Chapeau
148 II 349
26. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_825/2019 vom 21. Dezember 2021
Regeste
Art. 4 al. 3, art. 14 al. 2 et art. 19 al. 2 LAAF;
art. 18a LPD;
art. 13 Cst.;
art. 8 CEDH;
art. 17 Pacte ONU II; question de savoir si l'Administration fédérale des contributions (AFC) doit informer, préalablement à la transmission, toutes les personnes qui ne sont pas directement concernées (soit les tiers) par la demande d'assistance administrative, et au sujet desquelles des informations doivent être transmises à l'autorité requérante.
En vertu de l'art. 18a al. 1 LPD, l'organe fédéral a l'obligation d'informer la personne concernée de toute collecte de données la concernant, qu'elle soit effectuée directement auprès d'elle ou auprès d'un tiers. L'organe fédéral est délié de son devoir d'informer, selon l'art. 18a al. 4 let. a LPD, lorsque la communication est expressément prévue par une base légale spécifique. L'art. 4 al. 3 LAAF, qui prévoit la transmission de données vraisemblablement pertinentes de personnes qui ne sont pas directement concernées par la procédure d'assistance administrative, constitue une telle base légale (consid. 4).
Celle-ci remplit les exigences en matière de droits fondamentaux s'agissant de la précision de la norme, car l'atteinte au droit à l'autodétermination informationnelle en lien avec les données à collecter n'est en général pas particulièrement grave. En conséquence, l'AFC est déliée de son devoir général d'informer basé sur l'art. 18a al. 4 let. a LPD en lien avec l'art. 4 al. 3 LAAF. Il s'agit de la règle générale; l'information préalable du tiers peut cependant s'avérer nécessaire dans un cas particulier, si les données à transmettre se révèlent être particulièrement sensibles (consid. 5).
Faits à partir de page 351
Dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) lagen Hinweise vor, dass der amerikanische Internal Revenue Service (IRS) Amtshilfeersuchen an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) gerichtet habe. Die ESTV habe vor, die Namen von über 100 Personen offen an die US-amerikanischen Steuerbehörden - an den IRS - zu übermitteln. Es stelle sich die Frage, ob es hierbei um die Namen von Personen gehe, die vom Amtshilfeverfahren gar nicht betroffen seien und nur zufällig in den Akten erscheinen würden. Nach Durchführung einer Sachverhaltsabklärung nach Art. 27 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) erliess der EDÖB am 18. Dezember 2017 zuhanden der ESTV folgende Empfehlung:
"Die ESTV stellt sicher, dass in der Steueramtshilfe das Recht auf Information gemäss Art. 14 Abs. 2 StAhiG [SR 651.1] beachtet wird und dementsprechend sämtliche vom Amtshilfeersuchen nicht formell betroffenen Personen (d.h. Drittpersonen), betreffend welche Informationen offen an die ersuchende Behörde übermittelt werden sollen, vorgängig der Übermittlung informiert werden und somit die Möglichkeit erhalten, das ihnen nach Art. 19 Abs. 2 StAhiG zustehende Beschwerderecht auszuüben."
Am 18. Januar 2018 teilte die ESTV dem EDÖB mit, dessen Empfehlung sei mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz nicht vereinbar, weshalb sie von ihr abgelehnt würde. In der Folge beantragte der EDÖB am 13. Februar 2018 beim Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) gestützt auf Art. 27 Abs. 5 DSG, dass die ESTV zu verpflichten sei, seine Empfehlung umzusetzen. Das EFD lehnte dies mit Verfügung vom 20. September 2018 ab.
Am 5. Oktober 2018 erhob der EDÖB Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Mit Entscheid vom 3. September 2019 hiess das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des EDÖB gut und wies die Angelegenheit zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück, damit die zuständigen Behörden in geeigneter Form, zum Beispiel mittels Weisungen oder Richtlinien, gemeinsame Lösungen im Sinne von Ausnahmeregelungen erarbeiten können.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 30. September 2019 beantragt die ESTV, ihre Beschwerde gutzuheissen, Ziff. 1 des Urteilsdispositivs des Bundesverwaltungsgerichts (A-5715/2018) vom 3. September 2019 aufzuheben und die Verfügung des EFD vom 20. September 2018 zu bestätigen.
BGE 148 II 349 S. 352
Eventualiter sei die Sache zum Neuentscheid im Sinne der bundesgerichtlichen Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der EDÖB beantragt, die Beschwerde der ESTV insoweit abzuweisen und das Urteil der Vorinstanz zu bestätigen, als die von einer offenen Übermittlung ihrer Personendaten betroffenen Drittpersonen grundsätzlich von Amtes wegen vorgängig zu informieren seien.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
(Zusammenfassung)
Aus den Erwägungen :
4. Strittig ist vorliegend die Frage der Rechtmässigkeit des Ausbleibens einer
vorgängigen Information von vom Amtshilfeverfahren nicht direkt betroffenen Personen, deren Daten jedoch bearbeitet werden. Die bisher unbeantwortete Frage stellt sich dabei in einem datenschutzrechtlichen Verfahren.
4.1 Das Datenschutzgesetz bezweckt den Schutz der Persönlichkeit und der Grundrechte von Personen, über die Daten bearbeitet werden (
Art. 1 DSG), oder mit anderen Worten gelten die Vorschriften des DSG für die Bearbeitung von persönlichen Daten (
Art. 3 lit. a und b DSG;
BGE 147 II 227 E. 4.2;
BGE 142 II 268 E. 6.1), die den grundrechtlichen Anspruch auf Schutz der Privatsphäre (
Art. 13 BV) verletzen können (
BGE 147 II 227 E. 4.2;
BGE 142 II 268 E. 6.1;
BGE 138 II 346 E. 3.2; je mit weiteren Hinweisen). Das DSG sieht hierfür gewisse Bearbeitungsgrundsätze (Rechtmässigkeitsgrundsatz [
Art. 4 Abs. 1 DSG], Grundsatz von Treu und Glauben sowie Verhältnismässigkeitsgrundsatz [
Art. 4 Abs. 2 DSG], Zweckmässigkeits- und Erkennbarkeits- bzw. Transparenzgrundsatz [
Art. 4 Abs. 3 und 4 DSG] sowie Datenrichtigkeits- und -sicherheitsgrundsatz [
Art. 5 und 7 DSG]; vgl.
BGE 138 II 346 E. 7) und eigenständige Rechtsansprüche vor (Art. 5 Abs. 2,
Art. 8, 20 und 25 DSG).
4.2 Nicht direkt vom Amtshilfeverfahren betroffene Personen sind gleichwohl Betroffene im Sinne des Datenschutzgesetzes. Ihre Daten sind Personendaten nach
Art. 3 lit. a DSG und werden nach
Art. 3 lit. e DSG durch ein Bundesorgan (
Art. 16 DSG), nämlich durch die ESTV, bearbeitet. Die Bearbeitung durch Bundesorgane ergeht vielfach ohne Verfügung; es handelt sich oftmals um tatsächliches Verwaltungshandeln.
4.3 Mit Bezug auf die Zulässigkeit der Datenbearbeitung statuiert das DSG den Grundsatz, dass Bundesbehörden Daten bearbeiten
BGE 148 II 349 S. 353
dürfen, wenn eine gesetzliche Grundlage besteht (
Art. 17 Abs. 1 DSG). Die Bearbeitung besonders schützenswerter Daten (z.B. Daten zur Gesundheit, zur Intimsphäre oder zu strafrechtlicher Verfolgung;
Art. 3 lit. c DSG) erfordert prinzipiell eine Grundlage in einem formellen Gesetz (
Art. 17 Abs. 2 DSG). Vorliegend sind Daten aus dem Geschäftsverkehr betroffen; es liegen im Allgemeinen keine besonders schützenswerte Daten im Sinne von
Art. 3 lit. c DSG vor, und der Beschwerdegegner macht dies auch nicht geltend.
4.4 Zur Durchsetzung des grundrechtlichen Datenschutzes und der gesetzlichen Bearbeitungsregeln müssen die Betroffenen zunächst wissen
, ob Daten über sie bearbeitet werden. Dazu dienen vorab zwei Instrumente: Zum einen das Auskunftsrecht nach
Art. 8 DSG (
BGE 138 III 425 E. 5.3;
BGE 120 II 118 E. 3b; vgl. WALDMANN/BICKEL, in: Datenschutzrecht, Grundlagen und öffentliches Recht, Belser/ Epiney/Waldmann [Hrsg.], 2011, § 12 Rz. 135 ff.), das sich ebenso aus
Art. 8 EMRK ergibt (
BGE 138 I 6 E. 7.5.2). Zum anderen ist bei der Bearbeitung von Personendaten sodann das Transparenzprinzip zu beachten (
Art. 4 Abs. 4 DSG), dessen Verletzung namentlich im Rahmen von
Art. 25 DSG gerügt werden kann. Gemäss
Art. 4 Abs. 4 DSG muss die Beschaffung von Personendaten, insbesondere der Zweck ihrer Bearbeitung, für die betroffene Person erkennbar sein.
4.5 Konkretisiert wird
Art. 4 Abs. 4 DSG in
Art. 18a DSG, der eine
Informationspflicht beim Beschaffen von Personendaten vorsieht.
4.5.1 Diese Bestimmung lautet wie folgt:
Art. 18a Informationspflicht beim Beschaffen von Personendaten
1 Bundesorgane sind verpflichtet, die betroffene Person über die Beschaffung von Personendaten zu informieren; diese Informationspflicht gilt auch dann, wenn die Daten bei Dritten beschafft werden.
2 Der betroffenen Person sind mindestens mitzuteilen:
a. der Inhaber der Datensammlung;
b. der Zweck des Bearbeitens;
c. die Kategorien der Datenempfänger, wenn eine Datenbekanntgabe vorgesehen ist;
d. das Auskunftsrecht nach Artikel 8;
e. die Folgen einer Weigerung der betroffenen Person, die verlangten Personendaten anzugeben.
3 Werden die Daten nicht bei der betroffenen Person beschafft, so hat deren Information spätestens bei der Speicherung der Daten oder, wenn
BGE 148 II 349 S. 354
die Daten nicht gespeichert werden, mit ihrer ersten Bekanntgabe an Dritte zu erfolgen.
4 Die Informationspflicht der Bundesorgane entfa?llt, wenn die betroffene Person bereits informiert wurde oder, in Fällen nach Absatz 3, wenn:
a. die Speicherung oder die Bekanntgabe der Daten ausdru?cklich im Gesetz vorgesehen ist; oder
b. die Information nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand möglich ist.
[5...].
4.5.2 Art. 18a DSG verpflichtet die Behörden, die Betroffenen
grundsätzlich über jede Beschaffung von Personendaten in Kenntnis zu setzen (vgl. Botschaft vom 11. September 2009 über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme des Rahmenbeschlusses 2008/ 977/JI vom 27. November 2008 über den Schutz von Personendaten im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, BBl 2009 6749, 6774 Ziff. 6.2.3). Damit soll den Betroffenen die Beurteilung über die Zulässigkeit der Datenbeschafung ermöglicht werden (vgl. WALDMANN/BICKEL, a.a.O., § 12 Rz. 76; CLAUDIA MUND, in: Datenschutzgesetz [DSG], 2015, N. 4 zu
Art. 18a DSG; ANDREA TAORMINA, in: Basler Kommentar, Datenschutzgesetz, Öffentlichkeitsgesetz, 3. Aufl. 2014, N. 3 zu
Art. 18a DSG).
Art. 18a DSG will somit auch dem
Präventivschutz nachkommen (vgl. TAORMINA, a.a.O., N. 3 zu
Art. 18a DSG).
Aus dem Wortlaut von
Art. 18a Abs. 1 und 3 DSG ergibt sich dabei, dass die betroffene Person grundsätzlich spätestens bei der Datenbeschaffung informiert wird bzw. werden muss. Werden die Personendaten nicht bei der betroffenen Person beschafft, muss diese spätestens bei der Speicherung oder zum Zeitpunkt der Bekanntgabe an Dritte informiert werden (vgl. dazu TAORMINA, a.a.O., N. 16 zu
Art. 18a DSG, und weiterführend
derselbe, a.a.O., N. 17 zu
Art. 18a DSG; a.M. MUND, a.a.O., N. 7 und 10 zu
Art. 18a DSG).
4.5.3 Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Frage, dass
Art. 18a DSG grundsätzlich auf sie als Bundesbehörde Anwendung finde. Sie vertritt jedoch die Auffassung, die amtshilfeweise Bekanntgabe der erheblichen Drittpersonendaten sei ausdrücklich im jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) bzw. im einschlägigen Bundesgesetz (Art. 4 Abs. 3 und Art. 20 des Bundesgesetzes vom 28. September 2012 über die internationale Amtshilfe in Steuersachen
BGE 148 II 349 S. 355
[Steueramtshilfegesetz, StAhiG; SR 651.1]) vorgesehen, womit die generelle Informationspflicht gemäss
Art. 18a Abs. 4 lit. a DSG entfalle. Eventualiter stellt sie sich auf den Standpunkt, die Informationspflicht würde gestützt auf
Art. 18a Abs. 4 lit. b DSG entfallen, da die Information nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand möglich sei, was dargelegt worden sei.
5. Zu prüfen ist demnach zunächst, ob es der Beschwerdeführerin gestützt auf
Art. 18a Abs. 4 DSG gestattet ist, bei der Datenerhebung zwecks Durchführung der Amtshilfe von der generellen vorgängigen Information gegenüber Dritten (
Art. 18a Abs. 1 DSG) abzusehen.
5.1 Die Informationspflicht entfällt, wenn eine spezialgesetzliche Grundlage die Bekanntgabe von Daten ausdrücklich vorsieht (
Art. 18a Abs. 4 lit. a DSG; vgl. hiervor E. 4.5.1). Nachdem der Bundesrat im Frühjahr 2009 beschlossen hat, bei der Amtshilfe in Steuersachen den Standard nach Art. 26 des OECD-Musterabkommens (nachfolgend: OECD-MA) zu übernehmen, regelt das 2013 in Kraft gesetzte StAhiG den Vollzug der Amtshilfe (Botschaft vom 6. Juli 2011 zum Erlass eines Steueramtshilfegesetzes, BBl 2011 6193, 6196 f. Ziff. 1.1). Wie das Bundesgericht schon verschiedentlich festgestellt hat, ist der Vollzug der Amtshilfe nicht bloss auf direkt betroffene Personen beschränkt, über die im Amtshilfeverfahren Informationen verlangt werden (
Art. 3 lit. a StAhiG), sondern er umfasst auch Dritte, wenn Informationen über sie voraussichtlich relevant sind (
Art. 4 Abs. 3 StAhiG;
BGE 143 II 506 E. 5.2.1). Das entspricht dem Standard von Art. 26 Abs. 1 OECD-MA, wonach die zuständigen Behörden der Vertragsparteien die voraussichtlich erheblichen Informationen austauschen (BBl 2011 6218 Ziff. 2.4).
5.2 Art. 4 Abs. 3 StAhiG lautet: "Die Übermittlung von Informationen zu Personen, die nicht [direkt vom Amtshilfeverfahren] betroffene Personen sind, ist unzulässig, wenn diese Informationen für die Beurteilung der Steuersituation der betroffenen Person nicht voraussichtlich relevant sind oder wenn berechtigte Interessen von Personen, die nicht betroffene Personen sind, das Interesse der ersuchenden Seite an der Übermittlung der Informationen überwiegen."
Das Gesetz verbietet ausschliesslich die Übermittlung von Informationen, die nicht voraussichtlich relevant sind. Sofern die Daten jedoch voraussichtlich erheblich sind, ist die Datenübermittlung zulässig: Im Rahmen der Rechtsprechung zeigt sich denn auch, dass
BGE 148 II 349 S. 356
immer wieder Daten von Dritten voraussichtlich erheblich sind, um einen wirksamen Informationsaustausch zu gewährleisten (vgl. für einen Überblick Urteil 2C_545/2019 vom 13. Juli 2020 E. 4.3). Solche Daten betreffen - beispielsweise - die Identität von an Banktransaktionen beteiligten Dritten (
BGE 142 II 161 E. 4.6.2), zeichnungsberechtigte Drittpersonen wie auch wirtschaftlich Berechtigte (z.B. Urteile 2C_703/2020 vom 15. März 2021 E. 5 und 6; 2C_387/ 2016 vom 5. März 2018 E. 5), Bevollmächtigte (Urteil 2C_963/2014 vom 24. September 2015 E. 6.2, nicht publ. in:
BGE 141 II 436) oder die Namen von Mitarbeitern von mit dem Steuerpflichtigen verbundenen Gesellschaften (Urteil 2C_310/2020 vom 1. Dezember 2020 E. 4).
Das Gesetz äussert sich dabei auch zur (beschränkten) Informationspflicht gegenüber Drittpersonen: Im Rahmen von
Art. 14 Abs. 2 StAhiG hat die ESTV nur diejenigen Drittpersonen über das Amtshilfeverfahren in Kenntnis zu setzen, deren Beschwerdelegitimation im Sinne von
Art. 19 Abs. 2 StAhiG aufgrund der Akten evident ist (
BGE 146 I 172 E. 7.2; Urteil 2C_687/2019 vom 13. Juli 2020 E. 6.2-6.4).
5.3 Das StAhiG sieht damit ausdrücklich die Übermittlung von voraussichtlich erheblichen Daten von durch das Amtshilfeverfahren nicht unmittelbar betroffenen Personen vor (
Art. 4 Abs. 3 StAhiG). Es regelt zugleich ausdrücklich, wann gegenüber Dritten diesbezüglich eine Informationspflicht besteht (
Art. 14 Abs. 2 StAhiG). Die Voraussetzungen von
Art. 18a Abs. 4 lit. a DSG wären folglich erfüllt, womit eine vorgängige datenschutzrechtliche Informationspflicht nach dieser Bestimmung grundsätzlich entfiele.
Es stellt sich indessen die Frage, ob die spezialgesetzliche Grundlage für die Datenbearbeitung und den damit verbundenen Grundrechtseingriff hinreichend bestimmt ist.
5.3.1 Dritte, deren Personendaten amtshilfeweise übermittelt werden, sind in ihrer Privatsphäre und ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach
Art. 13 Abs. 1 und 2 BV,
Art. 8 EMRK und nach
Art. 17 UNO-Pakt II (SR 0.103.2) betroffen. Ob eine Norm, die dieses Grundrecht einschränkt, hinreichend bestimmt ist, hängt davon ab, ob die gemäss DSG betroffene Person aus der gesetzlichen Regelung ersehen kann, dass die sie betreffenden Daten gespeichert oder bekanntgegeben werden dürfen (vgl.
BGE 144 I 126 E. 6.1; Urteil des EGMR
G.S.B. gegen Schweiz vom 22. Dezember
BGE 148 II 349 S. 357
2015 [Nr. 28601/11] § 68 f.). Nur so kann sie die ihr nach dem DSG zustehenden Rechtsansprüche sachgerecht durchsetzen (vgl. hiervor E. 4.1 i.f.).
5.3.2 Ob eine Norm, die das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung einschränkt, hinreichend bestimmt ist, misst sich auch daran, wie schwer der Grundrechtseingriff wiegt (
BGE 139 I 280 E. 5.1;
BGE 136 I 87 E. 3.1;
BGE 135 I 169 E. 5.4.1). Die Schwere des Eingriffs beurteilt sich anhand der Eigenheiten der zu übertragenden Daten und der damit verbundenen Eingriffsintensität. Das Bundesgericht spricht in Bezug auf den Schutzbereich von
Art. 13 Abs. 1 BV bzw.
Art. 8 EMRK von Privat- und Geheim- (bzw. Intim-)sphäre (vgl.
BGE 144 II 77 E. 5.2;
BGE 141 IV 77 E. 5.2;
BGE 138 I 331 E. 5.1). Sehr sensible höchstpersönliche Informationen wie beispielsweise ärztliche Aufzeichnungen erachtet es als in besonderem Masse geschützt (
BGE 141 IV 77 E. 5.2; vgl. bereits
BGE 122 I 153 E. 6b/bb). In
BGE 138 II 346 verwendete es zudem den Begriff der (an sich harmlosen) Informationen in der Öffentlichkeitssphäre, die sich unter spezifischen Umständen zu datenschutzrechtlich relevanten Persönlichkeitsprofilen verdichten können (
BGE 138 II 346 E. 8.2). Das DSG definiert seinerseits "besonders schützenswerte Personendaten" etwa als Daten über die Gesundheit oder die Intimsphäre, über religiöse, weltanschauliche oder politische Tätigkeiten, über Sozialhilfe sowie administrative oder strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen (
Art. 3 lit. c Ziff. 1-4 DSG; vgl. hiervor E. 4.3).
Auch der EGMR hält fest, der Schutz personenbezogener Daten sei von einer Reihe von Faktoren abhängig, darunter die Art des Eingriffs und dessen Zweck. Steht ein besonders wichtiger Aspekt der Existenz oder Identität einer Person auf dem Spiel ("un aspect particulièrement important de l'existence ou de l'identité d'un individu"), ist die Rechtsprechung besonders streng (Urteile G.S.B., § 93; S. und Marper gegen Vereinigtes Königreich vom 4. Dezember 2008 [Nr. 30562/04 und 30566/04]§ 102 mit weiteren Hinweisen).
5.3.3 Für allgemeine Auskunftsersuchen sind in der Regel Geschäftsbeziehungen oder Bankverbindungen betroffen. Es handelt sich mithin um Daten (von Dritten), die im Sinne des DSG nicht als besonders schützenswert gelten (
Art. 3 lit. c DSG) und deren datenschutzrechtliche Bearbeitung nach
Art. 17 Abs. 2 DSG keine formellgesetzliche Grundlage voraussetzt (vgl. zu dieser hier lediglich vergleichend heranzuziehenden Bestimmung
BGE 143 I 253 E. 4.9;
BGE 148 II 349 S. 358
BGE 142 II 268 E. 6.4.1; hiervor E. 4.3). Auch der EGMR erachtet Amtshilfedaten wie beispielsweise eine Bankverbindung als keine intime oder mit der Identität eng verknüpften Daten, die unter erhöhtem Schutz stünden. In einem Verfahren betreffend die Schweiz hält er diesbezüglich fest: "Seules sont en question ses données bancaires, soit des informations purement financières; il ne s'agissait donc nullement de données intimes ou liées étroitement à son identité qui auraient mérité une protection accrue" (Urteil
G.S.B., § 93).
5.3.4 Es ergibt sich somit, dass der Eingriff in Verfassungsrechte im Zusammenhang mit den bei der Amtshilfe zu erhebenden Daten spezialgesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist. In aller Regel wiegen dabei die Grundrechtseingriffe nicht besonders schwer, sodass die Anforderungen an die Bestimmtheit der Norm ebenfalls nicht übermässig hoch sind.
Art. 4 Abs. 3 StAhiG erfüllt diese grundrechtlichen Anforderungen an die spezialgesetzliche Grundlage.
5.3.5 Zu erinnern ist zusätzlich an den Umstand, dass die Datenübermittlung bei Drittpersonen gemäss Spezialgesetz von vornherein eingeschränkt ist: Zunächst ist nach
Art. 4 Abs. 3 StAhiG die Übermittlung von Informationen von nicht betroffenen Personen nach StAhiG unzulässig. Die Informationen können nur dann übermittelt werden, wenn sie voraussichtlich erheblich sind oder wenn überwiegende Interessen dafür sprechen - andernfalls sind entsprechende Daten zu schwärzen. Sodann kommt den Betroffenen aus dem Spezialitätsprinzip spezifischer Schutz zu (dazu eingehend der die Rechtsprechung präzisierende
BGE 146 I 172 E. 7.1.3 mit Hinweisen).
5.3.6 Demnach sind die spezialgesetzlichen Bestimmungen im Sine von
Art. 18a Abs. 4 lit. a DSG genügend bestimmt, dass der Nicht-Betroffene nach dem StAhiG daraus ersehen kann, dass Daten beschafft und weitergegeben werden können. Eine gesetzliche Grundlage für eine Informationsbeschaffung über nicht betroffene Personen nach dem StAhiG liegt vor. Die vorgängige Informationspflicht entfällt aufgrund der spezialgesetzlichen Grundlage (
Art. 4 Abs. 3 DSG). Es ist darauf hinzuweisen, dass dies generell zutrifft; indessen im Einzelfall, falls sich die zu übertragenden Daten als besonders schützenswert erweisen, eine vorgängige Information der Drittperson geboten sein
kann (vgl. hiervor E. 5.3.2 f. e contrario).
Dieses Ergebnis erweist sich schliesslich auch als vereinbar mit den konventionsrechtlichen Vorgaben: Der EGMR anerkennt das
BGE 148 II 349 S. 359
gewichtige öffentliche Interesse, Amtshilfeersuchen Folge zu leisten, um Steuerflucht zu verhindern (vgl. Urteil
G.S.B., § 94). Er hat zudem entschieden,
Art. 8 EMRK verlange nicht, dass alle potentiell involvierten Personen vorgängig über den rechtmässigen Austausch von steuerbezogenen Daten informiert werden müssen (Entscheid des EGMR
Othymia Investments BV gegen Niederlande vom 16. Juni 2015 [Nr. 75292/10]§ 44 mit Hinweisen).
5.4 Somit ist festzuhalten, dass die generelle vorgängige Informationspflicht der Beschwerdeführerin nach
Art. 18a Abs. 4 lit. a DSG aufgrund der spezialgesetzlichen Grundlage im StAhiG entfällt. Vor diesem Hintergrund braucht nicht geprüft zu werden, ob auch die Voraussetzungen von
Art. 18a Abs. 4 lit. b DSG erfüllt sind.