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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A.38/2004 /bnm 
 
Urteil vom 3. Mai 2005 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterinnen Nordmann, Escher, 
Bundesrichter Meyer, Marazzi, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Parteien 
A.________ (Ehemann) und B._______ (Ehefrau), 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Luzius Schmid, 
 
gegen 
 
Kantonsgericht von Graubünden, Zivilkammer, Poststrasse 14, 7002 Chur. 
 
Gegenstand 
Abweisung einer Grundbuchanmeldung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, Zivilkammer, vom 29. September 2004. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Am 31. Oktober 2003 verkaufte die Berg-Bahnen C.________ & D.________ AG ihre Parzelle Z.________-GBB-... an die aus der E.________ AG und F.________ bestehende einfache Baugesellschaft "wohlgelegen" und die Nachbarparzelle Nr. 1 an G.________. 
 
Die Verkäuferin war im Besitz einer Baubewilligung zur Erstellung eines Mehrfamilienhauses auf der Parzelle Nr. 2. Gegen die Erteilung dieser Baubewilligung hatten A.________ und B.________ als Eigentümer der Parzelle Nr. 3 und H.________ als Eigentümer der Parzelle Nr. 4 Einsprache erhoben. 
 
In Zusammenhang mit diesem Verfahren schlossen die Baugesellschaft "wohlgelegen", die mit Rechten und Pflichten in die Rechtstellung der ehemaligen Eigentümerin der zu überbauenden Parzelle eingetreten war, und G.________ einerseits sowie das Ehepaar A.________ und B.________ und H.________ andererseits einen Vergleich, wonach die Einsprecher ihr Rechtsmittel zurückzögen und dafür von der Baugesellschaft mit einer Inkonvenienzentschädigung von Fr. 130'000.-- abgefunden würden. Überdies räumten die Baugesellschaft und G.________ dem Ehepaar A.________ und B.________ zu Lasten ihrer Parzellen Nrn. 2 und 1 und zu Gunsten derer Parzelle Nr. 3 ein unbeschränktes Fuss- und Fahrwegrecht ein. Der jeweilige Eigentümer dieser Parzelle sollte das Recht haben, über die belasteten Grundstücke bis zu seiner Liegenschaft eine Zufahrt für die Erschliessung einer nach Baugesetz realisierbaren Wohnbaute und den nach Baugesetz zu dieser verlangten Parkplätzen zu erstellen. Ferner verpflichteten sich die Baugesellschaft und G.________, gegen ein künftiges, von den Eigentümern der Parzelle Nr. 3 beabsichtigtes Gesuch um Aufzonung ihrer Liegenschaft weder ein Rechtsmittel zu erheben noch Anträge zu stellen oder gegen ein Bauvorhaben zu opponieren. Für den Widerhandlungsfall wurde eine Konventionalstrafe von Fr. 150'000.-- vereinbart. Das Fuss- und Fahrwegrecht sowie der ebenfalls als Grunddienstbarkeit gedachte Einspracheverzicht sollten dem Grundbuchamt Z.________ zur unwiderruflichen Eintragung angemeldet werden. 
 
B. 
Mit Verfügung vom 26. Februar 2004 wies das Grundbuchamt Z.________ die am 18. Februar 2004 beantragte Eintragung ab mit der Begründung, eine Grunddienstbarkeit des Inhalts, dass der belastete Eigentümer künftig generell auf sein Einspracherecht gegen Bauvorhaben auf dem berechtigten Grundstück verzichte, sei unzulässig. 
 
Mit Verfügung vom 25. Mai 2004 wies das Departement des Innern und der Volkswirtschaft die dagegen erhobene Grundbuchbeschwerde ab. Desgleichen wies das Kantonsgericht von Graubünden die hiergegen erhobene zivilrechtliche Berufung mit Urteil vom 29. September 2004 ab. 
 
C. 
Gegen das Urteil des Kantonsgerichts haben A.________ und B.________ am 13. Dezember 2004 Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht erhoben mit den Begehren um dessen Aufhebung und um Eintragung der am 18. Februar 2004 beim Grundbuchamt Z.________ angemeldeten Dienstbarkeiten. Am 2. Februar 2005 reichte das Bundesamt für Justiz seine Vernehmlassung ein, wozu das Ehepaar A.________ und B.________ am 14. März 2005 Stellung nahm. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Gegen den letztinstanzlichen kantonalen Entscheid kann Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht erhoben werden (Art. 97 Abs. 1 OG und Art. 103 Abs. 4 GBV). Auf die form- und fristgerechte Beschwerde ist somit einzutreten. 
 
2. 
Gegenstand der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist in erster Linie die Rechtsfrage, ob ein Einspracheverzicht gegen eine Zonenänderung bzw. gegen ein Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück zum Gegenstand einer Grunddienstbarkeit gemacht werden kann. 
 
2.1 Die mit Einspracheverzicht überschriebene einschlägige Vertragsklausel lautet wie folgt: 
 
- Die jeweiligen Eigentümer der Parzellen Nrn. 2 und 1 verpflichten sich, gegen diese Aufzonung bei keiner Behörde Einwendungen zu erheben, keine Einsprachen, keine Rekurse und Beschwerden und keine Anträge zu stellen. Zudem verpflichten sich die jeweiligen Eigentümer der Parzellen Nrn. 2 und 1, gegen Bauvorhaben des jeweiligen Eigentümers der Parzelle Nr. 3 auf dieser Parzelle keine Einsprachen zu erheben. ..." 
Die Klausel hat offensichtlich den Verzicht auf Einsprachen, Rekurse und Beschwerden im öffentlich-rechtlichen Bau- und Planungsrecht im Auge, lassen sich doch allfällige privatrechtliche Schutzansprüche im Sinn von Art. 641 bzw. 684 ZGB nur vereinzelt mit privatrechtlicher Einsprache, die im öffentlich-rechtlichen Verfahren (mit)beurteilt wird, wahren (so namentlich in den Kantonen St. Gallen und Thurgau, vgl. § 86 BauG/SG und § 91 PBG/TG), während in den meisten Kantonen der Zivilweg zu beschreiten und eine ordentliche Zivilklage anzustrengen ist (vgl. beispielsweise § 317 PBG/ZH). Weder im Raumplanungsgesetz des Kantons Graubünden noch im Baugesetz von Z.________ findet sich eine Norm, wonach im öffentlich-rechtlichen Verfahren auch privatrechtlich Einsprache erhoben werden könnte, weshalb hierfür eine ordentliche Zivilklage anzustrengen wäre. Ob ein Verzicht auf die betreffenden zivilrechtlichen Ansprüche bzw. das Klagerecht Gegenstand einer Dienstbarkeit sein könnte, muss vorliegend nicht beurteilt werden. 
 
2.2 Was die Einsprachemöglichkeiten gegen eine Zonenänderung anbelangt, kann ein Verzicht bereits deshalb nicht zum Gegenstand einer privatrechtlichen Dienstbarkeit gemacht werden, weil die Zonenänderung in einem öffentlich-rechtlichen Planverfahren zu erlassen ist, über das die Parteien als Grundeigentümer nicht rechtsgeschäftlich verfügen können. 
 
2.3 Im Übrigen werden sowohl die Einsprachemöglichkeiten gegen Baugesuche als auch diejenigen gegen Zonenpläne abschliessend durch das öffentliche Recht geregelt. Dabei sind die Minimalvorgaben zu beachten, wie sie sich aus dem eidgenössischen Raumplanungsgesetz ergeben: Gemäss Art. 33 Abs. 2 RPG (SR 700) hat das kantonale Recht wenigstens ein Rechtsmittel gegen Verfügungen und Nutzungspläne vorzusehen, die sich auf das Raumplanungsgesetz und seine kantonalen und eidgenössischen Ausführungsbestimmungen stützen. Diese bundesrechtlichen Anforderungen gelten insbesondere für alle raumrelevanten Baubewilligungsverfahren (vgl. Art. 22 RPG; BGE 118 Ib 26 E. 4b S. 30; 125 II 10 3b/aa S. 16 f.) und für sämtliche Zonenpläne (vgl. BGE 111 Ib 9 E. 3 S. 12; 111 Ib 13 E. 3b S. 14). 
 
 
Auch wenn die Baueinsprache nicht als "Popularbeschwerde" bezeichnet werden kann, sind nicht nur die Eigentümer der Nachbargrundstücke zur Einsprache bzw. Beschwerdeführung legitimiert. Vielmehr können je nach der konkreten Sachlage weiter entfernte Nachbarn (vgl. BGE 128 II 168), aber auch Mieter und Pächter (vgl. BGE 116 Ia 177 E. 3a S. 179; 120 Ib 48 E. 2b S. 52, 379 E. 3d S. 384) sowie Umweltschutzorganisationen (vgl. Art. 55 USG [RS 814.01]) und Gemeinwesen (Behördeneinsprache) als Einsprecher auftreten (vgl. auch Hänni, Planungs-, Bau- und besonderes Umweltschutzrecht, 4. Aufl., Bern 2002, S. 317; Zaugg, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Bern, 2. Aufl., Bern 1995, N. 16 ff. zu Art. 35 und 35a). 
 
Wohl ist der Eigentümer des benachbarten Grundstücks in der Regel legitimiert, gegen Bauvorhaben Einsprache zu erheben. Die Legitimation hierzu schöpft er jedoch nicht aus seinem Eigentumsrecht; vielmehr wird diese durch das eidgenössische und kantonale öffentliche Recht bestimmt. Das Eigentumsrecht am Grundstück ist nur insoweit relevant, als ein Eigentümer von einem Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück regelmässig im Sinn der öffentlich-rechtlichen Legitimationsdefinition betroffen ist und ein schutzwürdiges Interesse an der Einsprache hat. 
 
Fliesst jedoch die Befugnis, Einsprache zu erheben, nicht aus dem Eigentumsrecht, sondern ist sie ein Instrument des Verfahrensrechts, lässt sich der vereinbarte Einspracheverzicht nicht im rechtlichen Kleid einer Grunddienstbarkeit verdinglichen, denn Gegenstand einer Dienstbarkeit kann nur das Dulden eines Eingriffs, den der belastete Eigentümer mit der Eigentumsklage abwehren könnte (positive Dienstbarkeit), oder das Unterlassen einer Benutzung des Grundstücks, die ihm als Eigentumsbefugnis zustünde (negative Dienstbarkeit), sein (vgl. Art. 730 Abs. 1 ZGB; Liver, Zürcher Kommentar, N. 106 zu Art. 730 ZGB). Folglich hat der Grundbuchverwalter, dem die Prüfung obliegt, ob das angemeldete Recht sich seiner Natur nach zur Aufnahme im Grundbuch eigne (BGE 114 II 324 E. 2b S. 326), die Eintragung des Einspracheverzichts zu Recht abgelehnt. 
 
Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, inwieweit die vertragliche Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts materiell-rechtlich überhaupt zulässig ist (vgl. dazu Kölz, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, Vorbem. zu §§ 19-28, N. 56 m.w.H.). 
 
3. 
Die Beschwerdeführer bemängeln ferner, dass das Kantonsgericht auch die Eintragung des Fuss- und Fahrwegrechts abgelehnt hat. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer sind die beiden Dienstbarkeiten nicht voneinander unabhängig; vielmehr bilden sie Gegenstand eines Vergleichsvertrags, dessen Wesen in der Beilegung eines Streites oder einer Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis durch gegenseitige Zugeständnisse besteht (BGE 105 II 273 E. 3a S. 277; 111 II 349 E. 1 S. 350; 121 III 397 E. 2c S. 404 f.). Das Kantonsgericht hat demnach kein Bundesrecht verletzt, wenn es davon ausgegangen ist, dass die einzelnen Punkte des Vergleichs ein einheitliches Vertragsganzes bilden, und es folglich die Eintragungsmöglichkeit für das Wegrecht an diejenige für den Einspracheverzicht gekoppelt hat. 
 
4. 
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist. Damit ist die Gerichtsgebühr den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 und 7 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern und dem Kantonsgericht von Graubünden, Zivilkammer, sowie dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 3. Mai 2005 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: