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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5C.105/2005 /bnm 
 
Urteil vom 11. Juli 2005 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Ersatzrichter Riemer, 
Gerichtsschreiber Gysel. 
 
Parteien 
X.________, 
Klägerin und Berufungsklägerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Hermann Just, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beklagte und Berufungsbeklagte, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bernhard Trauffer, 
 
Gegenstand 
Dienstbarkeit, 
 
Berufung gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden (Zivilkammer) vom 7. September 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ ist Eigentümerin der in der Gemeinde B.________ gelegenen Parzelle Nr. rrr, Y.________ Eigentümerin der südlich (hangabwärts) angrenzenden Parzelle Nr. sss. Zur Erschliessung dieser beiden im Dezember 1970 von der Parzelle Nr. ttt abgetrennten Grundstücke wie auch weiterer Grundstücke im fraglichen Gebiet durch eine zwischen den beiden erwähnten Parzellen durchführende Zufahrtsstrasse (heutiger Name: Weg C.________) wurden (durch die damaligen Eigentümer) gegenseitige Grunddienstbarkeiten errichtet. 
B. 
Mit Eingabe vom 21. Januar 2002 reichte X.________ beim Bezirksgericht Plessur gegen Y.________ Klage ein und beantragte, festzustellen, dass sich der Umfang, d.h. Fläche und Lage, der zu Lasten ihres Grundstücks und zu Gunsten des Grundstücks der Beklagten bestehenden Dienstbarkeit "Zufahrtsrecht" auf die in der bei den Belegen des Grundbuchs befindende Situationsskizze 1:500 eingezeichnete Fläche beschränke und sich insbesondere auf einer Länge von 19 m ab dem Grenzstein in der südwestlichen Parzellenecke auf einen 1,25 m breiten Streifen entlang der südlichen Parzellengrenze beschränke (Klagebegehren Nr. 1); allenfalls sei die zu Lasten ihres Grundstücks und zu Gunsten des Grundstücks der Beklagten bestehende Dienstbarkeit "Zufahrtsrecht" in ihrem genauen Umfang, d.h. Fläche und Lage, festzustellen (Klagebegehren Nr. 2). Alsdann sei der so festgestellte Umfang der Dienstbarkeit in einer planlichen Darstellung festzuhalten und das Grundbuchamt B.________ anzuweisen, das Urteil und die planliche Darstellung zu den Belegen der entsprechenden Dienstbarkeit zu nehmen (Klagebegehren Nr. 3). 
 
Das Bezirksgericht Plessur wies mit Urteil vom 27. Mai 2003 das Klagebegehren Nr. 1 ab. Sodann stellte es fest, dass das strittige Zufahrtsrecht im südwestlichen Bereich der Parzelle Nr. rrr (Kurvenausgang bis Parzellengrenze) die gesamte derzeit asphaltierte Fläche des Weges C.________, wie sie in der dem Urteil angehängten Grundbuchplankopie dargestellt sei, umfasse. Das Grundbuchamt wurde angewiesen, das Urteil als Beleg zu den Grundbuchakten zu nehmen und auf den betreffenden Grundbuchblättern einen entsprechenden Verweis einzutragen. 
 
Eine von der Klägerin gegen das bezirksgerichtliche Urteil eingereichte Berufung wies das Kantonsgericht von Graubünden (Zivilkammer) am 7. September 2004 ab. 
C. 
Die Klägerin hat gegen den Entscheid des Kantonsgerichts sowohl staatsrechtliche Beschwerde als auch eidgenössische Berufung erhoben. Mit der Berufung erneuert sie ihre Klagebegehren. 
 
Eine Berufungsantwort ist nicht eingeholt worden. 
D. 
Mit Urteil vom heutigen Tag hat die erkennende Abteilung entschieden, dass auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten werde (5P.157/2005). 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Für die Ermittlung von Inhalt und Umfang einer Dienstbarkeit gibt Art. 738 ZGB eine Stufenordnung vor. Ausgangspunkt ist der Grundbucheintrag. Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrag deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend (Art. 738 Abs. 1 ZGB). Nur wenn sein Wortlaut unklar ist, darf im Rahmen des Eintrags auf den Erwerbsgrund zurückgegriffen werden (Art. 738 Abs. 2 ZGB), d.h. auf den Begründungsakt, der als Beleg beim Grundbuchamt aufbewahrt wird (Art. 948 Abs. 2 ZGB) und einen Bestandteil des Grundbuchs bildet (Art. 942 Abs. 2 ZGB). Ist auch der Erwerbsgrund nicht schlüssig, kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit - im Rahmen des Eintrags - aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist (Art. 738 Abs. 2 ZGB)(BGE 130 III 554 E. 3.1 S. 556 f.). 
2. 
Wie auch die Klägerin selbst anerkennt, lassen sich dem Grundbucheintrag keine deutlichen Angaben zum Inhalt des strittigen Zufahrtsrechts entnehmen. Schon das Bezirksgericht hatte deshalb geprüft, inwieweit auf den Erwerbsgrund zurückgegriffen werden könne. Es erwähnte vorab die Situationsskizze, die dem von den Rechtsvorgängern der beiden Parteien am 10. Juli 1967 unterzeichneten einschlägigen Dienstbarkeitsvertrag beigeheftet gewesen sei. Das Kantonsgericht teilt die Auffassung der ersten Instanz, jene habe die vom Zufahrtsrecht betroffene Bodenfläche noch nicht endgültig festgehalten. Sie werde lediglich als Situationsskizze bezeichnet und bilde Bestandteil eines Vertrags, mit dem die Errichtung und spätere Benützung der Quartiererschliessungsstrasse habe sichergestellt werden wollen und in dem auch bereits dem Umstand Rechnung getragen worden sei, dass die bislang landwirtschaftlichen Zwecken dienende Parzelle Nr. ttt eines Tages ebenfalls überbaut werden dürfte. Dies habe vernünftigerweise nur so verstanden werden können, dass der Weg C.________, so wie er nach seiner Erstellung nach aussen in Erscheinung treten würde, als Gesamtanlage ungeschmälert für die Ausübung des Zufahrtsrechts zu den durch ihn erschlossenen Grundstücken zur Verfügung stehen werde, also auch für die hier in Frage stehenden Parzellen, die am 18. Dezember 1970 von der Liegenschaft Nr. ttt abgetrennt worden seien. Zu jenem Zeitpunkt sei der Weg C.________ in Form einer Naturstrasse bereits gebaut gewesen. Im Rahmen der Eintragung der Abparzellierung und der damit einhergehenden Übertragung der bestehenden Dienstbarkeiten auf die beiden neuen Grundstücke sei die Grundbuchanmeldung um den vom 11. November 1970 datierten Plan ergänzt worden. Dieser habe nicht nur die neuen Liegenschaftsgrenzen wiedergegeben, sondern gleichzeitig auch den Verlauf und die Ausdehnung der Erschliessungsstrasse angedeutet, nunmehr aber nicht mehr als Projekt wie in der Situationsskizze von 1967, sondern in etwa so, wie sie inzwischen offenbar errichtet worden sei. Seither diene der Plan im Grundbuch als Beleg für das auf der Parzelle Nr. rrr (der Klägerin) zugunsten der Parzelle Nr. sss (der Beklagten) lastende Zufahrtsrecht. 
 
Die Vorinstanz verweist alsdann auf die Aussagen der verschiedenen (vom Bezirksgericht) befragten Zeugen, denen entnommen werden könne, dass die Weganlage hinsichtlich ihrer Erscheinungsform im Gelände in der Folge keine wesentlichen Änderungen mehr erfahren habe. Während Jahrzehnten sei die Anlage von den Anstössern im Vertrauen darauf, dass Baute und Grunddienstbarkeit deckungsgleich seien, zum vorgesehenen Zweck benützt worden, ohne dass es zu irgendwelchen Beanstandungen gekommen wäre, auch nicht etwa von Seiten der Rechtsvorgänger der Klägerin, in deren Stellung diese eingetreten sei. Insbesondere deute nichts darauf hin, dass im strittigen Grenzbereich zwischen den Parzellen Nrn. rrr und sss die Ausübung der Dienstbarkeit einmal anders gehandhabt worden wäre, dass hierfür nicht der ganze Strassenkörper, sondern nur ein Teil davon zur Verfügung gestanden hätte. 
 
Auf Grund ihrer Erkenntnis, dass die der Erschliessung der fraglichen Grundstücke dienende Baute und die die Zufahrt gewährleistende Dienstbarkeit einander entsprächen, hat die Vorinstanz weiter festgehalten, dass für den Ausgang der Streitsache nicht von Belang sein könne, wann bestimmte Teile des Weges C.________ einen Asphaltbelag erhalten hätten. Ebenso wenig sei ersichtlich, wie sich aus dem Umstand, dass auf dem umstrittenen Abschnitt des Weges C.________ offenbar gelegentlich Fahrzeuge abgestellt würden, zwingend der Schluss ergeben soll, dass jener Bereich von der Grunddienstbarkeit gar nicht erfasst werde. Auch aus der etwas verwirrenden Bemerkung im erstinstanzlichen Urteil, die Erschliessungsstrasse sei zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt geringfügig, um rund 0,75 m, verbreitert worden, könne die Klägerin nichts zu ihren Gunsten ableiten. Abgesehen davon, dass die Annahme des Bezirksgerichts dem Ergebnis der Zeugenbefragung zuwiderlaufe, enthalte der anlässlich der Abparzellierung gefertigte Plan ohnehin keine zentimetergenaue Darstellung der damals errichteten Erschliessungsanlage. Vergleiche zwischen diesem Plan und der aktuellen Grundbuchplankopie erlaubten damit nicht, verlässlich zu sagen, dass es in der Vergangenheit zu nennenswerten Erweiterungen des Strassenkörpers gekommen sei. 
3. 
Verletzungen von Bundesrecht erblickt die Klägerin darin, dass das Kantonsgericht sich bei seinem Entscheid nicht in erster Linie auf die Grundbuchbelege gestützt und ausserdem Art. 737 Abs. 2 ZGB missachtet habe, wonach ein aus einer Dienstbarkeit fliessendes Recht in möglichst schonender Weise auszuüben sei. Was sie zur Begründung im Einzelnen ausführt, ist indessen unbehelflich: 
3.1 Die Feststellung des Kantonsgerichts, die Situationsskizze von 1967 habe die vom strittigen Zufahrtsrecht betroffene Bodenfläche noch nicht endgültig festgehalten, ist tatsächlicher Natur. Auf Grund des zur staatsrechtlichen Beschwerde Ausgeführten ist sie für das vorliegende Verfahren verbindlich, zumal die Klägerin auch nicht etwa darlegt, sie sei unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen, und nichts auf ein offensichtliches Versehen hindeutet (Art. 63 Abs. 2 OG). Was die Klägerin der erwähnten Feststellung entgegenhält, ist hier daher nicht zu hören. Sodann ist unter den dargelegten Umständen nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz zum Schluss gelangte, der Umfang des Zufahrtsrechts lasse sich aus der erwähnten Skizze nicht mit hinreichender Deutlichkeit bestimmen, und sich bei der Ermittlung der Lokalisierung der Dienstbarkeit deshalb nicht damit begnügte, auf jene abzustellen. Die tatsächlichen Feststellungen des Kantonsgerichts lassen auch die Aussagen den Planes aus dem Jahre 1970 zu Lage und Umfang der Dienstbarkeit als zu unbestimmt erscheinen, so dass das Gesagte ebenso für ihn gilt. Damit unterscheiden sich die hier gegebenen Verhältnisse wesentlich von denjenigen, die dem von der Klägerin angerufenen Urteil der erkennenden Abteilung vom 23. Dezember 2003 (5C.225/2003+5C.226/2003) zugrunde gelegen hatten: Dort war ein eindeutiger Situationsplan vorhanden. 
3.2 Indem das Kantonsgericht bei der Ermittlung der Lokalisierung der Dienstbarkeit die Art berücksichtigte, wie das Zufahrtsrecht während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist (Art. 738 Abs. 2 ZGB), hat es nach dem Gesagten kein Bundesrecht verletzt. Die Annahme der Vorinstanz, das Zufahrtsrecht sei in dem zwischen den Grundstücken der Parteien gelegenen Bereich seit Jahrzehnten stets auf dem ganzen Strassenkörper des Weges C.________ ausgeübt worden, ist wiederum tatsächlicher Natur. Auch sie ist aus den oben dargelegten Gründen hier deshalb verbindlich. Dass die Beklagte einen Teil des fraglichen Strassenstücks anerkanntermassen regelmässig als Parkplatz nutze, wie die Klägerin vorbringt, findet in den tatsächlichen Feststellungen des Kantonsgerichts keine Stütze. Die Vorinstanz wie schon das Bezirksgericht, auf dessen Erwägungen im angefochtenen Urteil verwiesen wird, haben im Übrigen durchwegs klar zum Ausdruck gebracht, dass ausschliesslich ein "Zufahrtsrecht" zur Diskussion stehe und die strittige Dienstbarkeit keine zusätzliche Nutzung der von der Klägerin erwähnten Art erfasse. Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Kantonsgerichts, aus dem gelegentlichen Abstellen von Fahrzeugen auf dem strittigen Abschnitt sei nicht zwingend zu schliessen, dass der betreffende Strassenteil vom Zufahrtsrecht ausgenommen sei. Die Ausführungen der Klägerin zu den allgemeinen Grundsätzen des Dienstbarkeitsrechts (Pflicht zur schonenden Ausübung der Dienstbarkeit; restriktive Auslegung von Grunddienstbarkeiten; Eintragungsprinzip bzw. öffentlicher Glaube des Grundbuchs) stossen angesichts des im angefochtenen Entscheid in tatsächlicher Hinsicht Festgestellten ins Leere. 
4. 
Soweit auf die Berufung einzutreten ist, ist sie nach dem Gesagten abzuweisen. Die Gerichtsgebühr ist mithin der Klägerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Da keine Berufungsantwort eingeholt worden ist und der Beklagten demnach keine Kosten erwachsen sind, entfällt die Zusprechung einer Parteientschädigung. 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird der Klägerin auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden (Zivilkammer) schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 11. Juli 2005 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: