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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5C.269/2004 /bnm 
 
Sitzung vom 16. Juni 2005 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterinnen Nordmann, Escher, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl, 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
Parteien 
X.________, 
Klägerin und Berufungsklägerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Peter Zelger, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beklagten und Berufungsbeklagten, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Remigius Küchler, 
 
Gegenstand 
Nachbarrecht; Entfernung von Bäumen, 
 
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Nidwalden, Zivilabteilung, Kleine Kammer, vom 11. November 2004. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ ist Eigentümerin der Strassenparzelle Nr. 1, Grundbuch A.________ in B.________. Y.________ gehören die Liegenschaften Nrn. 2 und 3, beide Grundbuch A.________ in B.________. Sie liegen links und rechts der Strassenparzelle Nr. 1 und werden durch diese erschlossen. Auf den Grundstücken von Y.________ befinden sich insgesamt sechs Bäume; zwei auf Grundstück Nr. 3 (serbische Fichte und Hängebuche) und vier auf Grundstück Nr. 2 (Japanische Zierkirsche, Serbische Fichte, Japanischer Fächerahorn und Hängebuche). 
 
B. 
B.a Am 1. September 2003 klagte X.________ beim Kantonsgericht Nidwalden gegen Y.________. Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens vertrat sie die Ansicht, dass die Bäume alle im Grenzunterabstand zu ihrer Strassenparzelle gepflanzt worden und demnach zu entfernen seien. Überdies stehe ihr ein Beseitigungsanspruch aus Bundesrecht zu, da der Blattabfall der Bäume im Herbst zu einem gefährlichen Zustand auf der Strassenparzelle führe. In einem Eventualbegehren beantragte sie, der Beklagte sei zu verpflichten, die die Strassenparzelle überragenden Äste der Bäume zu beseitigen. Mit Urteil vom 22. April 2004 wies das Kantonsgericht die Klage ab. 
B.b Gegen dieses Urteil reichte die Klägerin am 2. Juli 2004 beim Obergericht des Kantons Nidwalden Appellation ein mit den Anträgen: 
"...... 
1. Die Appellation sei gutzuheissen und das Urteil des Kantonsgerichtes Nidwalden, Zivilabteilung, Kleine Kammer vom 22. April 2004 (ZK 03 36) sei aufzuheben. 
2. Der Beklagte sei zu verpflichten, die vier auf der beklagtischen Liegenschaft 2, Grundbuch A.________, gewachsenen Bäume und die zwei auf der beklagtischen Liegenschaft 3, Grundbuch A.________, gewachsenen Bäume, welche näher als vier Meter zur klägerischen Strassenparzelle 1, Grundbuch A.________, stehen, zu entfernen, 
 
2.1 eventuell sei der Beklagte zu verpflichten, je die eine Hängebuche auf den beklagtischen Liegenschaften 2 und 3, Grundbuch A.________, zu entfernen und die überragenden Äste der weiteren drei Bäume auf der beklagtischen Liegenschaft 2 sowie des weiteren Baumes auf der beklagtischen Liegenschaft 3, je Grundbuch A.________, welche näher als 4 m zur klägerischen Strassenparzelle Liegenschaft 1, Grundbuch A.________, stehen, zu beseitigen, 
 
2.2 subeventuell sei der Beklagte zu verpflichten, die die klägerische Strassenparzelle, Liegenschaft 1, Grundbuch A.________, überragenden Äste der vier auf der beklagtischen Liegenschaft 2, Grundbuch A.________, gewachsenen Bäume und die zwei auf der beklagtischen Liegenschaft 3, Grundbuch A.________, gewachsenen Bäume, welche näher als 4 m zur klägerischen Strassenparzelle/ Liegenschaft 1, Grundbuch A.________, stehen, zu beseitigen, und zwar innert 30 Tagen nach Rechtskraft des Urteils, eventuell innert einer vom Gericht festzulegenden Frist, alles unter Androhung im Falle des Ungehorsams von Haft bis 10 Tage oder Busse bis Fr. 500.-- gemäss Art. 215 ZPO bzw. von Haft oder Busse gemäss Art. 292 StGB
3. Die Klägerin sei, wenn die Frist gemäss vorstehender Ziff. 2 vom Beklagten nicht eingehalten wird oder das Entfernen der Bäume und/oder eventuell das Beseitigen der überragenden Äste nicht oder nicht vollständig entsprechend der Verpflichtung gemäss Ziff. 2 erfolgt, berechtigt zu erklären, den angeordneten Zustand auf Kosten des Beklagten durch die Polizei oder durch einen Gärtner unter Mithilfe der Polizei zu vollstrecken. 
.. ....." 
Nachdem das Obergericht am 11. November 2004 einen Augenschein durchgeführt hatte, wies es gleichentags die Appellation ab und bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Es kam zum Schluss, die Rüge des Unterabstandes sei verjährt; der Klägerin stehe auch ein Beseitigungsanspruch gestützt auf Art. 679 i.V.m. Art. 684 ZGB nicht zu, da der behauptete Laubabfall keine übermässige Immission im Sinne des Gesetzes darstelle. Aber auch der Eigentumsfreiheitsklage nach Art. 641 Abs. 2 ZGB sei kein Erfolg beschieden. 
 
C. 
Die Klägerin gelangt mit Berufung an das Bundesgericht. Sie beantragt, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben. Im Übrigen übernimmt sie die vor der letzten kantonalen Instanz gestellten Begehren (vgl. lit. B hiervor). 
 
Der Beklagte beantragt die Abweisung der Berufung, eventualiter eine allfällige Verpflichtung zur Beseitigung von Bäumen oder Ästen auf die Winterzeit zu legen. Das Obergericht hat unter Hinweis auf das angefochtene Urteil auf Gegenbemerkungen verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Beim Urteil des Obergerichts des Kantons Nidwalden handelt es sich um einen Endentscheid eines oberen kantonalen Gerichts, der nicht durch ein ordentliches kantonales Rechtsmittel mehr angefochten werden kann (Art. 48 Abs. 1 OG). Der Streitwert beläuft sich nach der durch das Kantonsgericht Nidwalden vorgenommenen, unbestrittenen Berechnung auf Fr. 20'000.--. Auf die form- und fristgerecht eingereichte Berufung ist demnach grundsätzlich einzutreten (Art. 46, 54 Abs. 1 und 55 Abs. 1 lit. c OG). 
 
2. 
Auf die Berufung ist nicht einzutreten, soweit die Klägerin den heute gültigen kantonalrechtlichen Anspruch auf Beseitigung der Bäume als nicht verjährt zu betrachten scheint (Berufung S. 6 Ziff. 1.3 " - nicht aber der heute gültige - kantonalrechtliche Anspruch auf Beseitigung verjährt."). Damit beanstandet sie im Ergebnis eine Verletzung der kantonalrechtlichen Abstandsvorschriften. Mit der Berufung kann indes einzig die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden; Erörterungen über die Verletzung kantonalen Rechts sind unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG). 
 
3. 
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils ist unbestritten, dass die sechs auf den Liegenschaften des Beklagten stehenden Bäume, deren Beseitigung die Klägerin verlangt, den durch das kantonale Recht vorgeschriebenen Abstand zur Strassenparzelle der Klägerin nicht einhalten, aber auch, dass der sich aus dem kantonalen Recht ergebende (vorbehaltlose) Beseitigungsanspruch der Klägerin verjährt ist. Die Klägerin vertritt indessen die Ansicht, dass die Beseitigung der strittigen Bäume auch ohne Nachweis übermässiger Einwirkung auf ihr Grundstück gestützt auf Art. 679/684 ZGB verlangt werden könne und beruft sich auf BGE 126 III 452 E. 3c/bb, S. 460, wo das Bundesgericht ausgeführt hat: "Halten Pflanzungen kantonalrechtliche Abstände nicht ein, kann ihre Beseitigung vorbehaltlos, d.h. ohne Nachweis übermässiger Einwirkungen, verlangt werden". 
 
Die Berufung auf BGE 126 III 452 ist verfehlt. Das von der Klägerin aus dem Gesamtzusammenhang herausgerissene Zitat bezieht sich nicht auf den Beseitigungsanspruch gemäss Art. 679 i.V.m. Art. 684 ZGB, sondern auf den kantonalrechtlichen Beseitigungsanspruch. Im Kontext dieses Zitates wurde aufgezeigt, dass die Anwendung von Art. 679/684 ZGB als bundesrechtlicher Minimalschutz im Bereiche des nachbarlichen Pflanzenrechts - entgegen in der Literatur erhobener Kritik - die Geltung des kantonalen Rechts nicht in Frage stellt, weil bei Verletzung kantonalrechtlicher Abstände die Beseitigung der Bäume vorbehaltlos, d.h. ohne Nachweis übermässiger Einwirkungen, verlangt werden kann, solange dieser Anspruch nicht verjährt ist. Der Standpunkt der Klägerin, trotz Verjährung des kantonalrechtlichen Beseitigungsanspruchs gewähre ihr Art. 679/684 ZGB bei Unterabstand der Bäume einen vorbehaltlosen Beseitigungsanspruch, weshalb sie übermässige Einwirkungen nicht nachzuweisen habe, lässt sich nicht vertreten. 
 
4. 
Die Klägerin ist aber auch der Auffassung, dass die von den umstrittenen Bäumen ausgehenden Einwirkungen übermässig sind. Die Verschmutzung der Strassenparzelle Nr. 1 durch Laubfall sei ausschliesslich auf die vier nordöstlich bzw. südöstlich stehenden und teilweise übermächtigen Hängebuchen sowie die weiteren im Unterabstand auf den Nrn. 2 und 3 stehenden Bäume zurückzuführen. Insbesondere die beiden Hängebuchen überragten die Strassenparzelle Nr. 1 vollständig. Die Verschmutzung durch Laubfall bedeute eine übermässige Immission im Sinne von Art. 679/684 ZGB, zumal dieser auf der abfallenden Strasse, insbesondere bei Nässe und Schnee sowie bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, die Strasse glitschig und damit gefährlich mache. Das Begehen und Befahren dieses Strassenstücks berge erhebliche, eventuell mit hohen Kosten verbundene Unfallgefahren. 
 
4.1 Gemäss Art. 684 ZGB hat sich jedermann bei der Ausübung seines Grundeigentums, namentlich beim Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, aller übermässigen Einwirkungen auf das Eigentum des Nachbarn zu enthalten (Abs. 1); verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Rauch oder Russ, lästige Dünste, Lärm oder Erschütterung (Abs. 2). Die Abgrenzung zwischen zulässigen und unzulässigen, d.h. übermässigen Immissionen erfolgt nach Massgabe ihrer Intensität, die sich nach objektiven Kriterien beurteilt. Der Richter hat eine Abwägung der entgegenstehenden Interessen vorzunehmen, wobei er den Massstab des Empfindens eines Durchschnittsmenschen in der gleichen Situation zugrunde zu legen hat. Bei dem nach Recht und Billigkeit zu treffenden Entscheid sind gemäss Art. 684 Abs. 2 ZGB namentlich Lage und Beschaffenheit der Grundstücke sowie der Ortsgebrauch zu berücksichtigen (BGE 126 III 223 E. 4a S. 227; Meier-Hayoz, Berner Kommentar, N. 86 ff., 90 f., 96 und 107 zu Art. 684 ZGB; Rey, Basler Kommentar, N. 8 ff. und 20 ff. zu Art. 684 ZGB). 
 
Sowohl bei der Beurteilung der Frage, ob die von ihm festgestellten Einwirkungen angesichts der gegebenen örtlichen Verhältnisse als im Sinne von Art. 684 ZGB übermässig und damit unzulässig sind, als auch bei der Anordnung der von ihm als geboten erachteten Vorkehren steht dem Sachrichter Ermessen zu (BGE 101 II 248 E. 3 S. 250 mit Hinweisen). Ermessensentscheide dieser Art überprüft das Bundesgericht an sich frei; es übt dabei allerdings Zurückhaltung und greift nur ein, sofern die kantonale Instanz von dem ihr zustehenden Ermessen einen falschen Gebrauch gemacht hat, d.h. wenn sie grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgegangen ist, Gesichtspunkte berücksichtigt hat, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder umgekehrt rechtserhebliche Umstände ausser Acht gelassen hat. Aufzuheben und zu korrigieren sind ausserdem Ermessensentscheide, die sich als im Ergebnis offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (vgl. BGE 123 III 274 E. 1a/cc S. 279 f.; 126 III 223 E. 4a S. 227 f.; 127 III 310 E. 3 S. 313 f.). 
 
4.2 Nach den für das Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellungen des Obergerichts anlässlich des Augenscheins vom 11. November 2004 (Art. 63 Abs. 2 OG) leben die Parteien in B.________, einem abgelegenen Ortsteil von A.________, welcher nur über eine enge und für nicht Ortsansässige nur unter bestimmten Umständen befahrbare Strasse erreichbar ist. Nahezu auf dem gesamten Streckenstück zwischen A.________ und B.________ befindet sich immer wieder Laub auf der Strasse. Das Quartier, in welchem die Parteien wohnen, gilt als Villenquartier ohne Durchgangsverkehr. Strassenbenutzer sind im Wesentlichen die Bewohner des Quartiers. Praktisch um jedes Haus in der Nachbarschaft der Klägerin stehen Bäume, zum Teil dicht, so dass sie Waldcharakter vermitteln. Die Bäume machen einen wesentlichen Teil des Quartiercharakters aus. Hervorgehoben wird schliesslich, dass der Laubfall im Herbst kaum mehr als einen Monat dauert. 
 
Erfahrungsgemäss kann Laubfall namentlich in Verbindung mit Nässe und kalter Witterung Strassen glitschig machen und insoweit zu einer gewissen Beeinträchtigung führen, die aber normalerweise nicht als übermässig im Sinne des Art. 684 ZGB zu gelten hat. Angesichts der örtlichen Gegebenheiten ist Laubfall auf dem fraglichen Strassenabschnitt nichts Aussergewöhnliches. Dass bei Laubfall, insbesondere in Verbindung mit Schnee, Eis und Regen besondere Vorsicht am Platz ist, entspricht allgemeiner Erfahrung und kann vorausgesetzt werden. Die in Frage stehende Beeinträchtigung dauert kaum mehr als einen Monat, und man ist ihr, anders als bei Rauch, schlechten Dünsten oder Schattenwurf, nicht einfach ausgeliefert, sondern kann sich dagegen wappnen, indem man vorsichtig fährt und die Geschwindigkeit den Strassenverhältnissen anpasst. Indem das Obergericht die Übermässigkeit der Einwirkung verneint hat, hat es Art. 684 ZGB nicht verletzt. 
 
5. 
Die Klägerin stützt ihren Beseitigungsanspruch auch auf Art. 641 Abs. 2 ZGB, da jedenfalls die beiden Hängebuchen mit ihrem mächtigen Astwerk die Grenze ihrer Liegenschaft überragten und damit ihr Eigentum verletzten; eine Schädigung sei nicht erforderlich. Dem halten Vorinstanz und Beklagter unter Hinweis auf das Kapprecht entgegen, dass der (nachbarrechtliche) Anspruch auf Beseitigung von überragenden Ästen eine Schädigung des Eigentums voraussetze, die vorliegend zu verneinen sei. 
 
5.1 Art. 641 Abs. 2 ZGB berechtigt den Eigentümer unter anderem dazu, jede ungerechtfertigte Einwirkung in sein Eigentum abzuwehren. Dem Eigentümer des Nachbargrundstückes steht namentlich ein Anspruch auf Beseitigung des Störungszustandes zu, sofern unmittelbar (direkt) in die Substanz seines Grundstücks eingegriffen wird (BGE 107 II 134 E. 3 S. 136 ff.; 111 II 24 E. 2b S. 26; Steinauer, Les droits réels, Tome 2, 3. Aufl. 2002, Rz. 1896; Meier-Hayoz, a.a.O., N. 89, 103 und 109 zu Art. 641 ZGB). Dabei gilt die blosse Tatsache eines objektiv rechtswidrigen Eingriffs, z.B. durch Hinüberragen eines Gebäudes über die Grenze, als ungerechtfertigte Einwirkung, ohne dass eine Schädigung der Sache erforderlich wäre (Meier-Hayoz, a.a.O., N. 104 zu Art. 641 ZGB; derselbe, a.a.O., N. 40 zu Art. 687/688 ZGB). 
 
5.2 Demgegenüber setzt das Kapprecht voraus, dass die überragenden Äste oder eindringenden Wurzeln das Eigentum des Nachbarn schädigen (Art 687 Abs. 1 ZGB). Wiewohl überragende Äste und eindringende Wurzeln von Bäumen unmittelbare Einwirkungen auf das Nachbargrundstück bedeuten, sollen sie nachbarlichen Abwehransprüchen nicht allein schon deshalb zum Opfer fallen, weil sie in den nachbarschaftlichen Herrschaftsbereich hineinragen, wenn dadurch keine erhebliche, übermässige Schädigung des Eigentums bewirkt wird (Meier-Hayoz, a.a.O., N. 24 zu Art. 687/688 ZGB; Rey, a.a.O., N. 8 zu Art. 687/688 ZGB; derselbe, Die Grundlagen des Sachenrechts und das Eigentum, 2. Aufl. 2000, Rz. 1185). Das Erfordernis einer erheblichen Schädigung zur Ausübung des Kapprechts bezweckt den Schutz der Bäume vor unverhältnismässiger oder gar zweckloser Beschädigung (Meier-Hayoz, a.a.O., N. 22 zu Art. 687/688 ZGB; Roos, Pflanzen im Nachbarrecht, Zürich 2002, S. 69 und 94). Was die Übermässigkeit der (nicht zu tolerierenden) Einwirkungen anbelangt, wird in der Literatur zu Recht die Analogie zu Art. 684 ZGB und den diesbezüglich massgebenden Kriterien zur Beurteilung der Übermässigkeit hervorgehoben (statt vieler: Steinauer, a.a.O., Rz. 1833). 
Im vorliegenden Fall gelangt allerdings Art. 687 ZGB insoweit nicht zur Anwendung, als die Klägerin weder beanspruchte, vom Selbsthilferecht Gebrauch zu machen, noch ihre Klage auf diese Bestimmung stützte (welche Möglichkeit in der Literatur vereinzelt bejaht wird [Roos, a.a.O., S. 93]). Vielmehr beruft sie sich auf Art. 641 Abs. 2 ZGB
 
5.3 Im älteren Schrifttum war noch die Auffassung vertreten worden, die von der Spezialnorm (Art. 687 Abs. 1 ZGB) vorgesehene Selbsthilfe schliesse Gerichtshilfe und namentlich die actio negatoria (Art. 641 Abs. 2 ZGB) als allgemeine Norm aus (Leemann, Berner Kommentar, N. 12 zu Art. 687/688 ZGB; Gisiger, Kapprecht und Anries, Diss. Zürich 1922, S. 36 f.). Bei einer solchen Rechtslage stellte sich die Frage, ob die Beseitigung überragender Äste und eindringender Wurzeln auch ohne Nachweis einer Schädigung möglich sei, gar nicht. Heute stehen Doktrin und (kantonale) Praxis auf dem Standpunkt, dass die Anrufung des Richters sowie die Selbsthilfe grundsätzlich als gleichwertige Rechtsbehelfe nebeneinander zur Verfügung stehen (statt vieler: Meyer-Hayoz, a.a.O., N. 40 zu Art. 687/688 ZGB; Haab/Simonius/ Scherrer/ Zobl, Zürcher Kommentar, N. 11 zu Art. 687/688 ZGB). Damit ist allerdings das Verhältnis der beiden Normen noch nicht restlos geklärt, sondern es stellt sich die im vorliegenden Verfahren aufgeworfene Frage, ob die beim Kapprecht (Art. 687 Abs. 1 ZGB) vorausgesetzte Schädigung des Eigentums bei der actio negatoria ebenfalls zu berücksichtigen ist. 
 
5.4 Zu dieser Frage musste sich das Bundesgericht bislang nicht äussern. In der Lehre ist sie umstritten. Den Materialien lässt sich hierzu nichts entnehmen. Meier-Hayoz vertritt die Auffassung, dass der Nachbar, selbst wenn er durch in seinen Herrschaftsbereich übergreifende Pflanzen nicht geschädigt werde, diese dennoch nicht dulden müsse, sondern mit der actio negatoria deren Beseitigung verlangen könne (a.a.O., N. 26 und 40 zu Art. 687/688 ZGB). Er begründet dies mit dem Hinweis darauf, dass das Eindringen von Ästen und Wurzeln in einen fremden Herrschaftsbereich einen unmittelbaren und daher an sich schon ungerechtfertigten Eingriff bedeute, der von der actio negatoria erfasst werde, welche vom in Art. 687 ZGB geregelten Rechtsbehelf unabhängig sei. Im gleichen Sinne äussern sich Rey (a.a.O., N. 12 zu Art. 687/688 ZGB), Waldis (Das Nachbarrecht, 4. Aufl. 1953, S. 125 Fn. 21) und Sommer (Nachbarrecht, 1995, S. 79); nicht klar: Piotet (Le droit privé vaudois de la propriété foncière, Lausanne 1991, S. 110). 
Andere Autoren, wenn auch teilweise mit nuancierter Begründung, vertreten die (gegenteilige) Auffassung, dass der gestützt auf die actio negatoria (Art. 641 Abs. 2 ZGB) erhobene Anspruch auf Beseitigung von Ästen und Wurzeln ebenfalls von einer Schädigung des Eigentums, wie sie für die Ausübung des Kapprechts Voraussetzung ist, abhängig sei (Roos, a.a.O., S. 94; Lindenmann, Bäume und Sträucher im Nachbarrecht, 1988, S. 74 f.; im Ergebnis ebenso Leemann (a.a.O., N. 12 zu Art. 687/688 ZGB) und Gisiger, (a.a.O., S. 36 f.; allerdings infolge Ausschlusses der actio negatoria). Diese Auffassung überzeugt. 
 
5.5 Was unter ungerechtfertigter Einwirkung auf das Eigentum zu verstehen ist, ergibt sich nicht unmittelbar aus Art. 641 Abs. 2 ZGB, sondern bestimmt sich bei benachbarten Grundstücken vor allem nach den Regeln des Nachbarrechts, namentlich nach Art. 679 und Art. 684 ZGB (vgl. Meier/Hayoz, a.a.O., N. 100 zu Art. 641 ZGB; Rey, a.a.O., N. 63 zu Art. 641 ZGB). Diese Überlegung legt nahe, die actio negatoria, richtet sie sich gegen überragende Äste und eindringende Wurzeln, im Lichte von Art. 687 ZGB auszulegen, d.h. die in der Regelung des Kapprechts enthaltene Wertung und damit das Erfordernis der Eigentumsschädigung (E. 5.2) zu berücksichtigen. Anders entscheiden hiesse, Art. 687 Abs. 1 ZGB seines Inhaltes zu entleeren und damit auch den gesetzgeberischen Wertungsentscheid zu Gunsten der Pflanzen zu unterlaufen. Dies bedeutet nun, dass der Nachbar, ungeachtet dessen, ob er vom Selbsthilferecht (Art. 687 Abs. 1 ZGB) oder von der actio negatoria (Art. 641 Abs. 2 ZGB) Gebrauch macht, ungerechtfertigte Einwirkungen, die keine erhebliche Schädigung des Eigentums nach sich ziehen, zu dulden hat. 
 
5.6 Aufgrund der verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (E. 4.2) scheitert der auf Art. 641 Abs. 2 ZGB gestützte Beseitigungsanspruch - analog dem auf Art. 679 i.V.m. Art. 684 ZGB gestützten - am Umstand, dass die durch den Laubfall verursachte Beeinträchtigung nicht als übermässig bzw. nicht als eigentumsschädlich zu gelten hat (E. 4.2). Damit ist aber auch eine von der Klägerin sinngemäss gerügte Verletzung von Art. 687 ZGB selbstredend zu verneinen. 
 
6. 
Folglich ist die Berufung abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Klägerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie schuldet dem Beklagten eine angemessene Entschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist 
 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Klägerin auferlegt. 
 
3. 
Die Klägerin hat den Beklagten für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'000 zu entschädigen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Nidwalden, Zivilabteilung, Kleine Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 16. Juni 2005 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: