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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_836/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 24. November 2016  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiber Fellmann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Zollinger, 
 
gegen  
 
Amt für Migration und Integration 
des Kantons Aargau. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung 
und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungs- 
gerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, 
vom 13. Juli 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der serbische Staatsangehörige A.________ (geb. 1977) heiratete am 27. April 2012 die Schweizer Staatsangehörige B.________. Am 4. Juni 2012 wurde ihm im Rahmen des Familiennachzugs eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Ehefrau in der Schweiz erteilt, die letztmals bis zum 30. April 2015 verlängert wurde. 
 
B.  
Am 18. August 2014 erhielt das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau (MIKA) Kenntnis davon, dass sich die Eheleute freiwillig getrennt hatten. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs verweigerte das MIKA mit Verfügung vom 23. Juli 2015 die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers und wies A.________ aus der Schweiz weg. Eine dagegen erhobene Einsprache blieb erfolglos (Einspracheentscheid vom 21. September 2015). Kantonal letztinstanzlich wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 13. Juli 2016 eine Beschwerde gegen den Einspracheentscheid ab. 
 
C.  
A.________ führt mit Eingabe vom 14. September 2016 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, das MIKA sei anzuweisen, die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Eventualiter sei von der Wegweisung abzusehen, subeventualiter die Sache zur weiteren Abklärung zurückzuweisen. Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten beigezogen. Auf die Anordnung eines Schriftenwechsels wurde verzichtet. 
Mit Verfügung vom 15. September 2016 erkannte der Abteilungspräsident der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zu. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 141 II 113 E. 1 S. 116). 
 
1.1. Die frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und formgerecht (Art. 42 BGG) eingereichte Beschwerde betrifft eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG). Sie richtet sich gegen das kantonal letztinstanzliche (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG), verfahrensabschliessende Urteil (Art. 90 BGG) eines oberen Gerichts (Art. 86 Abs. 2 BGG). Soweit sich der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsmittel gegen die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung richtet, ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig, da er sich in vertretbarer Weise auf einen potentiellen Anspruch aus Art. 42 Abs. 1 i.V.m. Art. 49 AuG (SR 142.20) beruft (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario). Ob der Anspruch tatsächlich besteht, ist Gegenstand der materiellen Beurteilung (vgl. BGE 139 I 330 E. 1.1 S. 332 mit Hinweisen; Urteile 2C_1075/2015 vom 28. April 2016 E. 1.2; 2C_401/2015 vom 12. November 2015 E. 1.1).  
 
1.2. Unzulässig ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten demgegenüber in Bezug auf die ebenfalls verfügte Wegweisung (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG). Diesbezüglich stünde dem Beschwerdeführer einzig die subsidiäre Verfassungsbeschwerde offen (Art. 113 ff. BGG). Im Zusammenhang mit der Wegweisung stellt der Beschwerdeführer zwar einen spezifischen Antrag, erhebt aber keine Rügen, die nicht bereits im Rahmen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten betreffend Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu behandeln sind. Soweit sich der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsmittel gegen die Wegweisung richtet, ist darauf folglich nicht einzutreten (vgl. BGE 137 II 305 E. 1.1 S. 307; Urteile 2C_608/2015 vom 1. Februar 2016 E. 1.1; 2C_28/2012 vom 18. Juli 2012 E. 1.2 und E. 4).  
 
1.3. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Unter Vorbehalt des soeben Dargelegten (vgl. E. 1.2 hiervor) ist auf die Beschwerde einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und lit. b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f. mit Hinweis). Die Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht untersucht das Bundesgericht in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 139 II 404 E. 3 S. 415).  
 
2.2. Sachverhaltsmässig stützt sich das Bundesgericht auf die Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf klar und detailliert erhobene Rüge hin möglich (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. zu den Anforderungen an Sachverhaltsrügen BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 265 f. mit Hinweisen). Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 17 f.).  
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs geltend (Art. 29 Abs. 2 BV). Aufgrund der formellen Natur des Gehörsanspruchs ist die Rüge vorweg zu behandeln (BGE 141 V 557 E. 3 S. 563 f.; 137 I 195 E. 2.2 S. 197; Urteil 2C_272/2016 vom 28. April 2016 E. 2).  
Zur Begründung führt der Beschwerdeführer aus, dass er im Einspracheverfahren vor dem MIKA nach Ablauf der Einsprachefrist eine Ergänzung zur Einsprache eingereicht habe. Diese sei von der Verwaltung jedoch nicht berücksichtigt worden. Damit sei er nicht umfassend angehört worden. 
Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt unter anderem, dass die Behörde die erheblichen und rechtzeitigen Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt (vgl. BGE 141 I 60 E. 3.3 S. 64; 136 I 229 E. 5.2 S. 236). Gemäss dem vorinstanzlichen Urteil hat das MIKA das Gesuch des Beschwerdeführers um Ansetzung einer Nachfrist zur Einspracheergänzung formell abgewiesen. Die spätere Eingabe des Beschwerdeführers hat es jedoch bei den Akten belassen. Aus der Einspracheergänzung ergab sich gemäss dem angefochtenen Urteil zudem nichts, was nicht bereits vorgebracht wurde oder bekannt war (vgl. angefochtenes Urteil E. 3.3). Die Einspracheergänzung betraf keine (zusätzlichen) erheblichen Vorbringen, was der Beschwerdeführer im Übrigen auch nicht geltend macht. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt vor diesem Hintergrund nicht vor; die Rüge ist unbegründet. 
 
3.2. Der Beschwerdeführer rügt weiter eine falsche Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz. Entgegen der Auffassung des MIKA und der Vorinstanz bestehe weiterhin ein Ehewille.  
Ob eine Ehe nur (noch) formell und ohne Aussicht auf Aufnahme bzw.   Wiederaufnahme einer ehelichen Gemeinschaft besteht, entzieht sich in der Regel einem direkten Beweis und kann oft nur auf Grund von Indizien beurteilt werden. Feststellungen über das Bestehen von solchen Hinweisen können äussere Begebenheiten, aber auch innere psychische Vorgänge betreffen (Wille der Ehegatten). In beiden Fällen handelt es sich um tatsächliche Feststellungen, in die das Bundesgericht nur eingreift, wenn sie offensichtlich unrichtig oder auf eine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG zurückzuführen sind (vgl. E. 2.2 hiervor; vgl. BGE 128 II 145 E. 2.3 S. 152; Urteile 2C_752/2016 vom 16. September 2016 E. 3.2; 2C_1055/2015 vom 16. Juni 2016 E. 2.3). Rechtsfrage ist demgegenüber, ob die festgestellten Tatsachen (Indizien) darauf schliessen lassen, dass die Berufung auf die Ehe rechtsmissbräuchlich ist oder dass die Familiengemeinschaft nicht mehr weiter besteht (vgl. BGE 128 II 145 E. 2.3 S. 152; Urteile 2C_752/2016 vom 16. September 2016 E. 3.2; 2C_303/2014 vom 13. März 2014 E. 2.1). 
Die Vorinstanz hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer bereits nach zwei Jahren und zwei Monaten aus der ehelichen Wohnung ausgezogen ist (vgl. angefochtenes Urteil E. 4.1). Als Grund dafür gab er an, dass es öfters zum Streit gekommen war. Seit der Auflösung des gemeinsamen Haushalts hat der Beschwerdeführer nie wieder mit seiner Ehefrau zusammen gelebt und auch keinen Versuch dazu unternommen. Daraus zieht die Vorinstanz den Schluss, dass der Ehewille bereits im Zeitpunkt der Trennung erloschen ist (vgl. angefochtenes Urteil E. 4.2 und E. 4.3). Seinen Gegenstandpunkt untermauert der Beschwerdeführer einzig mit dem Hinweis auf die Eheschutzverhandlung, an der es nicht sogleich zur einvernehmlichen Scheidung, sondern zur Bewilligung des einstweiligen Getrenntlebens kam. Soweit seine diesbezüglichen Ausführungen den Anforderungen an Sachverhaltsrügen überhaupt genügen (vgl. dazu E. 2.2 hiervor), ist eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz nicht dargetan. 
 
4.  
 
4.1. Nach Art. 2 Abs. 1 AuG gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes, soweit keine von der Schweiz abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge zur Anwendung kommen. Der Beschwerdeführer fällt als serbischer Staatsangehöriger grundsätzlich in den persönlichen Anwendungsbereich des Niederlassungs- und Konsularvertrags   vom 16. Februar 1888 zwischen der Schweiz und Serbien (SR 0.142.118.181). Aus derartigen vor dem 1. Weltkrieg abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträgen lassen sich jedoch keine Ansprüche auf Erteilung oder Verlängerung von Aufenthaltsbewilligungen ableiten (vgl. BGE 132 II 65 E. 2.3 S. 68 f.; 119 IV 65 E. 1b S. 69 f.; Urteil 2C_869/2010 vom 19. April 2011 E. 1.4). Somit sind ausschliesslich die Bestimmungen des Ausländergesetzes anwendbar.  
 
4.2. Ausländische Ehegatten von Schweizerinnen und Schweizern haben Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen (Art. 42 Abs. 1 AuG). Das Erfordernis des Zusammenwohnens nach Art. 42 Abs. 1 AuG besteht nicht, wenn für getrennte Wohnorte wichtige Gründe geltend gemacht werden und die Familiengemeinschaft weiter besteht (Art. 49 AuG; vgl. BGE 140 II 345 E. 4.4.1 S. 349 ff.).  
Nach den vorinstanzlichen Feststellungen (vgl. dazu E. 3.2 hiervor) war die Ehe des Beschwerdeführers bereits im Zeitpunkt der Auflösung des gemeinsamen Haushalts gescheitert. Versuche, das Zusammenleben wieder aufzunehmen, fanden keine statt. Somit kann keine Rede davon sein, dass zwischen den Ehegatten nur eine vorübergehende kurzfristige Ehekrise herrschte, die gegebenenfalls als wichtiger Grund im Sinne von Art. 49 AuG gelten könnte (vgl. Art. 76 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]; BGE 137 II 345 E. 3.1.2 S. 347; Urteil 2C_712/2014 vom 12. Juni 2015 E. 2.3). Die zweijährige Trennungsfrist nach Art. 114 ZGB steht dem nicht entgegen; das System des Ausländerrechts ist nicht darauf angelegt, dass ausländische Eheleute längere Zeit voneinander getrennt in der Schweiz leben können, um sich über ihre Beziehung klar zu werden (vgl. Urteile 2C_891/2012 vom 7. Juni 2013 E. 2.3; 2C_575/2009 vom 1. Juni 2010 E. 3.6). Hinzu kommt, dass die Trennungsfrist nach Art. 114 ZGB bereits im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils abgelaufen war, ohne dass es zur Wiederaufnahme des gemeinsamen Haushalts gekommen wäre (vgl. angefochtenes Urteil E. 4.3). Die Vorinstanz hat einen Anspruch aus Art. 42 Abs. 1 AuG zutreffend verneint. 
 
4.3. Nicht anders verhält es sich mit den möglichen Ansprüchen aus Art. 50 AuG: Weder hat die tatsächlich gelebte Ehe des Beschwerdeführers drei Jahre gedauert (Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG), noch sind wichtige persönliche Gründe ersichtlich, die einen weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Schweiz erforderlich machen würden (Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AuG). Vergeblich beruft sich der Beschwerdeführer auch auf Art. 8 EMRK: Das geschützte Recht auf Familienleben nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV ist nur berührt, wenn eine staatliche Massnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung beeinträchtigt (vgl. BGE 142 II 35 E. 6.1 S. 46; 137 I 247 E. 4.1.2 S. 249 f.), woran es im vorliegenden Fall mangelt.  
 
5.  
Die Beschwerde erweist sich nach dem Dargelegten als unbegründet, sodass auch von der subeventualiter beantragten Rückweisung an die Vorinstanz abzusehen ist. Bei diesem Verfahrensausgang trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG); Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. November 2016 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Fellmann