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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 176/05 
 
Urteil vom 27. März 2006 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Lustenberger und Seiler; Gerichtsschreiber Hochuli 
 
Parteien 
S.________, 1946, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Philipp Baumann, Badenerstrasse 21, 
8004 Zürich, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Beschluss vom 16. März 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Einspracheentscheid vom 12. November 2004 bestätigte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) ihre Verfügung vom 16. August 2004, mit welcher die bisher an S.________, geboren 1946, wegen eines Ereignisses vom 25. Dezember 2002 erbrachten Leistungen eingestellt worden waren. 
B. 
Auf die dagegen erhobene Beschwerde trat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 16. März 2005 wegen verspäteter Eingabe nicht ein. 
C. 
S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die Sache zur materiellen Beurteilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen. 
 
Die SUVA und das Bundesamt für Gesundheit verzichten jeweils auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die strittige Verfügung hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Eidgenössische Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 OG in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b OG sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
2. 
2.1 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) in Kraft getreten. Dieses Gesetz koordiniert das Sozialversicherungsrecht des Bundes, indem es unter anderem ein einheitliches Sozialversicherungsverfahren festlegt und die Rechtspflege regelt (Art. 1 Ingress und lit. b ATSG). Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen finden sich im 4. Kapitel. Dessen 2. Abschnitt (Art. 34 ff. ATSG) regelt das Sozialversicherungsverfahren und enthält in Art. 38 die Vorschriften über die Berechnung und den Stillstand der Fristen. Nach Abs. 4 lit. c dieser Norm stehen gesetzliche oder behördliche Fristen, die nach Tagen oder Monaten bestimmt sind, still vom 18. Dezember bis und mit dem 1. Januar. 
 
Im 3. Abschnitt des 4. Kapitels des ATSG finden sich die Bestimmungen zum Rechtspflegeverfahren, wozu auch Art. 60 ATSG gehört. Danach ist die Beschwerde innerhalb von dreissig Tagen nach der Eröffnung des Einspracheentscheides oder der Verfügung, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, einzureichen (Abs. 1). Die Art. 38 bis 41 ATSG sind sinngemäss anwendbar (Abs. 2). 
2.2 Nach Art. 1 Abs. 1 UVG in der ab 1. Januar 2003 geltenden Fassung sind die Bestimmungen des ATSG auf die Unfallversicherung anwendbar, soweit das vorliegende Gesetz nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht. Sie finden keine Anwendung in den in Absatz 2 dieser Vorschriften genannten, hier nicht einschlägigen Bereichen. Art. 106 UVG in der ab Januar 2003 geltenden Fassung ordnet die "Besondere Beschwerdefrist" wie folgt: In Abweichung von Art. 60 ATSG beträgt die Beschwerdefrist bei Einspracheentscheiden über Versicherungsleistungen drei Monate. 
2.3 Nach der Rechtsprechung sind neue Verfahrensvorschriften vorbehältlich anders lautender Übergangsbestimmungen in der Regel mit dem Tag des In-Kraft-Tretens sofort und in vollem Umfang anwendbar (BGE 129 V 115 Erw. 2.2 mit Hinweisen). Art. 82 Abs. 2 ATSG enthält eine hier einschlägige übergangsrechtliche Regelung formeller Natur: Gemäss dieser Norm haben die Kantone ihre Bestimmungen über die Rechtspflege diesem Gesetz innerhalb von fünf Jahren nach seinem In-Kraft-Treten anzupassen; bis dahin gelten die bisherigen kantonalen Vorschriften. 
 
Die im ATSG enthaltenen sowie die gestützt darauf im UVG auf den 1. Januar 2003 geänderten Verfahrensbestimmungen mit Bezug auf das gerichtliche Rechtsmittelverfahren sind deshalb hier grundsätzlich zu berücksichtigen (BGE 131 V 316 Erw. 3.3). 
2.4 Im Kanton Zürich wird das Verfahren in sozialversicherungsrechtlichen Streitigkeiten durch das Gesetz über das Sozialversicherungsgericht vom 7. März 1993 (GSVGer; LS 212.81) geregelt. Dieses bestimmt in § 13 Abs. 3 lit. c in der bis Ende 2004 geltenden Fassung, dass "die gesetzlichen und richterlichen Fristen, die nach Tagen bestimmt sind", stillstehen vom 18. Dezember bis und mit dem 1. Januar. Das Eidgenössische Versicherungsgericht schützte in einem früheren Verfahren die Auffassung der Vorinstanz, dass diese Norm auf die nach Monaten bestimmte Frist des Art. 106 Abs. 1 UVG nicht anwendbar sei (SVR 1998 UV Nr. 10 S. 27 Erw. 2c; BGE 131 V 326 Erw. 2.4). 
 
Mit Novelle vom 30. August 2004 wurde § 13 Abs. 3 GSVGer insoweit geändert, dass der Fristenstillstand nunmehr für die "gesetzlichen und richterlichen Fristen" gilt und keine Beschränkung auf nach Tagen bestimmte Fristen mehr vorgesehen ist. Diese Änderung ist auf den 1 Januar 2005 in Kraft getreten (OS 59 410). Die Übergangsbestimmung zur Novelle vom 30. August 2004 sieht in Abs. 1 vor, dass die geänderten Bestimmungen auch auf Verfahren Anwendung finden, die im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Gesetzesänderung rechtshängig sind. 
3. 
Streitig ist die Einhaltung der Beschwerdefrist im vorinstanzlichen Verfahren. 
3.1 Das kantonale Gericht ist der Auffassung, dass infolge der Änderung des § 13 Abs. 3 GSVGer die Gerichtsferien "fortan" auch bei den dreimonatigen Beschwerdefristen gemäss Art. 106 UVG zu berücksichtigen seien. Da die Beschwerde erst im Zeitpunkt der Einreichung am 7./8. März 2005 rechtshängig geworden sei, käme die Übergangsbestimmung nicht in der Weise zur Anwendung, dass der ganze Fristenstillstand über Weihnachten zu berücksichtigen sei. Vielmehr sei die Frist nur am 1. Januar 2005 stillgestanden, was zum Fristablauf am 24. Februar 2005 und zur verspäteten Einreichung der Beschwerde führe. 
 
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dagegen vorgebracht, der kantonale Gesetzgeber habe das GSVGer auf den 1. Januar 2005 den Vorgaben des ATSG angepasst, weshalb sich ab diesem Zeitpunkt die Fristberechnung nach diesem Bundesgesetz richte. Aber sogar wenn der Fristberechnung des kantonalen Gerichts gefolgt werde, wäre die erstinstanzliche Beschwerde rechtzeitig erhoben worden: Die Übergangsbestimmung des GSVGer sähe vor, dass die neuen Regelungen auf Verfahren anwendbar seien, die im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Novelle hängig sind. Damit müssten a maiore minus die Änderungen auch Geltung beanspruchen können für Beschwerden, "die erst nach der Inkraftsetzung anhängig gemacht werden und einzig die Berechnungsart der Frist rückwirkende Geltung" entfalte. 
3.2 Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat entschieden, dass der Fristenstillstand gemäss Art. 60 Abs. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 38 Abs. 4 ATSG auch bei mehrmonatigen Beschwerdefristen zu beachten ist. Jedoch findet diese Regelung während der fünfjährigen Übergangszeit gemäss Art. 82 Abs. 2 ATSG keine Anwendung, wenn das kantonale Recht für die nach Monaten berechneten Fristen (noch) keinen Fristenstillstand vorsieht (BGE 131 V 314 und 325 sowie seitherige Rechtsprechung; vgl. auch Thomas Ackermann, Fristenstillstand gemäss ATSG im kantonalen Rechtspflegeverfahren, in: ZBJV 2005 S. 810 ff.). 
3.3 Der auf den 1. Januar 2005 in Kraft getretene geänderte § 13 Abs. 3 GSVGer sieht den Fristenstillstand auch für nach Monaten berechnete Fristen vor, wobei Abs. 1 der Übergangsbestimmung zur Gesetzesnovelle vom 30. August 2004 normiert, dass das neue Recht für hängige Verfahren anwendbar ist (vgl. Erw. 2.4 hievor). 
3.3.1 Mit dem kantonalen Recht hat sich das Eidgenössische Versicherungsgericht grundsätzlich nicht zu befassen (Art. 128 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OG und Art. 5 Abs. 1 VwVG). Es hat nur zu prüfen, ob die Anwendung der einschlägigen kantonalen Bestimmungen oder - bei Fehlen solcher Vorschriften - die Ermessensausübung durch das kantonale Gericht zu einer Verletzung von Bundesrecht (Art. 104 lit. a OG), insbesondere des Willkürverbots oder des Verbots des überspitzten Formalismus, geführt hat (BGE 120 V 416 Erw. 4a, 114 V 205 Erw. 1a mit Hinweisen; Urteil M. vom 3. November 2000, H 134/00, Erw. 2). 
3.3.2 Nach der Rechtsprechung ist eine Entscheidung willkürlich (vgl. Art. 9 BV), wenn sie eine Norm oder einen klaren und unumstrittenen Rechtsgrundsatz offensichtlich schwer verletzt, sich mit sachlichen Gründen schlechthin nicht vertreten lässt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkürliche Rechtsanwendung liegt nicht schon vor, wenn eine andere Lösung in Betracht zu ziehen oder sogar vorzuziehen wäre (BGE 131 I 61 Erw. 2, 129 I 9 Erw. 2.1, 58 Erw. 4, 127 I 41 Erw. 2a; zu Art. 4 Abs. 1 aBV ergangene, weiterhin geltende Rechtsprechung: BGE 125 I 168 Erw. 2a, 125 II 15 Erw. 3a, 124 I 316 Erw. 5a, 124 V 139 Erw. 2b, je mit Hinweisen). 
3.3.3 
Nachdem die kantonalrechtliche Gesetzesnovelle vom 30. August 2004 auf den 1. Januar 2005 in Kraft gesetzt worden ist, hat die Vorinstanz die an das ATSG angepasste und neu auch für mehrmonatige Fristen geltende Fristenstillstandsbestimmung ab dem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens zur Anwendung gebracht und nicht bereits ab dem Beginn des Fristenstillstandes über Weihnachten ab dem 18. Dezember 2004 (was eine unzulässige positive Vorwirkung darstellen würde; BGE 129 V 459 Erw. 3 sowie Urteil S. vom 9. März 2005, C 94/04, Erw. 4.4; vgl. auch Ulrich Meyer/Peter Arnold, Intertemporales Recht. Eine Bestandesaufnahme anhand der Rechtsprechung der beiden öffentlich-rechtlichen Abteilungen des Bundesgerichts und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts, in: ZSR 2005, 1. Halbbd., S. 115 ff., insbesondere S. 127 bei Fn 70 mit Hinweisen). Dies korreliert mit der Grundregel, dass neue Verfahrensvorschriften mangels anders lautender Übergangsbestimmungen mit dem Tag des In-Kraft-Tretens sofort und in vollem Umfang anwendbar sind (BGE 130 V 4 Erw. 3.2). Wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde denn auch zu Recht vorgebracht wird, richtet sich die Fristberechnung erst ab dem 1. Januar 2005 nach dem neuen, dem ATSG entsprechenden Recht. 
3.3.4 Das Verfahrensrecht ist auch unter der Geltung des ATSG Sache der Kantone (BGE 130 V 325 Erw. 2.1 in fine sowie Urteil D. vom 20. Oktober 2005, U 127/04, Erw. 5.4), welche nach Art. 82 Abs. 2 ATSG fünf Jahre Zeit haben, ihr Recht dem ATSG anzupassen. Das kantonale Gericht konnte deshalb - ohne Bundesrecht zu verletzen (vgl. BGE 131 V 326 Erw. 2.4 in fine) - für das kantonale Verfahren direkt auf den allgemeinen Grundsatz der sofortigen Geltung neuen Verfahrensrechts abstellen und brauchte sich nicht an die Rechtsprechung zu halten, wonach sich der Fristenlauf einer im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des neuen Rechts noch nicht abgelaufenen Frist nach dem alten Recht bestimmt (BGE 130 V 4 Erw. 3.2). 
3.3.5 Soweit das kantonale Gericht aus der Übergangsbestimmung zur Gesetzesnovelle vom 30. August 2004 schloss, dass bis Ende 2004 die alte kantonalrechtliche Regelung des Fristenstillstandes gemäss § 13 Abs. 3 GSVGer in der bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung anwendbar blieb und bis dahin demzufolge in Bezug auf nach Monaten bestimmte Fristen kein Fristenstillstand zu berücksichtigen war, ist die von der Vorinstanz getroffene Lösung betreffend die übergangsrechtliche Anwendung der zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Änderung des § 13 Abs. 3 GSVGer unter dem Blickwinkel der eingeschränkten Kognition (Erw. 1 und 3.3.1 hievor) jedenfalls weder als willkürlich zu qualifizieren noch als Verstoss gegen Bundesrecht (Art. 104 lit. a OG) zu bezeichnen. Entgegen dem Beschwerdeführer kann aus der Übergangsregelung nicht gefolgert werden, dass a maiore minus die Änderung für Beschwerden gelten müsse, "die erst nach Inkraftsetzung anhängig gemacht werden und einzig die Berechnungsart der Frist rückwirkende Geltung entfaltet ...". Die entsprechende Argumentation in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde basiert denn auch letztlich auf einer positiven Vorwirkung des neuen zürcherischen Rechts. Schliesslich liegt mit der zürcherischen Lösung auch keine Prozessfalle vor. 
3.4 Nach dem Gesagten ist nicht zu beanstanden, dass das kantonale Gericht ab dem 1. Januar 2005 das neue, dem ATSG entsprechende zürcherische Recht anwandte und allein den 1. Januar 2005 bei der Fristberechnung als Fristenstillstand berücksichtigte. Eine Verletzung von Bundesrecht liegt nicht vor (Art. 104 lit a OG). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist grundsätzlich das kantonale Recht massgebend, nicht das ATSG (BGE 130 V 325 Erw. 2.1 sowie Urteil D. vom 20. Oktober 2005, U 127/04, Erw. 5.4). 
3.5 Die Vorinstanz hat für das Eidgenössische Versicherungsgericht verbindlich festgestellt (Art. 105 Abs. 2 OG), dass der Einspracheentscheid am 23. November 2004 eröffnet und die Beschwerde am 7. März 2005 der Post übergeben worden ist. Auch unter Berücksichtigung des eintägigen Fristenstillstandes am 1. Januar 2005 ist das Rechtsmittel deshalb klar verspätet erhoben worden und die Vorinstanz deshalb zu Recht darauf nicht eingetreten. 
4. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Entsprechend dem Ausgang des Prozesses sind die Kosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 135 OG in Verbindung mit Art. 156 Abs. 1 OG). Die SUVA als obsiegende Behörde hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 135 OG in Verbindung mit Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. 
Luzern, 27. März 2006 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: