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Intestazione

85 II 120


22. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 2. Juni 1959 i.S. Doyle gegen Goetz.

Regesto

1. Art. 1 LDA, diritto d'autore.
a) Il diritto d'autore s'estende anche alle parti di una opera, se sono il prodotto originale di un'attività dello spirito (consid. 3).
b) Ha l'autore un diritto ai nomi di personaggi di un romanzo? (consid. 4). Quando sono questi personaggi e il loro modo di comportarsi protetti dalle norme sul diritto d'autore? (consid. 5, 6).
c) Non v'è diritto d'autore per il metodo dialettico utilizzato per condurre la conversazione in un'opera letteraria (consid. 7).
d) La libera utilizzazione di un'opera è possibile quando ne nasce un'opera originale. Differenza tra libera utilizzazione e rifusione di un'opera (consid. 8).
2. Art. 2 CC, abuso di diritto.
Commette abuso del proprio diritto chi attende oltre vent'anni per far valere pretese fondate sulla violazione di diritti personali e su atti di concorrenza sleale? (consid. 9).

Fatti da pagina 121

BGE 85 II 120 S. 121
Im Jahre 1887 erschien der vom Engländer Sir Arthur Conan Doyle verfasste Roman "A Study in Scarlet". Er hat die Aufdeckung eines Doppelmordes zum Gegenstand. Das Verdienst um die Ermittlung und Festnahme des Mörders kommt Sherlock Holmes zu, einer Person, die nie gelebt hat, die aber im Roman als im Hause Baker Street 221 B in London lebender privater Detektiv ausgegeben wird. Der erste Teil des Werkes steht unter der Überschrift "Aus den Erinnerungen von Dr. John H. Watson, Sanitätsleutnant a.D.". Auch Watson hat nie gelebt. Doyle wies ihm die Rolle des Hausgenossen und Freundes Holmes' zu, der in dessen Tätigkeit Einblick erhalten hatte und über sie berichtete. Der zweite Teil des Romans gibt in fünf Kapiteln Aufschluss über die Vorgeschichte des Verbrechens und die Beweggründe des Täters. In den beiden letzten Kapiteln dieses Teils ergreift wiederum Dr. Watson das Wort. Er erzählt die Vorgänge, die sich nach der Festnahme des Mörders abspielten.
Nach dem Roman "A Study in Scarlet" verfasste Doyle weitere drei Romane und sechzig kürzere Erzählungen, in denen er Sherlock Holmes und Dr. Watson in den sich stets gleich bleibenden Rollen des Detektivs bzw. Berichterstatters auftreten liess. Holmes und Watson wurden der Öffentlichkeit so vertraut, dass viele sich einbildeten, diese Gestalten lebten. Mancher Leser ging Sherlock Holmes unter der Anschrift "Baker Street 221 B" in London brieflich um Rat und Hilfe an. Die Bücher über seine Erlebnisse wurden in grossen Auflagen im Originaltext und in zahlreichen Übersetzungen immer neu herausgegeben und in Filmen usw. bearbeitet.
BGE 85 II 120 S. 122
Im Jahre 1930 starb Arthur Conan Doyle. Die Urheberrechte an seinen Werken stehen seinem Sohne Adrian Malcolm Conan Doyle als Treuhänder der Erben zu.
Von 1932 an wurde die Komödie des Bühnenschriftstellers Curt Goetz "Dr. med. Hiob Prätorius" aufgeführt, die seither auch im Buchhandel erschienen ist. Im ersten und siebenten Bild treten Sherlock Holmes und Dr. Watson auf, die sich bemühen, die Ursache des Todes des Dr. med. Hiob Prätorius und seiner Gattin zu ergründen. Die Bilder 2-6 geben dem Zuschauer Einblick in das Leben der beiden Verstorbenen.
Am 17. Juli 1956 reichte Adrian Malcolm Conan Doyle gegen Goetz beim Appellationshof des Kantons Bern Klage ein. Er beantragte unter anderem, es sei festzustellen, dass der Beklagte durch Verwendung der Gestalten des Sherlock Holmes und des Dr. Watson im Stück "Dr. med. Hiob Prätorius" und eventuell in literarischen, filmischen und anderen Bearbeitungen und Fassungen dieses Werkes die Urheberrechte des Klägers verletzt habe. Der Appellationshof wies am 1. Juli 1958 dieses Begehren ab. Der Kläger erklärte die Berufung und beantragte, es sei gutzuheissen. Das Bundesgericht wies es ab.

Considerandi

Aus den Erwägungen:

2. Die Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst in der Fassung vom 2. Juni 1928 trat am 1. August 1931 sowohl für Grossbritannien als auch für die Schweiz in Kraft (BS 11 960, 962). In der neuen Fassung vom 26. Juni 1948 gilt sie für die Schweiz seit 2. Januar 1956 (AS 1955 1092) und für Grossbritannien seit 15. Dezember 1957 (Le Droit d'Auteur 1957 225). Auf Grund der alten Fassung, Art. 4 Abs. 1 und 2, genoss daher der Kläger in der Schweiz für die Werke des Conan Doyle ohne Erfüllung einer Förmlichkeit die gleichen Rechte, die das schweizerische Gesetz den schweizerischen Urhebern einräumt. Dieser Schutz steht ihm seit 15. Dezember
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1957 auch gemäss Art. 4 Abs. 1 und 2 der neuen Fassung zu.

3. Es ist unbestritten, dass der Inhalt der Komödie "Dr. med. Hiob Prätorius" als Ganzes keinem Werke des Conan Doyle nachgebildet worden ist. Die Ereignisse aus dem Leben des Prätorius, wie sie im Bühnenstück dargestellt sind, bilden nicht Gegenstand eines Werkes von Doyle. Der Kläger sieht Verletzungen seiner Urheberrechte nur in der Nachmachung von Teilen der Werke seines Rechtsvorgängers, insbesondere in der Verwendung der Gestalten des Sherlock Holmes und des Dr. Watson. Auf seine Vorwürfe ist einzutreten; denn das schweizerische Recht anerkennt ein Urheberrecht nicht nur am Werk als Ganzes, sondern auch an dessen Teilen. Voraussetzung ist aber, dass der einzelne Teil eine "eigenartige Schöpfung" (s. Art. 1 Abs. 2 URG) bilde, d.h. originelles Ergebnis einer geistigen Tätigkeit sei, wie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 59 II 402,BGE 68 II 59,BGE 75 II 359f.,BGE 76 II 100,BGE 77 II 379) ja auch das Werk als Ganzes nur dann geschützt ist, wenn es originelles Gepräge hat.

4. Der Beklagte hat aus den Werken des Conan Doyle unverändert die Namen Sherlock Holmes und Dr. Watson übernommen. Sie sind jedoch schon dort nicht originelles Ergebnis einer geistigen Tätigkeit. Die Namen Sherlock Holmes und Watson wurden von Angelsachsen tatsächlich geführt, bevor Doyle seine Kriminalgeschichten verfasste. Doyle konnte sie lediglich übernehmen. Dass der Beklagte zwei Gestalten seines Bühnenstückes mit diesen Namen versah, lässt sich daher unter dem Gesichtspunkt des Urheberrechtsgesetzes nicht beanstanden.

5. Eine andere Frage ist, ob Doyle die Personen, die in seinen Geschichten die Namen "Sherlock Holmes" und "Dr. John H. Watson" führen, in origineller Weise ausgestaltet hat, so dass sie für sich allein, losgelöst vom literarischen Gesamtwerk, eigenartige Schöpfungen im Sinne des Urheberrechtsgesetzes wären, ähnlich wie z.B. das Bild
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der "Mickey-Mouse" im kinematographischen Gesamtwerk (BGE 77 II 379f.) oder - nach Auffassung des Zürcher Obergerichts, zu der nicht Stellung genommen zu werden braucht - die Figur des "Professors Cekadete" auf der Bühne des Kabarettes (SJZ 45 204).
Doyle war nicht der erste, der in Kriminalgeschichten einen nach der deduktiven Methode arbeitenden und den anderen Leuten an Klugheit überlegenen Meisterdetektiv auftreten liess. Insbesondere Edgar Allan Poe (1809-1849) und Emile Gaboriau (1835-1873) taten das vor ihm. Die von der Vorinstanz ernannten Sachverständigen sind der Auffassung, Doyle habe die Werke dieser Schriftsteller bewusst als Vorbilder genommen und er habe in der Gestalt des Sherlock Holmes lediglich das Urbild des idealen Detektivs gesehen, es dem Leser überlassend, ihn in Gedanken menschlich näher auszugestalten.
Das trifft zu. Löst man die Gestalt des Sherlock Holmes von den Geschehnissen der einzelnen Erzählung los, so bleibt nur wenig, was sie kennzeichnet. Hiegegen lässt sich nicht einwenden, dass Doyle mit seinen Kriminalgeschichten ausserordentliche Erfolge erzielt habe. Diese sind nicht darauf zurückzuführen, dass er dem Sherlock Holmes in schöpferischer Weise andere Eigenschaften, als sie beim Typ des Meisterdetektivs anzutreffen sind, angedichtet, d.h. ihn vermenschlicht hätte. Anziehend an den Erzählungen Doyles ist nicht die Person des Detektivs, sondern die detektivische Kunst, die er am einzelnen Kriminalfall zur Schau trägt, sowie die Spannung, die durch den Inhalt der einzelnen Geschichte und die Art ihrer Darstellung, Entwicklung und Aufklärung erzeugt wird. Dem Kläger ist nicht beizupflichten, wenn er glaubt, frei erfundene Gestalten seien immer urheberrechtlich geschützt. Richtig ist, dass auch ein nicht besonders wertvolles literarisches Werk diesen Schutz geniesst. Es muss aber immerhin Züge einer eigenartigen geistigen Schöpfung aufweisen und darf nicht lediglich in der Übernahme und banalen Ausschmückung von Gemeingut bestehen. Gewiss mag
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Sherlock Holmes klarer umrissen und individueller gestaltet sein als die entsprechenden Figuren von Poe und Gaboriau. Nachdem diese Schriftsteller den Typ des Meisterdetektivs vorgezeichnet hatten, bedurfte es aber keines schöpferischen Gedankens mehr, ihn durch einige Äusserlichkeiten individueller zu gestalten. Auch durch die Andichtung besonderer detektivischer Fähigkeiten und Arbeitsmethoden erhielt Sherlock Holmes kein urheberrechtlich geschütztes eigenartiges Gepräge, mag er deswegen auch von anderen in der Literatur beschriebenen Detektivgestalten unterschieden werden können. Die körperlichen Eigenschaften des Sherlock Holmes und jedes noch so hohe Lob, das Doyle seinen Fähigkeiten gezollt hätte, würden dieser Gestalt die Zuneigung des Lesers nicht verschafft haben, wenn die Arbeit des Detektivs nicht am einzelnen Fall dargestellt worden wäre. Doyle betätigte sich als Schöpfer nicht schon dadurch, dass er Sherlock Holmes ausmalte und in seine Werke einfügte, sondern erst dadurch, dass er Kriminalfälle ersann, Sherlock Holmes damit arbeiten liess und die Ergebnisse der dichterischen Einfälle in spannender Form darstellte.
Auch Dr. Watson entbehrt der nötigen Originalität, um als Gestalt urheberrechtlich geschützt zu sein. Wie die Sachverständigen ausführen, ist schon in den Kriminalgeschichten von Poe der etwas begriffsstutzige Freund des Detektivs als Berichterstatter zu finden. Dr. Watson ist gleichsam nur das Sprachrohr des Conan Doyle und verblasst als Figur neben den detektivischen Leistungen des Sherlock Holmes und den bearbeiteten Kriminalfällen noch mehr als die Person des Detektivs selber.
Der Beklagte verletzte somit dadurch, dass er Sherlock Holmes und Dr. Watson in seinem Bühnenstück auftreten liess, keine Urheberrechte des Klägers, wie immer auch seine beiden Figuren denjenigen des Klägers nachgebildet sein mögen.

6. Der Kläger sieht eine Verletzung seiner Urheberrechte auch in der Art und Weise, wie Sherlock Holmes
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und Dr. Watson sich auf der Bühne verhalten. Er glaubt, ihr Benehmen im Stück des Beklagten sei bis in alle Eigenheiten den Werken des Conan Doyle entlehnt.
Auch unter diesem Gesichtspunkt könnte jedoch von einer Verletzung von Urheberrechten nur die Rede sein, wenn und soweit das Verhalten der beiden Figuren in den Kriminalgeschichten Doyles ein schöpferisches Gepräge hätte. Die Nachmachung allein greift nicht in Urheberrechte ein, wenn sie sich nur auf ein Benehmen bezieht, das nicht originell ist.
Von Originalität aber kann in den Punkten, in denen der Kläger die Figuren des Conan Doyle in ihrem Verhalten nachgemacht sieht, nicht die Rede sein. So versteht sich von selbst, dass der Beklagte Sherlock Holmes und Dr. Watson, wenn er sie schon in das Bühnenstück übernehmen wollte, in ihren freundschaftlichen Beziehungen darstellen und miteinander im Zwiegespräch auftreten lassen musste. Es ist nicht einem schöpferischen Gedanken Doyles zuzuschreiben, dass der Detektiv in den Kriminalgeschichten einem ihm an Scharfsinn unterlegenen Freund gegenübersteht, mit dem er sich über die aufzuklärenden Fälle unterhält. Dass Sherlock Holmes vor Beginn des Zwiegespräches tief über einen Fall nachdenkt und dem Freund dann eine überraschende Frage stellt, um mit ihm ins Gespräch zu kommen, ist eine sich aufdrängende Art, ihn als Detektiv darzustellen, der an der Aufklärung eines Falles arbeitet und den Freund in seine Gedankengänge einführen will. Wenn hierauf der Freund mit scheinbar unerklärlichen Feststellungen überrascht wird, so liegt auch das in der Natur der Sache, nicht nur, weil dem Freund das deduktive Denken von Natur aus weniger liegt, sondern auch, weil der Leser oder Zuschauer zur Erzielung der Spannung erst nach und nach Einblick in die Gedankengänge des Detektivs erhalten darf. Dessen Rolle bringt es auch mit sich, dass er den Freund mit paradoxen Sätzen belehrt. Dadurch wird die Überlegenheit des Detektivs unterstrichen, die Geschichte geheimnisvoller gestaltet
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und der Leser oder Zuschauer in Spannung gehalten. Dieses Mittel gehört zum allgemeinen Werkzeug, dessen sich jeder Verfasser von Kriminalgeschichten, Bühnenstücken oder anderen literarischen Werken bedienen darf. Dasselbe ist zu sagen von der Art und Weise, wie der Freund dem Detektiv Fragen stellt. Soll dieser jenem überlegen sein, so ist es ein banaler Gedanke, dem Freund die Rolle des Fragenden zuzuweisen. Der Verfasser der Erzählung oder des theatralischen Werkes hat es dann in der Hand, mit Hilfe der Antworten des Detektivs schrittweise der Lösung näher zu kommen, auf die er hinarbeitet. Wenn er diesen hin und wieder seinerseits Fragen stellen lässt, um den weniger klugen Freund in die Enge zu treiben, so ist auch das nicht eine Eigenheit, an der dem Kläger Urheberrecht zustände. Es handelt sich nur um ein weiteres alltägliches Mittel, um die Überlegenheit des Detektivs vorzuführen und den Leser oder Zuschauer in Atem zu halten. Dasselbe trifft zu, wenn der Detektiv dem Freund vorwirft, dieser übersehe das Einfache und Naheliegende. Damit stellt der Verfasser den Detektiv als Meister seines Faches hin, entsprechend der verbreiteten Auffassung, dass die Spuren alltäglicher Vorgänge kriminalistisch am schwersten zu verwerten sind. Der Kläger beanstandet ferner, dass der Beklagte den Dr. Watson als Chronist des Sherlock Holmes auftreten lässt. Auch dieser Vorwurf scheitert daran, dass Conan Doyle selber nicht Vater dieses Gedankens war, sondern schon Edgar Allan Poe dem Detektiv in der Person des Freundes einen Berichterstatter beigegeben hatte. Wenn sodann sowohl in den Erzählungen von Doyle als auch im Bühnenstück des Beklagten der Detektiv und dessen Freund zusammensitzen, worauf von aussen ein Besucher kommt, den sie zuerst durch das Fenster erblicken, so ist auch das nur ein Anzeichen dafür, dass der Beklagte Sherlock Holmes und Dr. Watson in ihrem Benehmen möglichst getreu nachmachen wollte. Dass dieses Benehmen der beiden Figuren originell und damit des Urheberrechtes fähig sei, ergibt sich daraus nicht. Es
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ist ein elementares Mittel der Schriftstellerei und der Bühnenkunst, den bevorstehenden Besuch einer Person in der erwähnten Weise anzukünden und dadurch die Erwartung oder Spannung im Leser oder Zuschauer zu steigern. Solche Vorgänge sind dem täglichen Leben entnommen und werden nicht zum Monopol eines Verfassers, der sie in seinem Werke wiedergibt. Dabei ist unerheblich, dass Sherlock Holmes in den Erzählungen Doyles oft schon aus den Beobachtungen, die er durch das Fenster macht, wesentliche Schlüsse zieht. Es wäre sonderbar, wenn er das als Meister seines Faches nicht täte, sondern den Besucher erst zu beobachten begänne, wenn er ihm gegenübersteht.

7. Die Sachverständigen sind der Auffassung, das Bühnenstück des Beklagten gleiche den Kriminalgeschichten Doyles in der Führung der Gespräche, nämlich insofern, als beide Verfasser die dialektische Methode anwendeten.
Der Kläger hat kein Urheberrecht an dieser Methode. Sie ist nicht die geistige Schöpfung Conan Doyles, sondern wird, wie die Sachverständigen betonen, in der neuzeitlichen Schriftstellerei allgemein bevorzugt.

8. Der Beklagte hat die Werke Doyles nach den Ausführungen der Sachverständigen auch in der Art des detektivischen Vorgehens während der Rahmenhandlung (erstes und siebentes Bild) und im Aufbau des ganzen Stückes mit Ausschluss des Abschlussrahmens nachgeahmt. Die Sachverständigen tun jedoch überzeugend dar, dass das Bühnenstück des Beklagten trotz dieser Anlehnung eine freie, selbständige Geistesschöpfung von künstlerischer Individualität ist. Gewiss sind sie der Meinung, dass die Gestalten des Sherlock Holmes und des Dr. Watson in der Gesamtwirkung des Stückes nicht verblassen. Sie messen dem aber mit Recht keine Bedeutung bei, denn der Beklagte hat diese Figuren mit den ihnen zugedachten besonderen Rollen in das Bühnenstück eingebaut und dadurch ein Werk eigener Prägung geschaffen. Die erwähnten Nachahmungen, die übrigens vom Kern des Stückes
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des Beklagten abliegen, sind daher vom Standpunkt des Urheberrechtsgesetzes aus nicht zu beanstanden. Der in § 13 Abs. 1 des deutschen Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst aufgestellte Satz, wonach die freie Benutzung des Werkes eines andern zulässig ist, wenn dadurch eine eigentümliche Schöpfung hervorgebracht wird (vgl. dazu MARWITZ/MÖHRING § 13 Anm. 8; ULMER, Urheber- und Verlagsrecht 162 f.), ist als ungeschriebene Norm auch Bestandteil des schweizerischen Rechts. Eine freie Benutzung im Sinne dieses Satzes liegt hier vor, nicht eine unerlaubte sogenannte Bearbeitung, wie der Kläger glaubt. Wer das Werk eines anderen bearbeitet, übernimmt seinen Inhalt und ändert nur die Form (MARWITZ/MÖHRING § 12 Anm. 1, § 13 Anm. 1; ULMER 98 ff.; RINTELEN, Urheberrecht und Urhebervertragsrecht 79). Der Beklagte dagegen hat ein Werk eigenen Inhaltes geschrieben und sich nur durch Übernahme der Figuren des Sherlock Holmes und des Dr. Watson für die Rahmenhandlung, ferner in der Art des detektivischen Vorgehens in dieser Handlung und im Aufbau des ganzen Stückes mit Ausschluss des letzten Bildes an die Werke von Doyle angelehnt. Das alles war unter dem Gesichtspunkt des Urheberrechtsgesetzes erlaubt.

9. Das Rechtsbegehren des Klägers, das von der Vorinstanz abgewiesen worden ist und auf dessen Gutheissung die Berufung abzielt, lautet nur auf Feststellung der Verletzung von Urheberrechten. Deshalb muss dahingestellt bleiben, ob der Beklagte durch Übernahme der berühmten Figuren des Sherlock Holmes und des Dr. Watson den Kläger in seinen persönlichen Verhältnissen verletzt oder unlauteren Wettbewerb begangen hat.
Hätte der Kläger auf Feststellung solcher Eingriffe geklagt, so hätte ihm übrigens der Einwand des Rechtsmissbrauches, wenn nicht sogar der Verwirkung, entgegengehalten werden können. Der Kläger hat es während mehr als zwanzig Jahren unangefochten geschehen lassen, dass
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das Bühnenstück des Beklagten sehr oft aufgeführt wurde. Dieses Stück ist unterdessen in weitesten Kreisen bekannt geworden und hat nicht wenig zum Ansehen seines Verfassers beigetragen. Würde der Beklagte nach so langer Zeit verpflichtet, es zu verstümmeln, so würde ihm in seiner Eigenschaft als Schriftsteller schwerer Schaden zugefügt. Wegen dieser Nachteile, die das Zuwarten für den Beklagten zur Folge haben musste, konnte dem Kläger zugemutet werden, Ansprüche aus Verletzung von Persönlichkeitsrechten oder unlauterem Wettbewerb früher anzumelden. Unruhige Zeiten, Kriegsereignisse und Mobilisation entschuldigen seine Untätigkeit nicht. Dazu kommt, dass der Beklagte, wie auch die Sachverständigen betonen, guten Glaubens war, Sherlock Holmes und Dr. Watson seien zu legendären Figuren geworden, die er übernehmen dürfe. Rechtsmissbräuchlich wäre die späte Berufung auf Persönlichkeitsrechte oder Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb namentlich auch deshalb, weil der Beklagte dem Kläger nicht nur nicht geschadet, sondern wahrscheinlich sogar genützt hat. Denn wenn auch Sherlock Holmes im Bühnenstück des Beklagten nicht der erfolgreiche Detektiv ist, als den ihn Doyle fast regelmässig hinstellte, so hat doch der Beklagte die beiden Figuren liebevoll übernommen und es nicht an Achtung vor Conan Doyle fehlen lassen. Dieser Meinung sind auch die Sachverständigen. Das Bühnenstück des Beklagten war durchaus geeignet, das Interesse an den Werken Doyles zu wecken oder wachzuhalten. Gewiss hat der Kläger als Treuhänder der Erben Doyles nach wie vor ein Interesse daran, dass die Namen von Sherlock Holmes und Dr. Watson nicht beliebig von anderen Schriftstellern verwendet werden. Das kann er aber durch rechtzeitiges Eingreifen verhindern, wenn und soweit das Recht auf seiner Seite ist. Gegenüber dem Beklagten hat er jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbes und des Schutzes der Persönlichkeit nicht rechtzeitig eingegriffen, während in der Annahme, er habe durch sein Zuwarten
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auch die Ansprüche aus Urheberrecht verwirkt, freilich grössere Zurückhaltung angezeigt wäre (vgl. ELSTER, Zur Frage der Verwirkung im Urheberrecht, Archiv für Urheber-, Film- und Theaterrecht 1934 53 ff.).

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referenza

Articolo: Art. 1 LDA, Art. 2 CC, Art. 1 Abs. 2 URG