Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
9C_638/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 13. Mai 2014  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kernen, Präsident, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiber Traub. 
 
Verfahrensbeteiligte 
H.________, 
vertreten durch Fürsprecher Gerhard Lanz, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Bernische Pensionskasse,  
Schläflistrasse 17, 3013 Bern, 
vertreten durch Rechtsanwältin Marta Mozar, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern 
vom 9. August 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Bernische Pensionskasse erteilte H.________ (geb. 1960) auf deren Anfrage hin Auskunft über die rentenanwartschaftlichen Auswirkungen eines Vorbezugs von Vorsorgeleistungen für den Erwerb von Wohneigentum unter dem geltenden Leistungsprimat (Schreiben vom 16. März und 16. Mai 2011). Nachdem sie am X. Juli 2011 einen Kaufvertrag über Stockwerkeigentum abgeschlossen hatte, beantragte H.________ am 19. Juli 2011 bei der Pensionskasse einen Vorbezug von Fr. 112'000.-. Die Vorsorgeeinrichtung teilte ihr daraufhin mit, die reglementarischen Bestimmungen seien inzwischen mit Wirkung ab 1. Juli 2011 dahin abgeändert worden, als ein Vorbezug in jedem Fall zu einer Leistungskürzung führe (Schreiben vom 22. Juli 2011). Im vorliegenden Fall führte dies zu um 15 Prozent tieferen prospektiven Altersleistungen (vgl. Mitteilung der Pensionskasse vom 21. Juli 2011). 
Nach ergebnislosem Austausch schriftlicher Stellungnahmen reichte H.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern Klage gegen die Bernische Pensionskasse ein mit dem Rechtsbegehren, es sei festzustellen, dass die betreffende Reglementsänderung im Zusammenhang mit dem Antrag vom 19. Juli 2011 nicht anwendbar sei. Insbesondere sei festzustellen, dass der Vorbezug zu keiner Kürzung der Altersrente der Klägerin beim Rücktrittsalter 64 führe. 
 
B.   
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die Klage ab, soweit es darauf eintrat (Entscheid vom 9. August 2013). 
 
C.   
H.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. In der Sache erneuerte sie die vorinstanzlich gestellten Anträge. 
Die Bernische Pensionskasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Parteien äussern sich zudem im Rahmen von Replik und Duplik. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Strittig ist, ob die Anwartschaft der Klägerin und Beschwerdeführerin auf Altersrente infolge Vorbezugs von Freizügigkeitsleistungen für den Erwerb von Wohneigentum zum eigenen Bedarf (Art. 30c Abs. 1 BVG) zu kürzen ist oder ob die Umstände des Einzelfalls es gebieten, von den diese Rechtsfolge vorsehenden revidierten reglementarischen Bestimmungen der Bernischen Pensionskasse (in Kraft seit 1. Juli 2011) abzuweichen.  
 
1.2. Gemäss Art. 30c Abs. 4 erster Satz BVG wird mit dem Bezug eines Betrages für Wohneigentum gleichzeitig der Anspruch auf Vorsorgeleistungen entsprechend den jeweiligen Vorsorgereglementen und den technischen Grundlagen der Vorsorgeeinrichtung gekürzt (für den überobligatorischen Bereich: Art. 331e Abs. 4 OR). Nach der früheren reglementarischen Regelung der Bernischen Pensionskasse führte ein solcher Vorbezug nicht in allen Fällen zu einer Kürzung. Laut dem am 5. Juli 2011 verabschiedeten, rückwirkend auf den 1. Juli 2011 in Kraft gesetzten Art. 3 des Reglements Nr. 4 führt unter anderem der Vorbezug nunmehr zu einer Leistungskürzung (Abs. 1). Bei einem Teilbezug werden die Versicherungsjahre entsprechend reduziert und das für die Rentenberechtigung massgebende Eintrittsalter neu festgesetzt. Die vor dem Bezug ausgewiesene Austrittsleistung wird um den Betrag des Bezuges reduziert (Abs. 3). Ein nicht wieder eingebrachter Bezug führt auf jeden Fall zu einer Rentenkürzung, selbst wenn sich dies aus der Sistierung bzw. Reduktion der bisherigen Versicherungsjahre nicht ergäbe (Abs. 4 erster Satz; zu den Wirkungen eines Wiedereinkaufs: Art. 4 des Reglements Nr. 4). Die zugehörige Übergangsbestimmung sieht unter anderem vor, dass die Änderungen nach Art. 3 Abs. 4 nicht angewendet werden auf "Vorbezüge für Wohneigentumsförderung mit Antragstellung vor dem 1. Juli 2011 und Auszahlung bis 31. Dezember 2011".  
 
1.3. Das kantonale Gericht liess offen, ob ein schutzwürdiges Interesse für das klägerische Feststellungsbegehren bestehe (E. 1.1 des angefochtenen Entscheids). Die mit Wirkung ab 1. Juli 2011 geänderte reglementarische Grundlage setze eine gesetzliche "Mindestanforderung" zur Gestaltung der Vorsorgeverhältnisse um. Rentenanwartschaften seien abänderbar und stellten keine wohlerworbenen Rechte dar (E. 2.1). Die reglementarische Übergangsfrist sei nicht zu beanstanden (E. 2.2). Die Vorsorgeeinrichtung habe die Klägerin im Auskunftsschreiben vom 16. Mai 2011 darauf aufmerksam gemacht, die bekannt gegebene Berechnung sei provisorisch, Änderungen und Abweichungen seien vorbehalten; daher habe die Klägerin nicht von einer verbindlichen Auskunft ausgehen dürfen. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin über die anstehende Änderung des Reglements und die daraus resultierende Kürzung in Kenntnis zu setzen: Die Pensionskasse habe die Problematik von nicht vorgenommenen Kürzungen bei Vorbezug im ersten Quartal 2011 erkannt. Ein Lösungsvorschlag der Direktion sei dem Revisionsausschuss zur Genehmigung vorgelegt, die vom Ausschuss vorgeschlagene Reglementsänderung erstmals am 26. Mai 2011 von der vorberatenden Kommission der Verwaltungskommission diskutiert worden. Die Verwaltungskommission habe die Reglementsänderung am 5. Juli 2011 beschlossen und sie rückwirkend ab 1. Juli 2011 in Kraft gesetzt. Eine Mitteilung an die Versicherten sei erst mit der Verabschiedung eines konkreten Beschlusses möglich gewesen. Als der Antrag der Versicherten (vom 19. Juli 2011) eingegangen sei, habe die Pensionskasse diese umgehend über die Reglementsänderung informiert und ihr einen Verzicht auf den Vorbezug ermöglicht (E. 2.3.2 und 2.3.3).  
 
2.   
Eine Kürzung der Altersleistungen kann durch Wiedereinkäufe abgewendet werden, sofern diese rechtzeitig erfolgen (vgl. Art. 30d Abs. 2 und 3 BVG). Mit Blick darauf ist das schutzwürdige (aktuelle und unmittelbare) Interesse der Klägerin an der beantragten Feststellung, dass die auf den 1. Juli 2011 in Kraft gesetzte Reglementsänderung ihre Rentenanwartschaft nicht tangiere, offenkundig gegeben (vgl. BGE 128 V 41 E. 3a S. 48). Die strittige Frage ist materiell zu prüfen. 
 
3.  
 
3.1.  
 
3.1.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Übergangsbestimmung zur Reglementsänderung sei unverhältnismässig und willkürlich. Sie verletze zudem das Gebot, Destinatäre gleichzubehandeln (Art. 1f BVV 2; BGE 132 V 149 E. 5.2.5 S. 154). Die versicherte Person muss die Möglichkeit haben, im Rahmen ihrer gesetzlichen und reglementarischen Gestaltungsbefugnisse auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren. Konnte die versicherte Person nicht mit einer für sie nachteiligen Änderung rechnen, so ist deshalb nach Mitteilung der Reglementsänderung (hier: vom 5. Juli 2011) eine angemessene Frist bis zu deren Wirksamwerden vorzusehen (vgl. BGE 133 V 279 E. 3.3 S. 286). Vorliegend wurde die alte Regelung nur noch auf bis zum 31. Dezember 2011 erfolgende Auszahlungen angewendet, die zudem vor dem 1. Juli 2011 beantragt worden sein mussten. Angesichts dieser zweiten Anforderung hatte die Beschwerdeführerin, wie sie insoweit zu Recht geltend macht, keine Möglichkeit, die veränderten reglementarischen Rahmenbedingungen in ihren Kaufentscheid einzubeziehen (Vertrag vom 5. Juli 2011). Für eine solchermassen restriktive Übergangsordnung ist keine Rechtfertigung ersichtlich. Insofern deutet einiges darauf hin, dass die Ablösung der bisherigen reglementarischen Ordnung unverhältnismässig ausgestaltet wurde.  
 
3.1.2. Die Beschwerdeführerin wendet überdies ein, aus Art. 30c BVG ergebe sich eine Beratungs- und Informationspflicht der Vorsorgeeinrichtung im Hinblick auf die Erhaltung des Vorsorgeschutzes. Die Beschwerdegegnerin habe ihren Anspruch auf Vorausinformation missachtet. Die versicherte Person müsse darauf aufmerksam gemacht werden, wenn eine konkrete Massnahme drohe, die (für den Vorsorgeversicherer erkennbar) den Vorsorgeschutz des Destinatärs beeinträchtigen könne. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Vorsorgeeinrichtung eine Informationspflicht verletzt haben könnte, als sie es unterliess, ihre sich für einen Vorbezug eines Teils der Freizügigkeitsleistung interessierende Versicherte über die laufenden Bestrebungen aufzuklären, das Reglement - in einem im Auskunftszusammenhang kritischen Punkt - zu ändern. Nicht zu überzeugen vermag die vorinstanzliche Erwägung betreffend die Tragweite des in den Mitteilungen vom 16. März und 16. Mai 2011 angebrachten Vorbehalts (E. 2.3.2 des angefochtenen Entscheids). Denn die mit der Informationsverpflichtung nach Art. 30g lit. e BVG und Art. 11 lit. b WEFV (SR 831.411) angestrebte Planungssicherheit setzt voraus, dass der Vorbehalt auf künftige Veränderungen der Leistungsparameter beschränkt ist, die noch nicht bekannt sind. Es ist nicht einzusehen, weshalb nicht auch hängige Reglementsrevisionen, welche den Gegenstand der Anfrage unmittelbar beschlagen, regelmässig zu den der Aufklärungspflicht unterliegenden Tatsachen gehören sollten, wenn sie sich, wie hier (E. 2.3.3 des angefochtenen Entscheids), bereits in einem konkreten Stadium des Beschlussfassungsprozesses befinden. Die (zweite) Beantwortung der Anfrage über die Folgen eines Vorbezugs datiert zwar bereits vom 16. Mai 2011; doch hätte die Vorsorgeeinrichtung die fragliche Information nachschieben können, nachdem der Revisionsausschuss am 26. Mai 2011 den Revisionsantrag der Direktion zuhanden der Verwaltungskommission verabschiedet hatte (vgl. Art. 15 f. des Gesetzes vom 30. Juni 1993 über die Bernische Pensionskasse, BPKG). Die bei Erteilung der Auskunft noch bestehende Ungewissheit über den definitiven Ausgang des Revisionsvorhabens und über den Zeitpunkt einer allfälligen Inkraftsetzung hätte in der Auskunft entsprechend deklariert werden können.  
 
3.2. Die angesprochenen Fragen müssen indes nicht abschliessend beurteilt werden. Wie sich aus dem Folgenden ergibt, könnte dem Feststellungsbegehren der Klägerin und Beschwerdeführerin selbst dann nicht gefolgt werden, wenn die Übergangsbestimmung willkürlich ausgestaltet und/oder eine Informationspflicht verletzt wäre.  
 
4.  
 
4.1. Läge nämlich ein solcher Tatbestand vor, dürfte die Beschwerdeführerin nicht ohne Weiteres, sondern nur dann zu ihren Gunsten abweichend von materiellem Recht behandelt werden, wenn dies notwendig wäre, um (im Hinblick auf in diesem Zusammenhang getroffene Dispositionen) einen gewichtigen Nachteil von ihr abzuwenden (vgl. für Fälle des Vertrauensschutzes infolge pflichtwidrig unterlassener Information: BGE 131 V 472 E. 5 S. 480).  
Entgegen der Auffassung der Klägerin gefährdet die im Vertrauen auf die bisherige Rechtslage getätigte Disposition (Immobilienerwerb) die Vorsorge nicht: Unter dem neuen reglementarischen Regime führt der Vorbezug eines Teils der Freizügigkeitsleistung zu einer Verlagerung von rentenbildendem Vorsorgevermögen in Eigenkapital für selbstgenutztes Wohneigentum. Dieses ist ebenfalls vorsorgewirksam (Art. 30a ff. BVG; Botschaft über die Wohneigentumsförderung mit den Mitteln der beruflichen Vorsorge vom 19. August 1992, BBl 1992 VI 249). Wohl ist mit der fraglichen Disposition eine Kürzung der Rentenleistungen aus beruflicher Vorsorge (um etwa 15 Prozent) verbunden. Dem steht jedoch ein Entlastungseffekt durch entsprechend niedrigeren Fremdkapitalbedarf und die - an kein Alter gebundene - "Wohngarantie" gegenüber. Die Beschwerdeführerin, die im Zeitpunkt der Antragstellung noch mindestens 13 aktive Versicherungsjahre vor sich hatte, begründet nicht näher, weshalb ihr übriger Lebensunterhalt im Rentenalter trotz dieser Entlastung insgesamt gefährdet sein soll. Immerhin wird sie in der verbleibenden Zeit als aktive Versicherte die Möglichkeit zu Wiedereinkäufen bis zum Umfang des bezogenen Betrags (vgl. Art. 30d BVG; Art. 1 Abs. 2 und Art. 4 Reglement Nr. 4 der Beschwerdegegnerin) haben. 
 
4.2. Eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung der Beschwerdeführerin rechtfertigt sich umso weniger, als die früher bestehende Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen ohne Auswirkung auf die beanspruchbaren Vorsorgeleistungen Vorbezüge für den Erwerb von Wohneigentum tätigen zu können, mit Blick auf Art. 30c Abs. 4 BVG irregulär war. Die dortige Verweisung auf die Vorsorgereglemente bezieht sich nicht auf den Grundsatz der Kürzung, sondern auf deren Umsetzung. Schon vor der Einfügung dieses Passus in der parlamentarischen Beratung (AB 1993 N 481) stand ausser Diskussion,  dassein Vorbezug zu einer "entsprechenden" Kürzung des Leistungsanspruchs führt; gemäss Botschaft (a.a.O., 266 f.) bestimmt sich bloss das "Wie" der Kürzung im konkreten Fall nach dem Reglement der betreffenden Einrichtung. Innerhalb des Teilkollektivs jener Versicherten, welche über die zum kürzungsbefreiten Vorbezug notwendigen (zusätzlichen) Versicherungsjahre verfügten (vgl. Art. 7 Abs. 1 a.E. BVG und Art. 17 Abs. 1 des Reglements Nr. 1 der Bernischen Pensionskasse), widersprach die privilegierte Behandlung derjenigen Versicherten, die sich zum Erwerb von Wohneigentum entschlossen, dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Destinatäre (Art. 1f BVV 2; vgl. BGE 138 V 366 E. 6.3.1 S. 375). Der Wegfall des Privilegs kann nicht mit einem erheblichen Nachteil im Hinblick auf die Erhaltung des Vorsorgeschutzes gleichgesetzt werden.  
 
4.3. Nach dem Gesagten besteht kein hinreichender Grund, den getätigten Vorbezug von der Anwendung der seit dem 1. Juli 2011 in Kraft stehenden reglementarischen Ordnung auszunehmen. Der angefochtene Entscheid ist im Ergebnis zu bestätigen.  
 
5.   
Angesichts des Prozessausgangs trägt die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 erster Satz BGG). Der Beschwerdegegnerin steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 13. Mai 2014 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kernen 
 
Der Gerichtsschreiber: Traub