Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
 
Chapeau

127 III 65


10. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. Dezember 2000 i.S. P. O. gegen M. O. (Berufung)

Regeste

Art. 125 al. 3 CC; motifs de réduction ou de suppression de la rente.
Des infidélités répétées dans le cadre d'un mariage de longue durée ne peuvent pas être assimilées aux circonstances énumérées à l'art. 125 al. 3 ch. 1 à 3 CC (consid. 2).

Faits à partir de page 65

BGE 127 III 65 S. 65
Das Bezirksgericht X. schied mit Urteil vom 1. Juli 1998 die seit 1971 verheirateten M.O. (Beklagte, geboren 1949) und P.O. (Kläger, geboren 1948) und verpflichtete diesen, der Beklagten eine auf aArt. 152 ZGB gestützte, monatliche Rente von Fr. 600.- bis zum 31. Dezember 2012 zu bezahlen. Weiter regelte es die güterrechtlichen Nebenfolgen. Auf Berufung des Klägers änderte das Kantonsgericht St. Gallen den erstinstanzlichen Entscheid mit Urteil vom 18. September 2000 einzig insofern ab, als es die Rente auf Fr. 400.- im Monat senkte (Dispositiv-Ziff. 2) und die ehegüterrechtlichen Anordnungen nur in einem Nebenpunkt aufhob (Dispositiv-Ziff. 1).
Der Kläger beantragt dem Bundesgericht mit Berufung, Dispositiv-Ziff. 1 und 2 des kantonsgerichtlichen Urteils seien insofern aufzuheben, als er von jeglicher güter- und rentenrechtlichen Zahlung zu entbinden sei. Das Bundesgericht hat die Berufung abgewiesen, soweit es auf diese eingetreten ist.

Considérants

Aus den Erwägungen:

2. Das Kantonsgericht hat in Anwendung des neuen Scheidungsrechts (Art. 7b Abs. 1 und 2 SchlT ZGB) entschieden, dass die
BGE 127 III 65 S. 66
Beklagte dem Kläger untreu gewesen sei, rechtfertige mit Rücksicht auf den Wortlaut von Art. 125 Abs. 3 ZGB und den Katalog der Ziff. 1 bis 3 nicht, die Rentenpflicht aufzuheben; andernfalls würde das altrechtliche Verschuldensprinzip "durch die Hintertür" wieder eingeführt. Der Kläger rügt, die mehrjährige Untreue der Beklagten und ihre Weigerung, familientherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, lasse die ihm auferlegte Rentenpflicht als unbillig erscheinen; die Vorinstanz habe Art. 125 Abs. 3 ZGB verletzt.
a) Entsprechend dem Wortlaut von Art. 125 Abs. 3 ZGB kann ein Unterhaltsbeitrag nur "ausnahmsweise versagt oder gekürzt werden". Auch die Verwendung der Begriffe "grob verletzt" (Ziff. 1), "mutwillig" (Ziff. 2) und "schwere Straftat" (Ziff. 3) spricht für eine zurückhaltende Praxis zu den Gründen für eine Herabsetzung oder Streichung der Rente, auch wenn die Gründe in Art. 125 Abs. 3 Ziff. 1 bis 3 ZGB nicht abschliessend aufgezählt sind, wie der Einschub des Wortes "insbesondere" zeigt. Die Kann-Vorschrift von Art. 125 Abs. 3 ZGB wird in der Lehre vor den Hintergrund des Rechtsmissbrauchs gestellt mit der Folge, dass die Geltendmachung des Unterhaltsanspruches in ungeschmälerter Höhe als stossend (venire contra factum proprium) oder offensichtlich unbillig erscheinen muss; daher darf die Rentenpflicht nur mit grosser Zurückhaltung reduziert oder gar aufgehoben werden (H. HAUSHEER, Der Scheidungsunterhalt und die eheliche Wohnung, in: Vom alten zum neuen Scheidungsrecht, Bern 1999, Rz. 3.29 bis 3.32, S. 139 ff.; I. SCHWENZER, in: Praxiskommentar Scheidungsrecht, N. 80 f., 83 ff., 89 ff., 94 ff. und 100 ff. zu Art. 125 ZGB; SUTTER/FREIBURGHAUS, Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, N. 103 ff., 108 ff. und 116 f. zu Art. 125 ZGB; R. KLOPFER, Nachehelicher Unterhalt, Wohnungszuteilung, in: Das neue Scheidungsrecht, Zürich 1999, S. 85 f.; vgl. zu Art. 249 OR und zu Art. 477 ZGB BGE 113 II 252 E. 4a S. 256 f. und BGE 106 II 304 E. 3).
Ein vorrangiges Ziel der Revision des Scheidungsrechts war, die Bedeutung des Verschuldens der Ehegatten bei den damals geltenden Scheidungsgründen (aArt. 137 ff. ZGB) und den unterhaltsrechtlichen Scheidungsfolgen (aArt. 151 f. ZGB) möglichst stark zurückzudrängen (Botschaft des Bundesrates über die Änderung des schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 15. November 1995, BBl 1996 I 27 ff. Ziff. 144.3, S. 42 f. Ziff. 146.22, S. 44 f. Ziff. 146.31 und S. 113 f. Ziff. 233.52). Entgegen dieser Stossrichtung setzte sich in der nationalrätlichen Beratung aber der Vorschlag durch, Art. 125 Abs. 3 ZGB um ein viertes Beispiel zu ergänzen, wonach eine Rente
BGE 127 III 65 S. 67
auch zu streichen, bzw. zu kürzen sei, wenn "der berechtigten Person ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt". Jedoch scheiterte dieser Vorstoss am Widerstand des Ständerats, der nicht gewillt war, den Grundsatz der Verschuldensunabhängigkeit so stark zu durchbrechen. Selbst die im Sinne eines Kompromisses von den Räten schliesslich angenommene und heute geltende Fassung von Art. 125 Abs. 3 ZGB, wonach der Begriff "insbesondere" Rentenkürzungen auch aus anderen Gründen als denjenigen von Ziff. 1 bis 3 ermöglicht, wurde im Parlament zum Teil mit Bedauern und dahin kommentiert, die entsprechend geöffnete Bestimmung könne nicht dazu dienen, das Verschuldensprinzip wieder einzuführen. Das gleiche Argument war schon im Vernehmlassungsverfahren gegen eine Bestimmung vorgebracht worden, die dem Verschulden mehr Platz einräumte als Art. 125 Abs. 3 ZGB (SCHWENZER, a.a.O., N. 80 und 82 zu Art. 125 ZGB; HAUSHEER, a.a.O., Rz. 328, S. 138 in Fn. 47 und Rz. 3.30, S. 139; SUTTER/FREIBURGHAUS, a.a.O., N. 6 f. und 116 a.E. zu Art. 125 ZGB; KLOPFER, a.a.O., S. 86 bei Fn. 25).
b) Wenn der Kläger meint, die jahrelange (offenbar 1992 erstmals festgestellte), möglicherweise mit der Depression der Beklagten zusammenhängende Untreue sei mit den in Art. 125 Abs. 3 Ziff. 1 bis 3 ZGB aufgelisteten Tatbeständen vergleichbar, kann ihm nicht gefolgt werden. Denn dass die Beklagte nach fast 30 Jahre dauernder Ehe trotz ihrer Untreue auf einer Rente beharrt, erscheint weder rechtsmissbräuchlich noch offensichtlich unbillig; ein Unterhaltsbeitrag ist vielmehr auf Grund nachehelicher Solidarität geschuldet. Soweit der Kläger für eine Kürzung oder gar Streichung der Rentenpflicht ins Feld führt, die Beklagte habe keine familientherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen wollen, läuft seine Argumentation darauf hinaus, die Rentenpflicht vom Verschulden abhängig zu machen. Im Übrigen kann die eheliche Untreue nicht von vornherein der Beklagten allein angelastet werden, wie das Kantonsgericht zu Recht ausführt.
Die Vorinstanz hat Reduktionsgründe ohne Verletzung von Bundesrecht verneint. Denn sexuelle Untreue der Beklagten nach längerer Dauer der Ehe ist für sich allein noch kein Grund für eine Kürzung oder gar die Streichung der Rentenpflicht, und der vorliegende Fall kann mit den Regelbeispielen von Art. 125 Abs. 3 ZGB an Schwere und Intensität nicht verglichen werden (SCHWENZER, a.a.O., N. 82 und 97 f. zu Art. 125 ZGB; SUTTER/FREIBURGHAUS, a.a.O., N. 116 f. zu Art. 125 ZGB; HAUSHEER, a.a.O., Rz. 3.31 S. 140 oben).

contenu

document entier:
résumé partiel: allemand français italien

Considérants 2

références

ATF: 113 II 252, 106 II 304

Article: Art. 125 al. 3 CC, Art. 125 ZGB, Art. 7b Abs. 1 und 2 SchlT ZGB, Art. 249 OR suite...

navigation

Nouvelle recherche