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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_424/2022  
 
 
Urteil vom 10. Januar 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiber Wüest. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin PD Dr. Silvia Bucher, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Arbeitslosenkasse des Kantons Zug, Industriestrasse 24, 6300 Zug, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosenentschädigung; Beitragszeit), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 10. Mai 2022 (S 2020 149). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ war vom 1. Mai bis 31. Oktober 2015 bei der Arbeitgeberin B.________ als juristische Praktikantin tätig. Vom 4. April bis zum 16. September 2016 absolvierte sie ein (unbezahltes) juristisches Praktikum am internationalen Gericht C.________ in D.________ (NL). Am 2. Juni 2016 meldete sie sich beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum Zug (RAV) zur Arbeitsvermittlung an und beantragte am 10. Juni 2016 bei der Arbeitslosenkasse des Kantons Zug die Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung ab dem 2. Juni 2016. Mit Verfügung vom 25. August 2016 bejahte die Arbeitslosenkasse einen grundsätzlichen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Sie rechnete jedoch für die Tätigkeit beim internationalen Gericht C.________ ab dem 2. Juni 2016 pro Monat eine branchen- und ortsübliche Entschädigung (Fr. 3875.-) als Zwischenverdienst an, was zur Folge hatte, dass der Versicherten keine Arbeitslosenentschädigung ausbezahlt wurde. Die dagegen erhobene Einsprache hiess die Arbeitslosenkasse teilweise gut, indem sie den monatlichen hypothetischen Zwischenverdienst auf EUR 2593.- festsetzte. Dieser Entscheid wurde letztinstanzlich vom Bundesgericht mit Urteil 8C_411/2018 vom 21. September 2018 bestätigt.  
 
A.b. In der Zwischenzeit war A.________ vom 1. Oktober 2016 bis zum 31. Dezember 2017 in einem befristeten Arbeitsverhältnis als Gerichtsschreiberin am Gericht E.________ in der Schweiz angestellt. Am 1. Juni 2018 (Eingang bei der Arbeitslosenkasse am 7. Juni 2018) beantragte sie erneut Arbeitslosenentschädigung. Mit Verfügung vom 2. Juli 2019 lehnte die Arbeitslosenkasse einen Anspruch über den 22. Juni 2019 hinaus ab, da unter Berücksichtigung einer Beitragszeit von 15 Monaten (Tätigkeit am Gericht E.________) während der (Beitrags-) Rahmenfrist vom 2. Juni 2016 bis zum 1. Juni 2018 der Taggeldhöchstanspruch von 260 Tagen erreicht sei. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 7. Oktober 2020 fest.  
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug mit Urteil vom 10. Mai 2022 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, es seien das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 10. Mai 2022 und der Einspracheentscheid der Arbeitslosenkasse vom 7. Oktober 2020 aufzuheben und letztere zu verpflichten, ihr über die bis und mit 21. Juni 2019 ausgerichteten 260 Taggelder hinaus weitere 140 Taggelder auszurichten. Eventualiter sei die Sache zu ergänzenden Abklärungen und neuer Verfügung an die Arbeitslosenkasse, subeventualiter an die Vorinstanz, zurückzuweisen. 
Die Arbeitslosenkasse und die Vorinstanz schliessen unter Verweis auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil auf Abweisung der Beschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) beantragt ebenfalls die Abweisung der Beschwerde. Eventualiter sei die Sache zu ergänzender Abklärung und neuer Verfügung an die Arbeitslosenkasse zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 mit Hinweis). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie in Bestätigung des Einpracheentscheids der Arbeitslosenkasse vom 7. Oktober 2020 einen über den 21. Juni 2019 hinausgehenden Taggeldanspruch verneinte. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob das von der Beschwerdeführerin beim internationalen Gericht C.________ in D.________ (NL) vom 4. April bis 16. September 2016 absolvierte unbezahlte Praktikum als Beitragszeit gilt oder nicht; je nach dem ergibt sich eine Beitragszeit von mehr als 18 Monaten mit einer Höchstzahl von 400 Taggeldern (vgl. Art. 27 Abs. 2 lit. b AVIG) oder aber eine Beitragszeit von nur 15 Monaten mit einer Höchstzahl von 260 Taggeldern (vgl. Art. 27 Abs. 2 lit. a AVIG).  
 
