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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.296/2003 /rov 
 
Urteil vom 23. Oktober 2003 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Nordmann, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl, 
Gerichtsschreiber von Roten. 
 
Parteien 
M.________, (Ehemann), 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Erich Vogel, Schulstrasse 1, 7302 Landquart, 
 
gegen 
 
F.________, (Ehefrau), 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Pius Fryberg, Postfach 731, 7002 Chur, 
Bezirksgericht Sargans, Präsidium, Kirchstrasse 31, 8887 Mels. 
 
Gegenstand 
Art. 9 BV (vorsorgliche Massnahmen im Scheidungsprozess), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Bezirksgerichts Sargans, Präsidium, vom 8. Mai 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Seit dem 13. März 2003 ist zwischen M.________ und F.________ das Scheidungsverfahren hängig. Die Ehegatten verlangen gemeinsam die Scheidung, sind sich jedoch über Scheidungsfolgen uneinig. Im Rahmen vorsorglicher Massnahmen während des Scheidungsverfahrens ersuchte der Ehemann, seine Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau in Abänderung bestehender Eheschutzmassnahmen aufzuheben. Das Bezirksgericht Sargans (Präsidium) wies das Gesuch ab (Entscheid vom 8. Mai 2003). 
B. 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen willkürlicher Sachverhaltsfeststellung und Rechtsanwendung (Art. 9 BV) beantragt der Ehemann dem Bundesgericht die Aufhebung des Entscheids vom 8. Mai 2003. Die Ehefrau schliesst, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Sie ersucht um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. Die Bezirksgerichtspräsidentin hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Entscheide über vorsorgliche Massnahmen während des Scheidungsverfahrens (Art. 137 ZGB) unterliegen auf Bundesebene - hier nicht geltend gemachte Nichtigkeitsgründe gemäss Art. 68 Abs. 1 OG vorbehalten - einzig der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger (Art. 84 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 OG). Es handelt sich nicht um Zwischenentscheide im Sinne von Art. 87 OG, sondern um Endentscheide (BGE 100 Ia 12 E. 1 S. 14 und die seitherige ständige Rechtsprechung). Die Eingabe des Beschwerdeführers ist ausschliesslich als staatsrechtliche Beschwerde zu behandeln. 
2. 
Gemäss Art. 86 Abs. 1 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde - von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen (Abs. 2) - nur gegen letztinstanzliche Entscheide zulässig. Das seit 1943 im Bundesrechtspflegegesetz verankerte Erfordernis der Letztinstanzlichkeit ist ursprünglich durch die Praxis eingeführt worden aus der Überlegung, für die Anrufung des Bundesgerichts bestehe solange kein Anlass, als staatlichen Eingriffen in verfassungsmässige Rechte bereits auf kantonaler Ebene begegnet werden könne. Letztinstanzlich in diesem Sinne ist ein Entscheid erst, wenn die Rüge, die Inhalt der staatsrechtlichen Beschwerde sein soll, bei keiner kantonalen Instanz mehr angebracht werden kann. Das heisst, es darf im Kanton kein Rechtsbehelf irgendwelcher Art mehr zur Verfügung stehen. Die Möglichkeit der Anfechtung im Kanton schliesst freilich die staatsrechtliche Beschwerde nur aus, wenn auf die Entscheidung über den Gegenstand der Verfassungsrüge ein Rechtsanspruch besteht (BGE 119 Ia 237 E. 2b S. 238; 126 I 257 E. 1a S. 258). 
 
Der Beschwerdeführer weist darauf hin, Art. 218 Abs. 1 lit. c ZPO/SG schliesse das ordentliche Rechtsmittel bei vorsorglichen Massnahmen im Ehescheidungsprozess explizit aus. Es stellt sich insoweit die Frage nach der Zulässigkeit ausserordentlicher Rechtsmittel. Die Beschwerdegegnerin äussert sich dazu nicht und begründet ihren Nichteintretensantrag damit, die Beschwerdeschrift genüge den formellen Anforderungen an die Begründung nicht. Die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Entscheid erwähnt lediglich, dass kein ordentliches Rechtsmittel gegeben sei. 
 
Erstinstanzliche Entscheide über vorsorgliche Massnahmen während des Scheidungsverfahrens konnten nach Art. 450 des kantonalen Zivilprozessgesetzes von 1939 mit Rechtsverweigerungsbeschwerde wegen formeller und materieller Rechtsverweigerung angefochten werden (z.B. GVP 1989 Nr. 56 S. 117 ff.; Bühler/Spühler, Berner Kommentar, 1980, N. 404 zu aArt. 145 ZGB, S. 323; Vetsch, Die Rechtsverweigerungsbeschwerde des st. gallischen Zivilrechtspflegegesetzes, Diss. Zürich 1958, S. 92 ff.). Das Zivilprozessgesetz von 1990 hat dieses ausserordentliche Rechtsmittel beibehalten (Art. 254 ff.). Wie bis anhin kann mit Rechtsverweigerungsbeschwerde vor Kantonsgericht geltend gemacht werden, dass namentlich ein Bezirksgerichtspräsident "bei Ausübung der Befugnisse willkürlich gehandelt habe" (Art. 254 Abs. 1 lit. c), und wie bis anhin ist die Rechtsverweigerungsbeschwerde ausgeschlossen, wenn der Mangel durch Berufung oder Rekurs behoben werden kann oder hätte behoben werden können (Art. 254 Abs. 2). Da der Zivilprozessgesetzgeber gegen vorsorgliche Massnahmen während des Scheidungsverfahrens den Rekurs gemäss Art. 217 ff. zugelassen hat, ist die Rechtsverweigerungsbeschwerde auf Grund ihrer Subsidiarität in diesem Bereich entfallen (Leuenberger/Uffer-Tobler, Kommentar zur Zivilprozessordnung des Kantons St. Gallen, Bern 1999, N. 2c zu Art. 217 und N. 5d zu Art. 254; Kägi, Rechtsmittel, in: Das st. gallische Zivilprozessgesetz, St. Gallen 1991, S. 223 ff., S. 229). Mit seinem II. Nachtragsgesetz vom 1. April 1999 hat der Zivilprozessgesetzgeber seinen früheren Entscheid nun aber rückgängig gemacht und in Art. 218 neu die Bestimmung eingefügt, wonach der Rekurs ausgeschlossen ist gegen "vorsorgliche Massnahmen im Ehescheidungs-, Ehetrennungs- und Unterhaltsprozess" (lit. c). Ist damit der Rekurs entfallen, kann gegen vorsorgliche Massnahmen des Bezirksgerichtspräsidenten wieder die Rechtsverweigerungsbeschwerde an das Kantonsgericht ergriffen werden (Leuenberger/Uffer-Tobler, Schlussbemerkung zu Art. 218; Botschaft und Entwürfe der Regierung, Amtsblatt des Kantons St. Gallen Nr. 29/1998 1305, S. 1309). Der angefochtene Entscheid ist somit nicht letztinstanzlich. Die Willkürrügen des Beschwerdeführers hätten allesamt mit Rechtsverweigerungsbeschwerde vor Kantonsgericht erhoben werden können und mit Blick auf das Erfordernis der Letztinstanzlichkeit auch erhoben werden müssen. 
3. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist aus den dargelegten Gründen mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges (Art. 86 Abs. 1 OG) nicht einzutreten. Der Beschwerdeführer wird damit kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). Das Gesuch der Beschwerdegegnerin um unentgeltliche Rechtspflege wird gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bezirksgericht Sargans, Präsidium, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 23. Oktober 2003 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: