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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_1032/2021  
 
 
Urteil vom 2. August 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Marazzi, Schöbi, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Lorenzo Fornara, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Riccardo Schumacher und/oder Rechtsanwältin Michela Gianola, 
 
Beschwerdegegnerin, 
 
Betreibungsamt Winterthur-Stadt, 
Neustadtgasse 17, 8403 Winterthur. 
 
Gegenstand 
Pfändungsurkunde, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 30. November 2021 (PS210210-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 28. Mai 2019 vollzog das Betreibungsamt Winterthur-Stadt den Arrest Nr. xxx/2019 auf dem bei der C.________ Freizügigkeitsstiftung (nachfolgend: C.________) auf den Namen von A.________ lautenden Konto. Das auf diesem Konto befindliche Guthaben von Fr. 54'618.94 wurde am 6. August 2019 von der C.________ an das Betreibungsamt überwiesen. Gestützt auf einen Rechtshilfeauftrag des Betreibungsamtes Winterthur-Stadt vollzog das Betreibungsamt Lugano in der von B.________ angehobenen Betreibung Nr. yyy am 7. Juli 2021 die Pfändung. Am 16. August 2021 erstellte das Betreibungsamt Winterthur-Stadt die Pfändungsurkunde (Pfändung Nr. zzz).  
 
A.b. A.________ wandte sich gegen die Pfändung an das Bezirksgericht Winterthur, untere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, welches seine Beschwerde am 10. November 2021 abwies. Das Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs wies die gegen das erstinstanzliche Urteil erhobene Beschwerde am 30. November 2021 ebenfalls ab.  
 
B.  
Mit Eingabe vom 13. Dezember 2021 ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des Urteils des Obergerichts und der Pfändungsurkunde vom 16. August 2021 sowie die Freigabe und Überweisung des gepfändeten Guthabens. 
 
Zudem ersucht der Beschwerdeführer um Gewährung der aufschiebenden Wirkung. Das Begehren wurde mit Präsidialverfügung vom 14. Dezember 2021 abgewiesen. Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, indes keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen ist die Beschwerde in Zivilsachen gegeben (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Der Beschwerdeführer hat am kantonalen Verfahren teilgenommen und ist als Betreibungsschuldner vom angefochtenen Entscheid besonders berührt. Insoweit ist er zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 BGG).  
 
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nur soweit zulässig, als erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher auszuführen ist (BGE 133 III 393 E. 3). Dem beiläufig gestellten Rechtshilfeersuchen des Beschwerdeführers u.a. an das Commissariato Anticrimine in Carrara/Italien kann nicht entsprochen werden, da es an einer novenrechtlichen Begründung hierfür fehlt.  
 
2.  
Die Vorinstanz kam zum Ergebnis, dass die im Anschluss an einen Arrest bei der Personalvorsorgeeinrichtung C.________ gepfändete Austrittsleistung zum unbeschränkt pfändbaren Vermögen des Beschwerdeführers gehöre, da die Barauszahlung nach Eintritt des Freizügigkeitsfalles nicht mehr seiner Vorsorge diene. Demgegenüber bestreitet der Beschwerdeführer den Eintritt der Fälligkeit und damit die Pfändbarkeit der Freizügigkeitsleistung. Zudem sei die Pfändung durchgeführt worden, ohne sein Existenzminimum zu berechnen und seine schwierige finanzielle Situation zu berücksichtigen, was bei Kapitalleistungen der beruflichen Vorsorge nicht zulässig sei. 
 
3.  
Anlass zur Beschwerde gibt die Pfändbarkeit einer Freizügigkeitsleistung aus der beruflichen Vorsorge. 
 
3.1. Der Beschwerdeführer stellt die kantonale Zuständigkeit der Zürcher Aufsichtsbehörden zu Recht nicht in Frage. Zwar wurde die Pfändung durch das Betreibungsamt Lugano vollzogen, indes auf Rechtshilfeersuchen des Betreibungsamtes Winterthur, welches die Betreibung führt. Der Beschwerdeführer wehrt sich nicht gegen die Pfändungsmodalitäten, für deren Beurteilung die Aufsichtsbehörde des ersuchten Betreibungsamtes zuständig gewesen wäre, sondern gegen die Pfändung als solche (AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl. 2013, § 6 Rz. 30, § 22 Rz. 24; SIEVI, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 22 zu Art. 89).  
 
3.2. Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge sind vor Eintritt der Fälligkeit unpfändbar (Art. 92 Abs. 1 Ziff. 10 SchKG). Der Versicherte kann eine Barauszahlung der Austrittsleistung unter anderem verlangen, wenn er die Schweiz endgültig verlässt (Art. 5 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge; FZG, SR. 831.42). Ist der Anspruchsberechtigte verheiratet oder lebt in eingetragener Partnerschaft, so ist die schriftliche Zustimmung des Ehegatten oder des eingetragenen Partners oder der eingetragenen Partnerin erforderlich (Art. 5 Abs. 2 FZG). Das Begehren um Barauszahlung der Austrittsleistung im Freizügigkeitsfall ist eine Suspensiv- und Potestativbedingung, von der die Fälligkeit der Austrittsleistung abhängt (BGE 121 III 31 E. 2b; 120 III 75 E. 1a; Urteil 7B.22/2005 vom 21. April 2005 E. 3.2.1; Urteil 5A_907/2021 vom 20. April 2022 E. 6.3.3; BIANCHI, Previdenza professionale e diritto esecutivo, in: Schuldbetreibung und Konkurs im Wandel, Angst/Cometta/Gasser [Hrsg.], 2000, S. 218).  
 
3.3. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen, welche sich weitgehend auf die Erkenntnisse der Erstinstanz beziehen, hat die Ehefrau des Beschwerdeführers der C.________ ein Begehren auf Barauszahlung eingereicht. Zwar bestreite der Beschwerdeführer, seine Unterschrift darauf angebracht zu haben, ohne sich jedoch mit dem Umstand auseinanderzusetzen, dass das von ihm gegen die Ehefrau veranlasste Strafverfahren wegen Urkundenfälschung zwischenzeitlich eingestellt worden war. Da er in diesem Punkt den Begründungsanforderungen an eine Beschwerde nicht nachgekommen sei, ging die Vorinstanz wie die Erstinstanz von einem formgültigen Dokument aus. Damit liege eine gültige Barauszahlung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. a FZG vor.  
 
3.4. Vorab wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz vor, den Sachverhalt offensichtlich falsch festgestellt zu haben, indem sie von seiner Zustimmung zur Barauszahlung ausgegangen sei, obwohl er das nötige Formular nie selber unterzeichnet habe. Seine Unterschrift sei von einer Beamtin als vor ihr angebracht beglaubigt worden, obwohl dies nicht zutreffe. Deswegen sei in Italien noch ein Strafverfahren wegen Urkundenfälschung hängig, was die Vorinstanz nicht berücksichtigt habe. Damit fehle es an einer tatsächlichen Grundlage für die Fälligkeit der Barauszahlung.  
 
3.4.1. Mit diesen Ausführungen widerspricht der Beschwerdeführer den Feststellungen im angefochtenen Entscheid. Indes geht er auf den Vorhalt der Vorinstanz nicht ein, seiner Begründungsobliegenheit gegen den erstinstanzlichen Entscheid nicht nachgekommen zu sein, sondern bloss den Fälschungsvorwurf zu wiederholen. Auch vor Bundesgericht begnügt er sich mit der Schilderung seiner Sicht der Dinge und betont, er habe nie ein Begehren um Barauszahlung unterschrieben und an die C.________ weitergeleitet. Es fehle an einem formgültigen Formular mit seiner einwandfrei beglaubigten Unterschrift. Die Vorinstanz habe nicht erkannt, dass seine Ehegattin die Fälligkeit der Barauszahlung bösgläubig herbeigeführt und so die Pfändung der Austrittsleistung ermöglicht habe.  
 
3.4.2. Die Vorbringen des Beschwerdeführers erweisen sich als rein appellatorisch und genügen nicht, um die vorinstanzliche Feststellung, dass der C.________ ein formgültiges Formular für eine Barauszahlung vorgelegt wurde, als willkürlich erscheinen zu lassen. Dass die Vorinstanz im Rahmen des kantonalen Beschwerdeverfahrens bundesrechtliche Begründungsanforderungen (vgl. AMONN/WALTHER, a.a.O., § 6 Rz. 52) verkannt habe, legt der Beschwerdeführer ebenfalls nicht dar. Damit ist dem Vorwurf des Beschwerdeführers, die Austrittsleistung sei nicht fällig und damit nicht pfändbar, der Boden entzogen.  
 
3.5. Für den Fall, dass das Guthaben von Fr. 54'618.94 pfändbar sein sollte, müsste nach Ansicht des Beschwerdeführers auf jeden Fall seine Mittellosigkeit beachtet werden; er sei arbeitslos und nicht erwerbstätig. Der Umstand, dass er nicht so nahe am Pensionsalter sei, erlaube entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht, auf die Berücksichtigung seines Existenzminimums zu verzichten und sein Guthaben unbeschränkt zu pfänden. Nach Ansicht des Beschwerdeführers muss ihm der Notbedarf zugestanden werden, um eine soziale Not zu verhindern und ihm ein menschenwürdiges Dasein zu sichern.  
 
3.5.1. Im vorliegenden Fall betrifft die Pfändung die Barauszahlung einer Freizügigkeitsleistung, welche dem Beschwerdeführer gestützt auf Art. 5 Abs. 1 FZG gegenüber der Vorsorgeeinrichtung zusteht, da er die Schweiz verlassen hat. Dieses Guthaben ist entsprechend fällig geworden und fällt ohne Einschränkung in das Vermögen des Beschwerdeführers als Anspruchsberechtigter, womit es von Gesetzes wegen nicht mehr seinem künftigen Lebensunterhalt (Vorsorge) dient und aus diesem Grund unbeschränkt pfändbar wird (BGE 118 III 18 E. 3a; 117 III 20 E. 4c; Urteil 7B.22/2005 vom 21. April 2005 E. 3.4; Urteil 5A_907/2021 vom 20. April 2022 E. 6.2.2; BIANCHI, a.a.O., S. 223; VONDER MÜHLL, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 40 zu Art. 92; OCHSNER, in: Commentaire romand, Poursuite et faillte, 2005, N. 170 zu Art. 92).  
 
3.5.2. Soweit der Beschwerdeführer darauf besteht, dass die Pfändung im konkreten Fall eine (nur beschränkt pfändbare) Vorsorgeleistung betrifft und er sich zur konkreten Berechnung der pfändbaren Quote äussert, geht er von unzutreffenden Voraussetzungen aus: Art. 93 SchKG findet vorliegend keine Anwendung (BIANCHI, a.a.O., S. 223; LORANDI, Pfändbarkeit und Verarrestierbarkeit von Leistungen der zweiten Säule [BVG], AJP 1997 S. 1176) und seine Ausführungen zur Berechnung des Existenzminimums sind nicht zu vertiefen.  
 
4.  
Nach dem Gesagten ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin sind keine ersatzplichtigen Kosten entstanden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. August 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante