Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_610/2010 
 
Urteil vom 6. Dezember 2010 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Borella, Seiler, 
Gerichtsschreiber Nussbaumer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
G.________, 
vertreten durch Advokat Tobias Treyer, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Pensionskasse X.________, 
Beschwerdegegner, 
 
A.________. 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 2. Juni 2010. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
G.________ und A.________ heirateten am 7. Juli 1990. Mit Urteil des Bezirksgerichts Y.________ vom 15. September 2009, welches am 26. September 2009 in Rechtskraft erwuchs, wurde ihre Ehe geschieden. In Ziff. 9 des Urteilsdispositivs ordnete das Bezirksgericht an, die Austrittsleistung der beruflichen Vorsorge des Ehemannes sei im Verhältnis 50 zu 50 zu teilen. 
 
B. 
Nach Überweisung der Sache durch das Scheidungsgericht verpflichtete das Kantonsgericht Basel-Landschaft als Berufsvorsorgegericht mit Entscheid vom 2. Juni 2010 die Pensionskasse X.________, zu Lasten des Vorsorgekontos von A.________ den Betrag von Fr. 73'432.25 zuzüglich Zins auf das von der geschiedenen Ehefrau noch zu benennende Freizügigkeitskonto zu überweisen oder im Falle, dass diese Mitteilung ausbleibt, die Ausgleichsleistung der Stiftung Auffangeinrichtung zu überweisen. 
 
C. 
G.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid sei dahingehend abzuändern, dass der vom Kantonsgericht errechnete Betrag nicht auf ein Freizügigkeitskonto einzubezahlen sei, sondern vielmehr als Entschädigung im Sinne von Art. 124 ZGB auf ein von ihr zu bezeichnendes Bankkonto. Eventuell sei die Sache an das kantonale Gericht zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Ferner beantragt sie die unentgeltliche Verbeiständung. 
Pensionskasse X.________, A.________ und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
D. 
Mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 lässt G.________ ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zurückziehen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 
 
1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung stellt eine vom Bundesgericht ebenfalls zu korrigierende Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG dar (SEILER/VON WERDT/GÜNGERICH, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007 N. 24 zu Art. 97). 
 
2. 
2.1 Art. 122 Abs. 1 ZGB räumt jedem Ehegatten Anspruch auf die Hälfte der nach dem Freizügigkeitsgesetz vom 17. Dezember 1993 für die Ehedauer zu ermittelnden Austrittsleistung des anderen Ehegatten ein, wenn ein Ehegatte oder beide Ehegatten einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge angehören und bei keinem Ehegatten ein Vorsorgefall eingetreten ist. Die Teilung der Austrittsleistung wird nach den Art. 22 - 22c FZG durchgeführt, wobei im Falle der Nichteinigung die Zuständigkeit des Gerichts nach Art. 73 BVG vorgesehen ist (Art. 25a FZG; Art. 141 und 142 ZGB). Die geteilte Austrittsleistung hat dem beruflichen Vorsorgeschutz grundsätzlich erhalten zu bleiben (Art. 22 Abs. 1, Art. 22b Abs. 2 in Verbindung mit Art. 3-5 FZG). 
 
2.2 Ist bei einem oder beiden Ehegatten ein Vorsorgefall bereits eingetreten oder können aus anderen Gründen Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge, die während der Dauer der Ehe erworben worden sind, nicht geteilt werden, so ist gemäss Art. 124 Abs. 1 ZGB eine angemessene Entschädigung geschuldet. 
 
3. 
3.1 Das rechtskräftige Urteil des Scheidungsgerichts vom 15. September 2009 ist grundsätzlich verbindliche Ausgangslage für die vom Berufsvorsorgegericht vorzunehmende Teilung (BGE 134 V 384 E. 4.2 S. 389). Vorbehalten ist der Fall, dass das Berufsvorsorgegericht feststellt, dass die Teilung nicht mehr möglich ist, weil ein Vorsorgefall bereits eingetreten ist. Diesfalls muss es die Sache von Amtes wegen an das Scheidungsgericht überweisen, damit dieses nach Art. 124 ZGB vorgehe (BGE 136 V 225). 
 
3.2 Das Scheidungsgericht hat in Ziff. 9 seines Urteilsdispositivs Folgendes angeordnet: "Die Austrittsleistung der beruflichen Vorsorge des Klägers ist im Verhältnis 50:50 zu teilen". Dieser Wortlaut bezieht sich eindeutig auf eine Teilung nach Art. 122 ZGB, denn im Falle von Art. 124 ZGB existiert eine Austrittsleistung nicht mehr. Die Durchführung der vom Scheidungsgericht angeordneten Teilung ist auch nicht unmöglich. Beim Ehemann trat während der Ehe kein Vorsorgefall ein. Bei der Beschwerdeführerin war der Vorsorgefall Invalidität bereits vor der Ehe eingetreten. Während der Ehe war sie gemäss den von ihr vorgelegten Unterlagen höchstens risikoversichert, aber nicht sparversichert. Sie verfügt daher über keine zu teilende, während der Ehedauer erworbene Austrittsleistung. Hingegen verfügte der Ehemann noch über ein Altersguthaben bei der Pensionskasse, wie die Beschwerdeführerin selber vorbringt. Unter diesen Umständen hat das Scheidungsgericht mit Recht eine Teilung der Austrittsleistung des Ehemannes nach Art. 122 ZGB angeordnet, welche möglich bleibt (nicht publ. E. 2 von BGE 135 V 436; Urteile 5A_304/2010 vom 27. August 2010, E. 3, und 5C.176/2006 vom 27. Oktober 2006, E. 2; ISABELLE VETTER-SCHREIBER, BVG-Kommentar, 2009 Rz. 6 zu Art. 22b FZG; vgl. auch BGE 136 V 225). Dass die heutige Beschwerdeführerin im Scheidungsverfahren eine Entschädigung nach Art. 124 ZGB beantragt hat, ändert daran nichts, da im Bereich des Vorsorgeausgleichs aufgrund des zwingenden Charakters der beruflichen Vorsorge die Dispositionsmaxime nicht uneingeschränkt gilt (BGE 136 V 225 E. 5.3 S. 228). Schliesslich war das Scheidungsgericht auch nicht zuständig darüber zu entscheiden, ob die Austrittsleistung als Barauszahlung erbracht wird. 
 
4. 
Umstritten ist aufgrund der Begehren der Beschwerdeführerin einzig, ob die im Prinzip und im quantitativ unbestrittene Leistung auf ein Freizügigkeitskonto oder auf ein frei verfügbares Bankkonto zu überweisen ist. 
 
4.1 Auf den nach Art. 122 ZGB zu übertragenden Teil der Austrittsleistung sind die Art. 3 bis 5 FZG sinngemäss anwendbar (Art. 22 Abs. 1 FZG). Der berechtigte Ehegatte erhält somit diesen Betrag in Form einer Austrittsleistung, die grundsätzlich an (seine oder an) eine neue Vorsorgeeinrichtung (Art. 3 FZG) oder in eine andere Form der Erhaltung des Vorsorgeschutzes (Art. 4 FZG) zu überweisen ist. Vorbehalten sind Fälle der zulässigen Barauszahlung nach Art. 5 FZG
4.2 
4.2.1 Der Barauszahlungstatbestand von Art. 5 Abs. 1 lit. a FZG liegt nicht vor. 
4.2.2 Gemäss Auffassung des kantonalen Gerichts ist auch der Fall von Art. 5 Abs. 1 lit. b FZG nicht gegeben. Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin keine selbstständige Erwerbstätigkeit aufgenommen hat. Da sie offenbar nicht mehr erwerbstätig ist, untersteht sie allerdings nicht der obligatorischen beruflichen Versicherung (Art. 7 BVG). Nach dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 lit. b FZG müssen aber die beiden Voraussetzungen (Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit und keine obligatorische Versicherung) kumulativ erfüllt sein. 
4.2.3 Es sind keine Gründe ersichtlich, von diesem Wortlaut abzuweichen. Ratio legis des Art. 5 Abs. 1 lit. b FZG ist die finanzielle Unterstützung beim Aufbau einer Unternehmung (GEISER/SENTI, in: BVG und FZG, 2010, N. 41 zu Art. 5 FZG), dies als Ausnahme vom Grundsatz, dass das Vorsorgeguthaben als Altersvorsorge erhalten bleiben soll. Wäre die Ehe nicht geschieden worden, wäre das ganze Guthaben als Vorsorgeguthaben des Mannes diesem Zweck gewidmet geblieben. Der blosse Umstand, dass die Ehe geschieden wird, ist kein Grund, von dieser Zweckbindung abzusehen. 
 
4.3 Schliesslich bildet auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin Bezügerin einer Invalidenrente ist, kein Grund für eine Barauszahlung. Die in Art. 37 Abs. 2 BVG vorgesehene Kapitalabfindung findet auf die Invalidenrente keine Anwendung (Urteil B 121/06 vom 7. Mai 2007, E. 2 und 3; ISABELLE VETTER-SCHREIBER, a.a.O., Rz. 3 zu Art. 37 BVG). Eine Bestimmung, welche die Barauszahlung der Austrittsleistung zugunsten einer IV-rentenbeziehenden Person vorsehen würde, gibt es nicht und ist von der Beschwerdeführerin auch nicht angeführt worden. Die in der Literatur (GEISER/SENTI, a.a.O., N. 16 zu Art. 22b FZG) geäusserte Auffassung, in aller Regel werde die Austrittsleistung bar ausbezahlt, wenn bei der ausgleichsberechtigten Partei bereits ein Rentenfall eingetreten sei, wird nicht näher begründet und dürfte sich auf den Altersrentenfall (vgl. Art. 16 FZV) beziehen. 
 
5. 
Bei diesem Verfahrensausgang ist die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Nicht mehr zu beurteilen ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, nachdem die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 ihren entsprechenden Antrag zurückziehen liess. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, A.________, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 6. Dezember 2010 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Meyer Nussbaumer