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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_188/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 15. Juni 2017  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiberin Unseld. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich, 
2. A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andrea Taormina, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte; Willkür, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 13. Dezember 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Bezirksgericht Zürich sprach X.________ am 30. Juni 2016 vom Vorwurf der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte frei. Gegen diesen Entscheid erhob A.________ Berufung. 
 
B.  
Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte X.________ mit Urteil vom 13. Dezember 2016 wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 200.--. 
Dem Urteil des Obergerichts liegt folgender Sachverhalt zugrunde: 
Der Polizeibeamte B.________ nahm auf dem Internetportal "www.gayromeo.com", auf welchem X.________ unter einem Pseudonymein Profil unterhielt, Kontakt mit diesem auf, um herauszufinden, ob er einer in Bezug auf seinen Aufenthaltsstatus unrechtmässigen selbstständigen Erwerbstätigkeit nachging. X.________ bot dem Polizeibeamten im Rahmen des Chatverlaufs die käufliche Liebe für Fr. 150.-- an. In der Folge wurde ein Treffen am 18. September 2013 um ca. 19 Uhr in Zürich vereinbart. Als sich X.________ an jenem Abend zum Ort des vereinbarten Treffens begab, kamen der Polizeibeamte B.________ und die Polizeibeamtin A.________ in Zivil auf ihn zu. B.________ zeigte X.________ seinen Polizeiausweis, teilte ihm mündlich in englischer Sprache mit, dass er Polizist sei und es sich um eine Polizeikontrolle handle, und forderte ihn auf, seinen Pass und seine Aufenthaltsbewilligung zu zeigen. X.________ händigte B.________ die Ausweispapiere aus. Als die Polizeibeamten X.________ aufforderten, mit auf den Polizeiposten zu kommen, versuchte dieser, sich seiner Ausweispapiere wieder zu behändigen und zu flüchten. X.________ schlug mit Händen und Füssen um sich, als die Polizeibeamten ihn infolge des Fluchtversuchs festhalten wollten. Er wehrte sich auch noch, als nach kurzer Zeit ein Kastenwagen der Polizei mit einer uniformierten Polizistin am Tatort eintraf, welche B.________ und A.________ half, ihn in das Fahrzeug zu bringen. A.________ erlitt aufgrund des Verhaltens von X.________ während dieses Vorfalls Hämatome und Schürfungen an den Beinen sowie eine Verstauchung und eine Schnittwunde am kleinen Finger. 
 
C.  
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil vom 13. Dezember 2016 sei aufzuheben und er sei freizusprechen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Beweiswürdigung. Er habe die ihm unbekannten und in Zivil gekleideten Personen nicht als echte Polizisten wahrgenommen. Da B.________ seinen Chat-Decknamen gekannt, keine Uniform getragen habe und zudem eine weitere Person (die Beschwerdegegnerin 2) ohne Ausweis und Uniform dazugekommen sei, habe er sich gedacht, es könne sich unmöglich um Polizisten handeln. Vielmehr habe er B.________ für seinen Chat-Partner gehalten, allenfalls mit einem Ausweis, den er nicht verstand oder der gefälscht war. Er habe nicht gewusst, was diese mit ihm anstellen wollten, was bei ihm Stress und Angst ausgelöst habe. Seine chinesischen Aussagen seien zum Teil falsch übersetzt worden. Den Besonderheiten der chinesischen Sprache sei dabei nicht Rechnung getragen worden.  
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 141 IV 317 E. 5.4 S. 324 mit Hinweisen). Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (BGE 141 IV 369 E. 6.3 S. 375, 305 E. 1.2 S. 308 f.; je mit Hinweisen). Die Rüge der Willkür muss in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid, wie sie z.B. im Berufungsverfahren vor einer Instanz mit voller Kognition vorgebracht werden kann, tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 141 IV 369 E. 6.3 S. 375, 317 E. 5.4 S. 324; je mit Hinweisen).  
 
1.3. Die Vorinstanz erwägt u.a., der Beschwerdeführer sei zumindest zum Zeitpunkt, als er seine Ausweispapiere vorgewiesen habe, davon ausgegangen, es handle sich bei B.________ um einen Polizisten (angefochtenes Urteil E. 2.3.7 S. 14). Er habe zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Laufe des Verfahrens verschiedene Begründungen dafür vorgebracht, weshalb er geglaubt habe, dass er nicht Polizisten, sondern Betrügern gegenüberstand. Die Versuche, seine Ausweispapiere zurückzuverlangen und zu flüchten, würden sehr heftige Reaktionen darstellen. Aufgrund der Intensität dieser Handlungen wäre zu erwarten gewesen, dass für den Beschwerdeführer eindeutige Hinweise für die Annahme bestanden, er stehe wie geltend gemacht Betrügern gegenüber, Hinweise welche er konstant hätte wiedergeben können. Die vom Beschwerdeführer aufgeführten Gründe vermöchten höchstens gewisse Zweifel an der Identität des sich zuvor als Polizisten ausgewiesenen Polizeibeamten und der dazugekommenen Polizeibeamtin hervorzurufen. Keiner dieser Gründe erreiche jedoch die Intensität, welche beim Beschwerdeführer in nachvollziehbarer Weise jene durch ihn geltend gemachte Angst, in die Hände von Betrügern geraten zu sein, hätte auslösen können. Sein Vorbringen erscheine daher unglaubhaft (angefochtenes Urteil E. 2.4.1 S. 15). Vor dem Fluchtversuch des Beschwerdeführers habe es zudem keine Hinweise auf Festhaltemassnahmen durch die Polizeibeamten oder Anzeichen für einen Angriff gegeben, vor welchem sich dieser hätte fürchten müssen (angefochtenes Urteil E. 2.4.2 S. 15). Dieser habe anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 26. Mai 2015 erwähnt, er habe Angst gehabt, seinen Job zu verlieren. Vor diesem Hintergrund entstehe der Eindruck, dass er sich bewusst gewesen sei, durch die Polizei angehalten worden zu sein, und befürchtet habe, seine Arbeitgeberin könnte Kenntnis davon erhalten. Darauf deute auch hin, dass er erst dann zu flüchten versucht habe, als er gebeten worden sei mitzukommen. Erst ab diesem Zeitpunkt habe er damit rechnen müssen, dass es nicht bei der Ausweiskontrolle bleiben würde und die Rapportierung durch die Polizei allenfalls Folgen haben könnte (angefochtenes Urteil E. 2.4.4 S. 16). Dafür spreche auch, dass sich der Beschwerdeführer noch gewehrt habe, als eine uniformierte Polizistin hinzugekommen sei. Diesem habe spätestens beim Eintreffen des Kastenwagens der Polizei sowie der uniformierten Polizistin klar werden müssen, dass es sich bei ihr um eine richtige Polizistin handelte. Dass er sich danach weiter gegen das Festhalten zur Wehr gesetzt habe, bestätige, dass er auch zuvor nicht davon ausgegangen sei, es handle sich um Betrüger, sondern dass er sich der Kontrolle durch die Polizei habe entziehen wollen (angefochtenes Urteil E. 2.4.5 S. 16 f.).  
 
1.4. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den Ausführungen der Vorinstanz nur ungenügend auseinander und zeigt nicht auf, weshalb diese offensichtlich unhaltbar und damit geradezu willkürlich sein könnten. Die Vorinstanz legt schlüssig dar, weshalb sie zur Überzeugung gelangt, der Beschwerdeführer habe sich durch sein Verhalten einer Kontrolle durch die Polizei entziehen wollen. Ihre Ausführungen lassen keine Willkür erkennen. Der Beschwerdeführer macht demgegenüber sinngemäss geltend, er habe sich in einem Sachverhaltsirrtum (Art. 13 StGB) über das Vorliegen einer rechtfertigenden Sachlage befunden, die ihn dazu berechtigt habe, zu flüchten und sich mit Händen und Füssen gegen die Festhaltung durch die Polizeibeamten zu wehren. Dieser Argumentation durfte die Vorinstanz, ohne in Willkür zu verfallen, keinen Glauben schenken. Die Vorinstanz erkennt zwar, dass der Beschwerdeführer bei der Polizeikontrolle ein gewisses Unbehagen empfunden haben mag. Unter Willkürgesichtspunkten nicht zu beanstanden ist jedoch, wenn sie darin nicht den Grund für den Fluchtversuch des Beschwerdeführers und dessen Schläge mit Händen und Füssen sieht, sondern diese vielmehr auf dessen Angst vor möglichen Auswirkungen der Rapportierung durch die Polizei auf seine Arbeitsstelle zurückführt. Zutreffen mag auch, dass die Übersetzung der chinesischen Aussagen des Beschwerdeführers mit gewissen Schwierigkeiten verbunden war. Dass und inwiefern die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Ungenauigkeiten bei der Übersetzung seiner Aussagen (vgl. Beschwerde S. 4 und die dort zitierten zwei Beispiele) einen Einfluss auf die vorinstanzliche Beweiswürdigung hätten haben können, ist jedoch weder dargetan noch ersichtlich. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung hält auch insofern einer Willkürprüfung stand.  
Die Rügen des Beschwerdeführers sind unbegründet, soweit sie den gesetzlichen Begründungsanforderungen überhaupt zu genügen vermögen. 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer argumentiert, die präventive Kontaktaufnahme auf der Internetplattform sei gestützt auf § 32d des Polizeigesetzes des Kantons Zürich vom 23. April 2007 (PolG/ZH) erfolgt. Präventive Massnahmen seien im kantonalen Recht geregelt, soweit es um die Tätigkeitsbereiche der kantonalen Polizeibehörden gehe. Dabei sei sicherzustellen, dass äquivalente Regeln gälten wie für die verdeckte Ermittlung und die verdeckte Fahndung im Strafverfahren nach der StPO. Nur weil viele Leute auf der Internetplattform illegal arbeiten würden, sei dies noch kein Anhaltspunkt für einen Verdacht gegen ihn. Auch eine Situation zur Gefahrenabwehr zum Schutz von Personen habe nicht vorgelegen. Der verdeckt ermittelnde Polizist habe ihn ohne hinreichende Anhaltspunkte für eine Straftat für eine Fahrt nach Zürich getäuscht. Die Täuschung verletze die Grundrechte von Art. 13 BV und Art. 8 EMRK in schwerer Weise. Der nicht bewilligte Übergang von einer unselbstständigen zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit werde lediglich als Übertretung sanktioniert. Die Arbeitsweise der Polizei sei willkürlich gewesen und bringe unbehelligte Personen aufs Geratewohl in schwierige Situationen. Es sei zu prüfen, inwieweit die Täuschung durch die Polizei zulässig gewesen sei.  
 
2.2. Unklar ist, was der Beschwerdeführer mit seiner Rüge erreichen will. Art. 13 BV und Art. 8 EMRK schützen die Privatsphäre. Soweit die Ausführungen des Beschwerdeführers auf eine blosse Feststellung der Verletzung von Art. 13 BV und Art. 8 EMRK oder der Unrechtmässigkeit der Polizeikontrolle hinauslaufen, kann darauf nicht eingetreten werden, da die Frage nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheids bildete. Anfechtungsgegenstand ist vorliegend einzig das Urteil vom 13. Dezember 2016, d.h. die Strafbarkeit des Beschwerdeführers gemäss Art. 285 Ziff. 1 StGB (vgl. Art. 80 Abs. 1 BGG).  
 
2.3. Soweit der Beschwerdeführer mit seiner Rüge sinngemäss geltend macht, die angeblich unrechtmässige Kontaktaufnahme auf der Internetplattform und die damit verbundene Täuschung hätten ihn zum tätlichen Vorgehen gegenüber den Polizeibeamten berechtigt, kann ihm nicht gefolgt werden. Selbst wenn die Polizeikontrolle unrechtmässig gewesen wäre, vermöchte dies die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Gewalt gegenüber den Polizeibeamten nicht zu rechtfertigen. Ein Rechtfertigungsgrund im Sinne von Art. 14 ff. StGB liegt nicht vor.  
 
2.4. Die Frage einer allfälligen Unverwertbarkeit der polizeilichen Kontaktaufnahme und Kontrolle stellt sich ebenfalls nicht, da die Erkenntnisse daraus nicht für den Schuldspruch des Beschwerdeführers wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB herangezogen wurden. Ob die Polizeikontrolle rechtens war (siehe zur präventiven verdeckten Vorermittlung und Informationsbeschaffung im Internet etwa BGE 143 IV 27 E. 2.5 S. 32; 140 I 353 E. 5.5 S. 362 ff.), kann letztlich daher offenbleiben.  
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
Der Beschwerdegegnerin 2 ist keine Entschädigung auszurichten, da sie vor Bundesgericht keine Umtriebe hatte. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. Juni 2017 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Unseld