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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5C.71/2004 /rov 
 
Urteil vom 23. Juni 2004 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterinnen Nordmann, Escher, Hohl, 
Bundesrichter Marazzi, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Parteien 
Z.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Fürsprecher Markus Weber, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Fürsprecher Dr. Andreas Edelmann, 
 
Gegenstand 
Vorsorgliche Massnahmen im Verfahren um Ergänzung des Scheidungsurteils, Anweisung an den Schuldner, 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 5. Zivilkammer, vom 24. Februar 2004. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit Urteil vom 26. September 2002 des Kreisgerichts Kranj, Slowenien, wurde die Ehe von Z.________ und Y.________ geschieden. Seit dem 18. Oktober 2002 ist die von Y.________ gegen den in Slowenien wohnhaften Z.________ beim Bezirksgericht Baden angehobene Klage auf Ergänzung des slowenischen Scheidungsurteils und auf Zusprechung von Unterhalt hängig. Am 22. November 2002 beantragte Y.________ die Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen für die Dauer des Hauptverfahrens. 
 
B. 
Mit Präliminarentscheid vom 8. September 2003 des Gerichtspräsidenten 3 von Baden wurde Z.________ für die Dauer des Hauptprozesses verpflichtet, Y.________ einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'488.-- (vom 22. November 2002 bis 31. Dezember 2002) bzw. Fr. 1'446.-- (ab 1. Januar 2003) zu bezahlen. Gleichzeitig wurde die in der Schweiz domizilierte Pensionskasse X.________ angewiesen, von der Z.________ zustehenden Altersrente monatlich Fr. 1'446.-- direkt an Y.________ zu überweisen. Auf Beschwerde hin erhöhte das Obergericht des Kantons Aargau, 5. Zivilkammer, mit Urteil vom 24. Februar 2004 die Unterhaltsbeiträge auf Fr. 1'744.-- (vom 22. November 2002 bis 31. Juli 2003) bzw. Fr. 1'501.-- (ab 1. August 2003) und den von der Pensionskasse direkt zu überweisenden Betrag auf Fr. 1'501.--. Dabei erklärte das Obergericht für das Unterhaltsrecht das slowenische Recht und für das Recht der Schuldneranweisung das schweizerische Recht als massgeblich. 
 
C. 
Z.________ führt mit Eingabe vom 19. März 2004 eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt dem Bundesgericht, das angefochtene Urteil des Obergerichts sei aufzuheben. Weiter ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
Eine Beschwerdeantwort ist nicht eingeholt worden. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
1.1 Die vorliegende Nichtigkeitsbeschwerde zielt einzig auf die vom Obergericht bestätigte Anweisung an die Pensionskasse des Beschwerdeführers, den der Beschwerdegegnerin zugesprochenen Unterhaltsanspruch direkt an diese zu leisten. Der Beschwerdeführer beruft sich auf die Nichtigkeitsgründe nach Art. 68 Abs. 1 lit. b und c OG und rügt, entgegen der Auffassung des Obergerichts sei auf die Schuldneranweisung nicht schweizerisches Recht, sondern wie auf das Unterhaltsrecht ebenfalls slowenisches Recht anwendbar. 
 
1.2 Gemäss BGE 110 II 9 gilt die richterliche Anweisung gemäss ZGB an den Schuldner des Unterhaltspflichtigen als privilegierte Zwangsvollstreckungsmassnahme sui generis, so dass mangels Vorliegen einer Zivilsache sowohl die Berufung (Art. 43 ff. OG) als auch die Nichtigkeitsbeschwerde (Art. 68 ff. OG) ausgeschlossen sind (BGE 110 II 9 E. 2 S. 14; vgl. Urteil 5C.243/1990 vom 5. März 1991, SJ 1991 S. 457, E. 4c). 
 
1.3 Die Meinungen über die Rechtsnatur der Schuldneranweisung gehen in der Literatur allerdings auseinander. Während ein Teil der Lehre die Praxis gemäss BGE 110 II 9 bestätigt (Deschenaux/Steinauer/ Baddeley, Les effets du mariage, Bern 2000, S. 296 Rz. 705; Bräm/ Hasenböhler, Zürcher Kommentar, N. 3 zu Art. 177 ZGB), bezeichnen andere Autoren die Schuldneranweisung nach Art. 177 ZGB (bzw. Art. 132 ZGB sowie Art. 291 ZGB) als ein besonderes familienrechtliches Institut des ZGB zur erleichterten Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen, welche als Zivilsache zu behandeln sei (Hausheer/Geiser/ Reusser, Berner Kommentar, N. 18 und 19 zu Art. 177 ZGB; Schwander, Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 2. Aufl. 2002, N. 3 zu Art. 177 ZGB; Sandoz, L'avis aux créanciers des art. 171 (177 nCC) et 291 CC est-il une mesure d'exécution forcée?, BlSchK 52/1988 S. 86/87; Vogel, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1984, ZBJV 122/1986 S. 498 Ziff. 5; Breitschmid, Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 2. Aufl. 2002, N. 5 zu Art. 291 ZGB; Hegnauer, Berner Kommentar, N. 13 zu Art. 291 ZGB; Sutter/Freiburghaus, Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, N. 13 und 25 zu Art. 132 ZGB). Im Urteil 5C.105/2000 vom 9. Juni 2000 (E. 2) sind die Standpunkte der Lehre dargestellt worden, wobei sich damals mit Blick auf das Ergebnis eine Auseinandersetzung erübrigt hatte. Während im Urteil 5P.276/2001 vom 1. November 2001 (E. 1a) die Praxis gemäss BGE 110 II 9 ohne weitere Ausführungen bestätigt wurde, ist in anderen Urteilen (5P.193/2003 vom 23. Juli 2003, E. 1.2; 5P.205/2003 vom 11. September 2003, E. 1.1; 5P.210/2003 vom 11. September 2003, E. 1) die Frage der Rechtsnatur unter Hinweis auf die Kritik in der Literatur offen gelassen worden. Die Auffassung, dass es sich bei der Anweisung um eine zivilrechtliche Massnahme und eine Zivilsache im Sinne des OG handelt, ist wohl vertretbar. Doch rechtfertigt sich namentlich auch mit Blick auf die Rechtssicherheit keine Praxisänderung, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde unzulässig ist. 
 
1.4 Der Beschwerdeführer rügt in seiner Eingabe keine Verletzung von verfassungsmässigen Rechten (vgl. Art. 84 Abs. 1 lit. a OG), sondern macht insbesondere eine Verletzung des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 (SR 0.211.213.01; nachstehend: UStÜ) geltend. Im vorliegenden Fall erscheint daher gerechtfertigt, die Eingabe als staatsrechtliche Beschwerde gestützt auf Art. 84 Abs. 1 lit. c OG entgegenzunehmen (vgl. BGE 126 III 534 E. 1a S. 536), wobei das Bundesgericht insoweit freie Kognition hat (vgl. BGE 125 III 451 E. 3b S. 455). 
 
2. 
Das Obergericht hat im Wesentlichen erwogen, auf die vorsorgliche Regelung des Unterhalts im Rahmen des Verfahrens zur Ergänzung des slowenischen Scheidungsurteils sei gestützt auf Art. 8 UStÜ das slowenische Recht anwendbar. Hingegen hat es für die Frage der Anweisung an den Schuldner des Beschwerdeführers nicht das UStÜ, sondern gestützt auf Art. 62 Abs. 2 IPRG das schweizerische Recht als massgebend und die Voraussetzungen für die entsprechende richterliche Anordnung nach Art. 137 i.V.m. Art. 177 ZGB als erfüllt erachtet. 
 
2.1 Im angefochtenen Entscheid wird zu Recht angenommen, dass ein internationales Verhältnis im Sinne von Art. 1 Abs. 1 IPRG vorliegt. Dass die eherechtliche Anweisung als privilegierte Zwangsvollstreckungsmassnahme sui generis nach BGE 110 II 9 keine Zivilsache im Sinne des OG ist, schliesst die Anwendbarkeit des IPRG nicht aus (vgl. BGE 118 Ia 118). Die gesetzliche Grundlage der durch das besondere Rechtsverhältnis der Ehegatten gerechtfertigten Schuldneranweisung findet sich im Rahmen der Scheidung in den Art. 132 Abs. 1 und Art. 137 Abs. 2 ZGB (Sutter/Freiburghaus, a.a.O., N. 5 und 30 zu Art. 137 ZGB). Da der vorliegende Sachverhalt mehrere Rechtsordnungen berührt, also nicht klar ist, dass das ZGB als einzig mögliche Rechtsgrundlage für die rechtliche Beurteilung der Massnahme in Frage kommt, sind die Regeln des schweizerischen internationalen Privatrechts massgebend (Siehr, Das internationale Privatrecht der Schweiz, S. 2). 
 
2.2 Der Beschwerdeführer rügt nicht, dass das Obergericht im hängigen Prozess um Ergänzung des slowenischen Ehescheidungsurteils nicht zuständig sei, vorsorgliche Massnahmen einschliesslich der Schuldneranweisung zu treffen. Ebenso wenig stellt er in Frage, dass für das anwendbare Recht, das auf die Nebenwirkungen einer im Ausland geschiedenen Ehe anwendbar ist, die im IPRG vorbehaltenen staatsvertraglichen Regelungen gelten (Art. 1 Abs. 2, Art. 64 Abs. 2, Art. 62 Abs. 3 IPRG) und für die Unterhaltspflichten zwischen geschiedenen Ehegatten gemäss Art. 8 UStÜ das auf die Ehescheidung angewendete Recht massgebend ist (vgl. Siehr, Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, N. 4 zu Art. 64 IPRG; Volken, Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N. 29 zu Art. 62 IPRG). Der Beschwerdeführer wendet sich im Wesentlichen gegen die Auffassung des Obergerichts, dass die Schuldneranweisung nicht vom Anwendungsbereich des nach dem Art. 8 UStÜ massgebenden Unterhaltsstatuts erfasst sei. Er macht unter Hinweis auf Art. 10 UStÜ geltend, auch die Schuldneranweisung richte sich nach dem Unterhaltsstatut, so dass slowenisches Recht auch für die Frage der Schuldneranweisung massgebend sei. 
 
2.3 Nach Art. 10 UStÜ bestimmt das auf eine Unterhaltspflicht anzuwendende Recht insbesondere, ob, in welchem Ausmass und von wem der Berechtigte Unterhalt verlangen kann (Ziff. 1), wer zur Einleitung des Unterhaltsverfahrens berechtigt ist und welche Fristen für die Einleitung gelten (Ziff. 2), und das Ausmass der Erstattungspflicht im Falle des Unterhaltsvorschusses durch öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen (Ziff. 3). Diese Bestimmung nennt besonders wichtige Gegenstände, die jedenfalls unterhaltsrechtlich zu qualifizieren sind (von Staudinger/Mankowski, Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche/IPR, Berlin 2003, N. 315 in Anhang I zu Art. 18 EGBGB). Über diese Aufzählung hinaus unterliegen dem Unterhaltsstatut alle Fragen im Zusammenhang mit der Erfüllung der Forderung (wie Gegenrechte, Einreden, materielle Verteidigungsmittel des Schuldners, Verzicht, Erlass und Abfindung sowie die Verrechnung mit der Unterhaltsforderung) sowie - bei Nichterfüllung der Forderung - die allgemeinen Rechtsfolgen wie Verzug, Ansprüche für Verzugszinsen und Schadenersatz (von Staudinger/Mankowski, a.a.O., N. 317 ff. und 379 ff. in Anhang I zu Art. 18 EGBGB, N. 40 in Anhang II zu Art. 18 EGBGB). Dies liegt im Zweck von Art. 10 UStÜ, vorab zu präzisieren, dass das anwendbare Recht die Existenz, Höhe und Modalitäten der Unterhaltsforderung bestimmen soll (Verwilghen, Rapport de la Commission spéciale, in: Actes et documents de la Douzième session de la Conférence de La Haye de droit international privé, Band IV, Den Haag 1975, S. 124 Rz. 75 f.). Hingegen unterstehen besondere ehe- und familienrechtliche Sanktionen bzw. Rechtsfolgen, welche bei Nichterfüllung der Unterhaltspflicht vorgesehen sind, grundsätzlich nicht dem Statut der Unterhaltsforderung (François Herzfelder, Les obligations alimentaires en droit international privé conventionnel, Paris 1985, S. 116). 
 
2.4 Die Anweisung nach Art. 177 ZGB setzt voraus, dass der Unterhaltsschuldner die Unterhaltspflicht gegenüber seiner Familie, aus welchen Gründen auch immer, nicht erfüllt (Schwander, a.a.O., N. 10 zu Art. 177 ZGB). Sie hat insoweit den Charakter einer familienrechtlichen Sanktion und untersteht - ob man sie nun als Vollstreckungsmassnahme sui generis oder als besonderes familienrechtliches Institut zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen versteht - daher nicht dem Statut der Unterhaltsforderung. Zum gleichen Ergebnis kommen die Lehrmeinungen, welche die Schuldneranweisung nicht an das Unterhaltsstatut, sondern an das allgemeine Ehewirkungsstatut gemäss Art. 48 IPRG anknüpfen (Schwander, a.a.O., N. 17 zu Art. 177 ZGB; Bucher, Droit international privé, Band II, S. 156 Rz. 425; a.M. Weber, Anweisung an die Schuldner [...], AJP 2002 S. 241: Anknüpfung an das Statut der Legalzession gemäss Art. 146 Abs. 1 IPRG). Wenn vor diesem Hintergrund das Obergericht die anbegehrte Anweisung nicht unterhaltsrechtlich qualifiziert und daher nicht dem Unterhaltsstatut unterstellt hat, ist keine Verletzung des Staatsvertrages ersichtlich. Ob das Obergericht hingegen die autonomen Kollisionsregeln richtig angewendet hat, wenn es die Schuldneranweisung als vorsorgliche Massnahme nach Art. 62 Abs. 2 IPRG dem schweizerischen Recht unterstellt hat, oder ob die Schuldneranweisung - entsprechend den Regeln des internationalen Vollstreckungsrechts - sogar ein zwingender Rechtssatz mit auf die Schweiz beschränktem Anwendungsbereich darstellt (vgl. Hausheer/Geiser/Reusser, a.a.O., N. 26 zu Art. 177 ZGB), ist im vorliegenden Fall nicht zu erörtern. Der Beschwerdeführer rügt nicht, inwiefern die Anwendung des schweizerischen Rechts und damit der angefochtene Entscheid willkürlich (Art. 9 BV) sein soll. Auf die Beschwerde kann insoweit nicht eingetreten werden (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 
3. Nach dem Dargelegten kann der staatsrechtlichen Beschwerde kein Erfolg beschieden sein. Bei diesem Ergebnis wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Eine Entschädigungspflicht entfällt, da der Beschwerdegegnerin keine weiteren Kosten entstanden sind. Die Voraussetzungen, um die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, erscheinen erfüllt zu sein (Art. 152 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird als staatsrechtliche Beschwerde entgegengenommen. 
 
2. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
3. 
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen, und es wird ihm Rechtsanwalt Markus Weber als Rechtsbeistand beigegeben. 
 
4. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt, einstweilen jedoch auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
5. 
Rechtsanwalt Markus Weber wird aus der Bundesgerichtskasse ein Honorar von Fr. 2'000.-- ausgerichtet. 
 
6. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, 5. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 23. Juni 2004 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: