Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
5A_686/2020  
 
 
Urteil vom 28. Oktober 2020  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Marazzi, von Werdt, 
Gerichtsschreiberin Gutzwiller. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
beide vertreten durch Rechtsanwältin Pia Dennler-Hager, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
C.C.________ und D.C.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Fidel Cavelti, 
Beschwerdegegner, 
 
E.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Fidel Cavelti. 
 
Gegenstand 
Volljährigenadoption, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts von Graubünden, I. Zivilkammer, vom 22. Juni 2020 (ZK1 19 170). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1951) und B.________ (geb. 1970) sind die leiblichen Eltern des E.________ (geb. 1997). Ihre Ehe wurde 2006 geschieden. Gleichzeitig wurde ihnen die elterliche Sorge über E.________ entzogen. Dieser wurde unter Vormundschaft gestellt und C.C.________ zu dessen Vormund bestellt. C.C.________ war und ist mit D.C.________ verheiratet. Letztere ist die Mutter von B.________ und damit die Grossmutter von E.________. Das Kind lebte viele Jahre bei C.C.________ und D.C.________, die auch dessen Pflegeeltern wurden. E.________ lebt noch heute bei ihnen.  
 
A.b. Mit Eingabe vom 14. Februar 2018 reichten C.C.________ und D.C.________ bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Engadin/Südtäler (KESB) ein Gesuch um gemeinsame Adoption von E.________ ein. Dieser stimmte der Adoption durch das Ehepaar C.________ zu. A.________ teilte der KESB am 23. April 2018 mit, er akzeptiere die Adoption nicht.  
 
A.c. Nach Anhörung der Parteien und der leiblichen Eltern von E.________ stimmte die KESB mit Entscheid vom 2. September 2019 der Adoption zu und stellte fest, dass das bisherige Kindesverhältnis zu A.________ und B.________ mit der rechtskräftigen Adoption erlösche, E.________ neu den Nachnamen C.________ erhalte und dessen Bürgerrecht keine Änderung erfahre.  
 
B.   
Gegen diesen Entscheid führten A.________ und B.________ verwaltungsrechtliche Berufung beim Kantonsgericht Graubünden. Dieses wies das Rechtsmittel unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Berufungskläger ab (Entscheid vom 22. Juni 2020). 
 
C.   
Mit Eingabe vom 25. August 2020 wenden sich B.________ (Beschwerdeführerin) und A.________ (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Sie beantragen, das Adoptionsgesuch von C.C.________ und D.C.________ (Beschwerdegegner) sei abzuweisen, eventuell sei das Verfahren zwecks ergänzender Abklärungen an die Bewilligungsbehörde zurückzuweisen. Sodann sei die Sache zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen an das Kantonsgericht zurückzuweisen; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die - rechtzeitig eingereichte (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 Bst. b BGG) - Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht über die Adoption einer volljährigen Person und damit über eine nicht vermögensrechtliche Zivilsache entschieden hat (Art. 72, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). 
 
2.   
Auf die Beschwerde kann nur eingetreten werden, wenn die Beschwerdeführer zu deren Einreichung legitimiert sind. Die Beschwerdeberechtigung beurteilt sich im Verfahren vor Bundesgericht auch im Bereich des Adoptionsrechts allein nach Art. 76 Abs. 1 BGG. Demnach ist zur Beschwerde in Zivilsachen berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (Bst. a) und durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (Bst. b). 
 
2.1. Die Beschwerdeführer haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, womit die erste Voraussetzung von Art. 76 Abs. 1 BGG erfüllt ist. Der Umstand allein, dass sie am kantonalen Verfahren als Partei aufgetreten sind oder dass sie das Beschwerdeverfahren vor dem Kantonsgericht veranlasst haben, verschafft ihnen aber noch kein schutzwürdiges Interesse an der Beschwerdeführung nach Art. 76 Abs. 1 Bst. b BGG. Hierzu ist vielmehr vorausgesetzt, dass die Beschwerdeführer, nebst dem, dass sie durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt sind, einen praktischen Nutzen an der Gutheissung der Beschwerde haben, der es ihnen ermöglicht, einen Nachteil wirtschaftlicher, ideeller, materieller oder anderweitiger Natur zu vermeiden, den der angefochtene Entscheid mit sich brächte (vgl. BGE 143 III 578 E. 3.2.2.2). Das von den Beschwerdeführern verfolgte Interesse muss sodann ihr eigenes sein. Mit der Beschwerde in Zivilsachen können nicht die Interessen Dritter geltend gemacht werden (Urteil 5A_687/2019 vom 26. Mai 2020 E. 2.2 mit Hinweisen).  
 
2.2. Nach Art. 266 Abs. 2 ZGB setzt die Adoption eines Volljährigen die Zustimmung der leiblichen Eltern nicht voraus. Immerhin ist deren Einstellung zur Adoption zu  würdigen (Art. 268a quater Abs. 2 Ziff. 2 ZGB). Dasselbe gilt mit Bezug auf Nachkommen der adoptionswilligen Personen, hier die Beschwerdeführerin (Art. 268a quater Abs. 1 ZGB). Schliesslich ist diesen Personen der Adoptionsentscheid mitzuteilen (Art. 268a quater Abs. 3 ZGB). All dies verschafft den leiblichen Eltern der zu adoptierenden Person bzw. den Nachkommen der adoptionswilligen Personen keine eigentliche Parteistellung im Adoptionsverfahren. Das Gesetz verlangt - bloss, aber immerhin - die Würdigung der Einstellung dieser Personen zur Adoption. Dabei steht weniger das eigene Interesse der Anzuhörenden, sondern das Wohl der zu adoptierenden Person im Vordergrund (Breitschmid, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, 6. Aufl. 2019, N. 2 zu Art. 268a quater ZGB).  
Angesichts des soeben Ausgeführten können die leiblichen Eltern hauptsächlich eine allenfalls unterlassene Anhörung beanstanden. Zu Recht machen die Beschwerdeführer nichts Derartiges geltend. Zweifellos sind die leiblichen Eltern wegen des mit der Adoption verbundenen Erlöschens der rechtlichen Eltern-Kind-Beziehung in ihrer Persönlichkeit unmittelbar betroffen. Diese Interessen stehen indes in direkter Konkurrenz mit jenen des (nunmehr) volljährigen Kindes. Ob den leiblichen Eltern zusätzlich zum Anspruch, angehört zu werden, zuzugestehen wäre, überwiegende eigene Interessen an der Beibehaltung des Kindesverhältnisses geltend zu machen (wie dies in der Lehre mit dem Hinweis vertreten wird, dass es schwer falle, Beispiele hierfür zu sehen: Breitschmid, a.a.O., N. 4 zu Art. 268a quater ZGB), braucht vorliegend nicht beantwortet zu werden. Wie nachfolgend aufgezeigt wird, berufen sich die Beschwerdeführer nämlich nicht auf überwiegende eigene Interessen. 
 
2.3.  
 
2.3.1. Als Beschwerdegrund bezeichnen die Beschwerdeführer die unrichtige Anwendung der Bestimmungen von Art. 266 Abs. 1 und 2 ZGB, teils in Verbindung mit Art. 264 Abs. 1 und/oder Art. 268a quater ZGB. Soweit sie in allgemeiner Weise, d.h. ohne ersichtlichen Bezug zu eigenen Interessen, die Rechtsanwendung durch das Kantonsgericht beanstanden, mangelt es ihnen am vom Gesetz geforderten Interesse und ist insofern auf die Beschwerde nicht einzutreten. Im Übrigen darf eine volljährige Person adoptiert werden, wenn sie aus körperlichen, geistigen oder psychischen Gründen dauernd hilfsbedürftig ist und die adoptionswilligen Personen ihr während mindestens eines Jahres Pflege erwiesen haben (Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB), wenn die adoptionswilligen Personen ihr während ihrer Minderjährigkeit mindestens ein Jahr lang Pflege und Erziehung erwiesen haben (Art. 266 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB) oder wenn andere wichtige Gründe vorliegen und sie während mindestens eines Jahres mit den adoptionswilligen Personen im gleichen Haushalt gelebt hat (Art. 266 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB). Diese drei Alternativen sind voneinander unabhängig. Aus der Formulierung der Ziff. 3 "wenn andere wichtige Gründe vorliegen" folgt ohne Weiteres, dass die in Ziff. 1 und 2 genannten Voraussetzungen als "wichtige Gründe" für die Adoption einer volljährigen Person zu gelten haben. Folglich bedarf es keines weitergehenden "ideellen oder wichtigen Ausnahmegrundes", wie sich dies die Beschwerdeführer vorstellen. Es genügt, dass die Voraussetzungen nach Ziff. 1 oder jene nach Ziff. 2 erfüllt sind. Vorbehalten bleibt in diesen Fällen lediglich - aber immerhin - der offensichtliche Rechtsmissbrauch (Art. 2 Abs. 2 ZGB). Die Beschwerdeführer behaupten nicht, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen nach Art. 266 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB nicht erfüllt wären, und Rechtsmissbrauch wird ebenfalls weder behauptet noch dargetan.  
 
2.3.2. Sodann beklagen sich die Beschwerdeführer über den Einfluss der Adoption auf die erbrechtliche Situation der Beschwerdeführerin. Die erbrechtlichen Interessen der Beschwerdeführerin vermögen indes kein überwiegendes eigenes Interesse an der Beibehaltung des Kindesverhältnisses (vgl. E. 2.2) zu begründen. Sind die im Gesetz genannten Voraussetzungen für die Adoption einer volljährigen Person erfüllt, sind die sich daraus ergebenden Konsequenzen hinzunehmen. Dies gilt auch und namentlich für materiell nachteilige Folgen, welche die Adoption auf die leiblichen Eltern der zu adoptierenden Person oder auf Nachkommen der adoptionswilligen Personen haben können. Hier geht es um die Halbierung des gesetzlichen Erbanspruchs der Beschwerdeführerin und damit verbunden die (betragsmässige) Verminderung des Pflichtteils. Die Vermeidung dieser Konsequenz begründet indes kein überwiegendes Interesse, welches die Adoption eines Volljährigen zu Fall bringen könnte.  
 
2.4. Insgesamt gelingt es den Beschwerdeführern nicht, ein Rechtsschutzinteresse auszuweisen, so dass sie nicht zur Beschwerde legitimiert sind.  
 
3.   
Nach dem Ausgeführten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Die Beschwerdeführer unterliegen; sie werden unter solidarischer Haftbarkeit kosten- (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG), nicht aber entschädigungspflichtig (Art. 68 Abs. 1 BGG), zumal die Beschwerdegegner nicht zur Stellungnahme eingeladen wurden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, E.________ und dem Kantonsgericht von Graubünden, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. Oktober 2020 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Die Gerichtsschreiberin: Gutzwiller