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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_491/2008 
 
Urteil vom 10. März 2009 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Raselli, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Franz Hollinger, 
 
gegen 
 
Bundesamt für Migration, Quellenweg 6, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Gesuch um Fristwiederherstellung zur Bezahlung des Kostenvorschusses, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 12. September 2008 des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III. 
Sachverhalt: 
 
A. 
Am 22. Mai 2008 erklärte das Bundesamt für Migration die erleichterte Einbürgerung von X.________ für nichtig. Mit Schreiben vom 9. Juni 2008 (Postaufgabe: 23. Juni 2008) erhob X.________ gegen diesen Entscheid Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Verfügung vom 17. Juli 2008 forderte ihn das Bundesverwaltungsgericht zur Leistung eines Kostenvorschusses bis zum 18. August 2008 auf und drohte mit Nichteintreten unter Kostenfolge. Das Schreiben wurde indessen am 29. Juli 2008 von der Post mit dem Vermerk "nicht abgeholt" retourniert. Mit Urteil vom 29. August 2008 trat das Bundesverwaltungsgericht deshalb auf die Beschwerde nicht ein. 
Mit Eingabe vom 4. September 2008 ersuchte X.________ das Bundesverwaltungsgericht um Wiederherstellung der versäumten Frist zur Bezahlung des Kostenvorschusses. Er machte hauptsächlich geltend, der Gesundheitszustand seiner im Kosovo lebenden Mutter habe sich überraschend verschlechtert und er habe ihr beistehen müssen. Aus diesem Grund sei er samt seiner Familie am 15. Juli 2008 in den Kosovo gereist und erst am 17. August 2008 wieder in die Schweiz zurückgekehrt. Das Bundesverwaltungsgericht entschied mit Urteil vom 12. September 2008, X.________ habe die Frist aus eigener Nachlässigkeit versäumt und lehnte das Wiederherstellungsgesuch ab. 
 
B. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 20. Oktober 2008 beantragt X.________ im Wesentlichen, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. September 2008 sei aufzuheben, das Wiederherstellungsgesuch sei gutzuheissen und die Vorinstanz sei anzuweisen, ihm eine neue, angemessene Frist zur Leistung des Kostenvorschusses anzusetzen. 
Das Bundesamt für Migration beantragt in seiner Vernehmlassung vom 29. Oktober 2008 die Abweisung der Beschwerde. Mit Vernehmlassung vom 24. November 2008 schliesst das Bundesverwaltungsgericht auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Der Beschwerdeführer hält in seiner Stellungnahme an seinen Anträgen und Rechtsauffassungen fest. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Angefochten ist ein Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts (Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG). Dieser erging im Rahmen eines Verfahrens betreffend die Nichtigerklärung einer erleichterten Einbürgerung. Die Beschwerde richtet sich somit gegen einen Entscheid in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit (Art. 82 lit. a BGG). Der angefochtene Entscheid weist das Gesuch um Fristwiederherstellung ab und beendet damit das Verfahren (Art. 90 BGG). 
 
1.2 Die Vorinstanz hat das Wiederherstellungsgesuch mit der Begründung abgewiesen, das Versäumnis sei verschuldet. In ihrer Vernehmlassung erhebt sie indessen auch den Einwand, dem Eintreten auf die Beschwerde stehe die Rechtskraft des Entscheids vom 29. August 2008 entgegen. 
Ist ein Gesuchsteller oder sein Vertreter unverschuldeterweise abgehalten worden, binnen Frist zu handeln, so wird diese gemäss Art. 24 Abs. 1 VwVG (SR 172.021) wieder hergestellt, sofern er unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt. Die Frage, ob die Wiederherstellung einer versäumten Frist auch nach Abschluss des Prozesses möglich ist, wird von Art. 24 VwVG nicht ausdrücklich beantwortet (vgl. Urteil 9C_75/2008 vom 20. August 2008). In Bezug auf Art. 35 aOG, dessen Wortlaut diesbezüglich ebenfalls nichts zu entnehmen ist, wurde sie in der Rechtsprechung des Bundesgerichts bejaht (BGE 85 II 145 S. 147; Urteil H 44/05 vom 11. April 2005 E. 1.2; je mit Hinweisen). Neu bestimmt Art. 50 Abs. 2 BGG ausdrücklich, die Wiederherstellung könne auch nach Eröffnung des Urteils bewilligt werden und führe zur Aufhebung des Urteils (Urteil 2C_98/2008 vom 12. März 2008 E. 1 mit Hinweisen). Der Umstand, dass Art. 24 VwVG beim Erlass des Bundesgerichtsgesetzes nicht mit einer entsprechenden Bestimmung ergänzt wurde, bedeutet nicht, dass in seinem Anwendungsbereich der Eintritt der Rechtskraft eine Wiederherstellung verunmöglicht (vgl. dazu Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4406 Ziff. 4.3.6). Eine derartige Unterscheidung ist nach Sinn und Zweck der Bestimmung nicht angezeigt. Die Möglichkeit, eine unverschuldet versäumte Frist wiederherzustellen, ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz (BGE 117 Ia 297 E. 3c S. 301 mit Hinweis; BGE 108 V 109 E. 2c S. 110; Urteil U 162/96 vom 17. Juli 1997 E. 3a mit Hinweis, in: SVR 1998 UV Nr. 10 S. 25). Es geht darum, unverschuldet erlittene verfahrensrechtliche Nachteile zu beseitigen. Zudem ist für die Behandlung des Wiederherstellungsbegehrens jene Behörde zuständig, welche bei Gewährung der Wiederherstellung über die nachgeholte Parteihandlung zu entscheiden hat (Urteile 9C_75/2008 vom 20. August 2008; C 224/00 vom 26. September 2000). Die Notwendigkeit, ein Rechtsmittel gegen einen Nichteintretensentscheid an die nächsthöhere Instanz zu ergreifen (soweit der Betroffene wegen des Hinderungsgrundes dazu überhaupt in der Lage ist), würde deshalb zu einem prozessualen Leerlauf führen. 
 
1.3 Die Wiederherstellung nach Art. 24 Abs. 1 VwVG kann somit auch verlangt werden, wenn der Prozess bereits abgeschlossen ist. Die Rechtskraft des Nichteintretensentscheids der Vorinstanz vom 29. August 2008 stellt deshalb keine fehlende Sachurteilsvoraussetzung im Verfahren vor Bundesgericht dar. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten. 
 
2. 
2.1 Nach Ansicht des Beschwerdeführers wurde ihm die Verfügung vom 17. Juli 2008 mit der Aufforderung zur Bezahlung des Kostenvorschusses nicht rechtsgültig zugestellt. Die Annahme des Gegenteils würde den Grundsatz von Treu und Glauben verletzen (Art. 9 BV). Mit der Zustellung habe er nicht rechnen müssen. Nach Eingang seiner Beschwerde bei der Vorinstanz habe er während über drei Wochen nichts von dieser gehört. Zudem hätten am 15. Juli 2008 die Gerichtsferien begonnen (Art. 22a Abs. 1 lit. b VwVG). Art. 63 Abs. 4 VwVG verlange, dass dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist zur Leistung des Kostenvorschusses angesetzt werde. Da die Gerichtsferien vom 15. Juli bis und mit 15. August dauerten, seien nach Ende der Gerichtsferien bis zum Fristende am 18. August 2008 lediglich drei Tage verblieben. Dies sei keine angemessene Frist im Sinne von Art. 63 Abs. 4 VwVG. Schliesslich hätten der Grundsatz von Treu und Glauben und das Verbot des überspitzten Formalismus (Art. 29 Abs. 1 BV) die Vorinstanz veranlassen müssen, die Verfügung nochmals mit normaler Post, d.h. nicht eingeschrieben zuzustellen. 
2.2 
2.2.1 Eine eingeschriebene Postsendung gilt spätestens am siebenten Tag nach dem ersten erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt (Art. 20 Abs. 2bis VwVG). Diese Zustellungsfiktion kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts indessen nur zum Tragen, wenn die Zustellung eines behördlichen Aktes mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten war respektive der Adressat damit hatte rechnen müssen und diesem nach erfolglosem Zustellungsversuch tatsächlich eine postalische Abholungseinladung mit Fristangabe ordnungsgemäss in seinen Briefkasten oder sein Postfach gelegt wurde (BGE 130 III 396 E. 1.2.3 S. 399; Urteil 9C_753/2007 vom 29. August 2008 E. 3; je mit Hinweisen). Die erste dieser beiden Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt, denn während eines hängigen Verfahrens muss mit behördlichen Sendungen gerechnet werden. Deshalb hat derjenige, der sich während eines hängigen Verfahrens für längere Zeit von der den Behörden bekanntgegebenen Adresse entfernt, entweder dafür zu sorgen, dass ihm die an die bisherige Adresse zugestellte Korrespondenz nachgesandt wird, oder der Behörde zu melden, wo er nunmehr zu erreichen ist, oder einen Vertreter zu beauftragen, der während seiner Abwesenheit für ihn handeln kann. Tut er dies nicht, so muss er eine an die bisherige Adresse versuchte Zustellung als erfolgt gelten lassen (BGE 119 V 89 E. 4b/aa S. 94 mit Hinweisen). Dass (als zweite Voraussetzung) eine postalische Abholungseinladung mit Fristangabe ordnungsgemäss in seinen Briefkasten oder sein Postfach gelegt wurde, wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. 
2.2.2 Auch die Rüge, die Vorinstanz habe keine angemessene Frist im Sinne von Art. 63 Abs. 4 VwVG angesetzt, geht fehl. Gemäss dem klaren Wortlaut von Art. 22a Abs. 1 VwVG gilt der Fristenstillstand während der Gerichtsferien nur für jene Fristen, die nach Tagen bestimmt sind. Er gilt somit nicht für behördlich festgesetzte Fristen, die - wie bei prozessleitenden Anordnungen regelmässig der Fall - auf einen bestimmten Kalendertermin lauten. Dass die Kostenvorschussverfügung vorliegend nicht sofort nach Eingang der Beschwerde, sondern nach mehr als drei Wochen erging, ist nicht entscheidend (Urteile 2A.186/2004 vom 13. Juli 2004 E. 2.3; 2P.120/2005 vom 23. März 2006 E. 4.2 mit Hinweisen, in: ZBl 108/2007 S. 46). Sind die Voraussetzungen der Zustellfiktion erfüllt, so ist es nicht Aufgabe des Gerichts, nach Hinderungsgründen beim Beschwerdeführer zu forschen, zumal bei unverschuldeter Hinderung eine Wiederherstellung möglich ist (Urteil 2A.339/2006 vom 31. Juli 2006 E. 4.2 mit Hinweisen). Das Bundesverwaltungsgericht hat deshalb weder den Grundsatz von Treu und Glauben noch das Verbot des überspitzten Formalismus (vgl. Urteil 1P.583/1994 vom 13. Februar 1995 E. 3a bis c mit Hinweisen) verletzt, indem es die verbleibende Zeit bis zum Ablauf der Frist nicht für einen neuerlichen Zustellungsversuch nutzte. 
 
2.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe Art. 24 Abs. 1 VwVG verletzt, indem es die Wiederherstellung der Frist zur Leistung des Kostenvorschusses ablehnte. Dass es ihm aufgrund der Reise in den Kosovo nicht möglich gewesen wäre, für eine Nachsendung der Post, die Benachrichtigung der Vorinstanz oder die Beauftragung eines Vertreters zu sorgen, ist jedoch nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht. Vielmehr räumt er in seiner Beschwerdeschrift ein, die Benachrichtigung der Vorinstanz vergessen zu haben. Somit bestand kein unverschuldeter Hinderungsgrund, welcher kausal für die prozessuale Säumnis gewesen wäre (vgl. etwa BGE 119 II 86 E. 2b S. 88 mit Hinweisen). 
 
3. 
Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Migration und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 10. März 2009 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Féraud Dold