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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_210/2008 /daa 
 
Urteil vom 26. Juni 2008 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz, 
Gerichtsschreiber Thönen. 
 
Parteien 
Ehepaar X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Daniel Bögli, 
 
gegen 
 
Einwohnergemeinde Lüscherz, vertreten durch den Gemeinderat, Hauptstrasse 19, 2576 Lüscherz, 
Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion 
des Kantons Bern, Münstergasse 2, 3011 Bern. 
 
Gegenstand 
Uferschutzplanung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 27. März 2008 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die Eheleute X.________ sind Eigentümer eines Grundstücks mit Seeanstoss in Lüscherz (Parzelle Nr. 84). Im Norden der Parzelle liegt der Bielersee, im Westen verläuft die Gemeindegrenze zu Vinelz. Im Eckpunkt von Uferkante und Gemeindegrenze steht ein Ferien-/Wochenendhaus ohne sanitäre Einrichtungen. Ein weiteres Gebäude (Remise mit sanitären Anlagen) befindet sich am uferfernen südlichen Ende der Parzelle. 
 
Die Einwohnergemeinde Lüscherz beabsichtigt, einen Uferweg zu errichten. Auf Parzelle Nr. 84 soll er, von Osten her kommend, zunächst entlang der Ufermauer verlaufen. Im Bereich der Nordfassade des Ferienhauses soll der Uferweg über einen Steg geführt werden, welcher entlang der Westfassade des Hauses wieder auf die Uferkante zurückgeführt werden soll, um ihn mit dem Uferweg der Gemeinde Vinelz zu verbinden. 
 
B. 
Die Stimmberechtigten der Einwohnergemeinde Lüscherz beschlossen am 23. Februar 1998 eine Uferschutzplanung. Am 4. Dezember 2004 beschlossen sie eine Änderung der Uferschutzplanung. Die Beschlüsse wurden vom Amt für Gemeinden und Raumordnung des Kantons Bern mit Verfügungen vom 4. Mai 1999 und 30. Dezember 2005 genehmigt. Beide Male wies das Amt die Einsprachen der Eheleute X.________ ab, soweit es darauf eintrat. 
 
Die Eheleute X.________ und weitere Einsprechende führten am 4. Juni 1999 Beschwerde bei der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern. Aufgrund der beabsichtigten Änderung der Uferschutzplanung wurde das Verfahren bis Februar 2006 sistiert. Nachdem die Direktion einen Augenschein durchgeführt hatte, wies sie die Beschwerde der Eheleute X.________ mit Entscheid vom 19. März 2007 ab. 
 
C. 
Die Eheleute X.________ fochten diesen Entscheid beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern an. Dieses hiess die Beschwerde mit Urteil vom 27. März 2008 einzig im Kostenpunkt gut (Parteikostenersatz). Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen. 
 
D. 
Mit Eingabe vom 2. Mai 2008 führen die Eheleute X.________ Beschwerde an das Bundesgericht. Sie beantragen Aufhebung des Verwaltungsgerichtsurteils vom 27. März 2008, soweit es den Direktionsentscheid vom 19. März 2007 in Bezug auf die Linienführung im Bereiche ihrer Parzelle bestätige, und Rückweisung der Akten zu neuer Beschlussfassung an die Gemeinde. 
 
Die Direktion und das Verwaltungsgericht beantragen in der Vernehmlassung Beschwerdeabweisung. Die Einwohnergemeinde Lüscherz hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
Das Bundesgericht hat der Beschwerde mit Präsidialverfügung vom 28. Mai 2008 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerdeführer sind als Eigentümer der von der Uferschutzplanung erfassten Parzelle Nr. 84 und als Teilnehmer am vorinstanzlichen Verfahren gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert. 
 
Die entscheidrelevanten Umstände ergeben sich aus den Akten, deshalb kann darauf verzichtet werden, den beantragten Augenschein durchzuführen. 
 
2. 
Sie rügen eine Verletzung der Eigentumsgarantie, indem der Steg zu nahe an ihrem Ferienhaus vorbeiführe und ihre Privatsphäre in unzumutbarer Weise beeinträchtige. Mit Verweis auf BGE 118 Ia 394 machen sie geltend, der Grundrechtseingriff sei unverhältnismässig. Im vorliegenden Fall betrage der Abstand zwischen Steg und Ferienhaus bloss 2,5 m, während im zitierten Entscheid ein Abstand von 6,5 m eingehalten worden sei. Der vorliegende Uferweg verlaufe bloss 65 cm unter der Uferkote, so dass die Passanten volle Einsicht in den seeseitig orientierten Fensterbereich des Ferienhauses hätten. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Sichtschutz seien absurd, denn das Gebäude stehe unmittelbar auf der Uferkante, so dass keine Sichtschutzvorkehrungen angebracht werden könnten. Die Liegenschaft stehe seit Jahrzehnten am fraglichen Standort, währenddem der Seeuferweg erst später aktuell geworden sei. Das Haus geniesse gemäss den Überbauungsvorschriften ausdrücklich die Besitzstandsgarantie. Der Umstand, dass es als Wochenend- und Ferienobjekt genutzt werde, zeige, dass gerade an diesen Tagen vermehrt Privatsphäre gefragt sei. Der Abstand zwischen Steg und Haus müsse mindestens sechs bis acht Meter betragen und vorteilhafterweise auf eine Niedrigwasserkote abgesenkt werden. Auch die Rückführung des Wegs auf Vinelzer Boden an der Westfassade des Ferienhauses sei unverhältnismässig. 
 
3. 
Das Verwaltungsgericht weist darauf hin, dass die Realisierung des Uferwegs im kantonalen Recht vorgeschrieben ist und einem bundesrechtlichen Planungsgrundsatz entspricht. Es bestehe ein bedeutendes öffentliches Interesse an einer ufernahen Wegführung. In diesem Zusammenhang müssten Eigentumsbeschränkungen hingenommen werden, wenn nicht qualifizierte private Interessen wie die Beeinträchtigung der Privatsphäre entgegenstünden. Ein gewisses Mass an Beeinträchtigung müsse von den Betroffenen hingenommen werden, damit das öffentliche Interesse an der Zugänglichkeit des Seeufers verwirklicht werden könne. Wohl sei der Abstand zwischen Uferweg und Ferienhaus gering, so dass vorbeigehende Fussgänger die Privatsphäre der Beschwerdeführer beeinträchtigen könnten. Dies sei aber hinzunehmen, da sich die Lage mit Parterrewohnungen vergleichen lasse, die unmittelbar an öffentliche Strassen angrenzen. Das Ferienhaus liege in einer Uferschutzzone, welche gemäss den Überbauungsvorschriften die Freihaltung bezwecke und als Grünbereich und Gartenzone diene. Die exponierte Lage des Ferienhauses auf der Uferkante gleiche jener eines Boots- oder Badehauses. Es werde nicht ständig bewohnt, sondern als Wochenend- und Ferienhaus benutzt. Der Beeinträchtigung der Privatsphäre könnten die Beschwerdeführer mit Sichtschutzmassnahmen wirksam begegnen. Eine Vergrösserung des Abstands zwischen dem Steg und der Nordfassade des Hauses würde höhere Kosten verursachen und an der Beeinträchtigung der Privatsphäre nichts ändern, weil der Steg entlang der Westfassade an den Anschlusspunkt der Gemeinde Vinelz zurückgeführt werden müsse und das Ferienhaus von diesem Abschnitt aus einsehbar würde. Ausnahmen von der Wegführung auf der Uferkante seien etwa möglich, wenn sich der Uferweg auf den Ablauf eines Betriebs wie eine Bootswerft oder eine Fischzuchtanlage, der auf den betreffenden Standort angewiesen sei, stark störend auswirke. Solches treffe auf das kleine Ferienhaus nicht zu. Auf der Parzelle Nr. 84 bestehe genügend Platz und auch die planerische Möglichkeit, um Wohnbauten zu erstellen. Es lägen daher keine überwiegenden privaten Interessen vor, die eine Ausnahme von der Wegführung rechtfertigten. 
 
4. 
Die Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts ist nicht zu beanstanden. Das öffentliche Interesse an der Erstellung des Uferwegs ist gesetzlich ausgewiesen. Das kantonale Gesetz schreibt als Grundsatz vor, dass der Uferweg unmittelbar dem Ufer entlang zu führen ist (Art. 4 Abs. 2 kantonales Gesetz über See- und Flussufer, SFG/BE). Das Bundesrecht sieht als Planungsgrundsatz vor, dass See- und Flussufer freigehalten und öffentlicher Zugang und Begehung erleichtert werden sollen (Art. 3 Abs. 2 lit. c Raumplanungsgesetz, RPG, SR 700). Der Abschnitt des Uferwegs auf Parzelle Nr. 84 wird diesen Grundsätzen gerecht. 
 
Das kantonale Gesetz lässt vom Grundsatz der Wegführung direkt am Ufer in bestimmten Fällen Ausnahmen zu, namentlich wenn überwiegende private Interessen dies rechtfertigen (Art. 4 Abs. 3 SFG/BE). Zu entscheiden, wann eine solche Ausnahme vorliegt, ist primär Sache der kantonalen Behörde. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es mit der Eigentumsgarantie gemäss Art. 26 Abs. 1 BV vereinbar, wenn im vorliegenden Fall die Interessen an der Erstellung eines Weges direkt am Ufer höher gewichtet werden als die privaten Interessen der Beschwerdeführer. Die Überlegung des Verwaltungsgerichts, dass die Beeinträchtigung der Beschwerdeführer schwächer sei als etwa jene einer täglich genutzten Bootswerft oder einer Fischzuchtanlage direkt am Ufer und dass daher das erforderliche Mass für die Annahme überwiegender privater Interessen nicht erreicht werde, ist überzeugend. Das Ferienhaus wird nicht in einem vergleichbaren Masse genutzt. Da es an einer besonders exponierten Lage auf der Uferkante steht, unterscheidet es sich von Fällen, bei denen die Häuser vom Ufer zurückversetzt sind, wie etwa in BGE 118 Ia 394. Eine Wegführung direkt am Ufer ist im vorliegenden Fall einzig über einen Steg möglich. Die Überbauungsvorschriften vom Mai 2005 sehen für die Uferschutzzone U1, in der sich das Haus befindet, nicht nur eine Bestandesgarantie, sondern auch den Grundsatz der Freihaltung der Fläche und ein Bauverbot vor, sie gewährleisten die private Nutzung bloss unter Vorbehalt der Wegführung (Art. 5 betreffend Uferschutzzone U1). Dies bedeutet zum einen, dass das Haus trotz der exponierten Lage auf der Uferkante und in einer mit Bauverbot belegten Zone nicht abgerissen werden muss, zum anderen jedoch, dass die privaten Interessen der Beschwerdeführer eingeschränkt werden können. Die Rüge der unverhältnismässigen Beschränkung der Eigentumsgarantie ist unbegründet. 
 
5. 
Im Unterschied zum zitierten BGE 118 Ia 394 ist das Bundesgericht im vorliegenden Fall nicht die erste gerichtliche Instanz. Erweist sich das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis als verfassungsrechtlich haltbar, so erübrigt sich eine Prüfung von Alternativen. Die Verfassungsrüge gegen das angefochtene Urteil, das einen Steg mit einem Abstand von 2,5 m bewilligt, erweist sich als unbegründet. 
 
6. 
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben die Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen; sie haften hierfür solidarisch (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden unter Solidarhaft den Beschwerdeführern auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Einwohnergemeinde Lüscherz, der Justiz- Gemeinde- und Kirchendirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 26. Juni 2008 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Féraud Thönen