2.2. Es liegt ein länderübergreifender Sachverhalt vor, der auf der Grundlage von Art. 8 FZA (SR 0.142.112.681) und Art. 1 Abs. 1 Anhang II FZA in Verbindung mit Art. 11 ff. der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (SR 0.831.109.268.1; nachfolgend: VO Nr. 883/2004) und den diese konkretisierenden Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO Nr. 883/2004 (SR 0.831.109.268.11; nachfolgend: VO Nr. 987/2009) zu beurteilen ist (vgl. auch Art. 121 Abs. 1 AVIG, der die entsprechenden Verordnungen für anwendbar erklärt).  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz stellte fest, die Beschwerdeführerin sei zuletzt bis zum 31. Dezember 2017 am Gericht E.________ angestellt gewesen und damit einer beitragspflichtigen Erwerbstätigkeit in der Schweiz nachgegangen. Sie schloss daraus, die Beschwerdeführerin habe damit unmittelbar vor Eintritt der Arbeitslosigkeit Versicherungszeiten in der Schweiz zurückgelegt, weshalb vorliegend gemäss Art. 61 Abs. 2 VO Nr. 883/2004 eine Berücksichtigung ausländischer Zeiten zur Erfüllung der Beitragszeit grundsätzlich zulässig wäre. Nach Würdigung der konkreten Umstände kam das kantonale Gericht zum Schluss, dass das von der Beschwerdeführerin am internationalen Gericht C.________ in D.________ (NL) absolvierte (unentgeltliche) Praktikum keine Versicherungszeit im Sinne von Art. 61 Abs. 1 erster Satz VO Nr. 883/2004 darstelle. Soweit es sich dabei um eine Beschäftigung im Sinne von Art. 1 lit. a VO Nr. 883/2004 handle (gemeint ist wohl: Beschäftigungszeit im Sinne von Art. 1 lit. u i.V.m. Art. 61 Abs. 1 zweiter Satz VO Nr. 883/2004), führe dies dennoch nicht zur Berücksichtigung des Praktikums als Beitragszeit. Denn ausländische Beschäftigungszeiten, die keine Versicherungszeiten dargestellt hätten, seien durch die Schweiz nur dann zu berücksichtigen, wenn sie in der Schweiz als Versicherungszeiten gegolten hätten (vgl. Kreisschreiben über die Auswirkungen der Verordnungen [EG] Nr. 883/2004 und 987/2009 auf die Arbeitslosenversicherung; KS ALE 883; Rz. E19 f.). Bei einem unentgeltlichen Praktikum seien - mangels Lohnfluss - keine ALV-Beiträge geschuldet. Demnach sei die Tätigkeit am internationalen Gericht C.________ in D.________ (NL) nach Schweizer Recht keine beitragspflichtige Beschäftigung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 AVIG, weshalb sie auch keine Beitragszeit nach Art. 13 AVIG habe generieren können.  
 
3.2. Ferner erwog die Vorinstanz, die Beschwerdeführerin könne aus dem Umstand, dass ihr für die Tätigkeit beim internationalen Gericht C.________ in D.________ (NL) ein Zwischenverdienst angerechnet worden sei, nicht ableiten, es liege eine beitragspflichtige Beschäftigung gemäss Art. 2 AVIG vor, die in einer Folgerahmenfrist als Beitragszeit zu berücksichtigen wäre. Denn es handle sich nicht um einen tatsächlich erwirtschafteten Zwischenverdienst aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit, sondern um einen im Rahmen der Schadenminderungspflicht festgelegten hypothetischen Verdienst.  
 
3.3. Schliesslich erkannte das kantonale Gericht, dass die Durchführungsorgane der Arbeitslosenversicherung ihrer Auskunfts- und Beratungspflicht nach Art. 27 ATSG in genügender Weise nachgekommen seien.  
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 61 Abs. 1 VO Nr. 883/2004. Die Vorinstanz habe übersehen, dass für die Frage des Vorliegens einer Versicherungszeit im Sinne von Art. 61 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 lit. t VO Nr. 883/2004 das niederländische Recht massgebend sei. Sie habe den Sachverhalt ungenügend abgeklärt und damit den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) und Art. 5 Abs. 2 VO Nr. 987/2009 verletzt.  
 
4.2.  
 
4.2.1. Tragendes Prinzip des Freizügigkeitsrechts der EU ist die Totalisierung der in verschiedenen Mitgliedstaaten erworbenen Versicherungs- und Beschäftigungszeiten (NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: SBVR XIV, Soziale Sicherheit, 3. Aufl. 2016, N. 231). Hinsichtlich der Zusammenrechnung von Zeiten hält Art. 6 VO Nr. 883/2004 den Grundsatz fest, dass die in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegten Zeiten vom zuständigen Träger eines Mitgliedstaats berücksichtigt werden. In Bezug auf die Leistungen der Arbeitslosigkeit sieht Art. 61 Abs. 1 VO Nr. 883/2004 zudem wörtlich Folgendes vor:  
Der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb, die Aufrechterhaltung, das Wiederaufleben oder die Dauer des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit abhängig ist, hat die Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt wurden, soweit erforderlich, so zu berücksichtigen, als ob sie nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden wären. Ist jedoch nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften der Leistungsanspruch von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig, so werden die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht berücksichtigt, es sei denn, sie hätten als Versicherungszeiten gegolten, wenn sie nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden wären. 
Ferner beinhaltet Art. 61 Abs. 2 VO Nr. 883/2004 den Grundsatz, dass an das Land anzuknüpfen ist, in welchem der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zuletzt beschäftigt war. So muss ein Angehöriger oder eine Angehörige eines Mitgliedstaats, welcher in der Schweiz Arbeitslosenentschädigungen beansprucht, vorgängig eine der Beitragspflicht in der Schweiz unterworfene Stelle innegehabt haben, bevor er oder sie sich, soweit erforderlich, für die Berechnung der Beitragszeit gemäss Art. 13 AVIG auf im Ausland zurückgelegte Versicherungszeiten berufen kann (vgl. KUPFER BUCHER, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum AVIG, 5. Aufl. 2019, S. 28 ff.; EICHENHOFER, Sozialrecht der Europäischen Union, 6. Aufl. 2015, N. 251). 
 
4.2.2. In diesem Sinne sind die in anderen Mitgliedstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten vom "zusammenrechnenden" zuständigen Staat stets zu berücksichtigen. Zuständig ist dabei der Mitgliedstaat, in dem die arbeitslose Person unmittelbar vor Eintritt der Arbeitslosigkeit durch unselbstständige oder selbstständige Erwerbstätigkeit arbeitslosenversicherungsrechtlich relevante Zeiten zurückgelegt hat (vgl. zur früher geltenden Verordnung [EG] Nr. 1408/71: Urteil C 25/06 vom 6.6.2007 E. 3.1 mit Verweis auf BGE 133 V 137 E. 6.2). Dominierende Prinzipien sind das Beschäftigungslandprinzip und das Prinzip der alleinigen Zuständigkeit eines Mitgliedstaats (vgl. SCHULTE, Die neue Europäische Sozialrechtskoordinierung in Gestalt der Verordnungen [EG] Nrn. 883/04 und 987/09, in: SZS 2012 S. 162). Beschäftigungszeiten sind dagegen nur zu berücksichtigen, wenn sie nach dem Recht des zusammenrechnenden Staats als Versicherungszeiten gegolten hätten, wären sie nach seinen eigenen Rechtsvorschriften zurückgelegt worden. Es wird somit zwischen Versicherungs- und Beschäftigungszeiten unterschieden.  
 
4.2.3. Als Versicherungszeiten gelten Beitragszeiten, Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, die nach den Rechtsvorschriften, nach denen sie zurückgelegt worden sind oder als zurückgelegt gelten, als Versicherungszeiten bestimmt oder anerkannt sind, sowie alle gleichgestellten Zeiten, soweit sie nach diesen Rechtsvorschriften als den Versicherungszeiten gleichwertig anerkannt sind (Art. 1 lit. t VO Nr. 883/2004). Als Versicherungszeiten gelten nicht nur Zeiten im ausländischen System der Arbeitslosenversicherung, sondern es genügt nach der Rechtsprechung des EuGH die Versicherungszeit in einem Zweig der sozialen Sicherheit, z.B. in der Unfallversicherung (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften [EuGH] vom 12. Mai 1989 Rs. 388/87 Warmerdam-Steggerda, Slg. I-1989, S. 1232 ff.; vgl. zur Kritik an dieser weiten Auslegung durch den EuGH: BGE 139 V 88 E. 7.4 mit Hinweisen; SUSANNE DERN, in: Schreiber/Wunder/Dern, VO [EG] Nr. 883/2004, Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, Kommentar, 2012, N. 5 zu Art. 61 VO Nr. 883/2004).  
Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit im Sinn von Art. 1 lit. u VO Nr. 883/2004 sind dagegen Zeiten der Arbeitstätigkeit, die nach den Rechtsvorschriften, nach denen sie zurückgelegt wurden, nicht als Zeiten gelten, die einen Anspruch auf Zugehörigkeit zu einem System von Leistungen bei Arbeitslosigkeit begründen (DERN, a.a.O., N. 5 zu Art. 61 VO Nr. 883/2004; vgl. auch KS ALE 883, Rz. A66). Nach schweizerischem Recht entsprechen Versicherungszeiten oder gleichgestellte Zeiten den als Beitragszeiten qualifizierten Tatbeständen gemäss Art. 13 AVIG
 
4.2.4. Die in einem EU-Staat zurückgelegten Versicherungs- und Beschäftigungszeiten, Zeiten selbstständiger Erwerbstätigkeit sowie sonstige leistungsrelevante Sachverhalte werden von diesem Staat mittels dem von der Europäischen Gemeinschaft (EG) geschaffenen Formular PD ("Portable Documents") U1 bescheinigt (KS ALE 883 Rz. B61; vgl. auch Art. 12 Abs. 1 und Art. 54 Abs. 1 VO Nr. 987/2009 i.V.m. Art. 6 und 61 Abs. 1 VO Nr. 883/2004). Die versicherte Person hat das PD U1 der Arbeitslosenkasse vorzulegen, bei welcher sie ihren Anspruch geltend macht (KS ALE 883 Rz. E26). Werden Zeiten weder als Versicherungs- noch als Beschäftigungs- oder gleichgestellte Zeiten bescheinigt, sind sie vom zusammenrechnenden Staat nicht zu berücksichtigen und folglich auch nicht zu totalisieren.  
 
4.3. Zu prüfen ist somit, ob die Vorinstanz Bundesrecht oder Völkerrecht verletzte, indem sie in Bestätigung des Einspracheentscheids der Arbeitslosenkasse keine niederländischen Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten anrechnete.  
 
4.4. Richtig erkannt hat die Vorinstanz zunächst, dass die Beschwerdeführerin aus einer allfälligen Qualifikation der Praktikumszeit als Beschäftigungszeit im Sinne von Art. 1 lit. u VO Nr. 883/2004 nichts zu ihren Gunsten ableiten könnte. Denn das unbezahlte Praktikum hätte in der Schweiz jedenfalls nicht als Versicherungszeit gegolten, weshalb eine nach niederländischem Recht bestehende Beschäftigungszeit in der Schweiz nicht zu berücksichtigen wäre (vgl. Art. 61 Abs. 1 zweiter Satz der Verordnung [EG] Nr. 883/2004). Diese Beurteilung wird von der Beschwerdeführerin zu Recht nicht beanstandet. Auf weitere Abklärungen zur Frage, ob das Praktikum nach niederländischem Recht Beschäftigungszeit darstellt oder nicht, durften die Arbeitslosenkasse und die Vorinstanz verzichten.  
 
4.5. Für die Beurteilung der Frage nach der zu berücksichtigenden Beitragszeit ist damit das Vorliegen von niederländischen Versicherungszeiten oder gleichgestellten Zeiten entscheidend.  
 
4.5.1. Das kantonale Gericht stellte in diesem Zusammenhang fest, die Arbeitslosenkasse habe im Rahmen des Einspracheverfahrens Abklärungen bei den niederländischen Behörden betreffend die Tätigkeit der Beschwerdeführerin am internationalen Gericht C.________ in D.________ (NL) vorgenommen. Die zuständige Stelle in den Niederlanden habe ihr in der Folge mit Schreiben vom 10. Januar 2020 mitgeteilt, sie könne die Anfrage nur behandeln, wenn ihr die "Burgerservicenummer" der Beschwerdeführerin bekannt sei. Letztere habe auf Nachfrage der Arbeitslosenkasse keine solche Nummer angeben können. Die Vorinstanz ging deshalb davon aus, dass sich die Beschwerdeführerin trotz eines längeren Aufenthalts in den Niederlanden dort nie angemeldet habe, obwohl dies laut Vereinbarung mit dem internationalen Gericht C.________ in D.________ (NL) in ihrer eigenen Verantwortung gestanden und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit eine Registrierung bei den lokalen Meldebehörden erfordert hätte. Die Beschwerdeführerin behaupte auch nicht, in den Niederlanden eine Erwerbstätigkeit aufgenommen zu haben oder einer der Schweizerischen Arbeitslosenversicherung entsprechenden Versicherung angeschlossen gewesen zu sein und dafür Beiträge bezahlt zu haben. Es sei deshalb insgesamt überwiegend wahrscheinlich, dass die unentgeltliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin am internationalen Gericht C.________ in D.________ (NL) nicht zu einer Anmeldung beim niederländischen Äquivalent der Schweizerischen Arbeitslosenversicherung, und erst recht nicht zur Entstehung ausländischer Versicherungszeiten, geführt habe, welche nach Art. 61 VO Nr. 883/2004 als Beitragszeit im Sinne von Art. 13 AVIG anzurechnen wären.  
 
4.5.2. Die Beschwerdeführerin bringt zu Recht vor, dass sich die Frage, ob es sich beim streitbetroffenen Praktikum um Versicherungszeit handelt, nach niederländischem Recht beantwortet. Dass sie in den Niederlanden keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlte, schliesst die Annahme von Versicherungszeit nicht aus, umfasst diese doch unter anderem auch Beschäftigungszeiten oder gleichgestellte Zeiten, die nach niederländischem Recht als den Versicherungszeiten gleichwertig anerkannt sind (vgl. E. 4.2.3 hiervor). Es sei zudem daran erinnert, dass nach der Rechtsprechung des EuGH als Versicherungszeiten nicht nur Zeiten im ausländischen System der Arbeitslosenversicherung gelten, sondern es genügt die Versicherungszeit in einem Zweig der sozialen Sicherheit (vgl. E. 4.2.3 hiervor). Dies scheint die Vorinstanz zu übersehen, wenn sie die Entstehung niederländischer Versicherungszeiten offenbar an die Voraussetzung knüpft, dass die Beschwerdeführerin einem niederländischen Äquivalent der Schweizerischen Arbeitslosenversicherung angeschlossen ist und entsprechende Beiträge bezahlt hat (vgl. E. 6.2 des angefochtenen Urteils).  
 
4.6. Es fragt sich sodann, wie der Umstand zu werten ist, dass der niederländische Träger die Anfrage der Arbeitslosenkasse betreffend Bescheinigung von Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten mangels Angabe der "Burgerservicenummer" gar nicht beantworten konnte. Damit einher geht die Frage, wie weit sich die Abklärungspflicht der Arbeitslosenkasse erstreckt resp. ob diese im hier zu beurteilenden Fall ihrer Untersuchungspflicht und den Pflichten gemäss VO Nrn. 883/2004 und 987/2009 hinreichend nachgekommen ist.  
 
4.6.1. Sowohl das sozialversicherungsrechtliche Administrativverfahren als auch der kantonale Sozialversicherungsprozess sind vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG). Danach haben Sozialversicherungsträger resp. das Sozialversicherungsgericht den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen. Diese Untersuchungspflicht dauert so lange, bis über die für die Beurteilung des streitigen Anspruchs erforderlichen Tatsachen hinreichende Klarheit besteht (Urteil 8C_641/2019 vom 8. April 2020 E. 3.3.1, nicht publ. in: BGE 146 V 121). Der Untersuchungsgrundsatz gilt nicht uneingeschränkt; er findet sein Korrelat in den Mitwirkungspflichten der Parteien (BGE 138 V 86 E. 5.2.3; 125 V 193 E. 2; Urteil 8C_57/2019 vom 1. April 2019 E. 2.3).  
 
4.6.2. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz steht fest, dass die Arbeitslosenkasse bei der zuständigen Stelle in den Niederlanden Abklärungen zum fraglichen Praktikum traf, indem sie dieser das Formular U001 übermittelte und damit die Bescheinigung von Versicherungs- und Beschäftigungszeiten beantragte. Die zuständige Verbindungsstelle war aber offenbar nicht in der Lage, die Anfrage ohne Kenntnis der "Burgerservicenummer" zu behandeln. Die Beschwerdeführerin konnte diese Nummer auf entsprechende Nachfrage der Arbeitslosenkasse nicht bekanntgeben. Sie wies zudem darauf hin, dass es das Sekretariat/HR Büro aufgrund der Schliessung des internationalen Gerichts C.________ in D.________ (NL) nicht mehr gebe, weshalb sie die Nummer über Umwege abklären lassen müsste. Da sie während des Praktikums aber kein Einkommen erzielt habe, erscheine es ihr unwahrscheinlich, eine solche Nummer zu haben.  
 
4.6.3. Das SECO weist zu Recht darauf hin, dass die Arbeitslosenkasse zur Abklärung verpflichtet war, ob die Beschwerdeführerin in den Niederlanden Versicherungszeiten akkumulierte. Dieser Pflicht kam die Kasse zunächst auch nach, indem sie dem zuständigen niederländischen Träger das vorgesehene Formular übermittelte (vgl. Art. 54 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 VO Nr. 987/2009) und in der Folge bei der Beschwerdeführerin die vom ausländischen Träger benötigte "Burgerservicenummer" in Erfahrung zu bringen versuchte. Bei diesen Abklärungen durfte sie es aber nicht bewenden lassen, nachdem der niederländische Träger die Anfrage wegen Fehlens der "Burgerservicenummer" gar nicht beantwortet hatte. Es mag wohl zutreffen, dass sich die Beschwerdeführerin in den Niederlanden bei keiner Behörde angemeldet resp. dass sie keine Behörde über ihre Tätigkeit am internationalen Gericht C.________ in D.________ (NL) informiert hatte. Eine solche Meldung liegt bei einer unbezahlten Praktikumstätigkeit indessen nicht auf der Hand. Und selbst wenn der Beschwerdeführerin ein solches Versäumnis und der Umstand der nicht vorhandenen "Burgerservicenummer" anzulasten wären, könnte daraus nicht geschlossen werden, die Praktikumstätigkeit stelle keine Versicherungszeit nach niederländischem Recht dar. Jedenfalls ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil nicht, inwiefern die Bescheinigung von Versicherungszeiten resp. gleichgestellten Zeiten vom Vorliegen einer "Burgerservicenummer" abhängig sein soll oder anders gewendet, wieso die fehlende Nummer einer Qualifikation als Versicherungszeit entgegenstehen soll. Ebenso wenig erschliesst sich dem Bundesgericht, weshalb es dem niederländischen Träger nicht möglich sein soll, anhand der vorhandenen Daten (Personalien der Beschwerdeführerin; Arbeitgeber; Tätigkeitszeitraum; Unentgeltlichkeit des Praktikums) eine Bescheinigung über das Vorhandensein oder Fehlen von Versicherungszeiten resp. gleichgestellten Zeiten oder Beschäftigungszeiten herauszugeben. Unklar ist des Weiteren, ob für unbezahlte Praktikumstätigkeiten überhaupt eine "Burgerservicenummer" benötigt wird, wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt. Eine Rückfrage resp. eine zweite Anfrage beim niederländischen Träger durch die Arbeitslosenkasse, allenfalls ergänzt mit einem klärenden Begleitschreiben, hätte sich aufgrund dieser Unklarheiten aufgedrängt.  
 
.i. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Beschwerdeführerin grundsätzlich ebenfalls berechtigt gewesen wäre, die erforderliche Bescheinigung des niederländischen Trägers über allfällige Versicherungszeiten resp. gleichgestellte Zeiten von diesem selbst zu verlangen (vgl. Art. 54 Abs. 1 der Verordnung [EG] Nr. 987/2009; vgl. auch KS ALE 883, Rz. C9 ff. und E25 ff.; vgl. auch E. 4.2.4 hiervor). Denn diese Berechtigung entbindet die Träger der Mitgliedstaaten nicht von der Pflicht zu enger Zusammenarbeit (vgl. Art. 76 VO Nr. 883/2004; vgl. auch Art. 12 und Art. 54 Abs. 1 zweiter Satz VO Nr. 987/2009). Entsprechend sieht auch das Kreisschreiben des SECO vor, dass die zuständige Arbeitslosenkasse die benötigten Daten bei der zuständigen ausländischen Verbindungsstelle anfordert, wenn die versicherte Person das Formular PD U1 nicht vorlegen kann (vgl. KS ALE 883, Rz. E27). Von der Beschwerdeführerin - unter Verweis auf ihre Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren (vgl. E. 4.3.3 hiervor) - zu verlangen, dass sie sich selbst um eine Bescheinigung über allfällige Versicherungszeiten in den Niederlanden kümmert, ginge daher zu weit.  
 
4.7. Indem die Vorinstanz die Arbeitslosenkasse nicht dazu anhielt, weitere Abklärungen beim niederländischen Träger vorzunehmen, verletzte sie den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG). Ob darüber hinaus auch eine Verletzung von Art. 5 Abs. 2 VO Nr. 987/2009 vorliegt, kann damit offen bleiben.  
 
5.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache - wie von der Beschwerdeführerin eventualiter beantragt - an die Arbeitslosenkasse zurückzuweisen, damit diese weitere Abklärungen betreffend das Vorliegen von niederländischen Versicherungszeiten tätige und anschliessend über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Arbeitslosenentschädigung ab dem 22. Juni 2019 neu verfüge. 
 
6.  
 
6.1. Die Rückweisung der Sache an die Arbeitslosenkasse zu neuer Verfügung gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 Satz 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 132 V 215 E. 6.1; statt vieler Urteil 9C_434/2021 vom 29. Juni 2022 E. 4.2 mit Hinweisen). Die Gerichtskosten sind daher der unterliegenden Beschwerdegegnerin aufzuerlegen. Diese hat der Beschwerdeführerin ferner eine Parteientschädigung auszurichten.  
 
6.2. Die Sache ist zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 68 Abs. 5 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 10. Mai 2022 und der Einspracheentscheid der Arbeitslosenkasse des Kantons Zug vom 7. Oktober 2020 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die Arbeitslosenkasse des Kantons Zug zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 10. Januar 2023 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Wüest