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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_1005/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 25. Februar 2015  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Gerichtsschreiber Klopfenstein. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. Schulkommission U.________, 
2. Gemeinderat U.________, 
 Beschwerdeführerinnen, 
beide vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Romana Kronenberg Müller, 
 
gegen  
 
A.A.________ und B.A.________, 
Beschwerdegegner, 
 
Schulleitung U.________, 
Departement Bildung und Kultur des Kantons Glarus. 
 
Gegenstand 
Schultransportkosten, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus, I. Kammer, vom 2. Oktober 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
 B.A.________ und A.A.________ (wohnhaft in V.________/GL) sind die Eltern von C.A.________ (geb. 2000) und D.A.________ (geb. 2003). C.A.________ besuchte ab Februar 2009 die Primarschule in W.________ anstatt wie vorher diejenige in V.________. D.A.________ besuchte von August 2009 bis Juni 2011 die Primarschule in X.________, seit August 2011 die Primarschule in W.________. 
 
 Zwischen dem Ehepaar A.________ und den zuständigen Schulbehörden bestanden seit dem Jahr 2009 Differenzen hinsichtlich der Übernahme der Transportkosten vom Wohnort zum Schulort. Die Schulleitung der Gemeinde U.________ verfügte am 29. Juni 2012, dass die Transportkosten nicht übernommen würden. Dieser Entscheid wurde auf Beschwerden der Eltern hin von der Schulkommission U.________ (Entscheid vom 23. Oktober 2012) und dem Departement Bildung und Kultur des Kantons Glarus (Entscheid vom 18. Februar 2013) bestätigt. Dagegen erhoben B.A.________ und A.A.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Glarus. Dieses hiess mit Urteil vom 26. Juni 2013 die Beschwerde teilweise gut. Es verpflichtete die Gemeinde U.________, die Transportkosten von C.A.________ für den Zeitraum von seinem ersten Schultag in W.________ bis zu den Sommerferien 2009 und diejenigen von D.A.________ für die Dauer seines Besuchs der ersten Klasse in X.________ zu übernehmen. 
 
B.  
 
 A.A.________ und B.A.________ erhoben dagegen Beschwerde an das Bundesgericht. Dieses hiess mit Urteil vom 30. Juni 2014 (2C_758/2013) die Beschwerde teilweise gut und hob das Urteil des Verwaltungsgerichts auf, soweit es die Übernahme der Transportkosten für D.A.________ ab dem Schuljahr 2010/2011 verneinte; es wies die Sache in diesem Punkt zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. In den Erwägungen führte es aus, aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts gehe hervor, dass D.A.________ aufgrund eines Rekursentscheids des kantonalen Departements nicht die Schule in V.________ besuchte. Es sei nicht abgeklärt, ob dieser Entscheid nur für das erste Schuljahr gelte. Das Verwaltungsgericht habe die Umstände näher zu prüfen, weshalb D.A.________ nach Absolvierung des ersten Schuljahrs auch weiterhin nicht die Schule in V.________ besucht habe. Soweit dies aufgrund einer verpflichtenden behördlichen Anordnung oder Rekursentscheidung erfolgt sei, müsse das zuständige Gemeinwesen auch dafür die Schultransportkosten übernehmen. 
 
C.  
 
 In der Folge nahm das Verwaltungsgericht das Verfahren wieder auf. Mit Urteil vom 2. Oktober 2014 hiess es die Beschwerde teilweise gut und verpflichtete die Schulkommission U.________, die Transportkosten von D.A.________ ab dem Schuljahr 2009/2010 zu übernehmen; es wies die Sache zum Neuentscheid im Sinne der Erwägungen an die Schulkommission zurück. In der Begründung erwog das Gericht, der Entscheid, dass D.A.________ nicht in V.________ eingeschult werde, sei nicht von den Eltern, sondern von der Schulkommission bzw. vom Departement ausgegangen, weil der Besuch der Schule in V.________ nicht für möglich erachtet worden sei. Folglich habe die Schulkommission die Transportkosten so lange zu tragen, bis in einer neuen Verfügung angeordnet worden sei, dass D.A.________ die Schule in V.________ zu besuchen habe, und zwar unabhängig davon, dass D.A.________ der Schulbesuch in V.________ ab dem Schuljahr 2010/2011 zumutbar gewesen wäre. Eine solche Anordnung sei jedoch nicht ergangen. Somit beruhe der Schulbesuch von D.A.________ auch nach dem Schuljahr 2009/2010 auf der unbefristeten Anordnung, dass er die Schule nicht in V.________ besuchen könne. Deshalb habe die Schulkommission auch nach dem Schuljahr 2009/2010 die Transportkosten zu tragen. 
 
D.  
 
 Die Schulkommission U.________ und die Gemeinde U.________ erheben mit gemeinsamer Eingabe vom 4. November 2014 beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und es sei festzustellen, das sie ab dem Schuljahr 2010/2011 nicht zur Übernahme der Transportkosten für D.A.________ verpflichtet sei. 
Das Verwaltungsgericht beantragt Abweisung, ebenso sinngemäss B.A.________ und A.A.________, soweit sie die Legitimation der Gemeinde nicht überhaupt in Frage stellen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der angefochtene Entscheid ist grundsätzlich mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten anfechtbar (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Er weist die Sache zur rein rechnerischen Umsetzung des Angeordneten an die Gemeinde zurück und ist damit ein anfechtbarer Endentscheid (Art. 90 BGG, vgl. BGE 134 II 124 E. 1.3 S. 127).  
 
1.2. Zu prüfen ist die Legitimation der Beschwerdeführerinnen.  
 
1.2.1. Im angefochtenen Entscheid werden nebst dem kantonalen Departement die Schulleitung U.________ sowie die Schulkommission U.________ als Beschwerdegegner bezeichnet. Die Schulkommission ist nach Darstellung in der Beschwerde ein Organ der Gemeinde. Mangels einer speziellen Beschwerdeermächtigung (Art. 89 Abs. 2 lit. a oder d BGG) können einzelne Behörden oder Organe ohne eigene Rechtspersönlichkeit nicht Beschwerde erheben, sondern nur das Gemeinwesen, dem sie angehören (BGE 8C_470/2014 vom 11. Dezember 2014 E. 2.2, zur Publikation vorgesehen; BGE 136 V 106 E. 3.1 S. 108 f.). Auf die Beschwerde der Schulkommission ist daher nicht einzutreten.  
 
1.2.2. Gemeinden sind zur Beschwerde legitimiert, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung gewährt (Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG), wozu namentlich die Gemeindeautonomie gehört. Für das Eintreten ist allein entscheidend, dass die Beschwerde führende Gemeinde durch einen Akt in ihrer Eigenschaft als Träger hoheitlicher Gewalt berührt ist und eine Verletzung der Autonomie geltend macht; ob die beanspruchte Autonomie tatsächlich besteht und im konkreten Fall verletzt wurde, ist keine Frage des Eintretens, sondern der materiellen Beurteilung (BGE 140 V 328 E. 4.1 S. 329 f.). Immerhin sind die gesetzlichen Legitimationsvoraussetzungen in der Beschwerde darzulegen, soweit sie nicht ohne Weiteres ersichtlich sind. Bei der Autonomiebeschwerde muss die Gemeinde den Grundsatz der Autonomie in einer ausreichend begründeten Weise anrufen und darlegen, inwiefern sie einen relativ erheblichen Entscheidungsspielraum haben soll (BGE 140 I 90 E. 1.1 S. 92).  
 
 Vorliegend behauptet die beschwerdeführende Gemeinde zwar, die Verpflichtung zur Tragung von Schultransportkosten stelle einen Eingriff in ihre Autonomie dar, legt aber nicht dar, woraus sich ein Autonomiebereich ergeben soll; ein solcher ergibt sich jedenfalls nicht ohne weiteres aus dem vom kantonalen Gericht zugrunde gelegten Art. 46 des Gesetzes vom 6. Mai 2001 über Schule und Bildung (Bildungsgesetz, BiG), ebenso wenig aus dem Umstand, dass die Gemeinden nach Art. 37 Abs. 2 KV/GL und Art. 12 Abs. 3 BiG die Volksschulen führen oder daraus, dass die Schulkommission Beschwerdeinstanz gegen Verfügungen untergeordneter Schulorgane ist (Art. 114 BiG). Auf die Autonomiebeschwerde ist daher nicht einzutreten. 
 
1.2.3. Die Gemeinde beruft sich zur Begründung ihrer Legitimation hauptsächlich auf die allgemeine Beschwerdebefugnis (Art. 89 Abs. 1 BGG). Diese Regelung ist in erster Linie auf Privatpersonen zugeschnitten, doch kann sich auch das Gemeinwesen darauf stützen, falls es durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie ein Privater oder aber in spezifischer, schutzwürdiger Weise in der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe betroffen wird, namentlich wenn einem Entscheid präjudizielle Bedeutung für die öffentliche Aufgabenerfüllung zukommt. Die Beschwerdebefugnis zur Durchsetzung hoheitlicher Anliegen setzt eine erhebliche Betroffenheit in wichtigen öffentlichen Interessen voraus. Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung begründet keine Beschwerdebefugnis im Sinne dieser Regelung. Gestützt auf die allgemeine Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG sind Gemeinwesen nur restriktiv zur Beschwerdeführung zuzulassen (kürzlich bestätigt im Urteil 8C_918/2014 vom 27. Januar 2015, E. 3.2.2.1, vgl. BGE 140 V 328 E. 4.1 S. 329 f.; 138 II 506 E. 2.1.1 S. 508 f. mit Übersicht über die Rechtsprechung). Insbesondere ist die im Rechtsmittelverfahren unterlegene Vorinstanz nicht berechtigt, gegen den sie desavouierenden Entscheid an das Bundesgericht zu gelangen (BGE 140 V 321 E. 2.1.1 S. 323 mit Hinweisen).  
 
 Geht es um Entscheide mit finanziellen Auswirkungen, hat die Rechtsprechung zwar in verschiedenen Konstellationen die Legitimation von Kanton oder Gemeinde bejaht (vgl. Hinweise in BGE 138 II 506 E. 2.1.2 S. 509 f.). Abgesehen von Sonderkonstellationen, in denen die Gemeinde zwar in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger, aber ähnlich wie ein Privater betroffen ist, wird dazu aber vorausgesetzt, dass sie in qualifizierter Weise in zentralen hoheitlichen Interessen berührt ist (BGE 140 I 90 E. 1.2 S. 93 f.). Zur Begründung des Beschwerderechts genügt nicht jedes beliebige, mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe direkt oder indirekt verbundene finanzielle Interesse des Gemeinwesens (BGE 136 II 274 E. 4.2 S. 279; 136 II 383 E. 2.4 S. 387). Ein solches wird bejaht, wenn die streitigen finanziellen Leistungen eine beträchtliche Höhe erreichen und die Beantwortung der Streitfrage eine über den Einzelfall hinausgehende präjudizielle Wirkung für die öffentliche Aufgabenerfüllung mit insgesamt wesentlicher finanzieller Belastung hat (Urteil 2C_949/2013 vom 24. März 2014 E. 2.2.2 [bejaht bzgl. kommunale Beiträge an kantonale Schulen]), nicht aber dann, wenn es bloss um eine einzelfallbezogene Beurteilung ohne Grundsatzfragen geht (BGE 140 I 90 E. 1.2.6 S. 95 [kommunaler Kostenanteil an einer Busverbindung]). Verneint wird die Legitimation, wenn es einzig um die finanziellen Folgen der Verwaltungstätigkeit geht, welche das Gemeinwesen in seiner Stellung als hoheitlich verfügende Behörde treffen (BGE 138 II 506 E. 2.3 S. 511 f, kürzlich bestätigt im Urteil 2C_798/2014 vom 21. Februar 2015 E. 2.3, zur Publikation vorgesehen). In solchen Fällen deckt sich das finanzielle Interesse des Gemeinwesens mit der Frage der richtigen Rechtsanwendung, was zur Legitimation nicht genügt (BGE 138 II 506 E. 2.4 S. 512; 134 II 45 E. 2.2.1 S. 46 f.). 
 
1.2.4. Vorliegend wehrt sich die Gemeinde gegen einen kantonalen Gerichtsentscheid, mit dem ihre Verfügung abgeändert wurde, was zur Folge hat, dass sie in einem konkreten Einzelfall die Transportkosten für einen Schüler übernehmen muss. Der angefochtene Entscheid beruht auf einer Auslegung und Würdigung der konkreten Situation, namentlich darauf, dass der Schulbesuch ausserhalb von V.________ auf einer Verfügung beruhe, hingegen keine neue Verfügung vorliege, wonach ab einem bestimmten Zeitpunkt die Schule wieder in V.________ besucht werden müsse. Das ist eine einzelfallbezogene Beurteilung ohne Grundsatzfrage. Eine Präjudizbindung ergibt sich entgegen der Auffassung der Gemeinde auch nicht daraus, dass das Verwaltungsgericht erwogen hat, jeder ausserkommunale Schulbesuch sei mittels einer Verfügung zu bewilligen. Mit dieser Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ist die Beschwerdeführerin zwar nicht einverstanden. Daraus ergibt sich aber nicht, dass sie die Transportkosten für alle Schüler übernehmen müsste, die - wie dies bisherige Praxis sei - ohne schriftliche Bewilligung eine Schule ausserhalb des Wohnorts besuchen: Ausschlaggebend war für die Vorinstanz, dass im konkreten Fall der Schulbesuch ausserhalb von V.________ aufgrund einer hoheitlichen Anordnung erfolgt ist, was gemäss der von der Beschwerdeführerin erwähnten Praxis gerade nicht zutrifft. Es geht damit einzig um die finanziellen Folgen der Verwaltungstätigkeit, welche das Gemeinwesen in einem Einzelfall in seiner Stellung als hoheitlich verfügende Behörde treffen, was nach dem Gesagten (vorne E. 1.2.3) für eine Beschwerdebefugnis nach Art. 89 Abs. 1 BGG nicht ausreicht.  
 
1.3. Auf die Beschwerde ist daher mangels Legitimation der Beschwerdeführerinnen nicht einzutreten.  
 
2.  
 
 Bei diesem Ausgang trägt die Gemeinde U.________, um deren Vermögensinteresse es geht, die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Die nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner haben keinen Anspruch auf Parteientschädigung (vgl. BGE 133 III 439 E. 4 S. 446). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Gemeinde U.________ auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Schulleitung U.________, dem Departement Bildung und Kultur des Kantons Glarus und dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus, I. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. Februar 2015 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein