Avviso importante:
Le versioni vecchie di Netscape non sono in grado di mostrare i grafici. La funzionalità della pagina web è comunque garantita. Se volesse utilizzare frequentemente questa pagina, le raccomandiamo di installare un browser aggiornato.
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_366/2011 
 
Urteil vom 24. Juni 2011 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichter L. Meyer, Marazzi, 
Gerichtsschreiber von Roten. 
 
Verfahrensbeteiligte 
G.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marc E. Wieser, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
D.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Franco Faoro, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Arrest, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, vom 28. April 2011. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
G.________ (Beschwerdeführer) gewährte S.________ im Jahre 2008 zwei Darlehen. Für die unbezahlt gebliebenen Forderungen aus den gekündigten Darlehen stellte der Beschwerdeführer am 12. November 2010 ein Arrestbegehren gegen die D.________ AG (Beschwerdegegnerin), als deren einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsrat S.________ im Handelsregister eingetragen ist. Das Bezirksgerichtspräsidium P.________ bewilligte den Arrest. Mit Arrest belegt wurde das Guthaben der Beschwerdegegnerin im Betrag von Fr. 337'500.-- nebst Zins von 10 % ab 1. Januar 2010 auf dem Klientenkonto von Notar N.________ bei der Crédit Suisse AG in St. Moritz (Arrestbefehl vom 18. November 2010). 
 
B. 
Die Beschwerdegegnerin erhob Einsprache gegen den Arrestbefehl. Das Bezirksgerichtspräsidium P.________ hiess die Einsprache gut mit der Begründung, aus den beigebrachten Urkunden ergebe sich die Verpflichtung von S.________ als Privatperson, hingegen keine Verpflichtung der Beschwerdegegnerin, so dass weder Bestand noch Fälligkeit einer Forderung des Beschwerdeführers gegen die Beschwerdegegnerin als hinreichend glaubhaft gemacht oder ausgewiesen gelten könne (Einspracheentscheid vom 2. März 2011). Der Beschwerdeführer zog den Einspracheentscheid an das Kantonsgericht von Graubünden weiter, das seine Beschwerde abwies (Urteil vom 28. April 2011). 
 
C. 
Mit Eingabe vom 27. Mai 2011 beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht, den am 18. November 2010 gerichtlich angeordneten Arrest zu bestätigen, eventualiter die Sache an das Kantonsgericht zur neuen Beurteilung zurückzuweisen. Es sind die kantonalen Akten, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid (Art. 75 und Art. 90 BGG) in einer Arrestsache gemäss Art. 271 ff. SchKG, die mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG), zumal der Streitwert von Fr. 30'000.-- überschritten ist (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Das angefochtene Urteil über die Beschwerde gemäss Art. 278 Abs. 3 SchKG gilt wie der Arrestentscheid als vorsorgliche Massnahme. Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann deshalb nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG; BGE 135 III 232 E. 1.2 S. 234). Das Bundesgericht wendet dabei das Recht nicht von Amtes wegen an, sondern prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Verfassungsrügen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 V 138 E. 2.1 S. 143; 136 I 332 E. 2.1 S. 334). Weitere formelle Einzelfragen werden im Sachzusammenhang zu erörtern sein. Auf die Beschwerde kann eingetreten werden. 
 
2. 
Gemäss Art. 272 Abs. 1 SchKG wird der Arrest bewilligt, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass (1.) seine Forderung besteht. Der Beschwerdeführer behauptet, er habe S.________ am 11. September 2008 und am 14. Oktober 2008 je Darlehen gewährt, deren Betrag Anfang Januar 2010 auf EUR 250'000 angewachsen sei. Er räumt ein, dass seine Forderung eine persönliche Schuld von S.________ sei. Seine Forderung gegen die Beschwerdegegnerin als Arrestschuldnerin begründet der Beschwerdeführer mit dem Rückzahlungsmodus, den er mit S.________ am 3. Januar 2010 vereinbart habe. Darin ist eine Tilgung in monatlichen Raten von EUR 5'000 ab 1. Mai 2010 und von EUR 10'000 ab 1. September 2010 vorgesehen und für den Restsaldo Folgendes vereinbart worden: 
2) Restsaldo 
- Fällig immer aus 50 % der Gewinne von S.________ (Gewinne sind jede Art von 
Geldentnahme ausser Gehalt von 10'000 SFr.). 
- Fällig aus D.________ AG sobald Geldentnahme möglich. 
Das Kantonsgericht ist davon ausgegangen, aus der Vereinbarung ergebe sich keineswegs, dass die Beschwerdegegnerin für die Darlehensschuld einzustehen habe. Es sei vielmehr lediglich festgehalten worden, dass Rückzahlungen des Darlehens zu erfolgen hätten, sofern die finanzielle Situation der Beschwerdegegnerin Gewinnentnahmen zulasse. Die Beschwerdegegnerin habe sich damit nicht selbst zu irgendwelchen Zahlungen verpflichtet. Abwegig sei die Annahme einer Verpflichtung der Beschwerdegegnerin allein auf Grund der Tatsache, dass S.________ als einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsrat die Beschwerdegegnerin mit seiner Unterschrift hätte verpflichten können. Denn entscheidend sei nicht, ob S.________ als Schuldner in der Lage gewesen wäre, einen Dritten für seine Schuld einstehen zu lassen, sondern ob hinreichende Anhaltspunkte bestünden, dass er dies auch so gewollt habe. Daran scheitere die These des Beschwerdeführers - wie eben bezüglich der handschriftlichen Vereinbarung vom 3. Januar 2010 dargetan - zweifelsfrei. Auch aus dem Umstand, dass S.________ und seine Ehefrau die einzigen Aktionäre der Beschwerdegegnerin seien, könne nicht geschlossen werden, S.________ habe stets die Absicht, die Beschwerdegegnerin für seine privaten Geschäfte haften zu lassen. Dafür wäre eine deutliche Erklärung seitens des Einzelzeichnungsberechtigten und eine entsprechende Aufnahme in den Büchern der Gesellschaft erforderlich, wie dies beim früheren Darlehen der Fall gewesen sei, das durch einen Schuldbrief auf die Liegenschaft der Beschwerdegegnerin abgesichert worden sei. Unter diesen Umständen könne sich die Forderung des Beschwerdeführers nicht gegen die Beschwerdegegnerin richten. Die Voraussetzungen für eine Arrestlegung auf Vermögenswerte der Beschwerdegegnerin seien schon deshalb nicht gegeben, ohne dass zu prüfen sei, ob ein Arrestgrund gemäss Art. 271 SchKG hinreichend glaubhaft gemacht sei (E. II/2 S. 6 ff. des angefochtenen Urteils). 
 
3. 
In der Sache wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beurteilung seiner Arrestforderung gegen die Beschwerdegegnerin. Er rügt Willkür und eine falsche Anwendung von Art. 2 ZGB (S. 6 ff. Bst. B der Beschwerdeschrift). 
 
3.1 Zutreffend ist das Kantonsgericht davon ausgegangen, dass die Arrestbewilligung keine Arrestforderung voraussetzt, die auf einer durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG beruht. Der Bestand der Arrestforderung kann auch mittels einer oder mehrerer Urkunden glaubhaft gemacht werden, ohne dass die Urkunde oder die entscheidende unter mehreren Urkunden vom Arrestschuldner oder seinem Vertreter unterzeichnet sein müsste (vgl. Urteil 5A_501/2010 vom 20. Januar 2011 E. 2.3.3, mit Hinweis auf GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, IV, 2003, N. 29 zu Art. 272 SchKG). Glaubhaft gemacht ist die Arrestforderung, wenn das Arrestgericht auf Grund objektiver Elemente den Eindruck gewinnt, dass der behauptete Sachverhalt vorliegt, selbst wenn es die Möglichkeit nicht ausschliessen kann, dass es sich auch anders verhalten könnte (vgl. Urteil 5A_870/2010 vom 15. März 2011 E. 3.2, mit Hinweis auf STOFFEL, Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, III, 1998, N. 3 zu Art. 272 SchKG, in der 2. Aufl. als Basler Kommentar, II, 2010, N. 4 zu Art. 272 SchKG). 
 
3.2 Das Kantonsgericht hat sich auf mehrere Urkunden gestützt, nämlich auf die Belege für Darlehen, die der Beschwerdeführer 2008 S.________ gewährt hat, auf dessen Einzelzeichnungsberechtigung für die Beschwerdegegnerin gemäss Handelsregisterauszug, auf die Vereinbarung über die Darlehensrückzahlung vom 3. Januar 2010 zwischen dem Beschwerdeführer und S.________ sowie auf die früheren Kreditakten zwischen den Vertragsparteien. 
3.2.1 Wie der Beschwerdeführer selber einräumen muss, ergibt sich aus den beiden im Jahre 2008 gewährten Darlehen eine persönliche Schuld von S.________ als Darlehensnehmer und keine Forderung gegen die Beschwerdegegnerin. In den Belegen wird weder die Beschwerdegegnerin erwähnt noch auf die Funktion von S.________ als einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsrat der Beschwerdegegnerin irgendwie Bezug genommen. Die Tatsache, dass S.________ für die Beschwerdegegnerin einzelzeichnungsberechtigt ist, lässt den Schluss nicht zu, er habe die Beschwerdegegnerin mit seiner persönlichen Unterschrift auch ohne Hinweis auf das Vertretungsverhältnis stets mitverpflichtet. Die Beschwerdegegnerin ist eine juristische Person, deren rechtliche Selbstständigkeit zu beachten ist. Davon könnte im Einzelfall abgewichen werden, wenn der Tatbestand des Durchgriffs erfüllt wäre, doch sind dessen Voraussetzungen hier weder behauptet noch glaubhaft gemacht (vgl. BGE 132 III 489 E. 3.2 S. 493 und 737 E. 2.3 S. 742; 136 I 49 E. 5.4 S. 60 f. und 65 E. 5.4 S. 76 f.). 
3.2.2 Ausdrücklich erwähnt wird die Beschwerdegegnerin hingegen in der handschriftlichen Vereinbarung über die Darlehensrückzahlung zwischen dem Beschwerdeführer und S.________ vom 3. Januar 2010. Inwiefern das Kantonsgericht bei der Auslegung der Vereinbarung die massgebenden Grundsätze willkürlich angewendet haben könnte, rügt der Beschwerdeführer in keiner den formellen Anforderungen genügenden Weise (Art. 106 Abs. 2 BGG). Der klare Wortlaut des Vereinbarungstextes, von dem abzuweichen keine ernsthaften Gründe ersichtlich oder dargetan sind (vgl. BGE 136 III 186 E. 3.2.1 S. 188), stützt das kantonsgerichtliche Auslegungsergebnis, wonach nicht die Beschwerdegegnerin selbst zu irgendwelchen Zahlungen verpflichtet, sondern lediglich festgehalten worden sei, dass die Rückzahlungen des Darlehens zu erfolgen hätten, sofern die finanzielle Situation der Beschwerdegegnerin Gewinnentnahmen zulasse. 
3.2.3 Gestützt wird das kantonsgerichtliche Auslegungsergebnis unter Willkürgesichtspunkten auch durch die früheren Kreditakten. Das im Jahre 2007 gewährte Darlehen des Beschwerdeführers an S.________ haben die Parteien durch Errichtung eines Schuldbriefes auf einem Grundstück der Beschwerdegegnerin sichergestellt. Die Sicherstellung wurde rechtsgeschäftlich vereinbart und eine entsprechende öffentliche Urkunde errichtet. Es darf also nicht davon ausgegangen werden, der Beschwerdeführer und S.________ hätten nicht gewusst, wie die Beschwerdegegnerin rechtswirksam in ein Privatdarlehen des Beschwerdeführers an S.________ eingebunden werden kann, damit sie selber zur Darlehensschuldnerin wird. Diese Erfahrung aus früheren Geschäften darf bei der Auslegung der Vereinbarung vom 3. Januar 2010 als Indiz berücksichtigt werden (vgl. BGE 133 III 61 E. 2.2.1 S. 67) und bestätigt die angefochtene Auslegung. 
 
3.3 Insgesamt erscheint die kantonsgerichtliche Beurteilung nicht als willkürlich, die Forderung des Beschwerdeführers richte sich nicht gegen die Beschwerdegegnerin, die Arrestforderung im Sinne von Art. 272 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG sei nicht glaubhaft gemacht und dem Arrestbegehren könne deshalb nicht entsprochen werden (Art. 9 BV; vgl. zum Begriff: BGE 136 I 316 E. 2.2.2 S. 318 f. und 136 III 552 E. 4.2 S. 560). 
 
4. 
Soweit der Beschwerdeführer nebst Willkür in der Sache auch Verletzungen von bundesrechtlichen Beweisregeln gemäss Art. 8 ff. ZGB mit unrichtiger Feststellung des Sachverhalts (Art. 97 Abs. 1 BGG) geltend macht, fehlt den Rügen eine formell ausreichende, selbstständige Begründung (S. 6 ff. Bst. B der Beschwerdeschrift). Darauf kann nicht eingetreten werden. Durfte die Voraussetzung "Forderung" der Arrestbewilligung als nicht glaubhaft gemacht angesehen werden, kommt es auf den Arrestgrund und damit auf die Frage nicht mehr an, ob zum Zeitpunkt der Arrestlegung S.________ über keinen Wohnsitz in der Schweiz verfügt hat und die Beschwerdegegnerin faktisch ohne Sitz gewesen ist (S. 6 Bst. B/1 der Beschwerdeschrift). Darauf einzugehen, erübrigt sich. 
 
5. 
Aus den dargelegten Gründen muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer wird damit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG), hingegen nicht entschädigungspflichtig, da bei der Beschwerdegegnerin keine Vernehmlassung eingeholt wurde (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 24. Juni 2011 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: 
 
Hohl von Roten