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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_592/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 24. August 2017  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichter Schöbi, Bovey, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokat Dr. Nicolas Roulet, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Advokat Dr. Erik Johner, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Eheschutz, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Zivilrecht, vom 12. Juni 2017. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
B.________ (geb. 1964) und A.________ (geb. 1985) heirateten 2016 in U.________. 
 
B.   
Am 13. Dezember 2016 ersuchte der Ehemann um Regelung des Getrenntlebens. 
Mit Eheschutzentscheid vom 17. Februar 2017 bewilligte das Kreisgericht Basel-Landschaft West rückwirkend auf den 25. September 2016 das Getrenntleben, teilte die eheliche Wohnung dem Ehemann zu und regelte den Unterhalt. Vor dem Hintergrund der finanziellen Verhältnisse auferlegte es die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- dem Ehemann und verpflichtete diesen überdies zu einem reduzierten Parteikostenbeitrag von Fr. 1'200.--. 
Mit Entscheid vom 12. Juni 2017 modifizierte das Kantonsgericht Basel-Landschaft den Unterhalt, teilte aber die eheliche Wohnung ebenfalls dem Ehemann zu, wobei es die der Ehefrau zum Auszug gesetzte Frist auf Ende August 2017 verlängerte. Es wies die Berufung auch in Bezug auf die erstinstanzliche Kostenregelung ab. Die oberinstanzlichen Gerichtskosten auferlegte es vor dem Hintergrund der finanziellen Verhältnisse dem Ehemann, ohne Parteikostenentschädigungen zuzusprechen. 
 
C.   
Gegen den oberinstanzlichen Entscheid hat die Ehefrau am 7. August 2017 eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben, mit welcher sie die Zuteilung der ehelichen Wohnung an sich und die Auferlegung ausserordentlicher Kosten von Fr. 3'258.45 an den Ehemann verlangt. Ferner stellte sie Gesuche um aufschiebende Wirkung und unentgeltliche Rechtspflege. Mit Stellungnahme vom 17. August 2017 schloss der Beschwerdegegner auf Abweisung des Gesuches um aufschiebende Wirkung. In der Sache wurden keine Vernehmlassungen, aber die kantonalen Akten eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Eheschutzentscheid. Der Mindeststreitwert von Fr. 30'000.-- kann als gegeben betrachtet werden, zumal vor letzter Instanz neben der Wohnungszuteilung und den Verfahrenskosten auch die Unterhaltsfrage streitig blieb (vgl. Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen steht somit offen (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 2 und Art. 90 BGG). 
Bei Eheschutzentscheiden handelt es sich um vorsorgliche Massnahmen im Sinn von Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 5.1 S. 397; Urteile 5A_705/2013 vom 29. Juli 2014 E. 1.2; 5A_746/2014 vom 30. April 2015 E. 1.1), so dass nur die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte möglich ist, wofür das strenge Rügeprinzip gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG gilt. 
 
2.   
Umstritten ist in erster Linie die Zuteilung der ehelichen Wohnung. 
 
2.1. Das Kantonsgericht hat die Zuteilungskriterien zutreffend dargestellt und die Wohnung dem Ehemann zugewiesen mit dem Argument, dass er seit 25 Jahren ununterbrochen darin gelebt habe. Er sei in der Umgebung verwurzelt und habe seinen gesamten Hausrat in der Wohnung, während die Ehefrau dort lediglich über einen Schrank und eine Kommode verfüge und ihre Umzugskisten im Keller verstaut und noch nicht ausgepackt seien, so dass für sie mit dem Auszug ein vergleichsweise geringer Aufwand anfalle. Soweit die Ehefrau den Zuweisungsanspruch mit ihrem Aufenthaltsstatus begründe, müsse sie sich entgegenhalten lassen, dass sie vor dem Kennenlernen des Ehemannes trotz des illegalen Aufenthaltes in der Lage gewesen sei, eine Unterkunft zu finden. Sodann verfüge sie über schriftliche und gute mündliche Deutschkenntnisse. Überdies habe sie in unmittelbarer Nähe von Basel Verwandte, die sie bei der Wohnungssuche unterstützen könnten. Angesichts des zuzusprechenden Unterhaltes sei sie finanziell auch in der Lage, eine neue Wohnung zu finanzieren.  
 
2.2. Für die auf Art. 176 Abs. 1 Ziff. 6 ZGB gestützte Zuteilung der ehelichen Wohnung sind - was vorliegend nicht der Fall ist - vorrangig die Interessen allfälliger Kinder zu beachten. Sodann stehen - was vorliegend ebenfalls nicht der Fall ist - gesundheitliche oder berufliche Bedürfnisse im Vordergrund. Weiter können auch Affektionsinteressen berücksichtigt werden. Führt die hierauf basierende Interessenabwägung, wem die Wohnung besser dient bzw. wem der Auszug eher zugemutet werden kann, zu keinem eindeutigen Ergebnis, ist im Zweifel den Eigentums- oder anderen rechtlich geordneten Nutzungsverhältnissen Rechnung zu tragen (vgl. BGE 120 II 1 E. 2c S. 3; zuletzt Urteile 5A_78/2012 vom 15. Mai 2012 E. 3.1; 5A_291/2013 vom 27. Januar 2014 E. 5.3; 5A_829/2016 vom 15. Februar 2017 E. 3.1).  
 
2.3. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, inwiefern das Kantonsgericht diese Kriterien in willkürlicher Weise angewandt hätte. Unter gelegentlicher Einstreuung des Wortes "willkürlich", aber weitgehend appellatorisch bringt sie vor, das Kantonsgericht habe keine vertiefte Prüfung vorgenommen, ohne jedoch substanziiert darzulegen, was in willkürlicher Weise nicht geprüft worden wäre. Ihr Hauptargument, sie habe insofern klar den grösseren Nutzen an der Wohnung, als ihr Ehemann im Haushalt seiner Eltern untergekommen sei, während sie eine neue Wohnung suchen müsste, verfängt nicht; rechtsprechungsgemäss verzichtet derjenige Ehegatte, der vorläufig aus der ehelichen Liegenschaft auszieht, nicht auf deren Zuteilung (vgl. Urteil 5A_78/2012 vom 15. Mai 2012 E. 3.1).  
Die weiteren Ausführungen in der Beschwerde (Frage des Vorliegens einer Scheinehe; Frage der Bleibemöglichkeit in der Schweiz; eingereichte Strafanzeigen; vorübergehender Aufenthalt des Bruders in der Wohnung) tun nichts zur Sache und wurden denn auch nicht zur Grundlage des angefochtenen Entscheides gemacht. Weiterungen hierzu erübrigen sich. 
Hingegen nimmt die Beschwerdeführerin zu den einschlägigen und nachvollziehbaren Erwägungen der Vorinstanz keine Stellung, weshalb ihre Willkürrüge unsubstanziiert bleibt. Die Kernerwägung des Kantonsgerichtes geht dahin, dass der Ehemann seit 25 Jahren in der Wohnung lebt und sie auch komplett eingerichtet hat, während die Ehefrau nur wenige Monate dort gelebt hat und ihre Sachen immer noch unausgepackt im Keller verstaut sind, so dass der Auszug für sie leicht zu bewerkstelligen ist. Offensichtlich ist vor diesem Hintergrund der Ehefrau ein Auszug eher zuzumuten als dem Ehemann und Willkür ist nicht im Ansatz ersichtlich, geschweige denn dargetan. 
 
3.   
Ferner wird auch die kantonale Kostenverlegung als willkürlich kritisiert. 
 
3.1. Das Kantonsgericht ist auf das Begehren der Beschwerdeführerin um einmalige zusätzliche Unterhaltszahlung von Fr. 5'000.-- zur Begleichung von ausserordentlichen Kosten nicht eingetreten mit der Begründung, ihr Rechtsvertreter habe es unterlassen, die Kosten der rechtlichen Vertretung im erstinstanzlichen Verfahren zu substanziieren, namentlich durch Vorlage einer Honorarnote.  
Betreffend die oberinstanzlichen Kosten hat das Kantonsgericht in rechtlicher Hinsicht erwogen, dass keine ermessensweise Kostenverteilung nach Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO angezeigt sei, sondern die Prozesskosten gemäss Art. 106 Abs. 2 ZPO nach dem Ausgang des Verfahrens zu verteilen seien. In tatsächlicher Hinsicht hat es unter Erhöhung des Grundbetrages um 15 % und unter Berücksichtigung der mit dem angefochtenen Entscheid neu zugesprochenen Unterhaltsbeiträge einen Überschuss der Beschwerdeführerin von Fr. 3'000.-- während der fünf Monate März bis Juli 2017 (Dauer des Beschwerdeverfahrens) festgestellt. Davon ausgehend hat es befunden, dass sie die Anwaltskosten von Fr. 3'042.45 (inkl. Auslagen und MWSt) des Berufungsverfahrens selbst tragen könne, jedoch die Gerichtskosten integral dem Beschwerdegegner aufzuerlegen seien. 
 
3.2. Soweit die Beschwerdeführerin in tatsächlicher Hinsicht behauptet, ihre effektiven Einnahmen hätten für die betreffende Zeit nur Fr. 2'450.-- pro Monat betragen (Erwerbseinkommen von Fr. 1'800.-- und erstinstanzlich zugesprochene Unterhaltsbeiträge von Fr. 650.--), setzt sie sich nicht in substanziierter Form mit der Begründung des Kantonsgerichts auseinander, dass ihr die mit dem Berufungsentscheid erhöhten Unterhaltsbeiträge anzurechnen seien. Die Rüge bleibt somit unsubstanziiert und scheitert bereits formell. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, es sei ihr ein hypothetisches Einkommen angerechnet worden, würde aber auch materiell an der Sache vorbeigehen, weil die mit dem angefochtenen Entscheid zugesprochenen höheren Unterhaltsbeiträge nicht als hypothetisch angesehen werden können; die Beschwerdeführerin bringt jedenfalls nicht vor, dass der klarerweise leistungsfähige Ehemann nicht gewillt wäre, diese zu bezahlen, und sie bei ihm nicht erhältlich gemacht werden könnten.  
Wenn die Beschwerdeführerin in tatsächlicher Hinsicht sodann geltend macht, es seien im Berufungsverfahren höhere Anwaltskosten angefallen, zeigt sie nicht auf, wo und an welcher Stelle ihr Rechtsvertreter solche vor Kantonsgericht prozesskonform geltend gemacht hätte, dies aber im angefochtenen Entscheid willkürlich nicht berücksichtigt worden wäre. Auch diese Rüge bleibt folglich unsubstanziiert. 
 
3.3. Kann auf die Sachverhaltsrügen nicht eingetreten werden, fehlt es der - im Übrigen nicht weiter begründeten - Rüge der Verletzung des Anspruches auf unentgeltliche Rechtspflege (Art. 29 Abs. 3 BV) am tatsächlichen Boden. Im Übrigen ginge diesem der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegenüber dem leistungsfähigen Ehegatten vor (BGE 138 III 672 E. 4.2.1 S. 674), wie er insbesondere für die erstinstanzlichen Kosten gefordert, aber vom Kantonsgericht verweigert worden war, weshalb vorab aufgezeigt werden müsste, inwiefern ihr ein solcher in willkürlicher Weise verweigert worden sein soll.  
 
3.4. In rechtlicher Hinsicht wird vorgebracht, der Beschwerdegegner hätte angesichts seines Vermögens aufgrund von Art. 163 ff. ZGB unabhängig vom Ausgang des Verfahrens für alle Kosten aufkommen müssen. Diese appellatorischen und allein auf das ZGB Bezug nehmenden Ausführungen genügen nicht. Die Kostenverteilung erfolgt, wie dies das Kantonsgericht korrekt festgehalten hat, gestützt auf Art. 106 f. ZPO; die Beschwerdeführerin müsste ausdrücklich deren willkürliche Anwendung rügen und dies überdies substanziiert begründen. Mithin scheitert auch die in Bezug auf die Kostenverteilung vorgebrachte Rüge.  
 
4.   
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann. Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, muss sie als von Anfang an aussichtslos gelten, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist. Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und sie hat den Beschwerdegegner für die Stellungnahme zur aufschiebenden Wirkung zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.   
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 500.-- zu entschädigen. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivilrecht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. August 2017 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli