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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_226/2021  
 
 
Urteil vom 12. Juli 2021  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Kiss, Niquille, 
Gerichtsschreiber Brugger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch 
Rechtsanwältin Barbara Haas-Helfenstein, Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt John Wyss, Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Kaufvertrag; vorsorgliche Massnahmen, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Handelsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 23. März 2021 (HSU.2021.5). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die A.________ AG (Gesuchstellerin; Beschwerdeführerin) gelangte mit Gesuch vom 11. Februar 2021 an das Handelsgericht des Kantons Aargau. Sie führte aus, sie habe mit der B.________ AG (Gesuchsgegnerin; Beschwerdegegnerin; damals noch C.________ AG) am 12. Juli 2016 einen öffentlich beurkundeten Kaufvertrag abgeschlossen, mit dem unter anderem für die Liegenschaft U.________ / xxx und für eine Teilfläche von ca. 2'254 m2 der Liegenschaft U.________ / yyy ein Kaufrecht zu ihren Gunsten begründet worden sei. Sie habe mit Schreiben vom 12. Mai 2020 das Kaufrecht ausgeübt. Die Gesuchsgegnerin sei jedoch ihrer vertraglichen Verpflichtung nicht nachgekommen, weshalb sie die Eigentumsübertragung der Liegenschaften gerichtlich durchsetze. Bis das Urteil vorliege, könne die Gesuchsgegnerin frei über die Liegenschaften verfügen. Sie beantrage daher: " (1) Über die Liegenschaften U.________ / xxx und U.________ / yyy sei im Sinne von Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB zur Sicherung des kaufrechtsvertraglichen Anspruches der Gesuchstellerin auf Übertragung der Liegenschaft U.________ / xxx und einer Teilfläche von 2'254 m² der Liegenschaft U.________ / yyy (Liegenschaft U.________ / zzz), alles gemäss Kaufrechtsvertrag vom 12.07.2016, eine Grundbuchsperre zu verfügen. (2) Die Grundbuchsperre gemäss Ziff. 1 sei superprovisorisch zu verfügen." 
Mit Verfügung vom 12. Februar 2021 wies das Handelsgericht das Gesuch um Erlass superprovisorischer Massnahmen ab. Mit Entscheid vom 23. März 2021 wies es auch das Gesuch um Vormerkung einer Verfügungsbeschränkung i.S.v. Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB ab. 
Das Handelsgericht begründete seinen Entscheid wie folgt: Die Gesuchstellerin begehre eine "Grundbuchsperre", kombiniere diese aber mit Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB. Die zu beurteilenden Rechtsbegehren könnten - unter Berücksichtigung der Gesuchsbegründung sowie nach Treu und Glauben ausgelegt - indessen nur so verstanden werden, dass die Gesuchstellerin um Vormerkung einer Verfügungsbeschränkung i.S.v. Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB ersuche. Bei der Anordnung einer Verfügungsbeschränkung i.S.v. Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB handle es sich um einen Anwendungsfall des vorsorglichen Rechtsschutzes i.S.v. Art. 261 ff. ZPO, der im summarischen Verfahren zu behandeln sei. Die Anordnung einer vorsorglichen Massnahme nach Art. 261 Abs. 1 ZPO setze unter anderem einen nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteil voraus. 
Ein solcher wäre dann zu bejahen, wenn die Gesuchsgegnerin tatsächlich im Begriffe wäre, das umstrittene Grundstück an einen Dritten zu verkaufen. Vorliegend seien jedoch schlicht keine Anhaltspunkte glaubhaft dargelegt worden, dass solches drohe. Vielmehr bringe die Gesuchstellerin einzig vor, die Gesuchsgegnerin könne die Liegenschaft aufgrund ihrer uneingeschränkten Verfügungsbefugnis jederzeit an Dritte veräussern und so die Eigentumsübertragung an die Gesuchstellerin problemlos vereiteln. Das Aufzeigen einer solchen bloss abstrakten Vereitelungsgefahr reiche nicht aus, um die verlangte Nachteilsprognose glaubhaft zu machen. Die Voraussetzungen für den Erlass einer vorsorglichen Massnahme seien mangels Nachteilsprognose nicht erfüllt. 
 
B.  
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht. Sie beantragte, der Entscheid des Handelsgerichts sei aufzuheben und ihr Gesuch sei gutzuheissen. Eventualiter sei der Entscheid des Handelsgerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Handelsgericht zurückzuweisen. 
Auf das Einholen von Vernehmlassungen wurde verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerdeführerin verlangte zur Sicherung ihres kaufvertraglichen Anspruchs bei der Vorinstanz "im Sinne von Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB" eine "Grundbuchsperre" (sic). Die Vorinstanz interpretierte dieses falsch formulierte Rechtsbegehren zutreffend als Begehren um Vormerkung einer Verfügungsbeschränkung im Sinne von Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB (vgl. auch Urteil 5D_79/2010 vom 29. Juli 2010 E. 2). Ebenso verfuhr die Vorinstanz zutreffend im summarischen Verfahren (Art. 249 lit. d Ziff. 11 ZPO) und qualifizierte die begehrte Verfügungsbeschränkung nach Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB richtigerweise als vorsorgliche Massnahme (Urteil 5A_194/2013 vom 21. Juni 2013 E. 1.2 mit Hinweisen). Dabei prüfte die Vorinstanz, ob die Voraussetzungen nach Art. 261 ff. ZPO erfüllt seien. 
Letzteres wird von der Beschwerdeführerin vor Bundesgericht nicht in Frage gestellt; vielmehr geht sie selbst davon aus, dass es sich bei dem von ihr gestellten Gesuch um eine vorsorgliche Massnahme nach Art. 261 ff. ZPO handelt. Sie erhebt diesbezüglich keine Verfassungsrüge (Art. 98 BGG). Ob das Begehren um Vormerkung einer Verfügungsbeschränkung nach Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB eine vorsorgliche Massnahme im Sinne der allgemeinen prozessualen Norm von Art. 261 ZPO ist, wie dies die Vorinstanz annahm (so etwa Alfred Koller, Der Grundstückkauf, 3. Aufl. 2017, § 4 N. 47), oder ob Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB als "lex specialis" der Bestimmung von Art. 261 ZPO vorgeht und dementsprechend herabgesetzte Voraussetzungen gelten (so etwa Jörg Schmid / Bettina Hürlimann-Kaup, Sachenrecht, 5. Aufl. 2017 Rz. 481), braucht daher nicht beurteilt zu werden (offengelassen auch in Urteil 5A_222/2014 vom 17. September 2014 E. 3.3), zumal es der Beschwerde so oder anders an einem aktuellen Rechtsschutzinteresse fehlt, wie nachfolgend aufgezeigt wird. 
 
2.  
 
2.1. Nach Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG ist zur Beschwerde in Zivilsachen nur berechtigt, wer durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Die Beschwerdebefugnis setzt ein aktuelles und praktisches Interesse an der Gutheissung der Beschwerde voraus (vgl. zu diesem BGE 138 III 537 E. 1.2.2 und jüngst Urteil 5A_273/2020 vom 23. Juni 2020 E. 3.1). Die Beschwerdeführerin hat unter Gewärtigung der Nichteintretensfolge darzulegen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Beschwerderechts gegeben sind. Soweit diese nicht ohne Weiteres ersichtlich sind, ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, anhand der Akten oder weiterer, noch beizuziehender Unterlagen nachzuforschen, ob und inwiefern die Beschwerde zuzulassen ist (BGE 138 III 537 E. 1.2; 133 II 353 E. 1; 5A_273/2020 vom 23. Juni 2020 E. 3.1).  
 
2.2. Die Erwägungen der Vorinstanz, ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil aufgrund eines drohenden Verkaufs des Grundstücks an einen Dritten habe die Beschwerdeführerin nicht glaubhaft gemacht, stellt die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht nicht in Frage. Ein drohender Verkauf ist offenbar auch nach der Meinung der Beschwerdeführerin vom Tisch.  
Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz vielmehr vor, sie sei bei ihrer Nachteilsprognose nach Art. 261 Abs. 1 lit. b ZPO zu Unrecht nur auf die Möglichkeit eines drohenden Verkaufs des Grundstückes eingegangen und habe die Gefahr, dass die Beschwerdegegnerin zugunsten des Grundstücks eingetragene Dienstbarkeiten löschen könnte, in ihrem Entscheid unberücksichtigt gelassen, obwohl die Beschwerdeführerin diese Gefahr im Gesuch erwähnt habe. Dies verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV. Gleichzeitig verstosse die Vorinstanz damit gegen das Willkürverbot nach Art. 9 BV, weil eine offensichtliche Rechtsverletzung von Art. 960 ZGB und Art. 261 Abs. 1 lit. b ZPO vorliege. Dieser nicht leicht wieder gutzumachende Nachteil sei sodann mittlerweile effektiv schon eingetreten. "In der Zwischenzeit" sei das passiert, was mit der Einreichung des Gesuchs um Erlass einer Verfügungsbeschränkung hätte verhindert werden sollen. Die Beschwerdegegnerin habe "alle zugunsten der beiden Liegenschaften eingetragenen Fuss- und Fahrwegrechte löschen lassen mit Ausnahme jenes zulasten der Liegenschaft [...], welches der Beschwerdeführerin gehört", womit die Grundstücke rechtlich nicht mehr erschlossen seien. 
 
2.3. An der Beurteilung dieser Rügen hat die Beschwerdeführerin kein aktuelles Rechtschutzinteresse mehr. Sie beruft sich vor Bundesgericht einzig hinreichend auf das Argument, die Vorinstanz habe die Gefahr, dass Dienstbarkeiten gelöscht werden könnten, nicht berücksichtigt. Wie die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde selbst ausführt, hat sich mit Vollzug der Löschung der Dienstbarkeiten im Grundbuch bereits verwirklicht, was sie mit ihrem Gesuch um Verfügungsbeschränkung hätte verhindern wollen. Was die Beschwerdeführerin mit der beantragten Vormerkung erreichen könnte, nachdem die Dienstbarkeiten gelöscht sind und sie selber anerkennt, dass das Kaufrecht an sich nicht strittig ist, zeigt sie nicht auf, zumindest nicht hinreichend (Erwägung 2.1).  
Was ihr Rechtsschutzinteresse sein könnte, ist im Übrigen auch nicht ohne Weiteres ersichtlich, kann doch die Beschwerdeführerin im Nachhinein mit einer allfällig noch anzuordnenden Vormerkung im Sinne von Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB in Bezug auf die Löschung der Dienstbarkeiten keine Verfügungsbeschränkung mehr bewirken (dazu: BGE 111 II 42 E. 4; 110 II 128 E. 2b). Insoweit fehlt es der Beschwerdeführerin an einem aktuellen Rechtsschutzinteresse im Sinne von Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG. Dass in casu ein anderes Rechtsschutzinteresse bestünde, zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, zumindest nicht hinreichend, und ist auch nicht ohne Weiteres ersichtlich (Erwägung 2.1). 
Auf die Beschwerde ist somit mangels Rechtsschutzinteresse nicht einzutreten. 
 
3.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem geringen Aufwand des Gerichts wird durch eine reduzierte Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- Rechnung getragen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. Juli 2021 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Hohl 
 
Der Gerichtsschreiber: Brugger