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[AZA 0/2] 
5P.468/2000/ZBE/bnm 
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G ******************************** 
 
 
1. Februar 2001 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung, 
Bundesrichter Bianchi, Bundesrichter Meyer sowie 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
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In Sachen 
Z.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprech Dr. Urs Tschaggelar, Schützengasse 15, 2540 Grenchen, 
 
gegen 
Obergericht des Kantons Solothurn, Zivilkammer, 
 
betreffend Art. 29 BV 
(unentgeltliche Verbeiständung; Vaterschaftsprozess), hat sich ergeben: 
 
A.-Am 16. Mai 2000 errichtete die Vormundschaftsbehörde B.________ für den Sohn von Z.________, Y.________, geb. am 17. November 1998, eine Beistandschaft gestützt auf Art. 308 Abs. 2 und Art. 309 Abs. 2 ZGB und übertrug dem Beistand die Befugnis, das Kind bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruchs zu vertreten und für die Feststellung des Kindesverhältnisses zum Vater zu sorgen. Diese Verfügung wurde der Mutter zugestellt. 
 
 
Mit Eingabe vom 29. Mai 2000 hob die Mutter beim Zivilgericht A.________ gegen den mutmasslichen Vater Klage auf Feststellung des Kindesverhältnisses und auf Unterhalt an und ersuchte für dieses Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
Mit Eingabe vom 28. Juni 2000 klagte der Beistand des Kindes seinerseits im Namen des Kindes auf Feststellung des Kindesverhältnisses und Festsetzung des angemessenen Unterhaltes. 
 
B.-Nachdem die Klägerin anlässlich der Verhandlung vom 4. Juli 2000 in Gegenwart ihres Anwaltes angehört worden war, bewilligte ihr der Gerichtspräsident mit Verfügung vom 18. Juli 2000 die unentgeltliche Rechtspflege, wies jedoch ihren Antrag auf Ernennung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes ab. Den hiergegen erhobenen Rekurs der Klägerin wies das Obergericht des Kantons Solothurn am 20. September 2000 ab. 
 
 
C.-Die Klägerin führt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 29 BV mit Antrag, das obergerichtliche Urteil aufzuheben und die Akten zur Bewilligung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes an den obersten kantonalen Richter zurückzuweisen. Für das Verfahren vor Bundesgericht ersucht sie ebenfalls um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
Das Obergericht hat auf Vernehmlassung verzichtet. 
Die Beschwerdeführerin hat ihre Eingabe am 20. Dezember 2000 ergänzt. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.-a) Zulässig, aber überflüssig ist der Antrag auf Rückweisung der Sache zu neuer Entscheidung, zumal die kantonale Instanz auch ohne ihn den Weisungen des bundesgerichtlichen Entscheids gemäss neu über die Sache zu befinden hätte (BGE 112 Ia 353 E. 3c/bb; Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1992, S. 226 Fn. 
10). 
 
b) Das angefochtene Urteil ist der Beschwerdeführerin am 26. Oktober 2000 zugegangen, womit die Frist zur Einreichung der staatsrechtlichen Beschwerde angesichts des Wochenendes vom 25./26. November 2000 am 27. November 2000 abgelaufen ist (Art. 32 OG). Die ergänzende Eingabe vom 20. Dezember 2000 ist daher verspätet und folglich nicht zulässig. 
 
2.-Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Obergericht habe Art. 29 Abs. 3 BV verletzt, indem es ihr keinen unentgeltlichen Rechtsbeistand ernannt habe; zur Begründung führt sie - wie schon vor der obersten kantonalen Instanz - im Wesentlichen aus, im Zeitpunkt der Klageeinleitung vom 29. Mai 2000 sei ihr und ihrem Anwalt nicht bekannt gewesen, dass die Vormundschaftsbehörde dem Kind einen Beistand ernannt und diesen mit der Feststellung des Kindesverhältnisses und der Regelung des Unterhaltes beauftragt habe. Sie habe erstmals am 23. Mai 2000 ihren Anwalt aufgesucht und ihn beauftragt, sich um die Regelung von Vaterschaft, Unterhalt Erstausstattung des Kindes und Besuchsrecht zu kümmern. Bei Einleitung des Prozesses hätten sie und ihr Anwalt nicht um die Ernennung des Beistandes gewusst; die entsprechende Verfügung sei ihnen mit der Klage des Beistandes am 4. Juli 2000 zugestellt worden, so dass sie (die Beschwerdeführerin) - im Ergebnis - erst in diesem Zeitpunkt von der Ernennung des Prozessbeistandes erfahren habe. Die ihr allenfalls früher zugestellte Verfügung der Vormundschaftsbehörde habe sie nicht verstanden, da sie lediglich Thailändisch und ein wenig Englisch spreche. Unter diesen Umständen sei sie nicht in der Lage, ihren Anspruch auf Feststellung des Kindesverhältnisses geltend zu machen, und sei daher auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand angewiesen. 
 
 
a) Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand (Art. 29 Abs. 3 BV). 
 
Im vorliegenden Fall ist einzig streitig, ob der Beschwerdeführerin in Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV ein unentgeltlicher Rechtsbeistand verweigert worden ist. Nach der Rechtsprechung zu Art. 4 aBV, die sich ohne weiteres auf den nunmehr geltenden Art. 29 Abs. 3 BV übertragen lässt, will der Staat den Rechtsunterworfenen mit der unentgeltlichen Rechtspflege eine gewisse "Waffengleichheit" gewährleisten; jeder Betroffene soll grundsätzlich ohne Rücksicht auf seine finanzielle Situation unter den durch die Rechtsprechung geschaffenen Voraussetzungen Zugang zu den Gerichten und Anspruch auf die Vertretung durch einen Rechtskundigen haben (BGE 112 Ia 14 E. 3b S. 16; 119 Ia 134 E. 4 S. 135; 120 Ia 217 E. 1 S. 218). Das Bundesgericht prüft frei, ob ein Anspruch auf Beigabe eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes besteht. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hängt die Beantwortung dieser Frage weitgehend davon ab, wie leicht die sich im Prozess stellenden Fragen zu beantworten sind, ob die gesuchstellende Partei selbst rechtskundig ist - wobei unter Umständen selbst bei Rechtskundigkeit ein Anspruch nicht ausgeschlossen werden kann - und ob sich die Gegenpartei ihrerseits von einem Anwalt vertreten lässt. Weiter ist auch die Tragweite des Entscheides von Bedeutung; dabei ist eine gewisse Zurückhaltung am Platz, wo es ausschliesslich oder vorwiegend um finanzielle Interessen geht (BGE 104 Ia 72 E. 3c S. 77, mit weiteren Hinweisen). 
 
b) Im Lichte dieser Grundsätze ist der Beschwerdeführerin ein unentgeltlicher Rechtsbeistand beizugeben. Sie stammt aus einem anderen Kulturkreis und spricht nur Thailändisch und etwas Englisch, womit sie einerseits nicht über die erforderlichen rechtlichen Kenntnisse verfügt, die es ihr erlauben würden, das Verfahren betreffend Feststellung des Kindesverhältnisses ohne Hilfe eines kundigen Beistandes zu bestreiten; anderseits ist es ihr auch nicht zuzumuten, ohne genügende Kenntnisse der Prozessprache allein als Klägerin aufzutreten. Im Verfahren um Feststellung des Kindesverhältnisses stehen zudem gewichtige Interessen der Beschwerdeführerin auf dem Spiel, geht es doch darum, das Kindesverhältnis ihres Sohnes zum Beklagten feststellen zu lassen, der alsdann bei positivem Ausgang des Verfahrens für den Unterhalt des Sohnes mitverantwortlich sein wird (Art. 285 ZGB). Im Weiteren hat die Klägerin zusätzlich zum Begehren auf Feststellung des Kindesverhältnisses auch den Anspruch auf Erstausstattung des Kindes geltend gemacht, der nur ihr persönlich und nicht dem Kind zusteht (Art. 295 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB); vgl. Breitschmid, Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, N. 3 zu Art. 295 ZGB), wobei sie diesen Anspruch angesichts der aufgezeigten Umstände ebenfalls nicht allein vor Gericht durchsetzen kann. Mit der Weigerung, der Beschwerdeführerin einen unentgeltlichen Rechtsbeistand zu ernennen, hat das Obergericht somit Art. 29 Abs. 3 BV verletzt. 
 
c) Was zur Begründung des Entscheides vorgetragen wird, vermag daran nichts zu ändern. 
 
Zwar hat auch das Kind, vertreten durch seinen Beistand, auf Feststellung des Kindesverhältnisses und auf Zahlung von Unterhalt geklagt. Dennoch bleibt es dabei, dass auch die Beschwerdeführerin zur Klage auf Feststellung des Kindesverhältnisses legitimiert ist (Art. 261 Abs. 1 ZGB) und überdies ihre Klage vor jener des Kindes angehoben hat; es kann daher nicht angehen, ihr einen in der Sache gerechtfertigten unentgeltlichen Rechtsbeistand allein mit dem Hinweis auf die gleichlautende Klage des Kindes und die ähnlich gelagerten Interessen zu versagen. Nicht erheblich ist sodann, dass allein das Kind Unterhaltsklage anheben kann (Art. 276 ZGB), zumal die elterliche Sorge der Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht durch die Verfügung der Vormundschaftsbehörde nicht ausdrücklich eingeschränkt worden ist (Art. 308 Abs. 3 ZGB), so dass sie wenigstens Anträge zum Unterhalt des Kindes stellen kann (vgl. Hegnauer, Berner Kommentar, S. 353 am Ende, N. 17 zu Art. 261 ZGB). Ferner kann es auch nicht entscheidend darauf ankommen, dass der mit der Klage auf Feststellung des Kindesverhältnisses befasste Richter für die Regelung des persönlichen Verkehrs nicht zuständig ist. Dass für die persönlichen Ansprüche der Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 295 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB nach dem einschlägigen Prozessrecht die Untersuchungsmaxime gilt, spricht für sich auch nicht gegen einen unentgeltlichen Rechtsbeistand. Das Bundesgericht hat im Gegenteil von jeher betont, auch unter der Herrschaft der Offizialmaxime obliege in erster Linie den Parteien, dem Gericht die in Betracht fallenden Tatsachen zu unterbreiten, weshalb auch die Offizialmaxime einen unentgeltlichen Rechtsbeistand nicht von vornherein ausschliesse (BGE 104 Ia 72 E. 3b S. 77). Ein Ausschluss rechtfertigt sich im konkreten Fall erst recht nicht, in dem eine sprach- und rechtsunkundige Person geklagt hat. Schliesslich ist der Beschwerdeführerin auch nicht mit dem Beizug eines gerichtlichen Dolmetschers geholfen, da ihr dieser bei der Vorbereitung des Verfahrens ohnehin nicht zur Verfügung steht und den erforderlichen rechtlichen Beistand nicht zu ersetzen vermag. 
 
3.-Damit ist die staatsrechtliche Beschwerde gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann, und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Dem Kanton, der nicht eigene Interessen vertreten hat, können keine Gerichtskosten auferlegt werden (Art. 156 Abs. 2 OG). Hingegen hat er die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2 OG). Auch wenn die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde in unzulässiger Weise ergänzt hat, rechtfertigt sich eine Kürzung der Entschädigung nicht, da diese Ergänzung auf den Ausgang des Verfahrens keinen Einfluss hatte. 
 
Da die Beschwerdeführerin angesichts des Verfahrensausganges keine Verfahrenskosten zu tragen und zudem Anspruch auf eine nach dem ordentlichen Tarif festgesetzte Parteientschädigung hat, die überdies einbringlich ist (BGE 122 I 322), wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.-Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts, Zivilkammer, des Kantons Solothurn vom 20. September 2000 wird aufgehoben. 
 
2.-Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben. 
 
3.-Der Kanton Solothurn hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4.-Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Obergericht (Zivilkammer) des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 1. Februar 2001 
 
Im Namen der II. Zivilabteilung des 
SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: