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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_84/2021  
 
 
Urteil vom 2. Februar 2022  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Kiss, Niquille, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichterin May Canellas, 
Gerichtsschreiber Gross. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Viktor Vekselberg, 
vertreten durch Rechtsanwälte 
Dr. Roberto Dallafior und Tobias Thaler, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
PostFinance AG, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Weiterführung der Geschäftsbeziehung, Kontrahierungspflicht, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Handelsgerichts des Kantons Bern vom 17. November 2020 (HG 19 16). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Viktor Vekselberg (Kläger, Beschwerdeführer) ist russischer Staatsbürger mit Wohnsitz in der Schweiz. Er ist insbesondere im Energiesektor tätig. Zudem hält er zahlreiche Beteiligungen, unter anderem an den börsenkotierten Grossunternehmungen OC Oerlikon und der Sulzer AG. Er ist auch Gründer der russischen Renova Group, die eine Vielzahl von Beteiligungen in verschiedenen Wirtschaftssektoren hält.  
Die PostFinance AG (Beklagte, Beschwerdegegnerin) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Bern. Sie wurde gestützt auf Art. 14 des Bundesgesetzes über die Organisation der Schweizerischen Post vom 17. Dezember 2010 (Postorganisationsgesetz, POG; SR 783.1) von der Schweizerischen Post AG ausgegliedert. Gemäss Art. 2 Abs. 2 der Postverordnung vom 29. August 2012 (VPG; SR 783.01) erfüllt sie die Pflicht der Post zur Grundversorgung sämtlicher Landesteile mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs (vgl. auch Art. 1 und Art. 32 des Postgesetzes [PG; SR 783.0] sowie Art. 43 ff. VPG). Den Zahlungsverkehr mit Bezug zum Ausland wickelt sie mittels Korrespondenzbanken ab, mit welchen sie entsprechende Vertragsbeziehungen unterhält. Sie verfügt bei diesen Banken über Nostrokonten. 
 
A.b. Im April 2018 wurde der Kläger (wie auch die Renova Group) vom " US Office of Foreign Assets Control " (OFAC) im Rahmen der erweiterten Sanktionen gegen Russland als " Specially Designated National and Blocked Person " (SDN) gelistet. Die Sanktionen, welche die gelisteten Personen betreffen, sind im " Ukraine Freedom Support Act " (UFSA), im " Countering America's Adversaries Through Sanctions Act " (CAATSA) und ergänzenden Richtlinien festgehalten. Mittels dieser Richtlinien wird es " U.S. Persons " unter anderem verboten, Transaktionen mit SDN und mit von SDN zu mehr als 50 % kontrollierten Gesellschaften zu tätigen. Sodann sind auch sogenannte " Sekundärsanktionen " vorgesehen.  
 
A.c. Der Kläger sandte der Beklagten am 2. Oktober 2018 eine Anfrage zur Eröffnung je eines Privatkontos in Schweizer Franken und in Euro. Nach einzelnen Rückfragen teilte die Beklagte dem Kläger am 29. November 2018 schriftlich die Eröffnung des Kontos xxx in Schweizer Franken und des Kontos yyy in Euro mit. Am 3. Dezember 2018 liess sie ihm für diese Konten je eine PostFinance-Karte zukommen. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2018 teilte die Beklagte dem Kläger schliesslich die Beendigung der Geschäftsbeziehung in Bezug auf beide Konten mit. Zur Begründung führte sie aus:  
 
"An analysis of your customer file has revealed that our strategy does not match your profile and/or that we are not in a position to comply with our due diligence requirements". 
 
B.  
Mit Klage vom 12. Februar 2019 beim Handelsgericht des Kantons Bern verlangte der Kläger, die Beklagte sei zu verpflichten, die Geschäftsbeziehung mit ihm aufrechtzuerhalten und das Postkonto in Schweizer Franken mit der Nummer xxx, lautend auf den Kläger, weiterzuführen. 
Das Handelsgericht wies die Klage mit Entscheid vom 17. November 2020 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 1. Februar 2021 beantragt der Kläger, das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Bern vom 17. November 2020 sei kostenfällig aufzuheben und die Klage zu schützen. Eventualiter sei die Beklagte zu verpflichten, die Geschäftsbeziehung mit ihm im Rahmen der Grundversorgung gemäss Art. 43 Abs. 1 VPG aufrechtzuerhalten und das auf ihn lautende Privatkonto in Schweizer Franken mit der Nummer xxx im Rahmen der Grundversorgung gemäss Art. 43 Abs. 1 VPG weiterzuführen. Subeventualiter sei der Entscheid des Handelsgerichts Bern aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen. 
Die Beschwerdegegnerin beantragt die kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die Parteien haben unaufgefordert repliziert und dupliziert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist - unter Vorbehalt einer genügenden Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) - einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Die Beschwerde ist hinreichend zu begründen, ansonsten darauf nicht eingetreten werden kann (BGE 140 III 115 E. 2; 134 II 244 E. 2.1). In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Unerlässlich ist dabei, dass auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingegangen und im Einzelnen aufgezeigt wird, worin eine vom Bundesgericht überprüfbare Rechtsverletzung liegt. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerde an das Bundesgericht nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 140 III 115 E. 2, 86 E. 2).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2, 264 E. 2.3). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 BGG).  
Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweisen). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern die genannten Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2). Genügt die Kritik diesen Anforderungen nicht, können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der vom angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1). 
 
3.  
Gemäss Art. 32 Abs. 1 PG hat die Post die landesweite Grundversorgung betreffend Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs sicherzustellen. Sie umschreibt im Rahmen der Vorgaben des Bundesrats in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), welche Dienstleistungen sie aus Gründen der Gefahrenabwehr oder des Schutzes berechtigter Interessen nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen erbringt (Art. 32 Abs. 2 PG). 
 
3.1. In Art. 43 Abs. 1 VPG wird die Grundversorgung mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs näher umschrieben. Diese umfasst mindestens ein Angebot für inländische Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs in Schweizer Franken für natürliche und juristische Personen mit Wohnsitz, Sitz oder Niederlassung in der Schweiz unter anderem wie folgt: das Eröffnen und Führen eines Zahlungsverkehrskontos (lit. a); die Anweisung zur Gutschrift vom eigenen Zahlungsverkehrskonto auf das Konto eines Dritten (lit. b). Es ist (zu Recht) unbestritten, dass die Grundversorgungspflicht nur inländische Dienstleistungen in Schweizer Franken umfasst.  
Art. 45 VPG regelt die Ausnahmen von der Grundversorgungspflicht. Nach dessen Abs. 1 in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung (nachfolgend: aVPG) kann die Beschwerdegegnerin Kundinnen und Kunden von der Benützung der Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs nach Art. 43 VPG ausschliessen, wenn nationale oder internationale Bestimmungen im Bereich der Finanzmarkt-, Geldwäscherei- oder Embargogesetzgebung der Erbringung der Dienstleistung widersprechen (lit. a) oder schwerwiegende Rechts- und Reputationsschäden drohen (lit. b). 
 
3.2. Per 1. Januar 2021 wurde Art. 45 Abs. 1 lit. a aVPG um den Ausnahmetatbestand ergänzt, dass die Einhaltung der Finanzmarkt-, Geldwäscherei- oder Embargogesetzgebung einen unverhältnismässig hohen Aufwand verursacht. Die Bestimmung lautet neu wie folgt:  
 
"Die PostFinance kann Kundinnen und Kunden von der Benützung der Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs nach Artikel 43 [VPG] ausschliessen, wenn nationale oder internationale Bestimmungen im Bereich der Finanzmarkt-, Geldwäscherei- oder Embargogesetzgebung der Erbringung der Dienstleistung widersprechen oder die Einhaltung dieser Gesetzgebung der Post einen unverhältnismässig hohen Aufwand verursacht." 
 
 
3.3. Die Beschwerdegegnerin hat in ihren AGB nebst den im Wesentlichen mit dem damaligen Verordnungstext übereinstimmenden Ausnahmegründen (vgl. hiervor E. 3.1) folgende Bestimmung aufgeführt (Ziff. 23 lit. b der AGB) :  
 
"[...] Ein vollständiger oder teilweiser Ausschluss eines Kunden von den genannten Dienstleistungen ist insbesondere möglich [...] wenn PostFinance durch die Überwachung der Kundenbeziehungen zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten ein unverhältnismässiger Aufwand entsteht [...]". 
 
4.  
Die Vorinstanz erwog, weder bestehe durch die Kontoführung für den Beschwerdeführer ein Widerspruch zu regulatorischen Bestimmungen im Sinne von Art. 45 Abs. 1 lit. a aVPG noch drohten schwerwiegende Rechts- oder Reputationsschäden gemäss Art. 45 Abs. 1 lit. b aVPG. Die sich aus den besonderen Verhältnissen - der Listung des Beschwerdeführers als SDN in den USA - ergebenden erhöhten Sorgfaltspflichten könnten grundsätzlich mit entsprechenden Massnahmen sichergestellt und erfüllt werden. Der durch solche Massnahmen entstehende Aufwand könne aber unter dem Aspekt des "unverhältnismässigen Aufwands" berücksichtigt werden. Insgesamt sei davon auszugehen, dass der Beschwerdegegnerin beim Eingehen der Geschäftsbeziehung mit dem Beschwerdeführer mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein unverhältnismässiger Aufwand entstünde. Sie könne sich daher auf eine Ausnahme von der Grundversorgungspflicht berufen. 
Im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren ist einzig umstritten, ob die Beschwerdegegnerin berechtigt ist, wegen unverhältnismässigen Aufwandes die Weiterführung der Geschäftsbeziehung mit dem Beschwerdeführer zu verweigern. Die Beschwerdegegnerin macht nicht (mehr) geltend, dass eine der beiden in Art. 45 Abs. 1 lit. a und b aVPG explizit erwähnten Ausnahmen vorliegen würde. Jedenfalls fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen voristanzlichen Erwägungen. Darauf ist somit nicht weiter einzugehen (vgl. E 2.1 hiervor). 
 
5.  
Die Vorinstanz ging zutreffend (vgl. auch Urteil 4A_417/2009 vom 26. März 2010 E. 3.4) davon aus, dass die Beschwerdegegnerin in ihren AGB keine zusätzliche Ausnahme von der Kontrahierungspflicht aufnehmen kann, weil die diesbezüglichen Ausnahmen im Postgesetz und in der Postverordnung abschliessend geregelt sind. Sie leitete das Bestehen des Ausnahmegrundes "unverhältnismässiger Aufwand" aus der Postverordnung in der zum Kündigungszeitpunkt bestehenden Fassung ab. 
 
5.1. Sie stellte vorab fest, eine bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Tragweite der Kontrahierungspflicht der Beschwerdegegnerin im Bereich der Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs im Allgemeinen und der Bedeutung der einschlägigen Verordnungsbestimmung im Speziellen fänden sich seit dem Inkrafttreten der Totalrevision der entsprechenden Gesetzgebung im Jahr 2012 nicht.  
 
5.1.1. Sie erwog sodann, Ausgangspunkt der Auslegung sei der Wortlaut einer Bestimmung. Weder Art. 32 Abs. 2 PG noch Art. 45 Abs. 1 aVPG würden den mit der Kontoführung verbundenen Aufwand als mögliche Ausnahme von der Kontrahierungspflicht erwähnen. Ebenso wenig lasse sich ein solcher Ausnahmegrund aus den in Art. 45 Abs. 1 aVPG erwähnten Ausnahmebestimmungen ableiten. Namentlich stelle ein Aufwand keinen Rechts- oder Reputationsschaden im Sinne von Art. 45 Abs. 1 aVPG lit. b dar. Auch hänge der behauptete Aufwand zwar mit den Bestimmungen im Bereich Finanzmarkt und Geldwäscherei zusammen. Nach dem Wortlaut von Art. 45 Abs. 1 aVPG lit. a solle aber nur ein Widerspruch zu dieser Gesetzgebung einen Ausnahmegrund darstellen, nicht aber der durch deren Einhaltung entstehende Aufwand. Weder aus der Systematik, noch aus dem Zweck der Bestimmung liessen sich sodann entscheidende Hinweise gewinnen.  
Nachdem die Postgesetzgebung erst im Jahr 2012 revidiert worden sei und es sich damit um neuere Bestimmungen handle, so die Vorinstanz weiter, komme aber den Materialien eine besondere Bedeutung zu. Die Botschaft vom 20. Mai 2009 zum Postgesetz (BBl 2009 5181 ff.) äussere sich nicht ausdrücklich zu den Ausnahmen von der Grundversorgung mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs. Im Erläuterungsbericht des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) zur Postverordnung vom 29. August 2012 (Erläuterungsbericht 2012), S. 25, werde dagegen ausdrücklich festgehalten, dass die Post nicht zur Eingehung von Kundenbeziehungen verpflichtet werden solle, "die beispielsweise zu einem nicht vertretbaren Aufwand bei der Überwachung der Kundenbeziehungen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten führen" (Herv. durch die Vorinstanz). Dies spreche für einen im Aufwand liegenden Ausnahmegrund. Allerdings sehe der Erläuterungsbericht 2012 einen "nicht vertretbaren Aufwand" vor, während sich die Beschwerdegegnerin auf einen "unverhältnismässigen Aufwand" stützen wolle. Die Betrachtung des Wortlauts lasse darauf schliessen, dass der nicht vertretbare Aufwand enger zu fassen sei als der unverhältnismässige Aufwand. Ersterer dürfte nach dem allgemeinen Wortgebrauch einen Aufwand umschreiben, der ausserhalb dessen liege, was als verkraftbar erachtet werden könne, mithin einen ausserordentlich grossen Aufwand darstelle. Ein unverhältnismässiger Aufwand entstehe hingegen, wenn dieser im Vergleich zum verfolgten Ziel und verglichen mit anderen Kunden nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis stehe, also kein vernünftiges Zweck-Mittel-Verhältnis mehr bestehe. 
 
5.1.2. Ausgehend von ihrer - oben beschriebenen (vgl. hiervor E. 5.1.1) - Unterscheidung zwischen "nicht vertretbarem Aufwand" einerseits und "unverhältnismässigem Aufwand" andererseits verwies die Vorinstanz aber weiter auf die Revision von Art. 45 Abs. 1 lit. a aVPG per 1. Januar 2021 (vgl. hiervor E. 3.2), um zu begründen, weshalb auch ein Ausnahmegrund des "unverhältnismässigen Aufwands" zulässig sei.  
Im erläuternden Bericht des UVEK zur Teilrevision der Postverordnung vom 10. März 2020 (Erläuterungsbericht 2020), S. 10, werde zur geplanten (mittlerweilen in Kraft getretenen) Änderung der Postverordnung ausgeführt: 
 
"In den Fällen, in welchen PostFinance ein unverhältnismässig hoher Aufwand entsteht, um die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten gemäss Geldwäschereigesetzgebung und der diesbezüglichen gemäss Praxis der FINMA aufgestellten Kriterien zu erfüllen, hat PostFinance das Recht, die Kundenbeziehung zu verweigern oder zu beenden. Die Praxis der Gerichte hat gezeigt, dass die geltenden Bestimmungen zu wenig präzise sind und insbesondere zu wenig klar regeln, wann PostFinance berechtigt ist, Kundinnen und Kunden im Bereich der Grundversorgung von der Nutzung der Dienstleistung auszuschliessen (Ausnahme von der Kontrahierungspflicht). Die geltenden Ausnahmebestimmungen bzw. die dazugehörenden Erläuterungen werden zu diesem Zweck redaktionell überarbeitet und ergänzt". 
 
Nach der Rechtsprechung, so die Vorinstanz weiter, könnten Vorarbeiten zu Gesetzesentwürfen, die noch nicht in Kraft getreten seien, im Sinne einer geltungszeitlichen Auslegung berücksichtigt werden, vor allem wenn es nur um eine Konkretisierung des bestehenden Rechtszustands gehe. Vorliegend handle es sich in diesem Sinne nur um eine redaktionelle Präzisierung. Somit könne sich die Beschwerdegegnerin zusätzlich zu den in Art. 45 Abs. 1 aVPG explizit genannten Ausnahmegründen auch auf einen Ausnahmegrund des unverhältnismässigen Aufwands berufen. 
 
5.2. Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von Art. 45 Abs. 1 i.V.m. Art. 43 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 aVPG i.V.m. Art. 32 PG geltend. Er rügt insbesondere, die Auslegung der Vorinstanz lasse sich im Hinblick auf den Wortlaut von Art. 45 Abs. 1 aVPG nicht rechtfertigen und stelle eine unzulässige Vorwirkung der neuen Verordnungsbestimmung dar.  
 
5.2.1. Der Wortlaut einer Bestimmung bildet Ausgangspunkt der Gesetzesauslegung. Ist er klar, d.h. eindeutig und unmissverständlich, darf vom Wortlaut nur abgewichen werden, wenn ein triftiger Grund für die Annahme besteht, der Wortlaut ziele am "wahren Sinn", d.h. am Rechtssinn der Regelung vorbei. Anlass für eine solche Annahme können die Entstehungsgeschichte der Bestimmung, ihr Zweck oder der Zusammenhang mit anderen Vorschriften geben, so namentlich, wenn die grammatikalische Auslegung zu einem Ergebnis führt, das der Gesetzgeber nicht gewollt haben kann (BGE 147 III 41 E. 3.3.1; 145 III 133 E. 6; 133 III 257 E. 2.4).  
Eine Gesetzesrevision kann bei der Auslegung einer Norm des früheren Rechts im Sinne einer Vorwirkung berücksichtigt werden, jedoch nur dann, wenn das System nicht grundsätzlich geändert wird, sondern lediglich eine Konkretisierung des Rechtszustands angestrebt oder eine Rechtslücke gefüllt wird (BGE 141 II 297 E. 5.5.3; 125 III 401 E. 2a; 124 II 193 E. 5d; Urteile 2C_544/2020 vom 29. April 2021 E. 5.5.2; 5A_336/2015 vom 3. März 2016 E. 4.3.3; 5A_92/2014 vom 23. Juli 2014 E. 2.3). 
 
5.2.2. Der angefochtene Entscheid verletzt diese Auslegungsgrundsätze.  
Vorerst ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass der Ausnahmetatbestand des unverhältnismässigen Aufwands durch den Wortlaut von Art. 45 Abs. 1 lit. a aVPG nicht gestützt wird. Die Vorinstanz weist zu Recht darauf hin, dass diese Norm nur von einem Widerspruch gegen die Bestimmungen im Bereich der Finanzmarkt-, Geldwäscherei- oder Embargogesetzgebung spricht, weshalb damit "einzig ein Verbot der Geschäftsbeziehung" (Herv. durch die Vorinstanz) gemeint sein könne. Der Ausnahmetatbestand des unverhältnismässigen Aufwands findet somit im Wortlaut von Art. 45 lit. a aVPG keine Stütze (vgl. auch EMMENEGGER/THÉVENOZ/REBER/HIRSCH, Das schweizerische Bankprivatrecht 2020, SZW 2021 S. 192 ff., S. 201 f.). Dies gilt gleichermassen für einen "nicht vertretbaren Aufwand". Ein Aufwandsausnahmetatbestand sieht der Wortlaut der Bestimmung nicht vor.  
Die Vorinstanz ist der Ansicht, dass "unverhältnismässiger Aufwand" dennoch eine Ausnahme von der Kontrahierungspflicht zu begründen vermöge. Sie stützt sich einerseits auf eine "geltungszeitliche Auslegung", indem sie argumentiert, dass es sich, wie sich aus dem Erläuterungsbericht 2020 ergebe, bei den per 1. Januar 2021 in Kraft tretenden Änderungen bloss um eine redaktionelle Präzisierung handle. Zudem verweist sie ergänzend auch auf den Erläuterungsbericht 2012, der sich gegen eine Pflicht zur Eingehung von Kundenbeziehungen ausspreche, die zu einem "nicht vertretbaren Aufwand" bei der Überwachung führten, wobei sie davon ausgeht, ein "nicht vertretbarer Aufwand" wäre enger zu verstehen als ein "unverhältnismässiger Aufwand" (vgl. hiervor E. 5.1.1). 
Dies überzeugt nicht. Die Vorinstanz führt selbst aus, weder aus der Systematik noch aus dem Zweck der Bestimmung (Art. 32 Abs. 2 PG i.Vm. Art. 45 Abs. 1 aVPG) liessen sich entscheidende Hinweise für die Auslegung der Bestimmung ableiten. Weiter macht sie geltend, es dürfte dem Zweck der Bestimmung entsprechen, dass die Beschwerdegegnerin nicht leichthin von ihrem Grundversorgungsauftrag entbunden werde, andernfalls dieser seine Wirkung nicht entfalten könne. Systematik und Zweck ergeben somit - wie die Vorinstanz selbst festhält - keine Anhaltspunkte, um vom klaren Wortlaut der Bestimmung abzuweichen. Auch die Entstehungsgeschichte zu Art. 45 Abs. 1 aVPG gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte, um ein Abweichen vom klaren Wortlaut zu rechtfertigen. Im Gegenteil, wenn der Verordnungsgeber unverhältnismässigen Aufwand als weiteren Grund neben dem Verstoss gegen die Finanzmarkt-, Geldwäscherei- oder Embargogesetzgebung hätte vorsehen wollen, hätte er das entsprechend geregelt. Die Vorinstanz weist in diesem Zusammenhang selbst zutreffend darauf hin, dass etwa Art. 14 Abs. 3 PG eine entsprechende Regelung enthalte und bestimme, dass der Bundesrat Ausnahmen von der Häufigkeit der Postzustellung vorsehen könne für einzelne Haushalte, die nur mit unverhältnismässigen Schwierigkeiten erreichbar seien. Nichts ändert, dass im Erläuterungsbericht 2012 von "nicht vertretbarem Aufwand" die Rede ist. Dieser Umstand vermag ein Abweichen vom klaren Wortlaut - im Sinne eines triftigen Grundes (vgl. hiervor E. 5.2.1) - nicht zu rechtfertigen. Zu Recht wurde in einer Besprechung des angefochtenen Entscheids auch betont, dass Art. 1 PG eine Grundversorgung mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs vorsehe und eine aufwandbedingte Einschränkung dieses Grundversorgungsauftrags sich nicht widerspruchsfrei in die Wertentscheidung des bestehenden Gesetzesrechts einfüge, sondern vielmehr eine weitreichende Relativierung enthalte, weshalb sie kein Abweichen vom klaren Wortlaut von Art. 45 Abs. 1 lit. a aVPG rechtfertige (EMMENEGGER/THÉVENOZ/REBER/ HIRSCH, a.a.O., S. 201 f.). Damit muss auch nicht auf die vorinstanzliche Abgrenzung von "unverhältnismässigem" und "nicht vertretbarem" Aufwand eingegangen werden. 
 
Die Vorinstanz hat sich - wie erwähnt - entscheidend auf die Ausführungen im Erläuterungsbericht 2020 gestützt, wonach die Praxis der Gerichte gezeigt habe, dass die geltenden Bestimmungen zu wenig präzise regeln würden, wann die Beschwerdegegnerin Kunden im Bereich der Grundversorgung mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs ausschliessen könne, weshalb die geltenden Bestimmungen "redaktionell überarbeitet und ergänzt" würden. Auf das Ungenügen der bisherigen Regelung in der Praxis der Gerichte verweist auch die Beschwerdegegnerin. Dass im Erläuterungsbericht 2020 von einer redaktionellen Überarbeitung die Rede ist, kann indessen nicht massgebend sein. Die Rede ist auch von "Ergänzung". Massgebend ist vielmehr, dass tatsächlich eine zusätzliche erhebliche Einschränkung der Kontrahierungspflicht vorgenommen wurde. Auch der Einwand der Beschwerdegegnerin, für den Gesetzgeber von 2012 sei nicht voraussehbar gewesen, welche Probleme sich bei der Anwendung von Art. 45 aVPG stellen würden, überzeugt nicht. Dass der Gesetzgeber durchaus mit der Möglichkeit rechnete, dass die Erfüllung des Grundversorgungsaufwands zu unverhältnismässigem Aufwand führen könnte, zeigt der von der Vorinstanz selbst zitierte Art. 14 Abs. 3 PG. Vielmehr geht es bei diesem Einwand schlicht darum, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber aufgrund der Gerichtspraxis offenbar Handlungsbedarf erkannte. Das aber ist der übliche Anstoss für eine neue Gesetzgebung und rechtfertigt keine Vorwirkung der am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen Bestimmung (vgl. hiervor E. 5.2.1). Die vorinstanzliche Auslegung verletzt Bundesrecht.  
Die Beschwerdegegnerin kann sich somit nicht darauf berufen, dass bereits mit der Postverordnung in der bis 31. Dezember 2020 geltenden Fassung unverhältnismässiger Aufwand eine Ausnahme von der Grundversorgungsverpflichtung zu begründen vermochte. Ob der Beschwerdeführer die Anwendbarkeit des Ausschlusskriteriums des unverhältnismässigen Aufwands während dem vorinstanzlichen Verfahren nicht bestritten hat, wie die Beschwerdegegnerin geltend macht, ist nicht massgebend. Denn welche Ausnahmekriterien anwendbar sind, ist eine Rechtsfrage. Damit war die Beendigung der Geschäftsbeziehung mit Schreiben vom 4. Dezember 2018 (Kündigung im Bereich der Grundversorgung mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs) nicht zulässig. 
Nichts ändert, dass im Zeitpunkt der Fällung des vorliegenden Urteils Art. 45 Abs. 1 VPG in der seit 1. Januar 2021 geltenden Fassung bereits in Kraft ist (vgl. hiervor E. 3.2). Zu beurteilen war vorliegend einzig die Zulässigkeit der Kündigung vom 4. Dezember 2018 als punktuelles, abgeschlossenes Ereignis. Auf diese Kündigung als unter altem Recht vorgenommene abgeschlossene Handlung kann die neue Postverordnung offensichtlich nicht rückwirkend angewendet werden. Nicht zu beantworten ist daher, ob der revidierte Art. 45 Abs. 1 lit. a VPG sich auf eine genügende gesetzliche Grundlage stützen kann bzw. unter welchen Voraussetzungen dies zu bejahen wäre (kritisch: EMMENEGGER/THÉVENOZ/REBER/HIRSCH, a.a.O., S. 202).  
 
6.  
Der Beschwerdeführer macht in seinem Rechtsbegehren nicht bloss geltend, die Kündigung vom 4. Dezember 2018 sei als ungültig zu erklären, sondern er verlangt allgemein, die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, die Geschäftsbeziehung mit ihm aufrechtzuerhalten. Dies gibt zu nachfolgenden Anmerkungen Anlass. Ist die vorliegend einzig beurteilte Beendigung der Geschäftsbeziehung vom 4. Dezember 2018 unzulässig, ist die Beschwerdegegnerin folgerichtig zu verpflichten, die Geschäftsbeziehung mit dem Beschwerdeführer aufrechtzuerhalten und das Postkonto Nr. xxx in Schweizer Franken, lautend auf den Beschwerdeführer, weiterzuführen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Beschwerdegegnerin der Kontrahierungspflicht insoweit zeitlich unbeschränkt unterstünde, als eine erneute Beendigung der Kontobeziehung gestützt auf eine geänderte Rechtslage per se ausgeschlossen wäre. Vielmehr wäre im Falle einer erneuten Beendigung in einem (allfälligen) neuen Verfahren die Zulässigkeit der erneuten Beendigung gemäss der geltenden Rechtslage zu klären. 
 
7.  
Die Beschwerde ist somit gutzuheissen. Der vorinstanzliche Entscheid ist aufzuheben. Beim Eventualantrag des Beschwerdeführers, wonach die Beschwerdegegnerin zu verpflichten sei, die mit ihm eingegangene Geschäftsbeziehung "im Rahmen der Grundversorgung gemäss Art. 43 Abs. 1 aVPG" aufrechtzuerhalten, handelt es sich nicht um eine inhaltliche Einschränkung des Hauptbegehrens, welches auf Verpflichtung der Beschwerdegegnerin zur Weiterführung tel quel lautet. Denn die Beschwerdegegnerin ist von Gesetzes wegen nicht verpflichtet, eine Geschäftsbeziehung einzuhalten, welche über den Grundversorgungsauftrag hinausgeht, da nur in diesem Rahmen eine Kontrahierungspflicht besteht. Damit ist die Klage gemäss Hauptantrag gutzuheissen und die Beschwerdegegnerin ist zu verpflichten, die Geschäftsbeziehung mit dem Beschwerdeführer aufrechtzuerhalten und das Postkonto in Schweizer Franken mit der Nummer xxx, lautend auf den Beschwerdeführer, weiterzuführen. 
 
8.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten von Fr. 8'000.-- der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 9'000.-- zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Die Vorinstanz wird die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens neu zu regeln haben (Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Bern vom 17. November 2020 wird aufgehoben und die Klage gutgeheissen. Die Beschwerdegegnerin wird verpflichtet, die Geschäftsbeziehung mit dem Beschwerdeführer aufrechtzuerhalten und das Postkonto in Schweizer Franken mit der Nummer xxx, lautend auf den Beschwerdeführer, weiterzuführen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 8'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 9'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Die Sache wird zu neuer Entscheidung über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an das Handelsgericht des Kantons Bern zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. Februar 2022 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Hohl 
 
Der Gerichtsschreiber: Gross