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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
B 81/01 
 
Urteil vom 2. Dezember 2002 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber Widmer 
 
Parteien 
A.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Felix Rajower, Forchstrasse 36, 8032 Zürich, 
 
gegen 
 
1. Stiftung Y.________, c/o Rechtsanwalt Dr. Stephan Thurnherr, Neugasse 55, 9000 St. Gallen, 
2. Stiftung X.________, c/o Rechtsanwalt Dr. Stephan Turnherr, Neugasse 55, 9000 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerinnen, beide vertreten durch Rechtsanwalt Damian Keel, Kornhausstrasse 26, 9000 St. Gallen 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen 
 
(Entscheid vom 27. Juni 2001) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der am 7. September 1933 geborene, mit A.________ (geboren 1934) verheiratete B.________ war seit 1986 Verwaltungsratspräsident der M.________ AG, Küchenbau, St. Gallen, und war bei der Stiftung X.________ für die obligatorische und bei der Stiftung Y.________ für die weitergehende berufliche Vorsorge versichert. Am 21. März 1995 wurde über die M.________ AG der Konkurs eröffnet. Mit Verfügungen vom 23. Juli 1996 hob das Departement des Innern des Kantons St. Gallen die Stiftungen wegen Unerreichbarkeit des Zwecks auf und beauftragte einen Liquidator mit der Liquidation der beiden Vorsorgeeinrichtungen. Am 23. August 1996 wurde über B.________ der Privatkonkurs eröffnet. 
 
Am 16. Februar 1998 wurde die Ehe von B.________ und A.________ vom Kantonsgericht von Appenzell Ausserrhoden geschieden. Im Scheidungsurteil wurden die in Liquidation befindlichen Vorsorgeeinrichtungen, welchen B.________ angehört hatte, ermächtigt und angewiesen, von den Konten des Versicherten die Beträge von Fr. 62'206.40 (Stiftung Y.________) und Fr. 34'325.60 (Stiftung X.________) auf ein von A.________ noch zu bezeichnendes Freizügigkeitskonto zu überweisen. Mit Schreiben vom 28. Mai 1998 ersuchte A.________ die beiden Stiftungen um Überweisung des ihr gemäss Scheidungsurteil zustehenden Betrages in Form einer Freizügigkeitspolice. Nachdem die Stiftung X.________ und die Stiftung Y.________ A.________ mitgeteilt hatten, dass zu ihren Gunsten umfangreiche Schadenersatzansprüche gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann bestünden, weshalb sie Verrechnung dieser Forderungen mit den Guthaben des Versicherten erklärt hätten, liess A.________ am 19. März 1999 beim Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen Klage einreichen. Sie beantragte, die Stiftung Y.________ in Liquidation sei zu verpflichten, ihr von den Konten von B.________ den Betrag von Fr. 62'206.40, nebst Zins zu 5 % seit 28. Mai 1998, in Form einer Freizügigkeitspolice zu überweisen; ferner sei die Stiftung X.________ in Liquidation zu verpflichten, ihr von den Konten von B.________ den Betrag von Fr. 34'325.60, nebst Zins zu 5 % seit 28. Mai 1998, in Form einer Freizügigkeitspolice zu überweisen. Das kantonale Versicherungsgericht vereinigte die beiden Klagen und wies sie mit Entscheid vom 27. Juni 2001 ab. Es gelangte zum Schluss, dass B.________ im Zeitpunkt der Scheidung gegenüber den beiden Stiftungen Anspruch auf Altersleistungen und nicht auf Freizügigkeitsleistungen gehabt habe. Im Rahmen der Scheidung habe damit keine Übertragung eines Teils einer Austrittsleistung vorgenommen werden können. Damit habe A.________ keine Forderung im Sinne des Scheidungsurteils und der Klagebegehren. 
B. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt A.________ beantragen, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die Sache sei zu neuer Beur-teilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen. 
 
Während die beiden Stiftungen in Liquidation auf Abweisung der Verwal-tungsgerichtsbeschwerde schliessen, soweit darauf einzutreten sei, lässt sich das Bundesamt für Sozialversicherung vernehmen, ohne einen Antrag zu stellen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die vorliegende Streitigkeit unterliegt der Gerichtsbarkeit der in Art. 73 BVG erwähnten richterlichen Behörden, welche sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht zuständig sind (BGE 122 V 323 Erw. 2, 120 V 18 Erw. 1a, je mit Hinweisen). 
2. 
Die Vorinstanz hat die massgeblichen Bestimmungen über die Übertragung eines Teils der Austrittsleistung des einen Ehegatten an die Vorsorgeeinrichtung des andern im Falle der Ehescheidung (Art. 22 Abs. 1 und 2 FZG in der hier anwendbaren, bis 31. Dezember 1999 gültig gewesenen Fassung) richtig wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden. 
3. 
Streitig und zu prüfen ist, ob im Zeitpunkt der Scheidung des Ehepaares Waldvogel am 16. Februar 1998 ein Anspruch von B.________ auf übertragbare Freizügigkeitsleistungen im Sinne von Art. 22 FZG bestand, wie die Beschwerdeführerin geltend macht, oder ob lediglich noch Altersleistungen an den Versicherten in Frage kamen, weil dieser bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der M.________ AG das reglementarische Rücktrittsalter von 60 Jahren bereits erreicht hatte, wie die Vorinstanz angenommen hat. 
3.1 Nach der vor Inkrafttreten des FZG (am 1. Januar 1995) ergangenen Rechtsprechung (BGE 120 V 306) ist bei denjenigen Vorsorgeeinrichtungen, welche die Möglichkeit einer vorzeitigen Pensionierung vorsehen, unter Eintritt des Versicherungsfalls Alter nicht das Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze nach Art. 13 Abs. 1 BVG, sondern das Erreichen der reglementarischen Altersgrenze für eine vorzeitige Pensionierung zu verstehen. Dementsprechend kann die im Verhältnis zu den Altersleistungen subsidiäre Freizügigkeitsleistung nicht mehr beansprucht werden, wenn die Kündigung des Arbeitsvertrages in einem Alter erfolgt, in welchem bereits ein Anspruch auf Altersleistungen besteht, und sei es auch im Sinne einer vorzeitigen Pensionierung. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt, in welchem die reglementarischen Voraussetzungen für eine vorzeitige Pensionierung erfüllt sind, führt demnach zur Entstehung des Anspruches auf die im Reglement vorgesehenen Altersleistungen, dies ungeachtet der Absicht des Versicherten, anderweitig erwerbstätig zu sein. 
 
Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat die Frage, ob an dieser Rechtsprechung unter der Herrschaft des am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen FZG festgehalten werden kann, wiederholt offen gelassen, zuletzt im Urteil S. vom 24. Juni 2002, B 38/00. In diesem Urteil hat das Gericht indessen Folgendes dargelegt: 
Macht das Vorsorgereglement die Ausrichtung einer Altersrente bei Versicherten, welche die Voraussetzungen für eine vorzeitige Pensionierung erfüllen, von der Ausübung einer entsprechenden Willenserklärung abhängig, tritt der den Anspruch auf eine Austrittsleistung ausschliessende Vorsorgefall Alter nicht in jedem Fall ein, wenn das Arbeits- oder Dienstverhältnis zu einem Zeitpunkt aufgelöst wird, in welchem der Versicherte das reglementarische Rentenalter für eine vorzeitige Pensionierung bereits erreicht hat, sondern nur, wenn der Versicherte von der ihm statutarisch eingeräumten Möglichkeit, die Ausrichtung einer vorzeitigen Altersrente zu verlangen, Gebrauch macht. 
Gestützt auf dieses Urteil kann die Frage, ob an BGE 120 V 306 unter dem Geltungsbereich des FZG festgehalten werden kann, weiterhin offen bleiben: 
 
Nach den einschlägigen Reglementen der Stiftung Y.________ (Art. 3) und der Stiftung X.________ (Ziff. 21.1) kann der Versicherte das Rücktrittsalter, das mit dem AHV-Rentenalter identisch ist, im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber bis zu fünf Jahre vorverlegen, sofern er jede hauptamtliche Erwerbstätigkeit definitiv auf-gibt. Der Bezug einer Altersrente vor Eintritt des Rücktrittsalters setzt demnach eine entsprechende Willenserklärung des Arbeitnehmers voraus, die erst noch vom Einverständnis des Arbeitgebers (Einvernehmen) abhängig ist. 
3.2 B.________, der geschiedene Ehemann der Beschwerdeführerin, hat keine entsprechende Willenserklärung abgegeben. In den Akten findet sich lediglich sein Schreiben an die beiden Vorsorgeeinrichtungen vom 3. September 1993, worin er an Stelle einer Alters- oder Witwenrente eine Kapitalabfindung verlangt. Das Schreiben hat somit nur die Modalitäten der künftig fällig werdenden Vorsorgeleistungen zum Gegenstand. Sein Arbeitsverhältnis mit der M.________ AG erlosch, als über diese am 21. März 1995 der Konkurs eröffnet wurde, worüber sich die Parteien einig sind. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hatte B.________ auf Grund des erwähnten Urteils S. vom 24. Juni 2002, B 38/00, zu diesem Zeitpunkt gegenüber den beiden Vorsorgeeinrichtungen Anspruch auf Austrittsleistungen. Weil das kantonale Gericht einen solchen Anspruch gestützt auf BGE 120 V 306 verneinte, brauchte es die weiteren Einwendungen der Beschwerdegegnerinnen, die sich gegen das Bestehen einer Freizügigkeitsleistung richteten, nicht zu beurteilen. Es betrifft dies namentlich die Frage, ob die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Scheidung noch eine Überweisung von Freizügigkeitsleistungen auf ein Freizügigkeitskonto verlangen konnte sowie die Frage nach der Verrechnung von Ansprüchen aus der beruflichen Vorsorge mit Schadenersatzforderungen der Vorsorgeeinrichtungen gegenüber B.________. 
3.3 Steht fest, dass der frühere Ehemann der Beschwerdeführerin bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der M.________ AG Anspruch auf eine Austrittsleistung hatte, sind die von der Vorinstanz offen gelassenen Fragen zu entscheiden. Die Sache ist zu diesem Zweck und zu neuer Beurteilung der Klage entsprechend dem Antrag der Beschwerdeführerin an das kantonale Gericht zurückzuweisen. 
4. 
Für das letztinstanzliche Verfahren werden auf Grund von Art. 134 OG keine Gerichtskosten erhoben. Dem Prozessausgang entsprechend hat die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der angefochtene Entscheid vom 27. Juni 2001 aufgehoben, und die Sache wird an das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen zurückgewiesen, damit es über die Klage im Sinne der Erwägungen neu entscheide. 
 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die Beschwerdegegnerinnen haben der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, dem Kantonsgericht Appenzell A.Rh., dem Bundesamt für Sozialversicherung und B.________ zugestellt. 
Luzern, 2. Dezember 2002 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: