131 I 91
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Urteilskopf
131 I 91
13. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. Munizipalgemeinde Ausserbinn gegen Staatsrat und Grosser Rat des Kantons Wallis (Staatsrechtliche Beschwerde)
1P.559/2004 vom 19. Januar 2005
Regeste
Gemeindeautonomie, Zwangsfusion von Gemeinden; Art. 50 Abs. 1 BV, Art. 77 Abs. 2 KV.
Zulässigkeit der Autonomiebeschwerde gegen Beschluss über den zwangsweisen Zusammenschluss von Gemeinden (E. 1).
Befugnis des Grossen Rates zur Anordnung von Zwangsfusionen (E. 2) und gesetzliche Voraussetzungen hierfür gemäss Gemeindegesetz (E. 3.2).
Keine Verletzung des Anspruchs der betroffenen Gemeinde auf Anhörung (E. 3.1).
Verhältnismässigkeit der Anordnung unter allgemeinen und finanziellen Gesichtspunkten (E. 3.3 und 3.4).
Keine Verletzung des Gleichheitsgebotes (E. 3.4).
Der Grosse Rat des Kantons Wallis beschloss am 16. September 2004 den verbindlichen Zusammenschluss der vier Munizipalgemeinden Ausserbinn, Ernen, Mühlebach und Steinhaus zu einer einzigen Gemeinde. Der Grossratsbeschluss ordnet die Fusion an und umschreibt das Gebiet der neuen Gemeinde (Art. 1), nimmt davon indes die Burgergemeinden aus (Art. 2). Darüber hinaus regelt der Beschluss verschiedenartige, mit dem Zusammenschluss verbundene Sachbereiche: Die neue Gemeinde hat in geheimer Urnenabstimmung über Namen und Wappen Beschluss zu fassen (Art. 3); die Verwaltungsrechnungen der einzelnen Munizipalgemeinden werden auf den 31. Dezember 2004 abgeschlossen und zusammen mit der Fusionsbilanz per 1. Januar 2005 von der ersten Urversammlung der neuen Gemeinde genehmigt (Art. 4); die bestehenden Reglemente bleiben während einer Übergangsfrist in Kraft (Art. 5); bis zum Beginn der nächsten Legislaturperiode bleiben die gegenwärtigen Gemeinderäte im Amt und bilden für die Übergangszeit den Gemeinderat der neuen Gemeinde, worauf die Wahlen für den zu bestimmenden Gemeinderat durchzuführen sind (Art. 6-8); der neuen Gemeinde soll während vier Jahren gemäss Finanzausgleichsrecht ein jährlicher Beitrag von 261'000 Franken, im ersten Jahr nach dem Zusammenschluss eine weitere zusätzliche Finanzhilfe von 461'000 Franken sowie aus dem Spezialfonds für Finanzausgleich schliesslich in zwei jährlichen Tranchen ein Betrag von 500'000 Franken ausbezahlt werden (Art. 9 und 10). Dieser Grossratsbeschluss ist auf den 1. Oktober 2004 in Kraft getreten.
Diesem Fusionsbeschluss sind längere Bemühungen über einen Zusammenschluss der Gemeinden Ausserbinn, Ernen, Mühlebach und Steinhaus, teils unter Einbezug der Gemeinde Binn, vorausgegangen. Anlässlich von Gemeindeabstimmungen vom 22. September 2002 stimmten die Munizipalgemeinden Ernen, Mühlebach und Steinhaus einem Fusionsprojekt zu, während die Gemeinde Ausserbinn dieses ablehnte. Mit Botschaft vom 21. April 2004 beantragte der Staatsrat dem Grossen Rat den Zusammenschluss der vier Gemeinden.
BGE 131 I 91 S. 93
Die Munizipalgemeinde Ausserbinn erhebt gegen den Grossratsbeschluss staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie und rügt Missachtungen von Verfahrensrechten und des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten war.
Aus den Erwägungen:
1. Der Beschluss des Grossen Rates kann mit keinem kantonalen Rechtsmittel angefochten werden und ist daher kantonal letztinstanzlich im Sinne von Art. 86 Abs. 1 OG (vgl. Art. 72 und 74 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren und die Verwaltungsrechtspflege). Die beschwerdeführende Gemeinde wird durch den angefochtenen Beschluss in ihrer Existenz berührt und in ihren hoheitlichen Befugnissen betroffen und ist daher zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie legitimiert (vgl. BGE 129 I 410 E. 1.1 S. 412; BGE 121 I 218 E. 2a S. 219 f.; BGE 120 Ia 95 E. 1a S. 96 f., mit Hinweisen). Auf die Beschwerde kann eingetreten werden.
Den Walliser Gemeinden kommt unbestrittenermassen Autonomie zu (vgl. Art. 26 Abs. 2 und Art. 69 ff. der Verfassung des Kantons Wallis vom 8. März 1907 [KV]; Art. 2 und 3 des Gemeindegesetzes vom 5. Februar 2004 [GG]). Die Beschwerdeführerin kann sich daher mit Autonomiebeschwerde dagegen zur Wehr setzen, dass der Grosse Rat bei der Anwendung kommunaler, kantonaler oder bundesrechtlicher Vorschriften gegen das Willkürverbot verstösst oder, soweit kantonales oder eidgenössisches Verfassungsrecht in Frage steht, dieses unrichtig auslegt und anwendet. In diesem Rahmen kann sie die Verletzung der Bestimmungen, welche die Befugnisse der Gemeinden und deren Zusammenschluss ordnen, rügen, verfassungsrechtliche Verfahrensrechte anrufen und schliesslich geltend machen, die kantonalen Instanzen hätten die Tragweite von verfassungsmässigen Rechten missachtet, soweit diese Vorbringen mit der behaupteten Autonomieverletzung in engem Zusammenhang stehen (vgl. BGE 128 I 3 E. 2b S. 9; BGE 114 Ia 168 E. 2a S. 170). Die Anwendung von kantonalem oder eidgenössischem Verfassungsrecht prüft das Bundesgericht mit freier Kognition, die Handhabung von Gesetzes- und Verordnungsrecht lediglich unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots (vgl. BGE 128 I 3 E. 2b S. 9
BGE 131 I 91 S. 94
mit Hinweisen). Vor diesem Hintergrund ist die Beschwerde im Folgenden zu prüfen.
2. Die Gemeinden und ihre Autonomie wurden in der alten Bundesverfassung nicht erwähnt. Die Gemeindeautonomie und ihr Umfang waren nicht durch Bundesverfassungsrecht gewährleistet, die Autonomie wurde vielmehr als Institution des kantonalen Rechts bezeichnet (vgl. BGE 113 Ia 200 E. 2b S. 206 mit Hinweisen). Art. 50 Abs. 1 BV garantiert die Gemeindeautonomie nunmehr ausdrücklich nach Massgabe des kantonalen Rechts und verweist damit in Bezug auf den Umfang auf die kantonale Verfassungs- und Gesetzgebung. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Autonomie in der Bedeutung der Bestandesgarantie geltend macht, ist daher ausschliesslich auf das kantonale Recht abzustellen.
Die Kantonsverfassung gewährt den Gemeinden in den Schranken von Verfassung und Gesetzgebung bei der Besorgung ihrer Angelegenheiten in allgemeiner Weise Autonomie; nach Art. 69 KV ordnen die Gemeinden ihre Angelegenheiten selbständig. Darüber hinaus garantiert Art. 77 Abs. 2 KV das Gebiet der Einwohnergemeinden und enthält damit eine Bestandesgarantie. Den gleichen Grundsatz enthält Art. 3 Abs. 2 GG. Der Bestand wird indessen nicht absolut gewährleistet. Gemäss Art. 26 Abs. 3 KV kann der Grosse Rat nach entsprechender Anhörung durch Dekret Zahl und Umgrenzung der Gemeinden abändern. Der Grosse Rat ist daher grundsätzlich befugt, den Zusammenschluss von einzelnen Gemeinden anzuordnen. Im neuen Gemeindegesetz wird die Fusion oder Trennung von Gemeinden ausführlich geordnet (Art. 129 ff. GG). Danach kann der Grosse Rat insbesondere zwei oder mehrere Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen zur Fusion zwingen (Art. 135 GG).
Aus diesen Bestimmungen ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Grosse Rat zum Zwangszusammenschluss von einzelnen Gemeinden befugt ist. Die Beschwerdeführerin macht denn auch nicht geltend, der Bestand der Gemeinden sei absolut garantiert und es fehle dem Grossen Rat grundsätzlich die Befugnis zur Anordnung von Zwangsfusionen. Sie macht vielmehr geltend, grundlegende Verfahrensrechte seien nicht eingehalten worden, es fehlten die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Zwangsfusion und der angefochtene Beschluss verstosse gegen verschiedene Verfassungsgrundsätze und -rechte. Darauf ist im Folgenden einzugehen.
BGE 131 I 91 S. 95
3. Der Zusammenschluss von Gemeinden allgemein und das Fusionsverfahren im Besondern werden in den Art. 129 ff. und 136 ff. des Gemeindegesetzes geordnet. Art. 136 Abs. 1 GG hält - übereinstimmend mit Art. 26 Abs. 3 KV - als Grundsatz fest, dass der Grosse Rat nach Anhören der Beteiligten die Zahl und die Grenzen der Gemeinden durch einen Beschluss verändern kann. Die Zwangsfusion von Gemeinden im Einzelnen wird in Art. 135 GG mit folgender Bestimmung geordnet:
Art. 135 - Zwangsfusion
Der Grosse Rat kann zwei oder mehrere Gemeinden zur Fusion zwingen, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:
a) wenn ein negativer Entscheid zu einem Fusionsprojekt ihren finanziellen Weiterbestand gefährdet;
b) wenn eine einzige Gemeinde das Hindernis zu einer Fusion darstellt, währenddem die angrenzenden Gemeinden bereits ihre Zustimmung zu einer bedeutenden Fusion gegeben haben;
c) wenn eine Gemeinde nicht mehr in der Lage ist, das Funktionieren der Institutionen zu gewährleisten, namentlich dann, wenn sie die freigewordenen Ämter aufgrund der beschränkten Einwohnerzahl nicht wiederbesetzen kann.
3.1 In verfahrensrechtlicher Hinsicht macht die Beschwerdeführerin vorerst eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend und bringt vor, dass sie weder vom Staatsrat, der vorberatenden Kommission noch vom Grossen Rat angehört worden sei, dass ihre Einwände nicht ernst genommen worden seien und dass ihr der Fusionsbeschluss nicht einmal mitgeteilt worden sei. Diese verfahrensrechtlichen Rügen sind im Rahmen der Autonomiebeschwerde zulässig und vorweg zu behandeln.
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung besteht im Rechtsetzungsverfahren nach Bundesverfassungsrecht (Art. 29 Abs. 2 BV) kein Anspruch auf rechtliches Gehör (vgl. BGE 129 I 113 E. 1.4 S. 117; BGE 129 I 232 E. 3.2 S. 237). Im vorliegenden Fall ging der angefochtene Beschluss zwar vom Grossen Rat aus. Er stellt indessen keinen Akt der Rechtsetzung dar, sondern hat eine konkrete Anordnung betreffend Zusammenschluss von Gemeinden zum Gegenstand und ist daher als Verfügung oder Verwaltungsakt zu betrachten (vgl. BGE 129 I 232 E. 3.3 S. 237). Die Beschwerdeführerin kann sich daher auf Art. 29 Abs. 2 BV berufen (vgl. BGE 129 I 232 E. 3.2 S. 236). Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird über die bundesrechtliche Minimalgarantie hinaus vorab durch das kantonale Recht umschrieben (vgl. BGE 126 I 19 E. 2a S. 21). Die
BGE 131 I 91 S. 96
Bestimmungen von Art. 26 Abs. 3 KV und Art. 136 Abs. 1 GG sehen allgemein vor, dass der Grosse Rat "nach Anhören der Beteiligten" die Zahl und die Grenzen von Gemeinden verändern kann. Die Grundsätze der Anhörung ergeben sich schliesslich aus dem Gemeindegesetz: Konzepte zu Fusionsprojekten sind den Gemeinden zu unterbreiten (vgl. Art. 132 f. GG) und es finden in den Urgemeinden und den Burgergemeinden Abstimmungen zu Fusionen statt (Art. 137 und 139 GG). Die Zwangsfusion schliesslich geht in den Konstellationen von Art. 135 lit. a und lit. b GG von (allfällig negativen) Stellungnahmen der Gemeinden aus. In welcher Form die vom kantonalen Recht vorgesehene Anhörung im Einzelnen zu gewähren ist und welches deren Grenzen sind, ist in Anlehnung an den Grundsatz von Art. 29 Abs. 2 BV und aufgrund der konkreten Verhältnisse zu bestimmen.Dem angefochtenen Fusionsbeschluss gingen, wie dargelegt, mehrjährige Bemühungen um einen Zusammenschluss der vier betroffenen Gemeinden und der Gemeinde Binn sowie Diskussionen um die Bedingungen hierfür (insbesondere finanzieller Natur) voraus. Nach einer Abstimmung über eine 5er Fusion unter Einschluss der Gemeinde Binn im Jahr 1999 stimmten die vier Gemeinden Ausserbinn, Ernen, Mühlebach und Steinhaus am 22. September 2002 über ein Fusionsprojekt ab; die Gemeinde Ausserbinn lehnte dieses mit 19 zu 14 Stimmen (57.6 %) ab, während die übrigen drei Gemeinde zustimmten. In der Folge wurde unter Einbezug der Gemeinde Ausserbinn mit den drei fusionswilligen Gemeinden und dem zuständigen Staatsrat das weitere Vorgehen besprochen (11. November 2002). Am 21. April 2004 verabschiedete der Staatsrat seine Botschaft über den Zusammenschluss der vier Gemeinden zuhanden des Grossen Rates. Die vorberatende Grossratskommission, die Thematische Kommission, lud die Vertreter der betroffenen Gemeinden auf den 24. Juni 2004 zu einer Besprechung ein, an der sich die Gemeindepräsidenten zum vorgeschlagenen Fusionsprojekt äusserten. Eine weitere Besprechung mit Vertretern der Gemeinde Ausserbinn fand am 2. Juli 2004 statt; diese legten ihre Bedenken und die Voraussetzungen für ihr Einverständnis dar. In zwei Eingaben vom 15. Juni und 26. Juni 2004 wandte sich die Gemeinde an die Kommission. Am 6. August 2004 stellte die Gemeinde Ausserbinn der Kommission bzw. dem Grossen Rat Anträge. In einer weitern Eingabe vom 26. August 2004 schliesslich brachte die Gemeinde Ausserbinn der Thematischen Kommission ihr Bedauern über die Kommissionsanträge zum Ausdruck.
BGE 131 I 91 S. 97
Diese Entstehungsgeschichte zeigt deutlich, dass sich die Beschwerdeführerin ausgiebig zum vorgesehenen Zwangszusammenschluss äussern konnte. Sie hatte mehrmals Gelegenheit, ihren Standpunkt darzulegen und bei der vorbereitenden Kommission einzubringen. Insbesondere hat sie die Bedingungen dargelegt, unter welchen sie einer Fusion allenfalls hätte zustimmen können, und hat darüber hinaus klare Begehren gestellt. Dass es sich nicht um eine bloss förmliche Anhörung handelte, sondern die Bedenken der Gemeinde tatsächlich wahr- und ernstgenommen worden sind, zeigt der Bericht der Thematischen Kommission mit aller Deutlichkeit. Es ist der Kommission nicht leicht gefallen, vom gesetzlich vorgesehenen Mittel der Zwangsfusion im vorliegenden Fall Gebrauch zu machen; mehrere Mitglieder haben sich für den Standpunkt der Gemeinde stark gemacht; und schliesslich ist der Antrag der Kommission zuhanden des Grossen Rates lediglich mit Mehrheitsbeschluss zustande gekommen. Bei dieser Sachlage erweist sich die Rüge der mangelnden Anhörung im Sinne des kantonalen Rechts bzw. der Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 Abs. 2 BV als unbegründet.
Nicht einzugehen ist unter diesen Umständen auf die nicht näher dargelegte Rüge, die Gemeinde hätte bereits im internen Vorbereitungsverfahren des Staatsrates angehört werden müssen. Schliesslich legt die Beschwerdeführerin nicht dar, welche Formvorschriften hinsichtlich der Bekanntgabe des angefochtenen Grossratsbeschlusses verletzt sein sollen und inwiefern sie durch die blosse Publikation im Amtsblatt - von der sie tatsächlich Kenntnis genommen hat - einen Nachteil erlitten haben soll.
3.2 In materieller Hinsicht macht die Beschwerdeführerin geltend, im vorliegenden Fall fehlten offensichtlich die Voraussetzungen gemäss Art. 135 lit. a und lit. c GG; darüber hinaus finde auch Art. 135 lit. b GG keine Anwendung, da die Gemeinde Ausserbinn nicht an alle drei fusionswilligen Gemeinden angrenze und beim vorliegenden Zusammenschluss nicht von einer bedeutenden Fusion gesprochen werden könne. Demgegenüber hält der Staatsrat in seiner Vernehmlassung fest, der angefochtene Grossratsbeschluss stütze sich auf Art. 135 lit. b GG, dessen Voraussetzungen im Falle der Gemeinde Ausserbinn erfüllt seien.
Die Bestimmung von Art. 135 lit. b GG ist im Hinblick auf deren Anwendung im vorliegenden Fall nach den üblichen Kriterien
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auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Vorschrift auszugehen und allenfalls die Entstehungsgeschichte miteinzubeziehen. In dieser Hinsicht zeigt sich vorerst, dass die Ablehnung der Fusion durch die beschwerdeführende Gemeinde Ausserbinn dem Zusammenschluss der vier Gemeinden gemäss dem vorliegenden Projekt entgegensteht und damit ein Hindernis im Sinne der genannten Bestimmung darstellt. Unbestritten ist, dass die Gemeinden Ernen, Mühlebach und Steinhaus der Fusion zugestimmt haben.Von Seiten der Beschwerdeführerin wird bestritten, dass diese drei Gemeinden zur Gemeinde Ausserbinn "angrenzend" sind. Sie macht geltend, als "angrenzend" im Sinne von Art. 135 lit. b GG könne nur verstanden werden, dass die Gemeinde Ausserbinn zu allen drei übrigen Gemeinden eine gemeinsame Grenze habe. Im vorliegenden Fall aber grenze die Gemeinde Ausserbinn lediglich an die Gemeinde Ernen an. Der Staatsrat bringt demgegenüber vor, "angrenzend" sei nicht gleichbedeutend wie "umgebend", und verweist auf die Materialien, wonach eine Zwangsfusion auch sollte angeordnet werden können, wenn die ablehnende Gemeinde am Rande der neuen Fusionsgemeinde liegt.
Der Ausdruck "angrenzend" ist nicht von vornherein klar. Er bringt auf der einen Seite zum Ausdruck, dass ein Zusammenschluss nur angeordnet werden kann, wenn eine territorial zusammengehörende Gemeinde geschaffen wird. Damit wird die Konstellation verschiedener, gebietsmässig nicht zusammenhängender Gemeinden nicht unter die Bestimmung von Art. 135 lit. b GG fallen. Auf der andern Seite darf angenommen werden, dass die Bestimmung sowohl auf Fälle, in denen jede der Gemeinden mit den andern gemeinsame Grenzen hat, wie auch dort anwendbar ist, wo die Gemeinde in Bezug auf die neue Fusionsgemeinde zentral liegt und im Falle des Nichteinbezugs deren territoriale Einheitlichkeit beeinträchtigen würde. Auf der andern Seite ist es auch haltbar, die Bestimmung zur Anwendung zu bringen, wo die ablehnende Gemeinde nur zu einer der zustimmenden Gemeinden eine gemeinsame Grenze hat. Darauf deutet die Entstehungsgeschichte hin, wonach zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Ausdruck "umgebend" durch "angrenzend" ersetzt worden ist. Nach den Beratungen sollte über die einzelne Gemeinde hinaus der regionale Aspekt ausschlaggebend sein. Sinn und Zweck von Fusionen legen es nahe, auch in einem Tal hintereinander gelegene Gemeinden zu erfassen. Daraus kann gefolgert werden, dass auch eine Gemeinde
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zur Fusion gezwungen werden kann, die - wie im vorliegenden Fall - nur mit einer der fusionswilligen Gemeinden eine gemeinsame Grenze aufweist. Insoweit kann dem Grossen Rat keine Willkür vorgehalten werden, die Bestimmung von Art. 135 lit. b GG auf das vorliegende Fusionsprojekt und die beschwerdeführende Gemeinde angewendet zu haben.Schliesslich bestreitet die Beschwerdeführerin das Vorliegen einer "bedeutenden Fusion" im Sinne von Art. 135 lit. b GG. Mit dem Staatsrat lässt sich indessen mit guten Gründen vertreten, dass die neu zu schaffende Fusionsgemeinde im Sinne der genannten Vorschrift "bedeutend" ist. Dieser weist insbesondere darauf hin, dass die neue Gemeinde bevölkerungsmässig zur zweitgrössten und von der Ausdehnung zur fünftgrössten des Bezirks Goms würde. Dass im Hinblick auf die Auslegung des Ausdrucks "bedeutende Fusion" auf die lokalen Verhältnisse und nicht auf andere im Kanton vorherrschende Gegebenheiten abgestellt wird, hält vor dem Willkürverbot stand.
Damit ergibt sich, dass der Grosse Rat die Bestimmung von Art. 135 lit. b GG ohne Willkür auf das vorliegende, die vier Gemeinden Ausserbinn, Ernen, Mühlebach und Steinhaus umfassende Fusionsprojekt anwenden durfte.
3.3 Die Beschwerdeführerin erachtet den Grossratsbeschluss ferner als unverhältnismässig. Sie bringt insbesondere vor, dass ein Zusammenschluss der drei fusionswilligen Gemeinden für sich allein tragfähig wäre und es der zwangsweisen Beteiligung der Gemeinde Ausserbinn nicht bedürfe. In seiner Vernehmlassung weist der Staatsrat in diesem Zusammenhang auf verschiedene Aspekte geographischer und ökonomischer Natur hin.
Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit stellt kein verfassungsmässiges Recht, sondern bloss einen verfassungsmässigen Grundsatz dar. Als solcher kann er indessen im Zusammenhang mit der Rüge der Verletzung von Freiheitsrechten angerufen werden (vgl. BGE 126 I 112 E. 5b S. 119; BGE 125 I 161 E. 2b S. 163; BGE 124 I 107 E. 4c/aa S. 115). Die beschwerdeführende Gemeinde ist somit befugt, sich im Zusammenhang mit der Verletzung der Gemeindeautonomie auf den Verhältnismässigkeitsgrundsatz zu berufen. Dieser verlangt, dass eine Massnahme geeignet ist, das im öffentlichen Interesse angestrebte Ziel zu erreichen, und sich zudem im Hinblick auf die Zweck-Mittel-Relation erforderlich und angemessen erweist (vgl.
BGE 131 I 91 S. 100
BGE 130 II 425 E. 5.2 S. 438; BGE 125 I 474 E. 3 S. 482; BGE 124 I 107 E. 4c/aa S. 115; BGE 123 I 152 E. 7 S. 169; BGE 121 I 334 E. 11 S. 349).Der Zusammenschluss von Gemeinden wird von der Kantonsverfassung ausdrücklich vorgesehen (Art. 26 Abs. 3 KV) und im Gemeindegesetz ausführlich geregelt (Art. 129-143 GG). Der Kanton fördert die Fusion von Gemeinden in allgemeiner Weise (Art. 129 GG), unterstützt entsprechende Vorhaben mit finanziellen Leistungen (Art. 130 und 131 GG) und will auf diese Weise den heutigen Herausforderungen entsprechende Strukturen auf kommunaler Stufe bereitstellen (vgl. Botschaft des Staatsrates vom 21. April 2004 zum Beschlussentwurf betreffend Zusammenschluss der Munizipalgemeinden Ausserbinn, Ernen, Mühlebach und Steinhaus [im Folgenden: Botschaft des Staatsrates], Ziff. 1). Im Lichte dieser Bestrebungen erscheint die Fusion von Gemeinden mit kleinen Einwohnerzahlen und niedrigen Einkünften als sachgerecht (vgl. zu den statistischen Grundlagen Botschaft des Staatsrates, a.a.O., Ziff. 2.3 und 4.2.1). Das gilt nicht nur für die Gemeinden Ernen (412 Einwohner), Mühlebach (76 Einwohner) und Steinhaus (44 Einwohner), sondern gleichermassen für die Gemeinde Ausserbinn, welche mit 41 Einwohnern (gemäss Botschaft des Staatsrates, a.a.O., Ziff. 4.2.1) als Kleinstgemeinde gilt und eine Rechnung mit Einnahmen aufweist, die zu 37 % aus dem ordentlichen Finanzausgleich gedeckt werden. Bei dieser Sachlage entspricht der zwangsmässige Einschluss der Gemeinde Ausserbinn in die Fusion der insgesamt vier Gemeinden den Bemühungen um Neustrukturierung auf kommunaler Stufe und darf zum Erreichen dieses Zieles auch als geeignet bezeichnet werden.
Darüber hinaus kann die Zwangsfusion auch unter dem Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit im engeren Sinne nicht als unangemessen bezeichnet werden. Es ist der Beschwerdeführerin zwar einzuräumen, dass mit einem blossen Zusammenschluss der drei fusionswilligen Gemeinden mit insgesamt über 500 Einwohnern eine neue tragfähige Gemeinde geschaffen werden könnte. Dem stünde ein Nichteinbezug der Gemeinde Ausserbinn an sich nicht entgegen. Dies hätte indes zur Folge, dass entgegen den genannten Bestrebungen eine Kleinstgemeinde weiterhin bestehen bliebe. Heute gehört die Gemeinde Ausserbinn zu den finanzschwächsten Gemeinden im Kanton. Mehr als ein Drittel ihrer Einnahmen erhält sie aus dem ordentlichen Finanzausgleich. Dieser aber steht nunmehr in Revision, ohne dass sein Weiterbestand auf die Dauer
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garantiert und damit eine finanzielle Sicherheit der Gemeinde auf die Länge gewährleistet werden könnte. Solche Umstände lassen den zwangsweisen Anschluss der Gemeinde Ausserbinn an die drei fusionswilligen Gemeinde auf längere Sicht als vertretbar erscheinen. Schon heute besteht in verschiedenen Sachbereichen - Forstwirtschaft, Energieversorgung, Bildungswesen, Pfarrei, Friedhofwesen, Feuerwehr - eine Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde Ausserbinn und namentlich der Gemeinde Ernen. Der zwangsweise Zusammenschluss kann daher als Fortsetzung der bereits vorhandenen partnerschaftlichen Beziehungen verstanden werden und erscheint daher nicht als sachfremd oder gar abwegig. Die Fusion kann auch unter dem Gesichtswinkel der geographischen Verhältnisse nicht als unverhältnismässig bezeichnet werden. Zum einen erfordert das Gemeindegesetz für die Anordnung von Zwangsfusionen nicht eine geographische Verflechtung zwischen den vom Zusammenschluss betroffenen Gemeinden. Zum andern ist die Distanz zwischen den Dorfkernen von Ausserbinn und Ernen derjenigen vergleichbar, wie sie zwischen Ernen, Mühlebach und Steinhaus besteht. Unter dem Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit ist schliesslich von Bedeutung, dass sich die Gemeinde Ausserbinn - anders etwa als die Gemeinde Binn - anlässlich der Abstimmung vom November 2000 schon einmal für eine Fusion ausgesprochen hat und infolge des damaligen Scheiterns für eine Fortsetzung des Projektes eingetreten ist. Das zeigt, dass der Fusion nicht grundsätzlich opponiert worden ist, sondern die Ablehnung im September 2002 möglicherweise mehr auf die damit verbundenen Bedingungen und nicht erfüllten Forderungen zurückzuführen ist.Gesamthaft gesehen kann der angefochtene Fusionsbeschluss in Anbetracht der konkreten Umstände nicht als unverhältnismässig bezeichnet werden.
3.4 Im Zusammenhang mit der Rüge der Unverhältnismässigkeit der Zwangsfusion weist die Beschwerdeführerin zum einen auf die bisherige finanzielle Situation der Gemeinde Ausserbinn und der Gemeinde Ernen hin und macht zum andern eine Verletzung der Eigentumsgarantie geltend.
Der Rüge der Verletzung der Eigentumsgarantie kommt hier keine selbstständige Bedeutung zu. Zum einen geht es in diesem Zusammenhang um Vermögenswerte, die der Gemeinde als Trägerin der öffentlichen Gewalt und nicht als Privatrechtssubjekt zukommen.
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Zum andern steht mit dem angefochtenen Beschluss die eigentliche Existenz der Gemeinde Ausserbinn auf dem Spiele, welche zwingend auch die hoheitlichen Vermögensrechte umfasst. So verstanden ist nicht ersichtlich, inwiefern der Grosse Rat mit der Anordnung der Zwangsfusion die Tragweite der Eigentumsgarantie missachtet haben sollte.Das Gemeindegesetz sieht, wie dargelegt, vor, dass der Grosse Rat den zwangsweisen Zusammenschluss von Gemeinden anordnen kann. Nach Art. 140 GG entscheidet der Grosse Rat über die Fusion der beteiligten Gemeinwesen und kann namentlich vorsehen, dass das neue Gemeinwesen alle Rechte und Pflichten der früheren übernimmt. In diesem Sinne sind in Art. 4 des angefochtenen Grossratsbeschlusses die Verwaltungsrechnungen der bisherigen Gemeinden und die Übernahme von Aktiven und Passiven durch die neue Gemeinde geordnet. Diese Anordnungen können sich damit auf das Gemeindegesetz abstützen und sind insoweit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
In der Botschaft des Staatsrates zum Fusionsbeschluss wird die finanzielle Lage der Gemeinde Ausserbinn per 31. Dezember 2002 als gesund, diejenige der Gemeinde Ernen als schlecht bezeichnet (a.a.O., Ziff. 5.4). Diese Ausgangslage vermag indessen für sich allein genommen den angefochtenen Fusionsbeschluss nicht als unverhältnismässig erscheinen zu lassen. Zum einen ist mitzuberücksichtigen, dass die Finanzen der beiden weitern Gemeinden Mühlebach und Steinhaus als gesund bzw. als sehr gesund betrachtet werden. Zum andern führt der Staatsrat in der Vernehmlassung aus, dass die kumulierte Nettoschuld der vier Gemeinden per 31. Dezember 2003 rund 2,5 Millionen Franken beträgt, was einer Verschuldung pro Einwohner von rund 4'300 Franken entspricht und damit weit unter dem kantonalen Mittel von rund 6'300 Franken liegt. Darüber hinaus wird die kumulierte Nettoschuld durch die vom Kanton zugesprochene Finanzhilfe von rund 2 Millionen Franken gleichsam gedeckt (vgl. Art. 8 und 9 des angefochtenen Grossratsbeschlusses). Damit kann der Fusionsbeschluss auch unter finanziellen Gesichtspunkten nicht als unverhältnismässig bezeichnet werden.
Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebotes im Sinne von Art. 8 Abs. 1 BV. Sie macht in dieser Hinsicht insbesondere geltend, dass sie zwangsweise in
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die Fusion einbezogen worden sei, während die Gemeinde Binn von der Fusion ausgeschlossen blieb und damit selbstständig bleiben könne.Als betroffene Gemeinde kann sich die Beschwerdeführerin in ihrer Autonomiebeschwerde grundsätzlich auch auf dieses Verfassungsrecht berufen. Der Anspruch auf Rechtsgleichheit gebietet, Gleiches nach Massgabe der Gleichheit gleich und Ungleiches nach Massgabe der Ungleichheit ungleich zu behandeln. Das Rechtsgleichheitsgebot wird insbesondere verletzt, wenn gleiche Sachverhalte ohne sachliche Gründe ungleich behandelt werden (vgl. BGE 129 I 65 E. 3.6 S. 70; BGE 127 I 202 E. 3f/aa S. 209, mit Hinweisen).
Von einer rechtsungleichen Behandlung der Beschwerdeführerin im Vergleich zur Gemeinde Binn kann im vorliegenden Zusammenhang der Zwangsfusion nicht gesprochen werden. Die Situation der beiden Gemeinden unterscheidet sich in verschiedener Hinsicht. Zum einen darf berücksichtigt werden, dass sich die Gemeinde Binn schon seit längerer Zeit gegen jegliche Fusionspläne zur Wehr setzte, während die Gemeinde Ausserbinn dem Vorhaben eines Zusammenschlusses vorerst positiv gegenüberstand und nach einem ersten Scheitern eine Weiterverfolgung des Projektes befürwortete. In geographischer Hinsicht lässt sich die Lage der das ganze hintere Binntal umfassenden Gemeinde Binn mit derjenigen von der am Talausgang gegen das Rhonetal gelegenen Gemeinde Ausserbinn nicht vergleichen. Die Beschwerdeführerin macht ferner nicht geltend, ihre Situation sei etwa hinsichtlich Bevölkerungsanzahl oder der finanziellen Lage mit derjenigen von Binn vergleichbar; insbesondere bringt sie nicht vor, dass mit dem Weiterbestehen von Binn eine Kleinstgemeinde ohne finanzielle Sicherung für die Zukunft aufrechterhalten würde. Schliesslich macht sie auch nicht geltend, dass vor dem Hintergrund der aufgezeigten Bemühungen um den Zusammenschluss von Kleinstgemeinden das Rechtsgleichheitsgebot eine andere Ordnung der kleinen Gemeinden geboten hätte. Bei dieser Sachlage bestehen aus verfassungsrechtlicher Sicht hinreichende sachliche Gründe, die Gemeinden Binn und Ausserbinn im Hinblick auf die angeordnete Zwangsfusion unterschiedlich zu behandeln.