Prüfung im Baubewilligungsverfahren nicht zu ersetzen. 
2.4 Die Frage, ob Grund zur Annahme besteht, dass die Belastungsgrenzwerte überschritten werden (Art. 36 Abs. 1 LSV), verlangt eine vorweggenommene Würdigung der Lärmsituation. Ist diese Frage zu bejahen, so ist die Behörde zur Durchführung eines Beweis- und Ermittlungsverfahrens nach den Art. 36 ff. LSV und den Anhängen 2-7 LSV verpflichtet, ohne dass ihr insoweit noch ein Ermessensspielraum zustünde (BGE 115 Ib 446 E. 3a S. 451). Dies gilt für alle Bauvorhaben, auch für vermeintlich "unbedeutende": Massgeblich ist einzig, ob die zu erwartenden Aussenlärmimmissionen des Vorhabens die Planungswerte überschreiten können. Dabei dürfen keine hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit einer Überschreitung der Planungswerte gestellt werden (vgl. die französische Fassung von Art. 36 Abs. 1 LSV ["pourraient l'être"], wonach die Möglichkeit einer Überschreitung genügt). Dies gilt zumindest im Kontext von Art. 25 Abs. 1 USG: Setzt die Erteilung der Baubewilligung eine positive Prognose hinsichtlich der Einhaltung der Planungswerte voraus, so sind weitere Ermittlungen in Form einer Lärmprognose (i.S.v. Art. 25 Abs. 2 Satz 1 und Art. 36 ff. LSV) schon dann geboten, wenn eine Überschreitung der Planungswerte möglich erscheint, d.h. beim aktuellen Kenntnisstand nicht ausgeschlossen werden kann (so im Ergebnis auch unveröffentlichter Entscheid 1A.203/1996 vom 2. Juni 1997 E. 3c, wo die Notwendigkeit einer Lärmprognose verneint wurde, weil die Anforderungen von Art. 9 lit. a LSV offensichtlich erfüllt waren und keinerlei Anhaltspunkt für eine mögliche Überschreitung der Belastungsgrenzwerte vorlag). 
2.5 Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil Ausführungen zu den relevanten Lärmquellen des Werkhofs gemacht, namentlich zum Lärm der dort stationierten Schneeräumungsfahrzeuge, der erweiterten Wertstoffsammelstelle, der geplanten mechanischen Werkstätte, der Schreinerei, dem geplanten Autowaschplatz mit Hochdruck-Abdampfanlage und der projektierten Hebebühne. Seine Ausführungen lassen aber keinen Schluss auf den zu erwartenden Beurteilungspegel des Lärms erkennen. Die Feststellung, es seien "allenfalls mässig störende Lärmimmissionen" zu erwarten, schliesst eine Überschreitung der Planungswerte nicht aus, da diese unter den Immissionsgrenzwerten liegen (Art. 23 USG), d.h. unterhalb der Grenze der schädlichen oder lästigen Einwirkungen (Art. 13 Abs. 1 USG) bzw. der erheblichen Störung des Wohlbefindens der Bevölkerung (Art. 15 USG). Dem Rauschen der Linth kommt im Zusammenhang mit dem Planungswert, wie bereits ausgeführt wurde (oben E. 2.2), keine Bedeutung zu. 
 
Das BUWAL ist in seiner Vernehmlassung zum Ergebnis gekommen, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die zu erwartenden Lärmimmissionen des Werkhofs die Planungswerte in der Umgebung überschreiten (vgl. Ziff. 3.4 - 3.7 und 4 der Vernehmlassung, auf die verwiesen wird). Dann aber hätte vor Erteilung der Baubewilligung eine Lärmprognose eingeholt werden müssen. 
3. 
Die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen, um darüber - nach Einholung einer Lärmprognose - neu zu entscheiden. 
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG); der Kanton Glarus ist verpflichtet, die Beschwerdeführer für die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2 OG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus, I. Kammer, vom 5. Februar 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur Einholung einer Lärmprognose und zu neuer Beurteilung an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen. 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
3. 
Der Kanton Glarus hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Orts- und Tagwensgemeinde Schwanden, dem Regierungsrat des Kantons Glarus und dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus, I. Kammer, sowie dem Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 2. September 2002 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: