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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4A_97/2011 
 
Urteil vom 22. März 2011 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin, 
Bundesrichter Corboz, 
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch, 
Bundesrichter Kolly, 
Bundesrichterin Kiss, 
Gerichtsschreiber Widmer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________ SA, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Rothenbühler, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Hugo Camenzind, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Anspruch auf den gesetzlichen Richter, 
 
Beschwerde gegen den Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 23. Dezember 2010. 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.________ (Beschwerdegegner) war Mitfahrer in einem bei der X.________ SA (Beschwerdeführerin) versicherten Fahrzeug, dessen Halter und Lenker am 15. September 2002 bei einem Überholmanöver in Winterthur mit massiv übersetzter Geschwindigkeit die Herrschaft über das Fahrzeug verlor und einen schweren Unfall verursachte. Der Lenker und die beiden anderen Mitfahrer wurden tödlich verletzt; der Beschwerdeführer erlitt diverse Verletzungen. Die Auswirkungen dieser Verletzungen auf seine Arbeitsfähigkeit sind umstritten. 
 
B. 
Am 22. August 2005 klagte der Beschwerdegegner beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Beschwerdeführerin auf Schadenersatz und Genugtuung über insgesamt Fr. 968'028.- zuzüglich Zins. Die Hauptpositionen betrafen Erwerbsausfall, Haushaltschaden, Betreuungsschaden, medizinische Behandlungskosten, Genugtuung sowie vorprozessuale Anwaltskosten. Im Verlauf des Verfahrens beantragte er eine Klageänderung (im Sinne einer Erhöhung der Position "Erwerbsausfall"); gleichzeitig verzichtete er auf die Geltendmachung der Positionen "Haushaltschaden" und "Betreuungsschaden" und reduzierte zwei weitere Positionen. 
 
Mit Beschluss und Urteil vom 14. Oktober 2009 liess das Handelsgericht die vom Beschwerdegegner beantragte Klageänderung nicht zu und schrieb die Klage im Betrag von Fr. 454'409.15 als durch Rückzug erledigt ab. Gleichzeitig wies es die (Rest-)Klage vollumfänglich ab. 
 
Gegen Beschluss und Urteil vom 14. Oktober 2009 erhob der Beschwerdeführer kantonale Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht des Kantons Zürich. Dieses beurteilte sämtliche erhobenen Rügen als unbegründet, soweit es darauf eintrat. Einzig die Rüge der ungehörigen Besetzung des Handelsgerichts, die der Beschwerdegegner damit begründet hatte, dass der als Referent mitwirkende Handelsrichter Ernst Weber-Krauer in Verletzung der gesetzlichen Wohnsitzpflicht gewählt resp. wiedergewählt worden sei, erachtete das Kassationsgericht für begründet; da feststehe, dass Handelsrichter Ernst Weber-Krauer weder im Zeitpunkt seiner Wahl noch seiner Wiederwahl Wohnsitz im Kanton gehabt habe, seien seine Wahl und Wiederwahl ungültig. Indem er als nicht gültig gewählter Richter am angefochtenen Urteil mitgewirkt habe, sei der Anspruch auf den gesetzlichen Richter nach Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK verletzt worden. Das Kassationsgericht hiess deshalb am 23. Dezember 2010 die Beschwerde gut, hob das Urteil des Handelsgerichts vom 14. Oktober 2009 auf und wies die Sache zu neuer Entscheidung durch einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Spruchkörper an das Handelsgericht zurück. 
 
C. 
Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen, den Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts vom 23. Dezember 2010 aufzuheben. 
 
Der Beschwerdegegner beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Kassationsgericht liess sich vernehmen, ohne Antrag zu stellen. 
 
Mit Präsidialverfügung vom 28. Februar 2011 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung gewährt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 135 III 212 E. 1). 
 
1.1 Der angefochtene Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts hebt das handelsgerichtliche Urteil auf und weist die Sache zur Neubeurteilung an das Handelsgericht zurück. Er ist damit ein Zwischenentscheid (vgl. BGE 135 III 212 E. 1.2, 329 E. 1.2; 135 V 141 E. 1.1 S. 143). Inhaltlich beschlägt er ein Ausstandsbegehren im Sinne von Art. 92 BGG, wozu auch gerichtsorganisatorische Fragen zählen wie etwa die Rüge einer unrichtigen Besetzung des Gerichts (BERNARD CORBOZ, in: Commentaire de la LTF, Corboz und andere [Hrsg.], 2009, N. 18 zu Art. 92 BGG; UHLMANN FELIX, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 10 zu Art. 92 BGG, je mit Hinweisen; vgl. auch zu Art. 87 aOG: BGE 126 I 203 E. 1b S. 205 unten, 207 E. 1a S. 209 unten; vgl. auch BGE 130 III 76 E. 3.2.1 S. 80). Die dagegen erhobene Beschwerde in Zivilsachen ist zulässig. 
 
1.2 Der Beschwerdegegner vertritt die Ansicht, auf die Beschwerde sei mangels rechtsgenügendem Begehren nicht einzutreten. 
 
Es trifft zu, dass in einer Beschwerde an das Bundesgericht grundsätzlich ein materielles Rechtsbegehren zu stellen ist (BGE 136 V 131 E. 1.2 S. 135; 133 III 489 E. 3). In der hier gegebenen Konstellation genügt aber das von der Beschwerdeführerin gestellte Aufhebungsbegehren. Denn mit der beantragten Aufhebung des kassationsgerichtlichen Zirkulationsbeschlusses würde das Urteil des Handelsgerichts in Rechtskraft erwachsen. Die Beschwerdeführerin hätte damit erreicht, was sie zur Herstellung der (ihrer Ansicht nach) rechtskonformen Ordnung anstrebt. 
 
2. 
2.1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). 
 
Die Beschwerdeführerin bringt in ihrer Beschwerde neue Tatsachen und entsprechende Belege vor. Sie macht geltend, diese seien zuzulassen, da erst der angefochtene Zirkulationsbeschluss dazu Anlass gegeben habe. 
 
Der Beschwerdegegner hatte in seiner Nichtigkeitsbeschwerde vom 27. November 2009 die Rüge einer ungehörigen Besetzung des Handelsgerichts nur sehr rudimentär begründet. Er machte unter anderem geltend, Ernst Weber-Krauer sei in Verletzung des Wohnsitzprinzips nach § 3 Abs. 1 GVG/ZH gewählt worden. Darauf entgegnete die Beschwerdeführerin in ihrer Antwort vom 15. Januar 2010, dass die Verletzung der Wohnsitzpflicht keinen Ausstandsgrund bilde. Das Kassationsgericht stützte sich auf die aus einem anderen Verfahren gerichtsnotorische Tatsache, dass der genannte Handelsrichter "sowohl im Zeitpunkt seiner Wahl wie auch seiner Wiederwahl in den Jahren 2001 und 2007 nicht im Kanton Wohnsitz" gehabt habe. Es zitierte seinen in diesem anderen Verfahren ergangenen Entscheid vom 9. Februar 2010 und das diesbezügliche Urteil des Bundesgerichts vom 19. April 2010, in dem sich das Bundesgericht unter anderem zur Wohnsitzfrage geäussert hatte (BGE 136 I 207 E. 5). Das Kassationsgericht prüfte die erhobene Rüge im Lichte dieser Rechtsprechung und stützte sich auf Tatsachen, die ihm aus einem anderen Verfahren bekannt waren. Den in diesem Zusammenhang ebenfalls relevanten und amtlich publizierten Kantonsratsbeschluss vom 5. Juli 2010 (Amtsblatt des Kantons Zürich 2010, S. 1512) zog es jedoch nicht heran. Insofern kann gesagt werden, dass erst der angefochtene Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts der Beschwerdeführerin Anlass gab, sich auf den besagten Kantonsratsbeschluss zu berufen. Dieser ist daher vor Bundesgericht zuzulassen. Die weiteren neuen Vorbringen sind für den Entscheid nicht wesentlich, weshalb sie von vornherein unberücksichtigt bleiben können. 
 
2.2 Die Beschwerde ist innert der Beschwerdefrist vollständig begründet einzureichen (Art. 42 Abs. 1 BGG). Eine Beschwerdeergänzung kommt einzig für Beschwerden auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen in Betracht (Art. 43 BGG). Eine Nachfrist zur Verbesserung einer ungenügenden Begründung wird nicht angesetzt (BGE 134 II 244 E. 2.4). 
 
Die ergänzende Eingabe der Beschwerdeführerin vom 10. Februar 2011 und die damit eingereichten Beilagen sind demnach unbeachtlich, da sie unzulässigerweise nach Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht wurden. 
 
3. 
Die Beschwerdeführerin rügt als aktenwidrige und willkürliche Feststellung des Kassationsgerichts, dass Handelsrichter Ernst Weber-Krauer sowohl im Zeitpunkt seiner Wahl wie auch Wiederwahl nicht im Kanton Zürich Wohnsitz hatte. Richtig sei, dass der besagte Handelsrichter im Zeitpunkt seiner Erstwahl im Kanton Zürich gewohnt habe. 
 
Das Kassationsgericht räumt in seiner Vernehmlassung ein, dass Handelsrichter Ernst Weber-Krauer im Zeitpunkt seiner Erstwahl im Jahre 1995 noch Wohnsitz im Kanton Zürich hatte. Richtigerweise müsse es demnach heissen, dass der genannte Handelsrichter im Zeitpunkt seiner beiden Wiederwahlen in den Jahren 2001 und 2007 nicht im Kanton Zürich Wohnsitz hatte. Von dieser korrigierten Feststellung ist auszugehen. 
 
4. 
Die Beschwerdeführerin bringt vor, der Beschwerdegegner habe seit der Instruktionsverhandlung vom 19. Juni 2006 Kenntnis über die teilnehmenden Richter gehabt. Mit seinem Zuwarten bis zur Anfechtung des Urteils des Handelsgerichts habe er sich zu spät auf die mangelhafte Besetzung des Handelsgerichts berufen und gegen Treu und Glauben verstossen. Indem das Kassationsgericht dieses rechtsmissbräuchliche Vorgehen schütze, handle es willkürlich. 
 
Wer einen Ablehnungsgrund nicht unverzüglich nach dessen Kenntnisnahme geltend macht, verwirkt seine spätere Anrufung (BGE 135 III 334 E. 2.2; 134 I 20 E. 4.3.1). Gleiches gilt in Bezug auf Mängel in der Besetzung oder Bestellung der Richterbank. Es würde gegen Treu und Glauben verstossen, wenn eine Partei einen ihr bekannten Mangel nicht unverzüglich vorbringt, sondern zuwartet, um ihn allenfalls erst im Anschluss an ein für sie ungünstiges Urteil des betreffenden Gerichts geltend zu machen (BGE 132 II 485 E. 4.3 mit Hinweisen). 
 
Wie die Beschwerdeführerin unwidersprochen vorbringt, wusste der Beschwerdegegner zwar seit Juni 2006, welche Richter über den hängigen Fall entscheiden würden. Indessen ist nicht festgestellt, wann der Beschwerdegegner vom Umstand Kenntnis nahm bzw. hätte Kenntnis nehmen müssen, dass Handelsrichter Ernst Weber-Krauer nicht im Kanton Zürich Wohnsitz hatte. Im publizierten Kantonsratsbeschluss vom 20. August 2007 über die Wahl der Mitglieder des Handelsgerichts für die Amtsdauer 2007-2013 (Amtsblatt des Kantons Zürich 2007, S. 1547) wird Ernst Weber-Krauer mit der Angabe "Zürich" vermerkt. Bei dieser Sachlage kann von den Prozessparteien kaum verlangt werden, dass sie nach dem wirklichen Wohnsitz eines Richters forschen, solange keine Anzeichen, die an der Richtigkeit dieser Angabe zweifeln lassen, oder Anhaltspunkte für einen Wechsel des Wohnsitzes bestehen. Dass der Beschwerdegegner über den ausserkantonalen Wohnsitz von Ernst Weber-Krauer aufgrund einer anderen allgemein bekannten Quelle orientiert war, ist weder festgestellt noch geltend gemacht. Er gab in seiner Nichtigkeitsbeschwerde an, durch Artikel im Tagesanzeiger vom 9., 10. und 12. November 2009 (unter anderem) vom ausserkantonalen Wohnsitz von Ernst Weber-Krauer erfahren zu haben. Die Beschwerdeführerin widersprach dem nicht und behauptete nicht, der Beschwerdegegner habe schon früher vom fehlenden Wohnsitz von Ernst Weber-Krauer im Kanton Zürich gewusst oder wissen müssen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner durch den Artikel im Tagesanzeiger vom 9. November 2009 zur Kenntnis nahm, dass Ernst Weber-Krauer nicht im Kanton Zürich wohnt. Indem er sich auf diesen Mangel in der Beschwerde vom 27. November 2009 gegen das handelsgerichtliche Urteil vom 14. Oktober 2009 berief, kann ihm kein verspätetes Vorbringen vorgeworfen werden. 
 
5. 
5.1 Nach Art. 142 der auf den 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Zürcher Kantonsverfassung vom 27. Februar 2005 (KV/ZH, LS 101) erfolgt eine Erneuerungswahl nach bisherigem Recht auf eine volle Amtsdauer, wenn sie innert zwei Jahren nach Inkrafttreten der Verfassung stattfindet. Dies trifft auf die Erneuerungswahlen für die Amtsdauer 2007-2013 zu, aufgrund der Handelsrichter Ernst Weber-Krauer im Zeitpunkt des Urteils des Handelsgerichts vom 14. Oktober 2009 sein Amt ausübte. 
 
§ 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes des Kantons Zürich vom 13. Juni 1976 (altGVG/ZH; nunmehr ebenso § 5 des Gesetzes des Kantons Zürich über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess vom 10. Mai 2010 [GOG/ZH, LS 211.1]) bestimmt, dass das Gesetz über die politischen Rechte das Wahlverfahren, die Wählbarkeit, den Amtszwang und die Amtsdauer der Gerichtsbehörden regelt, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Nach § 23 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Zürich vom 1. September 2003 über die politischen Rechte (GPR/ZH, LS 161) ist als Mitglied eines Organs des Kantons wählbar, wer im Kanton politischen Wohnsitz hat. Wer die Wählbarkeit verliert, ersucht schriftlich um vorzeitige Entlassung aus dem Amt oder um die Erlaubnis zur Weiterführung des Amtes im Sinne von § 24 (§ 35 Abs. 1 GPR/ZH). Über die vorzeitige Entlassung entscheidet der Kantonsrat (u.a.) bei den durch ihn gewählten Organen (§ 36 lit. a GPR/ZH). Die entlassene Person bleibt bis zum Amtsantritt der Nachfolgerin oder des Nachfolgers im Amt. Die Entlassungsbehörde kann das Ausscheiden auf einen früheren Zeitpunkt hin anordnen (§ 36 Abs. 2 GPR/ZH). 
 
5.2 Grundsätzlich ist die Wahl einer Person, die die gesetzlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt, rechtlich ausgeschlossen (BGE 136 I 207 E. 5.5 S. 218 mit Hinweisen). Es kommt keine gültige Wahl zustande (WALTER HALLER, in: Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, Isabelle Hähner und andere [Hrsg.], 2007, N. 1 zu Art. 40 KV/ZH). 
 
5.3 Handelsrichter Ernst Weber-Krauer hatte bei seiner Erstwahl im Jahre 1995 noch Wohnsitz im Kanton Zürich, im Zeitpunkt seiner beiden Wiederwahlen in den Jahren 2001 und 2007 wohnte er jedoch nicht mehr im Kanton Zürich. Der Kantonsrat lehnte mit Beschluss vom 5. Juli 2010 (a.a.O.) unter anderem das Gesuch von Handelsrichter Ernst Weber-Krauer um Weiterführung seines Amtes ab und entliess ihn vorzeitig aus dem Amt. Gleichzeitig bestimmte er, die Entlassung erfolge auf den Zeitpunkt, an dem die Nachfolgerin oder der Nachfolger das Amt antritt. 
 
5.4 Die Beschwerdeführerin macht geltend, diese Anordnung des Kantonsrates als zuständiges Wahlorgan der Handelsrichter bedeute, dass Ernst Weber-Krauer als gültig gewähltes Mitglied gelte, da ein Nachfolger weder gewählt sei noch das Amt angetreten habe. Die fehlende Wahlvoraussetzung des Wohnsitzes im Kanton Zürich nach dem Jahre 2007 sei durch den Kantonsratsbeschluss auch rückwirkend geheilt worden. Indem das Kassationsgericht in Missachtung dieser Konstellation festhalte, das Urteil des Handelsgerichts sei wegen ungehöriger Besetzung aufzuheben, verletze es Art. 75 KV/ZH, der die Wahl der Mitglieder der für das gesamte Kantonsgebiet zuständigen Gerichte durch den Kantonsrat vorsieht. Denn die Tatsache, dass es der Kantonsrat sei, der die Handelsrichter zu wählen sowie allenfalls über deren Entlassung aus dem Amt zu entscheiden habe, bedeute, dass Handelsrichter Ernst Weber-Krauer zum Zeitpunkt des Urteils des Handelsgerichts vom 14. Oktober 2009 als gültig gewähltes Mitglied des Spruchkörpers zu betrachten sei. So halte der Beschluss des Kantonsrates vom 5. Juli 2010 in Übereinstimmung mit § 32 Abs. 3 GPR/ZH (recte § 36 Abs. 2 GPR/ZH) unmissverständlich fest, dass die Entlassung aus dem Amt auf den Zeitpunkt des Amtsantritts des Nachfolgers erfolge. Gleichzeitig bedeute der Entscheid des Kassationsgerichts eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 30 Abs. 1 BV, denn auch die Beschwerdeführerin habe Anspruch darauf, dass der gesetzliche Richter über den Streitfall entscheide. Als gesetzlicher Richter sei der vom Kassationsgericht zu Unrecht als ungültig bestellte Handelsrichter Ernst Weber-Krauer zu betrachten, denn dieser habe aufgrund des Beschlusses des Kantonsrates vom 5. Juli 2010 noch rechtmässig gewählt dem Spruchkörper angehört. 
 
5.5 Es stellt sich die Frage, welche Wirkung die Anordnung des Kantonsrates gemäss Beschluss vom 5. Juli 2010 zum Verbleib im Amt bis zum Amtsantritt des Nachfolgers auf die Gültigkeit der Amtsinnehabung von Handelsrichter Ernst Weber-Krauer hat. Die Beschwerdeführerin wendet zutreffend ein, dass dieser Kantonsratsbeschluss berücksichtigt werden muss, da sich ein Widerspruch ergibt, wenn Ernst Weber-Krauer auf der einen Seite als ungültig gewählt zu betrachten wäre, auf der anderen Seite aber vom zuständigen Wahlorgan verpflichtet wird, sein Amt auszuüben, bis der Nachfolger das Amt antritt. 
 
Der Zürcher Gesetzgeber hat mit der Möglichkeit, die Weiterführung des Amtes trotz Verlust der Wählbarkeit zu bewilligen (§ 35 Abs. 1 GPR/ZH), sowie mit der Vorschrift, dass bei vorzeitiger Entlassung aus dem Amt die entlassene Person bis zum Amtsantritt der Nachfolgerin oder des Nachfolgers im Amt bleibt (§ 36 Abs. 2 Satz 1 GPR/ZH), zum Ausdruck gebracht, dass er bei entsprechender Anordnung durch das zuständige Wahlorgan oder die zuständige Behörde die Amtsinnehabung und -ausübung durch eine Person, die die Wählbarkeit nicht (mehr) erfüllt, gleichwohl als gültig ansieht. Das GPR/ZH sieht mithin Konstellationen vor, in denen trotz fehlender Wählbarkeitsvoraussetzung ein Amt rechtsgültig ausgeübt werden kann. 
 
In Übereinstimmung mit diesen gesetzlichen Vorschriften kann der Mangel des fehlenden Wohnsitzes im Kanton Zürich von Ernst Weber-Krauer als durch den Beschluss des Kantonsrates vom 5. Juli 2010, konkret durch die Anordnung, dass die Entlassung (erst) auf den Zeitpunkt hin erfolgt, an dem die Nachfolgerin oder der Nachfolger das Amt antritt, als geheilt betrachtet werden in dem Sinn, dass Handelsrichter Ernst Weber-Krauer während der Zeit seiner Amtsausübung trotz Fehlens des Wohnsitzes im Kanton als rechtsgültig bestellt gilt. Diese Betrachtungsweise ist - wie in BGE 136 I 207 E. 5.5 S. 217 f. bereits angedeutet - verfassungsrechtlich vertretbar, auch wenn Ernst Weber-Krauer schon im Zeitpunkt seiner Wiederwahl seinen Wohnsitz nicht mehr im Kanton hatte. Denn die Wählbarkeitsvoraussetzung des Wohnsitzes im Kanton soll nicht die fachliche Fähigkeit zur Amtsausübung als Handelsrichter oder die richterliche Unabhängigkeit garantieren. Sie dient vielmehr einem anderen, untergeordneten Anliegen, nämlich der Verbundenheit mit dem Kanton. Die Unabhängigkeit der Rechtsprechung ist nicht tangiert. 
 
Nach dem Gesagten ist Ernst Weber-Krauer bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amt als gültig gewählter Handelsrichter zu betrachten. Das Handelsgericht war demzufolge im Zeitpunkt seines Urteils vom 14. Oktober 2009 in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften bestellt, und die Beschwerdeführerin hat ihrerseits Anspruch darauf, dass das so bestellte Handelsgericht in dem sie betreffenden Fall urteilte. Das Kassationsgericht erkannte demnach zu Unrecht auf eine Verletzung des Anspruchs des Beschwerdegegners auf den gesetzlichen Richter nach Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Es hätte die Nichtigkeitsbeschwerde auch in diesem Punkt abweisen müssen. 
 
5.6 Damit erübrigt es sich, zur weiteren Rüge der Beschwerdeführerin Stellung zu nehmen, wonach die Rechtsfolge, die das Kassationsgericht dem Umstand des fehlenden Wohnsitzes im Kanton beimass, mithin die Aufhebung des handelsgerichtlichen Urteils, treuwidrig, unverhältnismässig und überspitzt formalistisch sei, namentlich wenn die Tragweite und Präjudizwirkung auf sämtliche Verfahren, an denen Handelsrichter Ernst Weber-Krauer mitgewirkt habe, miteinbezogen werde. 
 
5.7 Die Beschwerde erweist sich als begründet. Sie ist gutzuheissen und der angefochtene Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts aufzuheben. Die Sache ist zur Neuregelung der vorinstanzlichen Kosten- und Entschädigungsfolgen an das Kassationsgericht zurückzuweisen. 
Gestützt auf Art. 64 Abs. 1 BGG ist dem Beschwerdegegner, dem schon im kantonalen Verfahren die unentgeltliche Prozessführung samt Verbeiständung bewilligt worden war, im Verfahren vor Bundesgericht die unentgeltliche Rechtspflege (Befreiung von Gerichtskosten und Bezeichnung von Rechtsanwalt Hugo Camenzind als Rechtsbeistand) zu gewähren. Es wird indessen auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen, wonach die Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn sie später dazu in der Lage ist. Der Beschwerdegegner hat zudem der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG), wovon ihn die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht befreit (THOMAS GEISER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 28 zu Art. 64 BGG; CORBOZ, a.a.O., N. 24 zu Art. 74 BGG; BGE 122 I 322 E. 2c S. 324 f.). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Dem Beschwerdegegner wird für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und es wird ihm Rechtsanwalt Hugo Camenzind als Rechtsvertreter beigegeben. 
 
2. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 23. Dezember 2010 wird aufgehoben und die Sache wird zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kassationsgerichtlichen Verfahrens an das Kassationsgericht zurückgewiesen. 
 
3. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4. 
Rechtsanwalt Hugo Camenzind wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- ausgerichtet. 
 
5. 
Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
 
6. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 22. März 2011 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: 
 
Klett Widmer