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Chapeau

114 II 171


28. Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. Juni 1988 i.S. Vereinigte Altenburger und Stralsunder Spielkarten-Fabriken AG gegen Bundesamt für geistiges Eigentum (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

Regeste

Droit des marques; signe libre, marque qui s'est imposée au public.
1. "EILE MIT WEILE" est un signe dit libre, une marque autrefois enregistrée mais devenue désignation générique (consid. 2).
2. Cette désignation ne peut pas non plus être enregistrée en qualité de marque qui s'est imposée au public (consid. 3).

Considérants à partir de page 172

BGE 114 II 171 S. 172
Erwägungen:

1. Am 14. Oktober 1986 beantragte die Vereinigte Altenburger und Stralsunder Spielkarten-Fabriken AG die Eintragung der Wortmarke "EILE MIT WEILE" für "Spiele und Spielzeuge".
Mit Verfügung vom 28. Januar 1988 wies das Bundesamt für geistiges Eigentum das Gesuch mit der Begründung ab, das zur Eintragung beantragte Zeichen sei als Gemeingut freizuhalten und auch nicht als durchgesetzte Marke eintragungsfähig.
Die Vereinigte Altenburger und Stralsunder Spielkarten-Fabriken AG führt gegen diese Verfügung Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, sie aufzuheben und das Amt anzuweisen, der Marke "EILE MIT WEILE" den markenrechtlichen Schutz in der Schweiz zu gewähren, allenfalls als durchgesetzte Marke.

2. a) Zeichen, die dem Gemeingut angehören, können nicht als Marke eingetragen werden und geniessen den gesetzlichen Schutz nicht (Art. 3 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG). Bei der Frage nach der Schutzfähigkeit eines Zeichens ist von der Funktion der Marke als Herkunftsmerkmal auszugehen. Der Zweck der Marke liegt nicht primär darin, Produkte gleicher oder anderer Gattung zu unterscheiden, sondern im unmissverständlichen Hinweis auf den Hersteller und seinen Betrieb (Urteil des Bundesgerichts vom 8. Oktober 1985, publ. in SMI 1987 S. 53; Urteil des Bundesgerichts vom 25. Januar 1985, publ. in PMMBl 1985 I 35; BGE 85 IV 56, BGE 78 II 172). Wohl ist die Individualisierung der Ware nach ihrer Herkunft nicht ein zwingend vorgegebenes Wesensmerkmal der Marke, indessen in jedem Fall eine ihrer notwendigen funktionalen Eigenschaften (TROLLER, Immaterialgüterrecht, 3. A., Band I, S. 208). Als Gemeingut im Sinne der genannten Bestimmungen gelten daher nebst den primitiven Zeichen ohne markenmässige Kennzeichnungskraft namentlich auch Hinweise auf Eigenschaften oder die Beschaffenheit der Erzeugnisse, für welche die Marke bestimmt ist (BGE 112 II 76; BGE 108 II 488; BGE 106 II 246).
BGE 114 II 171 S. 173
Gemeingut sind weiter die sogenannten Freizeichen. Sie entstehen durch eine Degenerierung an sich individualisierungsfähiger Zeichen zufolge Verlustes der Herkunftsassoziation, namentlich dadurch, dass sie von mehreren unter sich unabhängigen Unternehmen frei zur Kennzeichnung gleichartiger Waren verwendet werden und daher nicht oder nicht mehr auf einen einzelnen Betrieb, sondern auf bestimmte Waren oder Warenkategorien hinweisen. Sie sind zur reinen Sachbezeichnung entartete Herkunftsbezeichnungen, zum Gemeingut gewordene Zeichen, die ursprünglich Unterscheidungskraft besessen haben, jedoch wegen ihrer allgemeinen Verbreitung im Verkehr nicht mehr als Sonderzeichen eines Einzelnen zu wirken vermögen (BGE 84 II 431; TROLLER, a.a.O., S. 300; MATTER, Kommentar zum MSchG, S. 71 ff.; H. DAVID, Kommentar zum MSchG, 2. A., S. 96 ff. und L. DAVID, Supplement, S. 40; VON BÜREN, Die Entwicklung des Warenzeichens zum Warennamen, ZBJV 84/1948 S. 116 ff.; IRÈNE JENE-BOLLAG, Die Schutzfähigkeit von Marke und Ausstattung unter dem Gesichtspunkt des Freihaltebedürfnisses, S. 142 ff.; FRANZ MANSER, Die Entartung von Marken zu Freizeichen, Diss. St. Gallen 1971, S. 29 ff.; EUGEN MARBACH, Die eintragungsfähige Marke, Diss. Bern 1983, S. 61 f.).
Die Umwandlung einer Marke in ein Freizeichen ist nach der Rechtsprechung erst abgeschlossen, wenn alle an der Herstellung, dem Vertrieb und dem Kauf der Ware beteiligten Kreise das Zeichen nicht mehr als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb, sondern als Gemeingut, besonders als Warenname ansehen (BGE 96 II 261; BGE 94 II 46). Demgegenüber ist ein nicht oder nicht mehr als Marke geschütztes Zeichen schon dann ein Warenname und damit Gemeingut, wenn nur ein bestimmter Kreis, z.B. die Fachleute oder das kaufende Publikum, es allgemein zur Bezeichnung einer bestimmten Warenart verwenden (BGE 96 II 261; BGE 96 I 755). ...
b) "EILE MIT WEILE" ist seit 1978 nicht mehr als Marke geschützt, das Zeichen wurde 1986 zur Wiedereintragung angemeldet. Zu prüfen ist daher, ob es (noch) als Herkunftsbezeichnung zu gelten oder aber als Warenname und Sachbezeichnung markenrechtlichen Schutz nicht (mehr) zu erlangen vermag. Massgebend sind dabei nach dem Gesagten die Auffassungen in mindestens einem Verkehrskreis.
"EILE MIT WEILE" ist die Bezeichnung für ein allgemein bekanntes und beliebtes Würfelspiel, welches namentlich in der
BGE 114 II 171 S. 174
deutschen Schweiz praktisch jedermann bekannt und regelmässig in den Spielmagazinen integriert ist. Der Begriff, wie er gerichtsnotorisch vom Publikum verstanden wird, deckt dabei die Spielanlage als solche, das Spielsystem. Dass er selbst in den Fachkreisen nicht anders verstanden wird, zeigen die Beweiserhebungen des Amtes, die Bestätigungen der Firma Pic+Asso, Zürich, sowie des Verbandes Schweizerischer Spielwarendetaillisten. Damit aber liegt eine freizuhaltende Sachbezeichnung, ein reiner Warenname vor, ein Begriff, welcher zufolge seiner allgemeinen Verbreitung nicht mehr als Sonderzeichen eines Einzelnen zu wirken vermag (vgl. im selben Sinne IRÈNE JENE-BOLLAG, a.a.O., S. 143, Fn. 21 unter Hinweis auf das als Sachbezeichnung zu verstehende Zeichen "Yoyo" für ein allgemein bekanntes Spielgerät). Dies ergibt sich auch daraus, dass nach dem Erlöschen des markenrechtlichen Eintragungsschutzes auch andere Hersteller den Vertrieb des Spieles unter dem Zeichen "EILE MIT WEILE" aufgenommen haben. Freizeichen in diesem Sinne aber sind markenrechtlich nicht schützbar und damit auch nicht eintragungsfähig.
c) Ob das Zeichen in der Bundesrepublik Deutschland markenrechtlichen Schutz geniesst, ist ohne Belang. Die Schweiz prüft die Schutzfähigkeit einer Marke nach ihrer eigenen Gesetzgebung und Verkehrsanschauung (BGE 89 I 297 E. 7 mit Hinweisen). Dies schliesst zwar nach der Praxis nicht aus, dass der Richter und die Verwaltungsbehörden sich - namentlich in Grenzfällen - an der ausländischen Praxis orientieren (PMMBl 1985 I 56), doch entfällt im vorliegenden Fall eine Berücksichtigung des deutschen Markenschutzes bereits darum, weil das Würfelspiel in Deutschland nicht unter der Bezeichnung "EILE MIT WEILE", sondern als "MENSCH ÄRGERE DICH NICHT" allgemein bekannt ist.

3. In ihrem Eventualstandpunkt beantragt die Beschwerdeführerin die Eintragung von "EILE MIT WEILE" als durchgesetzte Marke.
Ein zum Gemeingut gehörendes Zeichen ist des Markenschutzes zugänglich, wenn es dem Verkehr nicht unentbehrlich ist und sich in ihm so durchgesetzt hat, dass es vom Publikum ohne weiteres als Herkunftshinweis verstanden wird (BGE 112 II 76 mit Hinweisen; TROLLER, a.a.O., S. 295; MATTER, a.a.O., S. 62 ff.; H. DAVID, a.a.O., S. 100; MARBACH, a.a.O., S. 74 ff.). Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung sind daher unter anderem der markenmässige Gebrauch des Zeichens und der dadurch bewirkte Umstand, dass das Publikum darin einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft
BGE 114 II 171 S. 175
und nicht bloss eine Warenbezeichnung erblickt (MARBACH, a.a.O., S. 75 f.). Beide Voraussetzungen sind, wie das Amt zutreffend erwogen hat, im vorliegenden Falle nicht erfüllt.
Markenmässiger Gebrauch liegt in der Verwendung der Marke auf der Ware selbst oder auf deren Verpackung (BGE 113 II 75). Nach der markenmässigen Herkunftsfunktion (E. 2a hievor) ist dabei erforderlich, dass das Zeichen als Herkunfts- und nicht als Sachbezeichnung verwendet wird. Dafür aber geben weder die vorgelegten Kataloge noch die Spielmagazine der Beschwerdeführerin einen schlüssigen Hinweis ab. Auch hier erscheint "EILE MIT WEILE" offensichtlich als beschreibende Spielbezeichnung, als gegenständliche und nicht als herkunftsmässige Angabe, dies im Gegensatz etwa zu der auf den Spielpackungen angebrachten Marke "ASS". Damit aber ist der markenmässige Gebrauch des Zeichens nicht nachgewiesen.
Hinzu kommt, dass zufolge der allgemeinen Verbreitung der Bezeichnung "EILE MIT WEILE" für das Würfelspiel die Fachkreise wie das kaufende Publikum darin eine reine Sach- oder Warenbezeichnung erblicken und Assoziationen zu einem bestimmten, möglicherweise auch anonymen Hersteller vollständig fehlen. Im Verkehr durchgesetzt hat sich wohl die Sach-, nicht aber die Herkunftsbezeichnung. "EILE MIT WEILE" deutet nicht auf einen bestimmten Hersteller, sondern allein auf ein bestimmtes, von verschiedenen Herstellern vertriebenes Produkt hin. Dies aber reicht für den Schutz des Zeichens als durchgesetzte Marke nicht aus.

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Considérants 1 2 3

références

ATF: 112 II 76, 96 II 261, 85 IV 56, 108 II 488 suite...

Article: Art. 3 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG