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Chapeau

114 IV 95


28. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. Dezember 1988 i.S. T. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

Regeste

Art. 55 al. 2 CP; remise à l'essai de l'expulsion.
Cette disposition ne trouve application que lors de la libération qui intervient après l'exécution d'une peine privative de liberté et non pas à l'échéance du délai d'épreuve assortissant le sursis accordé pour l'exécution d'une telle peine.

Faits à partir de page 95

BGE 114 IV 95 S. 95

A.- Der tunesische Staatsangehörige T. wurde vom Bezirksgericht Zürich am 26. März 1984 wegen wiederholter Widerhandlung gegen das BetmG (schwerer Fall im Sinne von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG), Fahrens in angetrunkenem Zustand sowie weiterer SVG-Delikte zu 16 Monaten Gefängnis bedingt (Probezeit drei Jahre) verurteilt; zudem wurde eine unbedingte Landesverweisung von fünf Jahren ausgesprochen. Dieses Urteil erwuchs in Rechtskraft.

B.- Am 13. November 1987 stellte T. das Gesuch, die Landesverweisung sei nach Ablauf der dreijährigen Probezeit bedingt aufzuschieben. Am 10. Dezember 1987 trat die Direktion der Justiz des Kantons Zürich auf dieses Gesuch mangels Zuständigkeit nicht ein. Einen dagegen gerichteten Rekurs wies der Regierungsrat des Kantons Zürich am 18. Mai 1988 ab.

C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt T., es sei der angefochtene Beschluss aufzuheben und ihm der Aufschub der gerichtlichen Landesverweisung zu gewähren; eventuell sei die Vorinstanz anzuweisen, auf das Gesuch um probeweisen Aufschub der Landesverweisung einzutreten.

D.- Die Polizeidirektion des Kantons Zürich liess sich sinngemäss mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde vernehmen. Das Bundesamt für Justiz erachtete für diesen Fall einen probeweisen Aufschub als nicht zulässig und äusserte sich nur eventualiter zur Frage der Zuständigkeit.
BGE 114 IV 95 S. 96

Considérants

Aus den Erwägungen:
Streitig ist die Frage, ob ein unbedingt des Landes Verwiesener nach Ablauf der Probezeit für die bedingte Hauptstrafe auf die Landesverweisung zurückkommen bzw. in der Schweiz deren probeweisen Aufschub für die restliche Dauer verlangen kann. Diese Frage wurde vom Gesetzgeber bisher nicht beantwortet. Weder in den Materialien zur Revision von 1950 noch in denjenigen zur Revision von 1971 finden sich diesbezügliche Anhaltspunkte.
a) Das Bundesgericht hatte im Jahre 1945 zur alten Fassung von Art. 55 Abs. 2 StGB ("Hat sich ein bedingt Entlassener während der Probezeit bewährt, so kann der Richter die Landesverweisung aufheben.") entschieden, der Richter dürfe die Landesverweisung nach Ablauf der Probezeit bei Bewährung auch gegenüber einem Verurteilten aufheben, dessen Hauptstrafe bedingt vollziehbar war, da es nicht angehe, einen zu einer bedingten Freiheitsstrafe Verurteilten schlechter zu behandeln als einen bedingt aus dem Strafvollzug Entlassenen (BGE 71 IV 30). Dieser Entscheid erging jedoch in einem Zeitpunkt, als der Richter noch keine Möglichkeit hatte, auch eine Nebenstrafe bedingt auszusprechen. Seit der Gesetzesrevision von 1950 kann er indessen gemäss Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB auch für eine Nebenstrafe den bedingten Vollzug gewähren. Diese neue Bestimmung schaffte bezüglich der Landesverweisung, wie noch zu zeigen ist, eine erhebliche Veränderung.
Bei der Revision von 1950 war BGE 71 IV 30 dem Gesetzgeber bekannt. Die diesbezügliche Problematik wurde aber in den vorbereitenden Diskussionen nie angesprochen; das legt den Schluss nahe, der Gesetzgeber habe aufgrund der veränderten Rechtslage (Möglichkeit des bedingten Vollzugs für die Landesverweisung) die im genannten bundesgerichtlichen Entscheid begründete Praxis für den grössten Teil der Fälle als überholt erachtet und bei der Revision von Art. 55 StGB die Möglichkeit des probeweisen Aufschubs ausdrücklich nur für den bedingt aus dem Strafvollzug Entlassenen (Art. 55 Abs. 2 StGB) statuieren wollen, nicht aber für denjenigen, der sich im Ausland während der Probezeit der bedingten Hauptstrafe möglicherweise bewährt hat.
b) Verschiedene Gründe lassen erkennen, dass für die BGE 71 IV 30 zugrunde liegenden Überlegungen nach der Gesetzesrevision von 1950 kein Raum bleibt. Der Richter hat heute im Zeitpunkt der Urteilsfällung die Frage zu entscheiden, ob für die ausgesprochene
BGE 114 IV 95 S. 97
Landesverweisung der bedingte Vollzug zu gewähren oder zu verweigern sei. Dies entscheidet sich einzig aufgrund von Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB; massgebend ist, ob Vorleben und Charakter des Verurteilten erwarten lassen, er werde dadurch von weiteren Verbrechen und Vergehen abgehalten (BGE 104 IV 225 E. 2c). Unerheblich sind sowohl Gesichtspunkte der öffentlichen Sicherheit, die lediglich bei der Anordnung und Bemessung der Landesverweisung massgeblich sind, wie solche der Resozialisierung, die einzig bei der bedingten Entlassung (Art. 55 Abs. 2 StGB) eine Rolle spielen. Zulässig ist es, den bedingten Strafvollzug für die Freiheitsstrafe zu gewähren und für die Nebenstrafe zu verweigern, dies insbesondere dann, wenn die günstige Prognose für die Freiheitsstrafe vom Vollzug der Nebenstrafe abhängt (BGE 104 IV 225 E. b). Dabei wird der Richter im Rahmen von Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB bezüglich der Haupt- und Nebenstrafe eine Gesamtwürdigung vorzunehmen haben.
Bei der Beurteilung der Bewährungsaussichten kann also gerade der Vollzug der Landesverweisung massgebend dafür sein, dass die Hauptstrafe bedingt ausgesprochen wird, wenn der Richter eine günstige Prognose nur für den Fall bejahen kann, dass der Verurteilte für die angeordnete Dauer der Landesverweisung in sein Heimatland bzw. sein angestammtes soziales Umfeld zurückkehrt. Der Verurteilte erleidet dann wohl den Nachteil der unbedingten Landesverweisung, erfährt aber anderseits gerade deswegen die Wohltat des bedingten Vollzugs für die Freiheitsstrafe. Schon unter diesem Gesichtspunkt verbietet sich nach der Revision von 1950 der Vergleich mit Art. 55 Abs. 2 StGB und wird der Vorwurf einer Schlechterstellung gegenüber dem bedingt aus dem Strafvollzug Entlassenen entkräftet.
Dass der Gesetzgeber dem unbedingt des Landes Verwiesenen nach Ablauf der Probezeit für die bedingte Hauptstrafe die Möglichkeit geben wollte, eine Neubeurteilung des Vollzugs der Landesverweisung zu verlangen, gestützt etwa auf Argumente der Resozialisierung (Wiedereingliederung in der Schweiz), wie sie in der Beschwerde geltend gemacht werden, wäre systemwidrig, da diese Kriterien nach dem vorn Gesagten bereits bei der Urteilsfällung unerheblich waren. Bedeutung kann aber insbesondere auch nicht dem Argument der bestandenen Bewährungszeit zukommen, auf welches sich der Beschwerdeführer ebenfalls stützt, war die Erwartung der Bewährung im Ausland ja gerade Grundlage des ursprünglichen Entscheids, dass sich eine bedingte Freiheitsstrafe
BGE 114 IV 95 S. 98
nur zusammen mit einer unbedingten Landesverweisung rechtfertigen lässt. Dass ein solcher, auf einer Gesamtwürdigung beruhender Entscheid gesamthaft - sowohl zu Gunsten des Verurteilten (bedingte Hauptstrafe) wie auch zu seinen Ungunsten (unbedingte Landesverweisung) - in Rechtskraft erwachsen muss, liegt auf der Hand.
Bei dieser Betrachtungsweise bleibt kein Raum für eine vom Gesetzgeber stillschweigend vorgesehene Möglichkeit, den in einem rechtskräftigen Urteil angeordneten Vollzug der Landesverweisung später neu beurteilen zu lassen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er eine solche Möglichkeit auf den im Gesetz ausdrücklich erwähnten Fall (Art. 55 Abs. 2 StGB) beschränken wollte.

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Etat de fait

références

ATF: 104 IV 225

Article: Art. 55 al. 2 CP, Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG, Art. 55 StGB