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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1C_35/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 28. März 2014  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Remo Gilomen, 
 
gegen  
 
Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern, Schermenweg 5, Postfach, 3001 Bern.  
 
Gegenstand 
Anordnung einer SVG-Eignungsuntersuchung; Verweigerung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung vom 20. Dezember 2013 des Präsidenten der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 9. August 2013 verfügte das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern gegen X.________ eine verkehrspsychologische Fahreignungsuntersuchung durch das Institut für Angewandte Psychologie in Bern. Die vom betroffenen Fahrzeuglenker dagegen erhobene Einsprache wies das Strassenverkehrsamt am 5. November 2013 ab. Gleichzeitig entzog es einer allfälligen Beschwerde gegen den Einspracheentscheid die aufschiebende Wirkung. Dagegen erhob der Lenker am 6. Dezember 2013 Beschwerde bei der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern. Er beantragte die Aufhebung des Einspracheentscheides und die Gewährung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde. Mit prozessleitender Verfügung vom 20. Dezember 2013 verweigerte der Präsident der Rekurskommission die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. 
 
B.   
Gegen die prozessleitende Verfügung vom 20. Dezember 2013 gelangte der Lenker mit Beschwerde vom 22. Januar 2014 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Zusprechung der aufschiebenden Wirkung im kantonalen Beschwerdeverfahren. 
 
 Das Strassenverkehrsamt und die Rekurskommission liessen sich am 4. bzw. 13. Februar 2014 (je in abschlägigem Sinne und innert erstreckter Frist) vernehmen. Der Beschwerdeführer replizierte am 25. Februar 2014. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Gegenstand der vor der Rekurskommission hängigen kantonalen Beschwerde ist eine vom Strassenverkehrsamt verfügte verkehrspsychologische Fahreignungsuntersuchung. Mit prozessleitender Verfügung vom 20. Dezember 2013 hat die Vorinstanz die aufschiebende Wirkung der Beschwerde verweigert (bzw. nicht wieder hergestellt). Die Abweisung der beim Bundesgericht erhobenen Beschwerde gegen die Verweigerung des provisorischen Rechtsschutzes hätte zur Folge, dass die erstinstanzlich verfügte psychologische Untersuchung vollziehbar wäre, noch bevor die Rekurskommission über deren Rechtmässigkeit entschieden hat. Damit droht dem Beschwerdeführer ein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 82 ff. BGG sind erfüllt. 
 
 Verfügungen betreffend die aufschiebende Wirkung stellen grundsätzlich Entscheide über vorsorgliche Massnahmen nach Art. 98 BGG dar. Gemäss dieser Bestimmung kann mit der Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (vgl. auch Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
Der Präsident der Rekurskommission begründet die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung wie folgt: Das Strassenverkehrsamt dürfe Beschwerden gegen seine Verfügungen aus wichtigen Gründen die aufschiebende Wirkung entziehen. Der Beschwerdeführer sei mit Strafbefehl vom 10. August 2012 wegen Führens eines nicht betriebssicheren Personenwagens bzw. Verunreinigens der Fahrbahn (begangen am 20. Mai 2012) rechtskräftig verurteilt worden. Gemäss einem Polizeibericht sei bei einer Kontrolle am 10. April 2013 festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer verbotene technische Veränderungen an dem von ihm gelenkten Personenwagen vorgenommen habe. Der betreffende Fahrzeugausweis sei am 12. April 2013 polizeilich sichergestellt worden. Im gleichen Zeitraum sei der Polizei von einer Privatperson angezeigt worden, dass der Beschwerdeführer in hohem Tempo einer Gruppe von Passanten entgegengefahren sei. Aus diesen Gründen habe die Kantonspolizei mit Schreiben vom 30. April 2013 beim Strassenverkehrsamt angeregt, die "charakterliche Fahreignung" des Beschwerdeführers abklären zu lassen. Am 24. Mai 2013 habe dieser laut einem Polizeibericht ein Fahrzeug mit Anhänger gelenkt. Der Anhänger sei nicht immatrikuliert und die Ladung ungenügend gesichert gewesen. Am 8. Mai bzw. (mit Rechtsmittelbelehrung) am 9. August 2013 habe das Strassenverkehrsamt eine verkehrspsychologische Eignungsuntersuchung gegen den Beschwerdeführer verfügt. Aufgrund der genannten Vorfälle bestünden nach Ansicht des Präsidenten der Rekurskommission "recht erhebliche Zweifel am Verantwortungsbewusstsein des Beschwerdeführers im Strassenverkehr und damit an seiner charakterlichen Eignung als Motorfahrzeugführer". Die Anordnung der Fahreignungsabklärung sei "umso dringlicher, als ein wegen charakterlicher Defizite allenfalls ungeeigneter Fahrzeuglenker grundsätzlich vom Strassenverkehr fernzuhalten" sei. Demnach gehe das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit dem Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers vor und sei der hängigen Beschwerde keine aufschiebende Wirkung einzuräumen. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Entscheid sei willkürlich und in verschiedener Hinsicht bundesrechtswidrig. Neben Art. 9 BV verletze er insbesondere die Rechtsweggarantie von Art. 29a BV. Indem er "erhebliche Zweifel am Verantwortungsbewusstsein des Beschwerdeführers im Strassenverkehr und damit an seiner charakterlichen Eignung als Motorfahrzeugführer" ausspreche, habe der Präsident der Rekurskammer den noch ausstehenden (und nicht von ihm zu fällenden) materiellen Beschwerdeentscheid bereits vorweggenommen, noch bevor der Schriftenwechsel in der Sache abgeschlossen worden sei. Die angefochtene prozessleitende Verfügung datiere vom 20. Dezember 2012, die Einladung zur Replik (im hängigen kantonalen Beschwerdeverfahren) vom 10. Januar 2014. Falls der Präsident der Rekurskammer ernsthafte Zweifel an der Fahreignung hegen würde, welche bestritten seien, hätte er - wenn überhaupt - einen vorsorglichen Sicherungsentzug des Führerausweises verfügen müssen. Hingegen sei es nicht zulässig, dem Beschwerdeführer stattdessen den vorsorglichen Rechtsschutz gegen die gegen ihn verfügte psychologische Untersuchung zu verweigern, ohne sich dabei auf die gesetzlich vorgeschriebenen wichtigen (sachlichen) Gründe zu stützen. Der Entzug der aufschiebenden Wirkung sei als Mittel zur Behebung einer angeblichen Verkehrsgefährdung untauglich, die angebliche zeitliche Dringlichkeit der Untersuchung erscheine konstruiert. Darüber hinaus werfe ihm der Präsident der Rekurskammer Sachverhalte vor, die gar nicht erstellt seien bzw. bei denen sogar eine rechtskräftige Einstellung des Verfahrens erfolgt sei. Der massgebliche Sachverhalt und die rechtlichen Voraussetzungen einer psychologischen Fahreignungsuntersuchung müssten im hängigen Beschwerdeverfahren geklärt werden. Bis dahin sei ihm der vorläufige Rechtsschutz zu gewähren. 
 
4.  
 
4.1. Motorfahrzeugführer müssen über Fahreignung und Fahrkompetenz verfügen (Art. 14 Abs. 1 SVG [in der Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Juni 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013, AS 2012 6291]). Über keine Fahreignung verfügt (insbesondere), wer nach seinem bisherigen Verhalten keine Gewähr dafür bietet, als Motorfahrzeugführer die Vorschriften zu beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht zu nehmen (Art. 14 Abs. 2 lit. d SVG [in der Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Juni 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013, AS 2012 6291]). Führerausweise sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen (Art. 16 Abs. 1 SVG). Der Führerausweis wird einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn ihre körperliche und geistige Leistungsfähigkeit nicht oder nicht mehr ausreicht, ein Motorfahrzeug sicher zu führen oder wenn sie aufgrund ihres bisherigen Verhaltens nicht Gewähr bietet, dass sie künftig beim Führen eines Motorfahrzeuges die Vorschriften beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht nehmen wird (Art. 16d Abs. 1 lit. a und lit. c SVG). Unverbesserlichen Personen (und in den Fällen von Art. 16d Abs. 3 lit. b i.V.m. Art. 16c Abs. 2 lit. abis SVG) wird der Ausweis für immer entzogen (Art. 16d Abs. 3 SVG [in der Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Juni 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013, AS 2012 6291]). Bestehen Zweifel an der Fahreignung einer Person, so wird diese einer Fahreignungsuntersuchung unterzogen, namentlich bei Verkehrsregelverletzungen, die auf Rücksichtslosigkeit schliessen lassen (Art. 15d Abs. 1 lit. c SVG [eingefügt durch Ziff. I des BG vom 15. Juni 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013, AS 2012 6291]). Der Führerausweis kann (bereits vor dem Abschluss eines Administrativverfahrens betreffend Sicherungsentzug) vorsorglich entzogen werden, wenn ernsthafte Zweifel an der Fahreignung bestehen (Art. 30 VZV [SR 741.51; s.a. neue Fassung gemäss Ziff. I der Verordnung vom 29. Nov. 2013, in Kraft seit 1. Jan. 2014, AS 2013 4697]).  
 
4.2. Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung (Art. 29 Abs. 1 BV). Bei Rechtsstreitigkeiten hat die rechtsuchende Person Anspruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde, soweit das Gesetz dies nicht in Ausnahmefällen ausschliesst (Art. 29a BV). Gemäss dem bernischen Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRPG/BE; BSG 155.21) haben bei der kantonalen Rekurskommission erhobene Beschwerden von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung. Aus wichtigen Gründen kann die verfügende Behörde diese entziehen (Art. 68 Abs. 2 i.V.m. Art. 86 Abs. 1 VRPG/BE). Der Entzug der aufschiebenden Wirkung ist als Zwischenverfügung selbstständig mit Beschwerde anfechtbar (Art. 68 Abs. 3-4 VRPG/BE). Als wichtiger Grund gilt nach bernischem Verfahrensrecht insbesondere ein öffentliches Interesse, das den sofortigen Vollzug der fraglichen belastenden Verfügung erfordert (Art. 68 Abs. 5 lit. a VRPG/BE).  
 
5.   
Die angefochtene prozessleitende Verfügung hält einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht stand: 
 
5.1. Ob "erhebliche Zweifel am Verantwortungsbewusstsein des Beschwerdeführers im Strassenverkehr und damit an seiner charakterlichen Eignung als Motorfahrzeugführer" bestehen oder nicht, ist von der Rekurskommission im hängigen Beschwerdeverfahren materiell zu prüfen. Damit dem Beschwerdeführer ausnahmsweise der vorläufige Rechtsschutz verweigert werden könnte, mit der Folge, dass die verfügte psychologische Fahreignungsuntersuchung sofort vollziehbar wäre, noch bevor deren Rechtmässigkeit gerichtlich geprüft wurde, müsste der Präsident der Rekurskammer darlegen, dass das öffentliche Interesse am Schutz der Verkehrssicherheit einen sofortigen Vollzug der streitigen Verfügung verlangt (vgl. Art. 29 Abs. 1 und Art. 29a BV i.V.m. Art. 68 Abs. 2-5 VRPG/BE). An den Nachweis dieses Interesses ist grundsätzlich ein strenger Massstab anzulegen, da die Verweigerung des vorsorglichen Rechtsschutzes die Wirksamkeit des Rechtsweges tangiert bzw. den Verfahrensausgang präjudizieren kann (vgl. Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum Gesetz vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Bern, Bern 1997, Art. 68 N. 16 f.).  
 
5.2. Inwiefern mit dem Wegfall des vorsorglichen Rechtsschutzes gegen die verfügte psychologische Untersuchung die Verkehrssicherheit gewährleistet werden könnte, ist weder aus den Akten ersichtlich, noch im angefochtenen Entscheid dargetan. In Fällen wie dem vorliegenden sieht das Gesetz vor, als sichernde Massnahme für die Dauer eines hängigen administrativen Abklärungsverfahrens nötigenfalls einen vorsorglichen Sicherungsentzug des Führerausweises zu verfügen (vgl. dazu oben, E 4.1). Gemäss der Sachdarstellung im angefochtenem Entscheid wurde bisher lediglich der Fahrzeugausweis eines vom Beschwerdeführer benutzten Personenwagens polizeilich "eingezogen". Er verwende (laut Polizeibericht vom 30. April 2013) zudem unterschiedliche Fahrzeuge. Falls der Beschwerdeführer die Verkehrssicherheit ernsthaft gefährden würde, wäre dies entsprechend darzulegen und (gestützt darauf) ein vorsorglicher Sicherungsentzug des Führerausweises zu verfügen (Art. 15d Abs. 1 lit. c und Art. 16d Abs. 1 lit. c SVG i.V.m. Art. 30 VZV; vgl. BGE 127 II 122 E. 5 S. 128; 125 II 396 E. 3 S. 401; 492 E. 2b S. 495 f.; 122 II 359 E. 3a S. 364). Nicht einzusehen ist hingegen, weshalb die verfügte psychologische Fahreignungsuntersuchung im vorliegenden Fall bereits vollzogen werden müsste, noch bevor die Rekurskommission deren Rechtmässigkeit geprüft hat. Die angefochtene prozessleitende Zwischenverfügung ist nach dem Gesagten sachlich nicht nachvollziehbar, unterläuft den verfassungsrechtlich gewährleisteten wirksamen Rechtsschutz und erweist sich als bundesrechtswidrig.  
 
6.   
Die Beschwerde ist gutzuheissen und die angefochtene prozessleitende Verfügung aufzuheben. Der hängigen kantonalen Beschwerde ist die aufschiebende Wirkung zu erteilen (vgl. Art. 107 Abs. 2 Satz 1 BGG). 
 
 Gerichtskosten sind nicht zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer ist eine angemessene Parteientschädigung (pauschal, inkl. MWST) zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 Mit diesem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde hinfällig. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen, die Verfügung vom 20. Dezember 2013 des Präsidenten der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern wird aufgehoben, und der hängigen kantonalen Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung erteilt. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Der Kanton Bern hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- (pauschal, inkl. MWST) zu bezahlen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern, der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern sowie dem Bundesamt für Strassen, Sekretariat Administrativmassnahmen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. März 2014 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster