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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 176/02 /Rp 
 
Urteil vom 11. Juli 2002 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiberin Bollinger 
 
Parteien 
G.________, 1968, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecherin Daniela Mathys, Schwarztorstrasse 7, 3007 Bern, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, Bern 
 
(Entscheid vom 6. Februar 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
G.________, geboren 1968, meldete sich am 16. Juni 1997 wegen eines traumatischen Zervikalsyndroms als Folge eines 1991 erlittenen Motorradunfalls bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Bern zog die Akten des Unfallversicherers (Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft, Bern) bei, worunter ein Gutachten von Dr. med. M.________, Klinik X.________, vom 18. Mai 2000 sowie diverse Berichte des Hausarztes Dr. med. S.________. Nach erwerblichen Abklärungen stellte sie mit Vorbescheid vom 4. Oktober 2000 die Abweisung des Leistungsbegehrens in Aussicht. Gegen diesen Bescheid liess G.________ am 15. November 2000 einwenden, gemäss gutachterlichen Aussagen stehe fest, dass sie nur zu 60 % arbeitsfähig sei; überdies verletze die Festsetzung der Zahlen im Einkommensvergleich die Begründungspflicht. Mit Schreiben vom 28. November 2000 erläuterte die IV-Stelle den Einkommensvergleich und teilte mit, dass die vorgebrachten Einwendungen im Schreiben vom 15. November 2000 keine neuen Tatsachen enthielten, welche eine Änderung des Entscheids herbeizuführen vermöchten. Mit Verfügung vom 29. November 2000 lehnte sie das Leistungsbegehren ab. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 6. Februar 2002 ab. 
C. 
G.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es seien ihr die gesetzlichen Leistungen, basierend auf einem Invaliditätsgrad von mehr als 40 %, auszurichten. 
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Stellungnahme verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die IV-Stelle habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da sie in der Verfügung in keiner Weise auf die im Rahmen des Vorbescheidverfahrens vorgebrachten Einwände Bezug genommen habe. Dies ist vorab zu klären. 
1.1 
Die Vorinstanz hat die Grundlagen des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Allgemeinen (Art. 29 Abs. 2 BV) und im invalidenversicherungsrechtlichen Vorbescheidverfahren im Besonderen (Art. 73bis Abs. 1 IVV) zutreffend dargelegt (vgl. zur neueren Rechtsprechung BGE 127 I 56 Erw. 2b, 127 III 578 Erw. 2c, 126 I 72, 126 V 132 Erw. 2b, je mit Hinweisen). Beizufügen ist, dass es nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts im Vorbescheidverfahren der Invalidenversicherung den Anforderungen an das rechtliche Gehör grundsätzlich nicht genügt, wenn sich die IV-Stelle mit den Argumenten des Versicherten nur in einem der Verfügung vorangehenden Schreiben auseinandersetzt. Die im Verlaufe der Anhörung gegen die geplante Erledigung angeführten Argumente müssen in der Verfügung selbst behandelt werden. Sofern dies unterbleibt, liegt darin zwar kein besonders schwerer Mangel, weshalb er angesichts der uneingeschränkten Überprüfungsbefugnis des kantonalen Gerichts in tatbeständlicher und rechtlicher Hinsicht (Art. 69 IVG in Verbindung mit Art. 85 Abs. 2 lit. c und d AHVG) im nachfolgenden Beschwerdeverfahren geheilt werden kann. Die Heilung eines solchen Mangels muss aber die Ausnahme bleiben, weshalb eine systematische Verletzung der Begründungspflicht einer Heilung nicht zugänglich ist (Urteil G. vom 2. November 2000, I 321/99). 
1.2 
Unter Verweis auf die angeführte Rechtsprechung hat die Vorinstanz festgehalten, die IV-Stelle habe vorliegend den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil sie zwar mit Schreiben vom 28. November 2000 auf die vorgebrachten Einwände reagiert und ihre im Vorbescheid enthaltene Berechnung des Validen- und Invalideneinkommens offengelegt, in der Verfügung selbst aber bloss den Wortlaut des Vorbescheids wiedergegeben habe, ohne sich mit den erhobenen Einwendungen auseinanderzusetzen. Der Mangel erweise sich indessen nicht als besonders schwerwiegend und könne, da ihr volle Kognition zukomme, als geheilt gelten. 
 
Demgegenüber hält die Beschwerdeführerin fest, es liege ein schwerwiegender Mangel vor. Das Vorgehen der Beschwerdegegnerin führe dazu, dass in einer grossen Anzahl von Versicherungsfällen eine gerichtliche Beurteilung unumgänglich werde, wenn sich der verfügende Versicherungsträger nicht bemühe, den im Anspruch auf das rechtliche Gehör verankerten Grundsatz der Fairness im Verfahren zu garantieren und für die Richtigkeit des Entscheids sowie dessen Akzeptanz besorgt zu sein. 
1.3 
Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die IV-Stelle die Gründe, weshalb sie von der Beurteilung im Vorbescheid nicht abwich, mit Brief vom 28. November 2000 ausführlich dargelegt hat. Dieses Schreiben erging unmittelbar vor dem Verfügungserlass am 29. November 2000, weshalb der Zusammenhang für die Verfügungsempfängerin ohne Weiteres ersichtlich war, zumal ausdrücklich auf den Erlass der Verfügung hingewiesen wurde. Auch wenn es an einer ausdrücklichen Erklärung, die das Schreiben als integrierenden Bestandteil der Verfügung bezeichnet, fehlte, kam ihm diese Funktion aufgrund des sehr engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs doch tatsächlich zu. Es kann auch nicht gesagt werden, die IV-Stelle habe sich nicht bemüht, auf die gegen den Vorbescheid erhobenen Einwendungen einzugehen, zumal sie die wesentlichen Gesichtspunkte zur Verfügungsbegründung nennt. 
 
Unter diesen Umständen könnte man sich fragen, ob überhaupt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegt, wie dies die Vorinstanz festgestellt hat. Der enge sachliche und zeitliche Zusammenhang zwischen dem Begleitschreiben und der Verfügung liesse es ohne weiteres zu, das Schreiben als Bestandteil der Verfügung zu betrachten und eine Verletzung des Gehörsanspruchs zu verneinen. Diese Frage kann indessen im vorliegenden Fall offen bleiben, weil jedenfalls kein schwerwiegender Mangel vorliegt und die Vorinstanz zu Recht dessen Heilung im Verfahren vor Verwaltungsgericht angenommen hat. 
2. 
In materieller Hinsicht rügt die Versicherte die Invaliditätsbemessung. Sie macht insbesondere geltend, ihre Arbeitsfähigkeit betrage nicht 75 %, sondern 60 %. Bei der Berechnung des Valideneinkommens sei sodann angesichts des ohne Invalidität zu erwartenden beruflichen Aufstiegs nicht das dem vorinstanzlichen Entscheid zugrundeliegende Anspruchsniveau 3 (Berufs- und Fachkenntnisse vorausgesetzt) der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung, sondern das Anspruchsniveau 2 (Verrichtung selbständiger und qualifizierter Arbeiten) massgebend. Der Abzug vom Tabellenlohn wegen Teilzeitarbeit und gesundheitlicher Schädigung sei mit mehr als 10 % anzusetzen. Schliesslich seien beim Invalideneinkommen invaliditätsbedingte Gestehungskosten (Aufwand für die Haushaltführung bzw. Beizug einer Haushalthilfe) in Abzug zu bringen. 
2.1 
Dr. med. M.________ hat im Gutachten vom 18. Mai 2000 der Versicherten - welche unbestrittenermassen als 100 %-Erwerbstätige einzustufen ist - eine 75 %-ige Arbeitsfähigkeit bescheinigt, sofern sie ihr Arbeitspensum gleichmässig auf fünf Tage pro Woche verteilen könne und im Haushalt entlastet werde. Zu Recht hat die Vorinstanz festgestellt, dass es im kaufmännischen Bereich durchaus realistisch ist, wöchentlich während fünf Tagen sechs Stunden zu arbeiten und es sich dabei nicht um eine realitätsfremde Arbeitsmöglichkeit handelt, die in der Praxis nicht umsetzbar ist. Was die Entlastung im Haushalt anbelangt, war es der bis zum Zeitpunkt des Verfügungserlasses (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweis) mit ihrem Ehemann zusammenlebenden Beschwerdeführerin zumutbar, dessen Hilfe in Anspruch zu nehmen. 
2.2 
Da die Invaliditätsbemessung der voraussichtlich bleibenden oder längere Zeit dauernden Erwerbsunfähigkeit zu entsprechen hat, ist die berufliche Weiterentwicklung miteinzubeziehen, die ein Versicherter normalerweise vollzogen hätte; dazu ist erforderlich, dass konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, ein beruflicher Aufstieg und ein entsprechend höheres Einkommen wären ohne Invaliditätseintritt tatsächlich realisiert worden. Absichtserklärungen genügen nicht, vielmehr muss der Wille, beruflich weiterzukommen, bereits durch konkrete Schritte wie Kursbesuche usw. kundgetan sein (vgl. AHI 1998 S. 171 Erw. 5a). An den Nachweis von Weiterentwicklung und Aufstieg im Beruf sind hohe Beweisanforderungen zu stellen (vgl. RKUV 1997 Nr. U 280 S. 276). Aus den Akten ergeben sich keinerlei Hinweise dafür, dass die Versicherte konkrete Schritte wie Kursbesuche, Aufnahme eines Studiums, Ablegen von Prüfungen usw. kundgetan hätte, welche auf einen beruflichen Aufstieg im Sinne der genannten Rechtsprechung schliessen liessen. Der Berechnung des Valideneinkommens durch die Vorinstanz kann daher beigepflichtet werden. 
 
Die Vorinstanz hat sodann das Invalideneinkommen zutreffenderweise aufgrund der so genannten Tabellenlöhne gemäss der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) berechnet. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung (BGE 126 V 81 Erw. 6) ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz von diesem Lohn einen leidensbedingten Abzug von 10 % vorgenommen hat. 
2.3 
Invaliditätsbedingte Gestehungskosten sind keine in Anschlag zu bringen. Nach der Rechtsprechung fallen darunter nur Auslagen, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit tatsächlich notwendig sind und sich daraus unmittelbar ergeben; ein nur mittelbarer Zusammenhang genügt nicht. Üblicherweise gehören dazu in erster Linie Kosten für eine Heilbehandlung, den Transport zum Arbeitsort oder ausserordentliche Mehrkosten für die Lebenshaltung wegen eines invaliditätsbedingten Wechsels des Arbeitsortes (Meyer-Blaser, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], in Murer/Stauffer [Hrsg.], Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Zürich 1997, S. 210 f.). Die Versicherte wurde im massgeblichen Zeitraum bei der Hausarbeit durch ihren Ehemann entlastet; ob Aufwendungen für die Haushaltführung überhaupt zu den Gestehungskosten im genannten Sinn zu zählen sind, kann daher offen bleiben. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 11. Juli 2002 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: