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[AZA 7] 
I 397/99 Vr 
 
IV. Kammer 
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; 
Gerichtsschreiber Fessler 
 
Urteil vom 26. September 2000 
 
in Sachen 
 
Gemeinde Littau, Littau, Beschwerdeführer, vertreten durch das Sozialamt Littau, Grubenstrasse 16, Littau, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, Luzern, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern, 
 
A.- Dem 1956 geborenen M.________ wurde mit Verfügung vom 25. November 1993 rückwirkend ab 1. Dezember 1991 eine ganze Rente der Invalidenversicherung zugesprochen. In jenem Zeitpunkt war er geschieden, wobei die beiden Kinder A.________ und B.________ (Jahrgang 1975 und 1980) bei der Mutter lebten. Aufgrund eines entsprechenden Gesuchs des Sozialamtes Littau vom 1. September 1993, in welchem u.a. auf die fehlende Bereitschaft von M.________, die Alimente zu bezahlen, hingewiesen wurde, und dem eine von der ehemaligen Ehefrau unterzeichnete Inkassovollmacht beigelegt war, zahlte die Ausgleichskasse Luzern die Kinderrenten erstmals für den Monat Dezember 1993 an diese Behörde aus. 
Nachdem die kantonale IV-Stelle festgestellt hatte, dass infolge Verletzung der Meldepflicht in Bezug auf eine rentenausschliessende Erwerbstätigkeit zu Unrecht ab Oktober 1995 Leistungen ausgerichtet worden waren, verpflichtete sie u.a. das Sozialamt Littau mit Verfügung vom 6. März 1998 zur Rückerstattung der seither bis November 1997 ausbezahlten Kinderrenten für den Sohn B.________ in der Höhe von insgesamt Fr. 18'762. -. 
 
B.- Das Sozialamt Littau erhob hiegegen Beschwerde, welche das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern nach zweifachem Schriftenwechsel mit Entscheid vom 25. Mai 1999 abwies. 
 
C.- Die Gemeinde Littau, vertreten durch das Sozialamt, führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, es seien Entscheid und Verfügung aufzuheben. 
Die IV-Stelle verzichtet auf Ausführungen und einen bestimmten Antrag zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen, desgleichen der als Mitinteressierter beigeladene M.________. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Eine Drittperson oder Behörde, an die Renten der Invalidenversicherung zur Gewährleistung der zweckgemässen Verwendung (Unterhalt des Berechtigten und der Personen, für die er zu sorgen hat) ausgerichtet worden sind, auf welche kein Anspruch oder nur ein solcher in geringerer Höhe bestand, sind grundsätzlich rückerstattungspflichtig (Art. 47 AHVG und Art. 78 AHVV in Verbindung mit Art. 49 IVG und Art. 85 Abs. 3 IVV sowie Art. 45 AHVG und Art. 76 Abs. 1 AHVV in Verbindung mit Art. 50 Abs. 1 IVG und Art. 84 IVV). 
Über diese Ordnung hinaus besteht eine Rückerstattungspflicht der Drittperson oder Behörde, wenn und soweit es an einer rechtlichen Grundlage für die Drittauszahlung als solche fehlt(e). Dabei spielt es keine Rolle, aus welchem (ursprünglich bestandenen und nachträglich entdeckten Rechts-)Grund die Ausrichtung der Rente an die Drittperson als zu Unrecht erfolgt zu bezeichnen ist. Das Gesetz (Art. 47 AHVG in Verbindung mit Art. 49 IVG) verlangt einzig den unrechtmässigen Leistungsbezug (nicht veröffentlichte Urteile S. vom 30. Dezember 1994 [I 142/94] und T. vom 9. Juni 1994 [E 1/94]). An einer genügenden Grundlage für eine Drittauszahlung im dargelegten Sinne fehlt es u.a., wenn die tatbeständlichen Voraussetzungen des Art. 76 Abs. 1 AHVV nicht gegeben sind oder die Drittperson oder Behörde sich die Renten im Hinblick auf die Verrechnung mit Forderungen gegenüber dem oder der Rentenberechtigten auszahlen lässt (Art. 76 Abs. 3 AHVV e contrario). 
Die vorstehenden Grundsätze über die Rückerstattungspflicht im Zusammenhang mit der Ausrichtung von Renten der Invalidenversicherung an Dritte gelten nicht für Personen, welche die Zahlungen im Auftrag des oder der Berechtigten lediglich als Inkasso- oder Zahlstelle entgegengenommen haben, ohne dass sie eigene Rechte oder Pflichten aus dem Rentenverhältnis hatten (vgl. BGE 118 V 221 Erw. 4a, 112 V 102 Erw. 2b, 110 V 14 f. Erw. 2b). 
 
2.- In Bezug auf die Drittauszahlung von Kinderrenten gemäss Art. 35 Abs. 1 IVG im Besonderen sind nach der Rechtsprechung diese über Art. 76 Abs. 1 AHVV (in Verbindung mit Art. 84 IVV) hinaus dem getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten auszurichten, wenn er die elterliche Gewalt innehat, das Kind nicht beim anderen rentenberechtigten Elternteil wohnt und sich dessen Unterhaltspflicht in einem Kostenbeitrag erschöpft. Dabei muss die Rechtslage stabil sein, und es gilt der Vorbehalt abweichender zivilrichterlicher Anordnungen. Anlass für die Drittauszahlung muss eine starke Gefährdung der zweckgemässen Verwendung der Rente (für Unterhalt und Erziehung des Kindes) sein (BGE 103 V 134 f. Erw. 3 mit Hinweisen; SVR 1999 IV Nr. 2 S. 5 Erw. 2a sowie nicht veröffentlichtes Urteil J. vom 16. März 2000 [I 718/99]; vgl. auch BGE 118 V 221 Erw. 4a). Neben dem Inhaber oder der Inhaberin der elterlichen Gewalt - oder allenfalls dem Vormund (vgl. BGE 103 V 135 Erw. 3) - noch andere Personen oder eine Behörde als Drittauszahlungsberechtigte anzuerkennen, besteht kein Grund, es sei denn, die zweckgemässe Verwendung der Kinderrenten ist auch beim (ehemaligen) Ehegatten des Anspruchsberechtigten nicht gewährleistet. Vorbehalten bleiben Nachzahlungen an Drittpersonen oder Drittstellen, welche im Hinblick auf die Leistung der Invalidenversicherung Vorschussleistungen erbracht haben (vgl. Art. 50 Abs. 2 IVG und Art. 85bis IVV sowie BGE 123 V 25 und SZS 4/2000 S. 379 f.). 
Diese Ordnung ist auch nach Änderung des Art. 35 Abs. 4 IVG im Rahmen der 10. AHV-Revision gültig, nachdem der Bundesrat bis zum heutigen Datum von der ihm im letzten Satz dieser Bestimmung eingeräumten Kompetenz zum Erlass von Vorschriften für die Auszahlung der Rente, namentlich für Kinder aus getrennter oder geschiedener Ehe, keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. in SZS 1/2000 S. 88 f. zusam- mengefasst wiedergegebenes Urteil J. vom 29. November 1999 [I 171/99]). 
 
3.- a) Im vorliegenden Fall ist aufgrund der Akten davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Auszahlung der Renten für die beiden Kinder des Anspruchsberechtigten, insbesondere den (jüngeren) Sohn, an seine frühere Ehefrau gegeben waren und die Gefahr der nicht zweckgemässen Verwendung der Leistungen durch die Mutter nicht bestand. Diese war somit (einzige) drittauszahlungsberechtigte Person. Bei dieser Sachlage muss die Ausrichtung der Kinderrenten, auf welche unbestrittenermassen für den hier interessierenden Zeitraum Oktober 1995 bis November 1997 überhaupt kein Anspruch bestand, an das Sozialamt als unzulässig bezeichnet und daher eine Rückerstattungspflicht an sich bejaht werden. Eine solche Verpflichtung besteht indessen nur, wenn und soweit die betreffende Behörde nicht bloss als Zahlstelle fungierte, insbesondere die Kinderrente für den Sohn (auch) zwecks Verrechnung mit Vorschussleistungen für scheidungsrechtliche Unterhaltsbeiträge an sich auszahlen liess (vgl. Art. 76 Abs. 3 AHVV und Erw. 1 hievor). So verhält es sich nun aber unbestrittenermassen nicht. Vielmehr ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass dem Sozialamt in der betreffenden Zeitspanne faktisch keine weiter gehende Funktion als diejenige einer Inkasso- oder Zahlstelle zukam. Die ehemalige Ehefrau des Anspruchsberechtigten und Inhaberin der elterlichen Gewalt erhielt somit die Leistungen ausbezahlt, wie wenn sie von der IV-Stelle direkt an sie ausgerichtet worden wären. Insoweit fällt eine Rückerstattungspflicht der Beschwerde führenden Gemeinde grundsätzlich ausser Betracht. 
 
b) Es trifft zwar zu, dass die IV-Stelle aufgrund der Angaben im "Gesuch um Rentenauszahlung an eine Drittperson oder Behörde" vom 1. September 1993, u.a. Bevorschussung nicht bezahlter Kinderalimente, und der beigelegten Vertretungsvollmacht annehmen durfte, das Sozialamt habe das Drittauszahlungsbegehren im Hinblick auf die "Gewährleistung zweckgemässer Rentenverwendung" im Sinne von Art. 76 Abs. 1 AHVV gestellt und sei daher nicht als blosse Inkassostelle zu betrachten gewesen. Ebenfalls kann als erstellt gelten, dass die Amtsstelle, nachdem letztmals für Dezember 1993 Kinderalimente bevorschusst worden waren, der IV-Stelle keine Mitteilung machte des Inhalts, sie handle nur noch als Inkassostelle und/oder die Vertretungsbefugnis sei widerrufen. Wenn die Vorinstanz aus diesem "Versäumnis" eine Rückerstattungspflicht des Sozialamtes ableitet, dann tut sie dies aus einer rein zivilrechtlichen Optik heraus. Ob eine solche Betrachtungsweise in Fällen wie dem vorliegenden spielt, ist indessen zweifelhaft. Das Institut der Rückerstattung im Bereich der AHV/IV wird durch Art. 47 AHVG und Art. 49 IVG sowie die dazugehörigen Verordnungen eigenständig und abschliessend geregelt. Zivilrechtliche Gesichtspunkte kommen hier, insbesondere im Falle einer zu Unrecht erfolgten Drittauszahlung grundsätzlich nicht zum Tragen (unveröffentlichtes Urteil K. vom 8. August 1988 [I 160/88]; vgl. auch BGE 119 V 300 f. Erw. 4b/bb und EVGE 1968 S. 144 Erw. 2e). Wie es sich damit verhält, braucht hier nicht weiter erörtert zu werden. Das Argument der Vorinstanz muss so oder anders schon daran scheitern, dass nicht anzunehmen ist, die IV-Stelle hätte aufgrund einer von der Vorinstanz für die Abwendung der Rückerstattungspflicht der Gemeinde als notwendig erachteten Mitteilung des Sozialamtes, nur noch als Inkassostelle zu fungieren, die Kinderrenten nicht mehr dieser Behörde ausbezahlt. Solches wird denn auch zu Recht nicht geltend gemacht, ebenso nicht, dass die drittauszahlungsberechtigte ehemalige Ehefrau des Anspruchsberechtigten das Sozialamt nicht zur Entgegennahme der Zahlungen und deren Überweisung an sie ermächtigen durfte, wobei die Gründe für dieses eher unübliche Vorgehen hier nicht weiter zu interessieren brauchen. 
 
c) Nach dem Gesagten ist entgegen kantonalem Gericht und IV-Stelle die Beschwerde führende Gemeinde nicht rückerstattungspflichtig. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 25. Mai 1999 und die Verfügung der IV-Stelle Luzern vom 6. März 1998 aufgehoben. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem Bundesamt für Sozialversicherung, M.________ und E.________ zugestellt. 
 
Luzern, 26. September 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: