Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
 
[AZA 7] 
B 55/99 Vr 
 
I. Kammer 
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Meyer und Ferrari; Gerichtsschreiber Signorell 
 
Urteil vom 8. November 2001 
 
in Sachen 
 
Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH), Ringstrasse 54, 8057 Zürich, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Jürg Brand, Talstrasse 82, 8001 Zürich, 
 
gegen 
 
Dr. A.________, 1944, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Isabelle Vetter-Schreiber, Seestrasse 6, 8002 Zürich, 
und 
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
A.- Der 1944 geborene Dr. A.________ war seit 1. Januar 1994 mit einem Beschäftigungsgrad von 60 % beim Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (nachfolgend: LCH) als Chefredaktor der Schweizerischen Lehrerinnen- und Lehrer-Zeitung angestellt. Für die berufliche Vorsorge war er auf den gleichen Zeitpunkt in die Versicherungskasse der Stadt Zürich eingetreten, welcher der LCH angeschlossen ist. Mit Schreiben vom 9. Januar 1995 kündigte der LCH das Arbeitsverhältnis mit Dr. A.________ fristlos. Das Arbeitsgericht Y.________ erachtete die fristlose Kündigung als ungerechtfertigt und sprach ihm in Anwendung von Art. 337c Abs. 1 OR unter Zugrundelegung eines Lohnanspruches vom 1. Januar 1995 bis zum Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 1997 und unter Abzug von Ersatzeinkünften einen Schadenersatz von Fr. 179'090. 75, zuzüglich Zins zu 5 % ab 10. Januar 1995, zu (Entscheid vom 26. März 1996). Das Urteil erwuchs in Rechtskraft. 
 
B.- Dr. A.________ reichte in der Folge beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Klage gegen die Versicherungskasse der Stadt Zürich ein mit dem Begehren, den ihm vom Arbeitsgericht Y.________ zugesprochenen Betrag von Fr. 179'090. 75 bei der Berechnung der Freizügigkeitsleistung zu berücksichtigen. Das angerufene Gericht beteiligte den LCH als Beigeladenen am Prozess. Mit Entscheid vom 26. August 1999 hiess es die Klage gut und verpflichtete die Versicherungskasse der Stadt Zürich zur Bezahlung von Fr. 57'029. 25, zuzüglich Zins zu 5 % seit 1. Januar 1998. Es liess sich von der Überlegung leiten, durch die fristlose Kündigung werde das Arbeitsverhältnis rechtlich aufgelöst, womit auch die obligatorische berufliche Vorsorge ende. Es hielt indessen dafür, dass eine solche Lösung für den Versicherten, der zu Unrecht entlassen worden sei, unbillig wäre, da er schlechter gestellt würde als bei einer ordentlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Die Beklagte habe deshalb dem Kläger eine der "Lohnnachzahlung" bis 31. Dezember 1997 entsprechende Freizügigkeitsleistung zu entrichten (Erw. 2c). 
 
C.- Der LCH führt gegen den Entscheid der Vorinstanz Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er beantragt Aufhebung des Entscheides und Abweisung der Ansprüche gegenüber der Versicherungskasse der Stadt Zürich. Dr. A.________ und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Versicherungskasse der Stadt Zürich verzichtet unter Hinweis auf ihre Vorbringen im vorinstanzlichen Verfahren, wonach es richtig besehen um Beitragszahlungen des Arbeitgebers gehe, auf Vernehmlassung. Auf die Vorbringen der Beteiligten wird, soweit erforderlich, nachfolgend eingegangen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Die Vorinstanz hat den beschwerdeführenden LCH zum Verfahren beigeladen, da er als ehemaliger Arbeitgeber des Dr. A.________ je nach dem Ausgang des Verfahrens zu finanziellen Leistungen an die Versicherungskasse der Stadt Zürich verpflichtet wäre. Als im Vorverfahren Beigeladener ist er zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert. 
 
2.- a) Die Vorinstanz geht zutreffenderweise davon aus, dass das Arbeitsverhältnis nach der seit dem 1. Januar 1989 gültigen und vorliegend massgebenden Fassung des Art. 337c OR im Zeitpunkt der fristlosen Kündigung faktisch und rechtlich aufgelöst wird (BGE 117 III 270 Erw. 3b mit Hinweisen; JdT 1999 Band I S. 359). Dies ist auch unter den am Verfahren Beteiligten nicht umstritten. Nach dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 2 BVG endet mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch das Versicherungsverhältnis der obligatorischen beruflichen Vorsorge. 
Die Vorinstanz weicht vom Wortlaut dieser Bestimmung ab und geht davon aus, dass in Fällen, in denen Schadenersatz wegen ungerechtfertigter fristloser Entlassung gemäss Art. 337c Abs. 1 OR zuerkannt werde, "das Ende der obligatorischen Versicherung (...) faktisch prolongiert" werde (Erw. 2c). Ein Abweichen vom Wortlaut des Art. 10 Abs. 2 BVG hält sie für geboten, um einen Versicherten, dessen Arbeitsverhältnis zu Unrecht fristlos aufgelöst worden und dem Schadenersatz zugesprochen worden ist, nicht schlechter zu stellen, als wenn das Arbeitsverhältnis ordentlicherweise aufgelöst worden ist. Offenbar in Anlehnung an die Praxis des Arbeitsgerichtes Y.________ (vgl. dazu: Kuhn René, Aktuelles Arbeitsrecht für betriebliche Praxis, Loseblattsammlung, 43. Nachtrag Mai 1989, Teil 7 Kapitel 3.9.1* S. 5) wird im kantonalen Entscheid von "Lohnersatzzahlung" und von "Lohnnachzahlung" (Erw. 2c am Ende) gesprochen. Ob damit gemeint ist, das obligatorische Versicherungsverhältnis dauere mit allen seinen rechtlichen Wirkungen (Beitragspflicht, Leistungspflicht im Versicherungsfall) weiter bis zum Zeitpunkt, auf den das Arbeitsverhältnis ordentlicherweise aufgelöst werden könnte, oder ob dies lediglich hinsichtlich der Erbringung der Austrittsleistung gelten soll, ist den Erwägungen nicht zu entnehmen. 
 
b) Mit Ausnahmen, die hier nicht interessieren, beginnt die obligatorische Versicherung mit dem Antritt des Arbeitsverhältnisses und endet mit dessen Auflösung (Art. 10 Abs. 1 und 2 BVG). Während der Dauer des Versicherungsverhältnisses entfaltet es die damit verbundenen rechtlichen Wirkungen (Ausrichtung von Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenrenten sowie die Beitragspflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer). Bei dessen Beendigung vor Eintritt eines Vorsorgefalles obliegt der Vorsorgeeinrichtung die Erbringung der Austrittsleistung (Art. 2 Abs. 1 FZG). Mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses tritt der Versicherte aus der Vorsorgeeinrichtung aus und verliert die Versicherteneigenschaft. Gemäss Art. 10 Abs. 3 BVG geniesst er, ohne der Vorsorgeeinrichtung weiter anzugehören, für die Risiken Tod und Invalidität noch während eines Monats Nachdeckung. Bis zum Antritt einer neuen Arbeitsstelle und der damit verbundenen Aufnahme in die Vorsorgeeinrichtung des neuen Arbeitgebers, besteht kein Versicherungsverhältnis, es sei denn, er habe sich als Selbstständigerwerbender oder freiwillig versichert. 
Die Bestimmungen von Art. 10 Abs. 1 und 2 BVG bringen zum Ausdruck, dass die obligatorische Versicherung in der beruflichen Vorsorge - anders als bei der AHV (Art. 3 Abs. 1 AHVG) - zeitliche Unterbrechungen durchaus zulässt. Wer als Arbeitnehmer, sei es gezwungenermassen oder freiwillig, ein neues Arbeitsverhältnis nicht lückenlos an das vorherige anschliessen lässt, ist während der Zwischenzeit, abgesehen von der Nachdeckung nach Art. 10 Abs. 3 BVG und bei gemeldeter Arbeitslosigkeit gemäss Art. 2 Abs. 1bis BVG (in Kraft seit dem 1. Juli 1997), nicht versichert. 
 
c) Da mit der fristlosen Entlassung der Arbeitsvertrag auch rechtlich endet, kann der Entlassene sofort ein neues Arbeitsverhältnis eingehen, was den Beitritt zur Vorsorgeeinrichtung des nunmehrigen Arbeitgebers zur Folge hat. Eine Verlängerung des bisherigen Vorsorgeverhältnisses geriete damit in Konflikt (vgl. in diesem Zusammenhang die Bestimmung des Art. 10 Abs. 3 2. Satz BVG). Es würde nicht nur von der gesetzlichen Regelung abgewichen, dass das Vorsorgeverhältnis mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses endet, sondern es würde auch der Eintritt in die neue Vorsorgeeinrichtung in Frage gestellt. 
 
3.- a) Der Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer ungerechtfertigt fristlos entlässt, hat Ersatzleistungen und Entschädigungen nach Art. 337c Abs. 1 und 3 OR zu erbringen. Er hat dem Entlassenen namentlich zu ersetzen, was dieser verdient hätte, wenn das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist oder durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit beendet worden wäre (Abs. 1). Der zu Unrecht fristlos entlassene Arbeitnehmer soll grundsätzlich vermögensrechtlich so gestellt werden, wie wenn das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäss zu Ende gegangen wäre (Vischer, Der Arbeitsvertrag, 2. Aufl. , § 16 VI. Ziff. 7 lit. a). Nach konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind deshalb entgangene Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge an die Sozialversicherungen bei der Berechnung des Schadens zufolge Erwerbsunfähigkeit zu kapitalisieren (BGE 116 II 297 Erw. 4 mit Hinweisen [Fall eines ärztlichen Kunstfehlers]; Pra 1995 Nr. 172 Erw. 4 S. 553 [Dauerinvalidität nach einem Verkehrsunfall]; nicht publiziertes Urteil B. vom 25. Mai 1999 [Fall eines Berufsunfalls]. Diese Auffassung wird von der Lehre auch bezüglich des Schadens im Sinne von Art. 337c Abs. 1 OR vertreten (Streiff/Von Kaenel, Leitfaden zum Arbeitsvertragsrecht, 5. Aufl. N 15 zu Art. 337c; Brühwiler, Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag, 2. Aufl. , Art. 337c Ziff. 5; Rehbinder, Berner Kommentar, 2. Aufl. , N 6 zu Art. 337c; Christiane Brunner/Jean-Michel Bühler/Jean-Bernard Waeber, Kommentar zum Arbeitsvertragsrecht, deutsche Fassung der 2. Aufl. , Basel 1997, Ziff. 3 zu Art. 337c). 
 
b) In der Literatur sind die Meinungen, wie das Schadenselement der entgangenen Sozialversicherungsbeiträge im 
Falle einer ungerechtfertigten fristlosen Entlassung (Art. 337c Abs. 1 OR) geltend zu machen ist, kontrovers. Streiff/von Kaenel, a.a.O., und Rehbinder, a.a.O., halten dafür, dass die Sozialversicherungsträger Gläubiger der Beiträge seien, weshalb der Arbeitnehmer im Verfahren nach Art. 337c Abs. 1 OR nur den Ersatz des Nettolohns einklagen könne. Rehbinder, a.a.O., vertritt zudem die Auffassung, die Kassen seien verpflichtet, auf Benachrichtigung durch den Arbeitnehmer hin für die Einzahlung der Beiträge durch den Arbeitgeber besorgt zu sein. Für Christiane Brunner/ Jean-Michel Bühler/Jean-Bernard Waeber, a.a.O., stehen die Ansprüche aus ungerechtfertigter fristloser Entlassung im Zusammenhang mit der Nichterfüllung des Vertrages und führen zu einer Schadenersatzforderung, welche u.a. den Lohn, einschliesslich des Arbeitgeberanteiles an allen Sozialgaben, enthalte. Angesichts des Lohncharakters sei davon auszugehen, dass der Bruttolohn geschuldet und im Verfahren nach Art. 337c Abs. 1 OR vom Arbeitnehmer beim Zivilrichter geltend zu machen sei. Der Arbeitgeber müsse sodann die Sozialversicherungsprämien zurückbehalten und den "entsprechenden" Institutionen überweisen. Unbeantwortet bleibt in der Literatur die Frage, an welche Vorsorgeeinrichtung zu leisten wäre oder welche zu klagen hätte. 
c) Bei beiden Theorien darf nicht übersehen werden, dass der Schadenersatz nach Art. 337c Abs. 1 OR, soweit er Lohnersatz darstellt, für die Dauer ab der fristlosen Entlassung bis zum ordentlichen Kündigungstermin geschuldet ist. Der Schadenersatz wird zwar bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig (Art. 339 Abs. 1 OR), doch resultiert er für eine Zeit, während welcher der Entlassene der Vorsorgeeinrichtung nicht mehr angehört und damit die Versicherteneigenschaft verloren hat. Bei der Bruttomethode fehlt es somit an einer Vorsorgeeinrichtung, an welche Beiträge auf Lohnbestandteilen, die nach der ungerechtfertigten fristlosen Entlassung angefallen wären, zu entrichten wären. Bei der Nettomethode fehlt es an einer Vorsorgeeinrichtung, die solche Beiträge einzufordern hätte. Anders verhält es sich in der AHV, in welcher die Beitragspflicht spätestens nach der Vollendung des 20. Altersjahres beginnt und bei Erreichung des Rentenalters endet (Art. 3 Abs. 1 AHVG). 
Besitzt aber die Versicherungskasse der Stadt Zürich keine Ansprüche auf Beiträge für Lohnbestandteile aus Zeiten nach der fristlosen Entlassung des Dr. A.________, so hat sie darauf auch keine Freizügigkeitsleistungen zu entrichten. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 26. August 1999 aufgehoben und es wird die Klage abgewiesen. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Bundesamt für Sozialversicherung und der Vorsorgekasse der Stadt Zürich zugestellt. 
 
Luzern, 8. November 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der I. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: