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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 310/05 
 
Urteil vom 26. Januar 2006 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Jancar 
 
Parteien 
B.________, 1944, Beschwerdeführer, vertreten durch D.________, 
 
gegen 
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Lagerhausstrasse 19, 8400 Winterthur, Beschwerdegegner, 
 
(Verfügung vom 18. August 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Winterthur Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend Winterthur) richtete dem 1944 geborenen B.________ für die Folgen eines am 23. März 1991 erlittenen Unfalls (Treppensturz) seit 1. Januar 1994 eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 50 % aus; zudem sprach sie ihm eine Integritätsentschädigung von 60 % zu (Verfügung vom 22. August 1994). Die Rentenzahlungen waren vom 1. August 1996 bis 31. Januar 1997 und ab 1. Mai 1997 sistiert. Mit Verfügung vom 2. Dezember 2004 hob die Winterthur die Invalidenrente ab 1. Mai 1997 auf. Die dagegen erhobene Einsprache wies sie ab. Zudem verneinte sie den Anspruch auf unentgeltliche anwaltliche Verbeiständung, da das Begehren nur ansatzweise begründet und nicht näher belegt sei; die Mittellosigkeit sei nicht erstellt (Entscheid vom 31. Januar 2005). 
B. 
Hiegegen reichte der anwaltlich vertretene Versicherte am 28. April 2005 beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Beschwerde ein und beantragte die Aufhebung des Einspracheentscheides sowie die weitere Gewährung der Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung; zudem ersuchte er um Bewilligung der unentgeltlichen Verbeiständung im Einspracheverfahren und im kantonalen Verfahren sowie um Anordnung eines zweiten Schriftenwechsels. Der Rechtsvertreter legte der Beschwerde eine 10-seitige Eingabe des Versicherten vom 27. April 2005 bei. Die Winterthur schloss am 27. Mai 2005 auf Abweisung der Beschwerde und des Gesuchs um unentgeltliche Verbeiständung. Mit prozessleitender Verfügung vom 18. August 2005 verneinte das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich den Anspruch auf unentgeltliche Prozessführung, da der Beizug eines Anwalts nicht notwendig gewesen sei; weiter ordnete es einen zweiten Schriftenwechsel an und stellte dem Versicherten die Vernehmlassung der Winterthur zur Replik zu. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt der Versicherte die Gewährung der unentgeltlichen anwaltlichen Verbeiständung im kantonalen Verfahren. 
 
Das kantonale Gericht verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das Eidgenössische Versicherungsgericht beurteilt letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG auf dem Gebiete der Sozialversicherung (Art. 128 in Verbindung mit Art. 97 OG). Als Verfügungen gelten laut Art. 5 Abs. 2 VwVG u.a. auch Zwischenverfügungen über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege nach Art. 45 Abs. 2 lit. h und Art. 65 VwVG. Solche Verwaltungsakte sind selbstständig anfechtbar, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 45 Abs. 1 VwVG). Ferner ist zu beachten, dass gemäss Art. 129 Abs. 2 OG in Verbindung mit Art. 101 lit. a OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Zwischenverfügungen nach Art. 45 VwVG nur zulässig ist, wenn sie auch gegen die Endverfügung offen steht (BGE 128 V 201 Erw. 2a, 124 V 85 Erw. 2 mit Hinweisen). Das ist in Streitigkeiten betreffend Leistungen der Unfallversicherung (Heilbehandlung, Taggeld, Invalidenrente) der Fall (Art. 62 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 2 ATSG und Art. 1 Abs. 1 UVG; zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenes Urteil K. vom 28. September 2005 Erw. 1.2, U 266/04). 
1.2 Nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts gehört der kantonale Entscheid über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege zu den Zwischenverfügungen, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Er kann daher selbstständig mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde bei diesem Gericht angefochten werden (BGE 100 V 62 Erw. 1, 98 V 116 Erw. 1, 97 V 250 Erw. 1; SVR 2004 AHV Nr. 5 S. 17 Erw. 1.1, 1998 UV Nr. 11 S. 31 Erw. 4a; erwähntes Urteil K. Erw. 1.3). 
2. 
Nach Art. 61 ATSG bestimmt sich das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht unter Vorbehalt von Artikel 1 Absatz 3 VwVG nach kantonalem Recht. Es hat den in lit. a-i aufgezählten Anforderungen zu genügen. Art. 61 lit. f ATSG hält fest, dass das Recht, sich verbeiständen zu lassen, gewährt sein muss. Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Partei ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt. Diese Vorschrift gilt laut Art. 2 ATSG und Art. 1 UVG von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen auch im Bereich der Unfallversicherung (vgl. auch Art. 29 Abs. 3 Satz 2 BV und § 16 Abs. 1 des Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich vom 7. März 1993; erwähntes Urteil K. Erw. 1.1.1). 
3. 
3.1 Die Vorinstanz hat die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der unentgeltlichen Verbeiständung im Allgemeinen (keine Aussichtslosigkeit, Bedürftigkeit, sachliche Gebotenheit der anwaltlichen Hilfe; BGE 103 V 47 Erw. II.1b, 100 V 62 Erw. 3 in Verbindung mit SVR 2004 AHV Nr. 5 S. 17 Erw. 2.1; RKUV 1996 Nr. U 254 S. 209 Erw. 2, 1994 Nr. U 184 S. 78 Erw. 4a; vgl. auch BGE 125 V 202 Erw. 4a; erwähntes Urteil K. Erw. 1.1.2) sowie zur Beurteilung der Gebotenheit im Besonderen (BGE 130 I 182 Erw. 2.2, 128 I 232 Erw. 2.5.2, 103 V 47) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
3.2 Zu ergänzen ist, dass im Rahmen der Einzelfallprüfung auch die Eigenheiten der anwendbaren Verfahrensvorschriften sowie die Besonderheiten des jeweiligen Verfahrens zu berücksichtigen sind. Dabei fallen neben der Komplexität der Rechtsfragen und der Unübersichtlichkeit des Sachverhalts auch in der Person des Betroffenen liegende Gründe in Betracht, wie etwa seine Fähigkeit, sich im Verfahren zurechtzufinden (Schwander, Anmerkung zu BGE 122 I 8, in: AJP 1996 S. 495). Falls ein besonders starker Eingriff in die Rechtsstellung des Bedürftigen droht, ist die Verbeiständung grundsätzlich geboten, andernfalls bloss, wenn zur relativen Schwere des Falls besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen der Gesuchsteller auf sich alleine gestellt nicht gewachsen ist (BGE 130 I 182 Erw. 2.2, 125 V 35 f. Erw. 4b, je mit Hinweisen). Die sachliche Notwendigkeit wird nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass das in Frage stehende Verfahren von der Offizialmaxime oder dem Untersuchungsgrundsatz beherrscht wird, die Behörde also gehalten ist, an der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhaltes mitzuwirken. Die Offizialmaxime rechtfertigt es jedoch, an die Voraussetzungen, unter denen eine Verbeiständung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin sachlich geboten ist, einen strengen Massstab anzulegen (BGE 125 V 36 Erw. 4b mit Hinweisen; Urteil S. vom 7. April 2004 Erw. 4.2, U 333/03). 
4. 
4.1 Der Rechtsvertreter des Versicherten befasste sich in der vorinstanzlichen Beschwerde vom 28. April 2005 in erster Linie mit den rechtlichen Grundlagen einer Leistungseinstellung (Art. 17 Abs. 1 sowie Art. 53 Abs. 1 und 2 ATSG). Er legte der Beschwerde eine 10-seitige Eingabe des Versicherten vom 27. April 2005 bei und führte aus, die Beschwerde beziehe sich regelmässig auf diese ergänzende Eingabe, die ausdrücklich als deren integrierender Bestandteil bezeichnet werde. Die massgebenden materiellen Überlegungen fänden sich in der Eingabe des Versicherten selbst. Auch insoweit komme der Beschwerde ein nur subsidiäres Gewicht zu. Es werde mit Nachdruck betont, dass alle massgebenden Festlegungen, Vorbringen und Darstellungen gemäss beiliegender Eingabe zu berücksichtigen seien. 
 
In der Eingabe vom 27. April 2005 hat der Beschwerdeführer beantragt, der Einspracheentscheid vom 31. Januar 2005 sei ungültig zu erklären; in Anbetracht seiner Mittellosigkeit und Unfähigkeit, juristische Angelegenheiten zu regeln, sei ihm die unentgeltliche Rechtsvertretung zu bewilligen. Weiter hat er darin die medizinischen Akten und die Zeugenaussagen zu seinem Gesundheitszustand aufgelistet und zusammengefasst. Er hat ausgeführt, diese Akten belegten, dass die Vermutung der Winterthur, er hätte keinen Unfall erlitten bzw. die Unfallfolgen seien für seine Arbeitsfähigkeit seit 1997 nicht mehr relevant, vollkommen aus der Luft gegriffen sei. Es sei medizinischer Unsinn, anzunehmen, dass die von ihr zunächst anerkannten Unfallfolgen unter Folterbedingungen einer Untersuchungshaft und ohne medizinische Hilfe von sich aus geheilt seien. Da sein Unfall und dessen Folgen rechtsgenügend dokumentiert seien, habe die Winterthur seinen Fall willkürlich interpretiert und ihm die Rente widerrechtlich entzogen. 
4.2 Die Vorinstanz lehnte das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung für das kantonale Verfahren mangels sachlicher Gebotenheit des Beizugs eines Anwalts ab. Der Rechtsvertreter habe sich in der Beschwerde auf Ausführungen rechtlicher Art beschränkt und zum Sachverhalt auf die Eingabe des Versicherten vom 27. April 2005 verwiesen. Mit dieser habe der Versicherte belegt, dass er in der Lage sei, den massgeblichen Sachverhalt darzulegen. Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen auf eine rechtskräftige Rentenzusprechung zurückgekommen werden könne, sei nicht komplex und im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen umfassend zu prüfen. Nicht abgeklärt hat die Vorinstanz die weiteren Voraussetzungen der unentgeltlichen Verbeiständung (keine Aussichtslosigkeit der Beschwerde, Bedürftigkeit des Versicherten). 
5. 
5.1 In der Hauptsache ist vor dem kantonalen Gericht die Rechtsfrage streitig, ob die Winterthur für die Folgen eines am 23. März 2001 erlittenen Unfalls (Treppensturz) ab 1. Mai 1997 weiterhin Leistungen zu erbringen hat. Die Winterthur stellte sich im Einspracheentscheid vom 31. Januar 2005 auf den Standpunkt, die Rentenverfügung vom 22. August 1994 habe sich einzig auf Arztberichte gestützt, die ausschliesslich auf den Darstellungen des Versicherten, sowohl in Bezug auf das Unfallereignis als auch auf die danach geklagten Gesundheitsstörungen, basiert hätten. Im Strafverfahren habe sich herausgestellt, dass das behauptete Unfallereignis nicht als erstellt betrachtet werden könne. Es habe sich ergeben, dass der Versicherte nicht vertrauenswürdig sei und auf seine Angaben nicht abgestellt werden könne. Ferner habe sich erwiesen, dass die geltend gemachten Gesundheitsstörungen und die Arbeitsunfähigkeit nicht vorlägen. Die Grundlagen der Rentenverfügung seien somit nach der eingehenden Prüfung im Strafverfahren unzutreffend. Die Rente sei demnach gestützt auf Art. 53 Abs. 2 ATSG zu Recht aufgehoben worden. Ob auch eine prozessuale Revision nach Art. 53 Abs. 1 ATSG und/oder eine Revision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG in Frage käme, könne offen bleiben. 
 
Die Winterthur stützte sich im Rahmen der Leistungseinstellung unter anderem auf die im Strafverfahren erstellten umfangreichen Gutachten der Psychiatrischen Klinik X.________ vom 26. Februar 1997 (65 Seiten) und 20. Mai 1998 (73 Seiten) sowie auf die von ihr selber eingeholte Ergänzung dieser Gutachten vom 18. Juni 2002 und die Expertise des Prof. Dr. med. W.________, FMH Radiologie Schwerpunkte Diagnostische und Invasive Neuroradiologie, Klinik Y.________ vom 5. April 2004. 
5.2 Vom rechtlichen Standpunkt aus ist mithin von einer relativen Komplexität der Materie auszugehen. Weiter ist die Aktenlage nicht leicht überschaubar. Zudem ist zu beachten, dass eine - bezogen auf ein bestimmtes Unfallereignis - definitive Leistungsverweigerung von erheblicher Tragweite für den Beschwerdeführer ist und sein Interesse am Prozessausgang berechtigterweise als hoch einzuschätzen ist (vgl. auch erwähntes Urteil S. vom 7. April 2004 Erw. 4.3). 
 
Die Tatsache, dass der Versicherte zusätzlich zur anwaltlichen Beschwerde die Eingabe vom 27. April 2005 verfasst hat (Erw. 4.2 hievor) schliesst angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Sache den Anspruch auf unentgeltliche anwaltliche Verbeiständung nicht aus (vgl. auch BGE 123 I 149 Erw. 3a/aa). 
 
In Würdigung dieser Umstände ist anzunehmen, dass eine nicht bedürftige Partei unter sonst gleichen Umständen vernünftigerweise eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt beigezogen hätte. Unter diesem Aspekt hält die vorinstanzliche Verweigerung der unentgeltlichen Verbeiständung - selbst in Anbetracht des strengen Massstabs, nach welchem sich die Gebotenheit der Prozessvertretung beurteilt (vgl. Erw. 3.2 in fine) - nicht stand. Die Sache ist daher an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit es das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung hinsichtlich der übrigen, anspruchserheblichen Voraussetzungen der Bedürftigkeit und Aussichtslosigkeit (Erw. 3.1 hievor) erneut prüfe. 
6. 
Streitigkeiten im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung unterliegen grundsätzlich nicht der Kostenpflicht, weshalb keine Gerichtskosten zu erheben sind (SVR 2002 ALV Nr. 3 S. 7 Erw. 5). 
 
Letztinstanzlich wird der Beschwerdeführer weder anwaltlich noch sonst wie qualifiziert, sondern durch seine Lebenspartnerin vertreten. Eine Umtriebsentschädigung wird in solchen Fällen nur unter besonderen Umständen gewährt und setzt namentlich voraus, dass die Interessenwahrung einen hohen Arbeitsaufwand notwendig macht, der den Rahmen dessen überschreitet, was der Einzelne üblicher- und zumutbarerweise auf sich zu nehmen hat (BGE 110 V 82; Urteile G. vom 2. Mai 2005 Erw. 5, K 83/04, und S. vom 23. Oktober 2000 Erw. 5, C 435/99). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben, weshalb eine Entschädigung nicht zugesprochen werden kann. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass die Verfügung des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 18. August 2005 aufgehoben und die Sache an dieses zurückgewiesen wird, damit es den Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung im Sinne der Erwägungen neu prüfe. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Winterthur Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft, Winterthur, und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. 
Luzern, 26. Januar 2006 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: