Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_1016/2022
Urteil vom 25. September 2024
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichterinnen Hänni, Ryter,
Bundesrichter Kradolfer,
Gerichtsschreiber Marti.
Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. B.A.________,
handelnd durch A.A.________,
3. C.A.________,
handelnd durch A.A.________,
4. D.A.________,
handelnd durch A.A.________,
5. E.A.________, Aufnahmeeinrichtung,
Beschwerdeführer,
alle vertreten durch Rechtsanwältin Dina Raewel,
gegen
Eidgenössisches Finanzdepartement,
Generalsekretariat, Rechtsdienst,
Bundesgasse 3, 3003 Bern,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Schadenersatz und Genugtuung,
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungs- gerichts vom 27. Oktober 2022 (A-691/2021).
Sachverhalt:
A.
A.a. Die syrischen Staatsangehörigen A.A.________ und E.A.________ sowie ihre drei Söhne B.A.________ (geb. 2012), C.A.________ (geb. 2010) und D.A.________ (geb. 2008) befanden sich in der Nacht vom 3. auf den 4. Juli 2014 im Nachtzug von Mailand nach Paris. Sie reisten in einer Gruppe mit weiteren Familienangehörigen und Personen aus Syrien. Die französische Grenzpolizei führte am frühen Morgen des 4. Juli 2014 eine Personenkontrolle im Zug durch und verweigerte ihnen daraufhin die Weiterreise. Die Gruppe wurde gegen 10:45 Uhr in Vallorbe dem Schweizerischen Grenzwachtkorps zur Rückführung nach Italien übergeben. Dieser brachte die Gruppe mit Kleinbussen nach Brig, wo sie gegen 14:20 Uhr eintraf. Die Weiterreise nach Domodossola in Italien war nicht unmittelbar möglich. Die Gruppe wurde deshalb ab ca. 14:50 Uhr in den Kontrollräumlichkeiten des Grenzwachtpostens beim Bahnhof Brig untergebracht. Das Grenzwachtkorps entschied, sie in einem Extrawagen des gemäss Fahrplan um 16:44 Uhr abfahrenden Regionalzugs nach Domodossola zu überführen.
A.b. A.A.________ war zu diesem Zeitpunkt ungefähr in der 27. Woche schwanger. Seit der Ankunft in Brig litt sie an zunehmenden Schmerzen. Während des Aufenthalts auf dem Grenzwachtposten lag sie auf einer Holzliege in einer der Kontrollräumlichkeiten. Ihr Ehemann E.A.________ wandte sich mit der Bitte, medizinische Hilfe für sie anzufordern, mehrmals an die Grenzwächter, unter anderem an den Einsatzleiter des Grenzwachtkorps, der die weitere Rückführung organisierte und die Führungs- und Entscheidungsverantwortung trug. Das Grenzwachtkorps sah davon ab, medizinische Hilfe beizuziehen.
A.c. Nach der Einfahrt des Regionalzugs nach Domodossola begab sich die Gruppe um ca. 16:35 Uhr aus den Kontrollräumlichkeiten des Grenzwachtpostens zum Extrawagen. A.A.________ wurde aufgrund ihres körperlichen Zustands von ihren Angehörigen zum Zug und in den Wagen getragen. Um 16:50 Uhr verliess der Zug den Bahnhof Brig. Der einsatzleitende Grenzwächter informierte die italienische Polizei telefonisch, dass sich eine schwangere Frau mit gesundheitlichen Problemen im nächsten Zug nach Domodossola befinde. Nach der Ankunft in Domodossola um 17:12 Uhr rief die italienische Polizei medizinische Hilfe herbei. Um 17:46 Uhr traf am Bahnhof die Ambulanz ein, die A.A.________ in ein italienisches Spital brachte. Dort wurde um 18:30 Uhr der Tod des ungeborenen Mädchens festgestellt. Nach der Spontangeburt des verstorbenen Fötus hielt sich A.A.________ bis zum 8. Juli 2014 zur medizinischen Überwachung im Spital auf.
A.d. In der Folge lebten A.A.________ und E.A.________ mit ihren Kindern als Asylsuchende in Italien. Im Jahr 2016 reisten A.A.________ und ihre Kinder nach eigenen Angaben nach Deutschland und erhielten dort im November 2017 ein befristetes sowie im November 2018 ein definitives Aufenthaltsrecht. E.A.________ lebte weiterhin in Italien und erlangte dort am 1. Oktober 2019 eine Aufenthaltsberechtigung. Am 16. März 2021 teilte die Familie mit, dass nun auch E.A.________ zu seiner Ehefrau und seinen Kindern nach Deutschland habe ziehen können.
B.
B.a. Am 3. Juli 2015 reichten A.A.________ und E.A.________ beim Eidgenössischen Finanzdepartement Gesuche um Genugtuung und Schadenersatz für sich und ihre Kinder ein. Die beantragte Genugtuung bezifferten sie auf insgesamt Fr. 885'000.--, wobei sie Fr. 300'000.-- für A.A.________, Fr. 265'000.-- für E.A.________, Fr. 120'000.-- für Sohn B.A.________ sowie je Fr. 100'000.-- für die Söhne C.A.________ und D.A.________ forderten.
B.b. Mit Zwischenverfügung vom 14. Oktober 2015 sistierte das Eidgenössische Finanzdepartement das Verantwortlichkeitsverfahren, weil gegen den einsatzleitenden Grenzwächter ein militärstrafrechtliches Verfahren eingeleitet worden war. In diesem sprach das Militärappellationsgericht den einsatzleitenden Grenzwächter mit Urteil vom 6. November 2018 der einfachen sowie der fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen, begangen an A.A.________, und der Nichtbefolgung von Dienstvorschriften für schuldig. Die Schuldsprüche wegen Körperverletzung beruhen im Kern darauf, dass der einsatzleitende Grenzwächter während des Aufenthalts von A.A.________ auf dem Grenzwachtposten in Brig (fahrlässige Körperverletzung) und in der Phase, als er sah, wie sie beim Einsteigen in den Zug getragen wurde (eventualvorsätzliche einfache Körperverletzung), keine medizinische Hilfe anforderte, um ihre Schmerzen zu lindern. Von den weiteren Vorwürfen, u.a. der versuchten vorsätzlichen Tötung und der versuchten schweren Körperverletzung, des versuchten Schwangerschaftsabbruchs, des Unterlassens der Nothilfe und der Gefährdung des Lebens, wurde der einsatzleitende Grenzwächter freigesprochen. Gemäss dem rechtsmedizinischen Aktengutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern vom 9. August 2016 war gestützt auf die medizinischen Berichte des italienischen Spitals keine verbindliche Aussage darüber möglich, ob das Kind im Mutterleib bei der Ankunft in Brig um ca. 14:20 Uhr noch gelebt habe. Zudem bestand laut dem Gutachten keine unmittelbare Lebensgefahr für A.A.________. Das Urteil des Militärappellationsgerichts vom 6. November 2018 erwuchs in Rechtskraft.
B.c. Am 22. Mai 2020 präzisierten A.A.________ und E.A.________ die Gesuche um Genugtuung und Schadenersatz. Sie verlangten Genugtuung in der reduzierten Höhe von insgesamt Fr. 159'000.--: Fr. 65'000.-- für A.A.________, Fr. 55'000.-- für E.A.________ sowie Fr. 15'000.-- für Sohn B.A.________ und je Fr. 12'000.-- für die Söhne C.A.________ und D.A.________, je zuzüglich Zins seit 4. Juli 2014. Des Weiteren ersuchten sie (neu) um Schadenersatz im Betrag von insgesamt Fr. 137'847.-- zuzüglich 5% Zins. Anlass für die Reduktion der beantragten Genugtuung war der Ausgang des Militärstrafverfahrens. Den reduzierten Genugtuungsbegehren lag in angepasster Begründung zu Grunde, dass der einsatzleitende Grenzwächter ausschliesslich wegen Körperverletzung und wegen nicht befolgter Dienstvorschriften verurteilt worden war.
B.d. Am 8. Juni 2020 hob das Eidgenössische Finanzdepartement die Sistierung des Verantwortlichkeitsverfahrens auf und führte das Verfahren fort. Mit Verfügung vom 13. Januar 2021 wies es die Gesuche um Schadenersatz und Genugtuung ab. Mit Eingabe vom 15. Februar 2021 erhoben A.A.________ und E.A.________ sowie ihre Kinder dagegen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Mit Zwischenverfügung vom 6. April 2021 hiess dieses das Gesuch von A.A.________ und ihrer Kinder um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gut; betreffend E.A.________ wies es das Gesuch ab. Mit Urteil 2C_404/2021 vom 21. Juni 2020 hiess das Bundesgericht eine dagegen erhobene Beschwerde gut und gewährte E.A.________ ebenfalls die unentgeltliche Prozessführung für das bundesverwaltungsgerichtliche Verfahren. Mit Urteil vom 27. Oktober 2022 (A-691/2021) hiess das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde schliesslich teilweise gut. Es verpflichtete das Eidgenössische Finanzdepartement, A.A.________ eine Genugtuung von Fr. 12'000.-- zuzüglich Zins zu 5% seit 4. Juli 2014 zu bezahlen. Im Übrigen wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab. Dabei verneinte es Genugtuungsansprüche des Ehemanns und der Kinder sowie Schadenersatzansprüche der gesamten Familie.
C.
Mit Eingabe vom 9. Dezember 2022 erheben A.A.________ und E.A.________ sowie deren Söhne C.A.________, B.A.________ und D.A.________, Letzterer handelnd durch seine Mutter, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2022 sei aufzuheben und es sei ihnen Schadenersatz in der Höhe von Fr. 120'500.-- (Asylverfahren Italien) bzw. Fr. 15'973.-- (Aufenthalt in Deutschland), d.h. insgesamt Fr. 136'473.-- zuzüglich 5% Zins seit dem 4. Juli 2014 zuzusprechen. Zudem sei A.A.________ eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 15'000.-- zuzüglich 5% Zins seit dem 4. Juli 2014 und ihrem Ehemann E.A.________ eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 27'000.-- (Fr. 12'000.-- und Fr. 15'000.--) zuzüglich 5% Zins seit dem 4. Juli 2014 zuzusprechen. Ihren Söhnen sei eine Genugtuung in der Höhe von je Fr. 5'000.-- zuzüglich 5% Zins seit dem 4. Juli 2014 zuzusprechen. In prozessualer Hinsicht beantragen sie die unentgeltliche Rechtspflege.
Im Rahmen der Vernehmlassung beantragt das Eidgenössische Finanzdepartement, die Beschwerde sei abzuweisen. Die Familie A._______ repliziert und hält an ihren Anträgen fest. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf eine Stellungnahme.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein Endentscheid des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet der Staatshaftung (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a und Art. 90 BGG ). Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 85 BGG grundsätzlich offen, wenn der Streitwert mindestens Fr. 30'000.-- beträgt (Abs. 1 lit. a) oder sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Abs. 2). Die hier streitigen Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche belaufen sich auf insgesamt Fr. 193'473.-- und überschreiten die Streitwertgrenze gemäss Art. 85 Abs. 1 lit. a BGG klar. Da die Beschwerdeführer überdies legitimiert sind, Beschwerde zu erheben (Art. 89 Abs. 1 BGG), und auch die weiteren Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind ( Art. 42 und 100 Abs. 1 BGG ), ist auf die Beschwerde einzutreten.
2.
2.1. Mit der Beschwerde kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden ( Art. 95 lit. a und b BGG ). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 149 I 248 E. 3.1; 149 I 105 E. 2.1; 148 I 104 E. 1.5; 147 II 44 E. 1.2).
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Von den tatsächlichen Grundlagen ihres Urteils weicht es nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.2 mit Hinweisen). Offensichtlich unrichtig heisst willkürlich (Art. 9 BV; BGE 141 IV 317 E. 5.4 mit Hinweisen). Entsprechende Mängel sind in der Beschwerdeschrift klar und detailliert aufzuzeigen (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.2; 144 V 50 E. 4.2). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1; 140 III 264 E. 2.3; 139 II 404 E. 10.1).
3.
Zunächst gilt es den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens zu präzisieren.
Die Vorinstanz erwog, dass u.a. mit den militärstrafgerichtlich festgestellten Körperverletzungen ein widerrechtliches Verhalten des einsatzleitenden Grenzwächters vorliege (angefochtenes Urteil E. 5.4.2). Die Vorinstanz erwog weiter, dass angesichts der Begleitumstände der Körperverletzungen (Art und Intensität der nicht gelinderten Schmerzen; Orte des Leidens; Verlängerung der begründeten und starken Todesangst; vorbestehende Vulnerabilität; Hilflosigkeit in der Obhut des Staates) und der dadurch teilverursachten psychischen Beeinträchtigung eine schwere immaterielle Unbill der Beschwerdeführerin 1 gegeben sei (angefochtenes Urteil E. 6.8). Entsprechend gelangte sie zum Schluss, die Zusprechung einer Genugtuung an die Beschwerdeführerin 1 von Fr. 12'000.-- zuzüglich Zins zu 5% seit 4. Juli 2014 sei angemessen (angefochtenes Urteil E. 7.6 ff.; Dispositiv-Ziff. 1.1). In dieser Hinsicht blieb das vorinstanzliche Urteil unangefochten.
Streitig sind vor Bundesgericht jedoch weitere Forderungen der Beschwerdeführer nach Genugtuung und Schadenersatz: Zu prüfen ist
erstens, ob neben der Beschwerdeführerin 1 auch ihr Ehemann, Beschwerdeführer 5 Genugtuung fordern kann (nachstehende E. 5).
Zweitens stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführer 1-5 in Zusammenhang mit dem Asylverfahren in Italien Anspruch auf Schadenersatz
und Genugtuung haben (nachstehende E. 6 und 7).
4.
Bevor auf die streitig gebliebenen Ansprüche der Beschwerdeführer einzugehen ist, sind nachfolgend die anwendbaren Haftungsbestimmungen darzulegen.
4.1. Angehörige des Grenzwachtkorps unterstehen dem Militärstrafrecht und der Militärgerichtsbarkeit (Art. 3 Abs. 1 Ziff. 6 und Art. 218 Abs. 1 des Militärstrafgesetzes vom 13. Juni 1927 [MStG; SR 321.0]). Die Haftung des Bundes für deren Verhalten richtet sich indes, wie die Vorinstanz richtig festhielt, nicht nach den für Angehörige der Armee und die Truppe geltenden spezialgesetzlichen Haftungsnormen von Art. 135 ff. des Militärgesetzes vom 3. Februar 1995 (MG; SR 510.10), sondern nach Art. 3 ff. des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 1958 (VG; SR 170.32) (vgl. Art. 84g Abs. 1 des Militärstrafprozess vom 23. März 1979 [MStP; SR 322.1]; Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 25. Juni 2015 zur Parlamentarischen Initiative Militärstrafprozess [10.417], BBl 2015 6059, 6066).
4.2. Für den Schaden, den ein Beamter in Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit Dritten widerrechtlich zufügt, haftet der Bund nach Art. 3 Abs. 1 VG ohne Rücksicht auf das Verschulden des Beamten. Art. 3 Abs. 1 VG sieht eine primäre, ausschliessliche und kausale Haftung des Staats vor, d.h. der geschädigte Dritte kann nur den Staat, nicht aber den verantwortlichen Beamten oder das verantwortliche Behördenmitglied belangen und muss kein Verschulden des Letzteren nachweisen; es genügt der Nachweis einer widerrechtlichen Handlung, eines Schadens sowie eines Kausalzusammenhangs zwischen diesen beiden Elementen. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein (vgl. BGE 139 IV 137 E. 4.1; 132 II 449 E. 3.2; Urteile 2E_6/2021 vom 23. März 2023 E. 4.1 f.; 2E_3/2021 vom 14. März 2022 E. 4.1; 2E_3/2020, 2E_4/2020 vom 11. November 2021 E. 6.1).
4.3. Körperverletzung gibt dem Verletzten Anspruch auf Ersatz der Kosten sowie auf Entschädigung für die Nachteile gänzlicher oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit, unter Berücksichtigung der Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens (Art. 5 Abs. 2 VG). Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann die zuständige Behörde unter Würdigung der besonderen Umstände, sofern den Beamten ein Verschulden trifft, dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten zudem eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen (Art. 6 Abs. 1 VG). Auch wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat bei Verschulden des Beamten Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist (Art. 6 Abs. 2 VG).
5.
Zu prüfen ist, ob neben der Beschwerdeführerin 1 auch ihr Ehemann, Beschwerdeführer 5, aufgrund der Ereignisse vom 4. Juli 2014 Genugtuung fordern kann (vgl. Beschwerdeschrift Rz. 44 ff.).
5.1. Nach dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 VG ist ein Anspruch auf Genugtuung für Angehörige auf Fälle von Tötungen beschränkt ("den Angehörigen des Getöteten"; vorstehende E. 4.3). Eine Angehörigengenugtuung bei Körperverletzungen kommt indes, wie die Vorinstanz zu Recht ausführte, grundsätzlich gestützt auf Art. 6 Abs. 2 VG infrage. Nach der zivilrechtlichen Rechtsprechung zu Art. 49 OR, die hier analog beigezogen werden kann, haben die nahen Angehörigen einer körperlich geschädigten Person einen eigenen Anspruch auf Ersatz des deswegen erlittenen seelischen Schadens, wenn dieser aussergewöhnlich ist. Die Ansprecher müssen in ihrer Persönlichkeit widerrechtlich verletzt und gleich schwer oder schwerer betroffen sein als im Falle der Tötung einer Angehörigen. Bemessungskriterien sind namentlich die Art und Schwere der Verletzung, die Intensität und Dauer der Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen sowie der Grad des Verschuldens des Schädigers (BGE 125 III 412 E. 2a; 117 II 50 E. 3a; Urteile 4A_606/2017 vom 30. April 2018 E. 3.1; 1B_122/2010 vom 13. August 2010 E. 2.3.2).
5.2. Die Vorinstanz erwog zusammengefasst, dass insgesamt keine körperlichen oder psychischen Auswirkungen der Körperverletzungen der Beschwerdeführerin 1 festzustellen seien, welche den Beschwerdeführer 5 gleich schwer treffen würden, wie wenn die Beschwerdeführerin 1 Opfer einer Tötung geworden wäre. Diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden: Die Vorinstanz hielt verbindlich fest (vorstehende E. 2.2), dass die Beschwerdeführerin 1 keine schweren bzw. dauerhaften körperlichen Schädigungen erlitten hat. Was ihre psychische Beeinträchtigung anbelangt, befindet sich die Beschwerdeführerin 1 in einer ambulanten Behandlung bei einem Facharzt für Psychiatrie. Gemäss dessen Stellungnahme vom 26. Januar 2022 sind ihre kognitiven Fähigkeiten weitgehend unbeeinträchtigt. Trotz bestehender Einschränkungen im Alltag ging die Vorinstanz sodann davon aus, dass der Beschwerdeführerin 1 auch nach dem Ereignis vom 4. Juli 2014 weiterhin eine bedeutende Rolle im gemeinsamen Familienleben (mit dem Beschwerdeführer 5) zukam bzw. zukommt (angefochtenes Urteil E. 8.4). Vor diesem Hintergrund durfte die Vorinstanz bundesrechtskonform davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer 5 als Angehöriger durch die Körperverletzungen der Beschwerdeführerin 1 nicht gleich schwer betroffen ist, wie wenn diese Opfer einer Tötung geworden wäre.
5.3. Davon abzugrenzen ist indes die von der Vorinstanz zu Unrecht nicht geprüfte Frage, ob dem Beschwerdeführer 5 aufgrund der Ereignisse des 4. Juli 2014 gestützt auf Art. 6 Abs. 2 VG ein Genugtuungsanspruch als
direkt Betroffenem zusteht. Beeinträchtigt ein haftungsbegründendes Ereignis nicht (nur) die persönliche Beziehung des Angehörigen zum Verletzten, sondern andere Rechtsgüter des Angehörigen, insbesondere dessen Gesundheit, kann dieser - unabhängig von einer allfälligen Angehörigengenugtuung - eine Verletztengenugtuung geltend machen (Hardy Landolt, Genugtuungsrecht, Bd. 2, 2013, S. 182; vgl. insbesondere betreffend sog. Schockschäden: BGE 112 II 118; 138 III 276; s. ferner BGE 129 IV 22 E. 7.3). Unter dem Blickwinkel dieser zusätzlichen Anspruchsgrundlage gilt es die Vorbringen der Beschwerdeführer zu beurteilen, die Ereignisse vom 4. Juli 2014 seien für den Beschwerdeführer 5 vergleichbar traumatisierend gewesen wie für die Beschwerdeführerin 1.
5.4. Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat bei Verschulden des Beamten Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist (Art. 6 Abs. 2 VG; vorstehende E. 4.3). Das Persönlichkeitsrecht schützt nach Art. 28 ZGB auch die seelische Integrität und das Gefühlsleben einer Person (Andreas Meili, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 7. Aufl., 2022, N. 17 zu Art. 28 ZGB; Heinz Hausheer/Regina E. Aebi-Müller, Das Personenrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 5. Aufl., 2020, S. 192 ff.; Andrea Büchler, in: Orell Füssli Kommentar, Schweize-risches Zivilgesetzbuch, 4. Aufl., 2021, N. 2 und 4 zu Art. 28 ZGB). Damit eine rechtlich relevante Verletzung vorliegt, muss die Gefühlssphäre unmittelbar und nachhaltig beeinträchtigt sein (Hausheer/Aebi-Müller, a.a.O., S. 192).
5.5. Eine Genugtuungsforderung aus Persönlichkeitsverletzung besteht nur, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt. Der Eingriff muss in seinen Auswirkungen das Mass einer Aufregung oder einer alltäglichen Sorge klar übersteigen (vgl. Urteil 6B_51/2022 vom 2. Februar 2023 E. 1.4; 6B_971/2019 vom 7. Februar 2020 E. 1; 6B_555/2017 vom 29. September 2017 E. 3.2; ferner BGE 120 II 97 E. 2b). Jedoch legt das Gesetz weder ausdrücklich eine Schwelle fest, die überschritten sein muss, noch einen Mindestbetrag für die Genugtuung. Das Gericht kann somit auch bei Verletzungen, die zwar objektiv nicht besonders schwerwiegend sind, aber dennoch eine Genugtuung rechtfertigen, eine geringfügige oder sogar nur eine symbolische Genugtuung zusprechen (vgl. Urteil 6B_938/2023 vom 21. März 2024 [zur Publikation vorgesehen] E. 5.3 in fine m.w.H.).
Die Genugtuung bezweckt den Ausgleich für erlittene immaterielle Unbill, indem das Wohlbefinden anderweitig gesteigert oder die Beeinträchtigung erträglicher gemacht wird. Bemessungskriterien sind vor allem die Art und Schwere der Verletzung, die Intensität und Dauer der Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen, der Grad des Verschuldens des Haftpflichtigen, ein allfälliges Selbstverschulden des Geschädigten sowie die Aussicht auf Linderung des Schmerzes durch die Zahlung eines Geldbetrags. Die Festlegung der Genugtuungssumme beruht auf der Würdigung sämtlicher Umstände und richterlichem Ermessen (Art. 4 ZGB) (vgl. BGE 146 IV 231 E. 2.3.1; 141 III 97 E. 11.2; 132 II 117 E. 2.2.2; je mit Hinweisen).
5.6. Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz war der Beschwerdeführer 5 in die Ereignisse vom 4. Juli 2014 direkt involviert. Er musste mehrere Stunden zusehen, wie seiner schwangeren, schmerzgeplagten Ehefrau keine Hilfe gewährt wurde und seine Bemühungen, die Grenzwächter zur Unterstützung zu bewegen, blieben wirkungslos. In der Folge musste er, zusammen mit weiteren Angehörigen, seine Ehefrau zum Zug und in den Wagen tragen. Wie auch die Vorinstanz anerkannt hat, ist nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer 5 am 4. Juli 2014 eine äusserst schwierige und emotional belastende Situation durchlitten hat. Zum einen musste er angesichts des ausgebliebenen Beizugs medizinischer Hilfe
im Moment der Geschehnisse über mehrere Stunden Angst nicht nur um das Leben und die Gesundheit seiner Ehefrau, sondern auch um das Leben und die Gesundheit des ungeborenen Kindes aushalten. Dass retrospektiv betrachtet keine unmittelbare Lebensgefahr für die Beschwerdeführerin 1 bestand, ändert daran nichts, denn der Beschwerdeführer 5 konnte dies damals nicht wissen. Analoges gilt für die Gesundheit des ungeborenen Kindes (s. vorstehende lit. B.b). Zum anderen versetzte die Untätigkeit des Grenzwachtkorps den Beschwerdeführer 5 in eine besondere Situation der Ohnmacht und Hilflosigkeit, zumal sich die vulnerable Familie in Obhut bzw. Gewahrsam des Staates befand. Trotz der erhöhten staatlichen Schutzpflichten in einer solchen Situation und obwohl der Beschwerdeführer 5 auf die Grenzwächter einzuwirken versuchte, kümmerten sich diese nicht um medizinische Hilfe für die Beschwerdeführerin 1. Insofern ist mit dem Beschwerdeführer 5 davon auszugehen, dass die Vorkommnisse vom 4. Juli 2014 auch für ihn traumatisierend gewesen sein mussten.
5.7. Darin ist eine widerrechtliche Verletzung der seelischen Integrität des Beschwerdeführers 5 zu erblicken, die überdies kausal auf die Unterlassungen des verantwortlichen Grenzwächters zurückzuführen ist. Zwar ist in medizinischer Hinsicht keine (längerfristige) psychische Beeinträchtigung ausgewiesen (z.B. in Form einer diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung). Aufgrund der besonderen Ohnmachtssituation des Beschwerdeführers 5 und der stundenlangen Angst um seine Ehefrau und das ungeborene Kind ist die Verletzung gleichwohl hinreichend schwer, so dass sich die Zusprechung einer Genugtuung rechtfertigt (vorstehende E. 5.5; vgl. Urteil 6B_938/2023 vom 21. März 2024 [zur Publikation vorgesehen] E. 5). Auch trifft den verantwortlichen Grenzwächter ein Verschulden, wobei diesbezüglich sinngemäss auf die unangefochten gebliebenen Ausführungen der Vorinstanz betreffend die Haftungsansprüche der Beschwerdeführerin 1 verwiesen werden kann (angefochtenes Urteil E. 7.5 S. 39 f.). Die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 2 VG für die Zusprechung einer Genugtuung an den Beschwerdeführer 5 sind demnach erfüllt. Da eine objektivierbare, bleibende oder länger anhaltende psychische Beein-trächtigung des Beschwerdeführers medizinisch nicht nachgewiesen ist, rechtfertigt es sich unter Würdigung aller Umstände eine Genugtuung von Fr. 1'000.-- zuzüglich 5% Zins seit dem genugtuungsbegründenden Ereignis vom 4. Juli 2014 zuzusprechen.
5.8. Im Ergebnis erweist sich die Beschwerde hinsichtlich des Anspruchs des Beschwerdeführers 5 auf Genugtuung (als Direktbetroffener) gestützt auf Art. 6 Abs. 2 VG als begründet.
6.
Zu prüfen bleiben damit die Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche der Beschwerdeführer 1-5, welche diese in Zusammenhang mit dem Asylverfahren in Italien geltend machen. Zunächst ist das Schadenersatzbegehren zu behandeln.
6.1. Die Beschwerdeführer verlangen Schadenersatz in der Höhe von insgesamt von Fr. 136'473.-- zuzüglich Zins zu 5% seit dem 4. Juli 2014. Sie bringen vor, dass sie aufgrund des widerrechtlichen Verhaltens des Grenzwachtkorps gezwungen gewesen seien, ihre Asylgesuche in Italien zu stellen. Damit hätten sie nicht nach Deutschland reisen können. Der geltend gemachte Schaden ergebe sich zum einen aus der Differenz zwischen den staatlichen Unterstützungsleistungen, die die Familie zwischen Juli 2014 bis Oktober 2017 in Italien erhalten habe und denjenigen Leistungen, die ihr in dieser Zeit in Deutschland zugestanden hätten (Fr. 120'500.--). Zum anderen hätten die Beschwerdeführer für die Zeit ab Dezember 2017 bis November 2018 einen weiteren Schaden von Fr. 15'973.-- erlitten, da die Beschwerdeführerin 1 mit ihren Kindern am 2. November 2017 in Deutschland zunächst lediglich eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsbewilligung erhalten und in diesem Zeitraum geringere Unterstützungsleistungen als mit einer definitiven Aufenthaltsbewilligung erhalten habe (s. Beschwerdeschrift Rz. 12).
6.2. Die Vorinstanz wies das Schadenersatzbegehren aus verschiedenen Gründen ab: Sie erwog, es fehle an einem Schaden im Rechtssinn, für welchen die Beschwerdeführer Ersatz verlangen könnten. Generell spreche eine staatsvertragsorientierte Interpretation des Schadensbegriffs dagegen, geringere Einkünfte aus Unterstützungsleistungen als ersatzfähigen Schaden i.S.v. Art. 3 Abs. 1 VG anzuerkennen. Dies stünde im Widerspruch zu den Wertungen des Dublin-Systems, welches im Rahmen seiner Ziele auf der Annahme der Gleichwertigkeit der nationalen Systeme basiere. Zudem könne die entgangene Chance auf Aufnahme in einem bestimmten Land nicht mit einem verantwortlichkeitsrechtlich zu ersetzenden Vermögensbestandteil gleichgesetzt werden (angefochtenes Urteil E. 5.3). Hinzu komme laut Vorinstanz, dass auch die weiteren Haftungsvoraussetzungen nicht erfüllt seien: Es liege weder eine Verletzung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29. Juni 2013 S. 31 ff.; Dublin-III-Verordnung) noch eine Verletzung der Bundesverfassung vor. Damit sei in Bezug auf das Asylverfahren in Italien kein widerrechtliches Verhalten eines Angestellten des Bundes ausgewiesen (angefochtenes Urteil E. 5.4). Auch lasse sich nicht als überwiegend wahrscheinlich erachten, dass die Beschwerdeführer - wäre die Beschwerdeführerin 1 in der Schweiz hospitalisiert worden - in Deutschland aufgenommen und im geltend gemachten Zeitraum mit staatlichen Leistungen unterstützt worden wären. Daher sei das Verhalten des einsatzleitenden Grenzwächters ohnehin nicht kausale Ursache für die als Schaden geltend gemachte Differenz an Unterstützungsleistungen (gewesen) (angefochtenes Urteil E. 5.5).
6.3. Diese Ausführungen der Vorinstanz sind im Ergebnis nicht zu beanstanden. Wie nachfolgend aufzuzeigen ist, scheitern die geltend gemachten Schadenersatzansprüche in Bezug auf das Aslyverfahren in Italien bereits daran, dass die Haftungsvoraussetzung der Widerrechtlichkeit nicht erfüllt ist.
6.3.1. Von Widerrechtlichkeit im Sinne von Art. 3 Abs. 1 VG ist praxisgemäss zu sprechen, wenn das amtliche Verhalten der dem Verantwortlichkeitsgesetz unterstehenden Person gegen eine allgemeine Pflicht verstösst, indem das Verhalten entweder ein absolutes Recht der geschädigten Person verletzt (Erfolgsunrecht) oder durch Verstoss gegen eine einschlägige Schutznorm eine reine Vermögensschädigung hervorruft (Verhaltens- oder Handlungsunrecht). Absolute Rechtsgüter sind Leib, Leben, Freiheit, Persönlichkeit, Eigentum und Besitz. Für Widerrechtlichkeit genügt bei der Verletzung von absoluten Rechtsgütern der Eintritt des Schadens; eine Normverletzung ist nicht erforderlich. Da das Vermögen kein absolutes subjektives Rechtsgut darstellt, ist eine reine Vermögensschädigung nur widerrechtlich, wenn sie auf einen Verstoss gegen eine Verhaltensnorm zurückgeht, die dem Schutz vor solchen Schädigungen dient (vgl. BGE 144 I 318 E. 5.5; 139 IV 137 E 4.2; Urteile 2E_6/2021 vom 23. März 2023 E. 5.1; 2E_3/2021 vom 14. März 2022 E. 4.2; 2E_3/2020, 2E_4/2020 vom 11. November 2021 E. 7.1).
Das widerrechtliche Verhalten kann entweder in einem Tun oder in einem Unterlassen bestehen. Die Haftung für eine Unterlassung setzt voraus, dass eine Pflicht zum Handeln bestanden hat. Eine Handlungspflicht ist dabei nur dann haftpflichtrechtlich von Bedeutung, wenn sie das Interesse der geschädigten Person verfolgt und sich aus einer Schutzvorschrift zu deren Gunsten ergibt. Die Widerrechtlichkeit einer Unterlassung setzt mithin eine Garantenpflicht voraus (vgl. BGE 144 I 318 E. 5.5; 132 II 305 E. 4.1; Urteile 2E_3/2021 vom 14. März 2022 E. 4.3; 2C_816/2017 vom 8. Juni 2018 E. 3.3).
6.3.2. Militärstrafgerichtlich erstellt ist, dass der einsatzleitende Grenzwächter eine fahrlässige Körperverletzung i.S.v. Art. 124 Ziff. 1 Abs. 1 MStG und eine einfache Körperverletzung i.S.v. Art. 122 Ziff. 1 Abs. 1 MStG beging, indem er es während des Aufenthalts der Beschwerdeführerin 1 auf dem Grenzwachtposten in Brig und in der Phase, als sie beim Einsteigen in den Zug getragen wurde, unterliess, medizinische Hilfe zur Linderung der Schmerzen anzufordern. Ebenfalls unbestritten ist, dass der einsatzleitende Grenzwächter gegen die Vorschriften des Bundesgesetzes über die Anwendung polizeilichen Zwangs und polizeilicher Massnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes vom 20. März 2008 (Zwangsanwendungsgesetz, ZAG; SR 364) und der Zwangsanwendungsverordnung vom 12. November 2008 (ZAV; SR 364.3) verstiess, da er die gebotene medizinische Untersuchung der Beschwerdeführerin 1 (Art. 23 ZAG) und die Abklärung ihrer Transportfähigkeit (Art. 18 ZAV) nicht veranlasste (angefochtenes Urteil E. 5.4.2).
6.3.3. Aufgrund der militärstrafgerichtlich festgestellten Körperverletzungen und der Verletzung von Bestimmungen des Zwangsanwendungsrechts ist ein widerrechtliches Verhalten des einsatzleitenden Grenzwächters in Bezug auf die Beschwerdeführerin 1 ausgewiesen (vorstehende E. 3). Bei Körperverletzung sieht Art. 5 Abs. 2 VG spezifisch vor, dass die Verletzte Anspruch auf Ersatz der Kosten sowie auf Entschädigung für die Nachteile gänzlicher oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit, unter Berücksichtigung der Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens hat (vorstehende E. 4.3). Wie die Vorinstanz jedoch richtig festhält, machen die Beschwerdeführer keinen Schaden im Sinne von Art. 5 Abs. 2 VG geltend, der in Zusammenhang mit der Körperverletzung der Beschwerdeführerin 1 steht. Vielmehr verlangen sämtliche Beschwerdeführer Ersatz für die ihnen aufgrund des Asylverfahrens in Italien angeblich entgangenen Unterstützungsleistungen. Soweit in dieser Hinsicht überhaupt ein Schaden i.S.v. Art. 3 Abs. 1 VG anzunehmen wäre, handelt es sich um eine Vermögensschädigung.
6.3.4. Die dafür erforderliche Verletzung einer entsprechenden Verhaltensnorm, die den Schutz des Vermögens der Beschwerdeführer vor der geltend gemachten Schädigung bezweckt (vorstehende E. 6.3.1), ist nicht ersichtlich: Das Zwangsanwendungsgesetz soll eine einheitliche Regelung der Anwendung polizeilichen Zwangs und polizeilicher Massnahmen sicherstellen unter Wahrung allgemeiner rechtsstaatlicher Grundsätze und der Grundrechte der betroffenen Personen (vgl. Botschaft zum Zwangsanwendungsgesetz vom 18. Januar 2006, BBI 2006 2489, 2495). Das Zwangsanwendungsrecht und die vorliegend durch den einsatzleitenden Grenzwächter verletzten Pflichten, eine medizinische Untersuchung sowie die Abklärung der Transportfähigkeit zu veranlassen (Art. 23 ZAG und Art. 18 ZAV), haben damit nicht zum Zweck, das Vermögen der Beschwerdeführer im Hinblick auf entgangene Unterstützungsleistungen zu schützen.
6.3.5. Dasselbe muss sinngemäss für die von den Beschwerdeführern zusätzlich gerügten Verletzungen der Dublin-III-Verordnung sowie der Rückführungsrichtlinie (EU) vom 16. Dezember 2008 (RL 2008/115/EU) gelten. Weder die Ermessensklauseln nach Art. 17 Dublin-III-Verordnung, wonach ein Mitgliedstaat insbesondere ein Asylgesuch materiell prüfen kann, wenngleich nach den in der Verordnung vorgesehenen Kriterien ein anderer Staat zuständig ist (sog. Selbsteintrittsrecht gemäss Abs. 1), noch die bei der Rückführung von illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger geltenden Mindestvorschriften dienen dem Schutz von Vermögensinteressen im Sinne der geltend gemachten entgangenen Unterstützungsleistungen. Wie die Vorinstanz ausserdem zutreffend ausführt, beruht das Dublin-System auf der Prämisse der Gleichwertigkeit der nationalen Asylregelungen und Verfahren aller Mitgliedstaaten. Auch aus diesem Grund ist der Schutznormcharakter der angerufenen Bestimmungen der Dublin-III-Verordnung und der Rückführungsrichtlinie zu verneinen. Inwieweit die beiden Instrumente vorliegend überhaupt anwendbar oder verletzt sind, kann damit offen bleiben.
6.3.6. An Gesagtem ändert nichts, dass sich die Beschwerdeführer zusätzlich auf Art. 9 und Art. 5 Abs. 3 BV berufen. Zwar kann der Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 BV) in gewissen spezifischen Konstellationen als Vermögensschutznorm infrage kommen (Urteile 2C_176/2022 vom 7. Februar 2024 E. 8.2; 2C_817/2020 vom 27. Dezember 2021 E. 4.4). Eine solche liegt hier jedoch nicht vor, zumal die Beschwerdeführer auch in diesem Zusammenhang im Wesentlichen mit dem bereits erwähnten Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung argumentieren (vorstehende E. 6.3.5), wenn sie geltend machen, der Einsatzleiter sei gestützt auf Art. 9 und Art. 5 Abs. 3 BV zum Selbsteintritt verpflichtet gewesen.
6.4. Zusammengefasst dienen die vorliegend verletzten bzw. von den Beschwerdeführern zusätzlich als verletzt gerügten Verhaltenspflichten und Bestimmungen nicht dem Schutz des Vermögens der Beschwerdeführer vor der geltend gemachten Vermögensschädigung. Die Voraussetzung der Widerrechtlichkeit ist damit nicht erfüllt. Damit erübrigt es sich, die weiteren Haftungsvoraussetzungen (Schaden, Kausalität) zu prüfen.
7.
Zu beurteilen bleiben damit die Genugtuungsansprüche der Beschwerdeführer, die sie ebenfalls in Zusammenhang mit dem Asylverfahren in Italien vorbringen.
7.1. Die Beschwerdeführer argumentieren, dass die ganze Familie in Italien ein Asylgesuch stellen musste, damit die Beschwerdeführerin 1 dort habe hospitalisiert werden können. Sie seien gezwungen gewesen, während zweieinhalb Jahren als Asylsuchende in Italien zu leben. Erst danach, im Oktober 2018, habe die Beschwerdeführerin 1 und ihre Kinder (zunächst befristete) Aufenthaltsbewilligungen für Deutschland erhalten. Der Beschwerdeführer 5 habe erst per 16. März 2021 einen Asylantrag in Deutschland stellen können, womit die Familie erst rund sieben Jahre nach dem Ereignis vom 4. Juli 2014 wiedervereint wurde in Deutschland. Die mit diesem Umstand verbundene seelische Unbill rechtfertige die Zusprechung einer Genugtuung in der Höhe von je Fr. 15'000.-- für die Beschwerdeführer 1 und 5 sowie je Fr. 5'000.-- für die Beschwerdeführer 2-4 (Beschwerdeschrift Rz. 53 ff.). Sinngemäss stellen sich die Beschwerdeführer damit auf den Standpunkt, dass das Verhalten bzw. die Unterlassung des Grenzwachtkorps eine Trennung der Familienmitglieder bewirkt habe und darin eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung zu erblicken sei, die gestützt auf Art. 6 Abs. 2 VG einen Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung vermittle (vorstehende E. 4.3).
7.2. Auch für eine Genugtuung nach Art. 6 Abs. 2 VG muss die allgemeine Haftungsvoraussetzung der Kausalität erfüllt sein (vorstehende E. 4.2; vgl. Martin A. Kessler, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 7. Aufl. 2020, N. 15 zu Art. 49 OR). Steht als Ursache der Verletzung wie vorliegend eine Unterlassung infrage, ist der hypothetische Kausalverlauf zu prüfen. Dieser liegt vor, wenn rechtzeitiges Handeln mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Verletzung verhindert hätte. Die wertenden Gesichtspunkte der Adäquanz fliessen dabei schon bei der Feststellung des hypothetischen Kausalverlaufs ein, weshalb es in der Regel nicht sinnvoll ist, den angenommenen hypothetischen Geschehensablauf auch noch auf seine Adäquanz zu überprüfen. Die Feststellungen des Sachrichters im Zusammenhang mit Unterlassungen sind daher entsprechend der allgemeinen Regel über die Verbindlichkeit der Feststellungen zum natürlichen Kausalzusammenhang für das Bundesgericht bindend (BGE 132 III 715 E. 2.3; Urteil 4A_2/2020 vom 16. September 2020 E. 3.3.3). Nur wenn die hypothetische Kausalität ausschliesslich gestützt auf die allgemeine Lebenserfahrung - und nicht gestützt auf Beweismittel - festgestellt wird, unterliegt sie als Rechtsfrage der freien bundesgerichtlichen Überprüfung (vgl. BGE 132 III 715 E. 2.3; 132 III 305 E. 3.5; Urteile 4A_87/2019 vom 2. September 2019 E. 4.1.3; 2C_834/2009 vom 19. Oktober 2010 E. 2.3).
7.3. Die Vorinstanz hielt fest, dass der einsatzleitende Grenzwächter am 4. Juli 2014 keine örtliche Trennung der Beschwerdeführer bewirkt habe. Vielmehr hätten sich die unterschiedlichen Aufenthaltsorte der Beschwerdeführer 1-4 und des Beschwerdeführers 5 zwischen 2017 und 2021 erst nach einem Zeitablauf von rund zwei Jahren bzw. nach dem gemeinsamen Aufenthalt in Italien ergeben. Vor diesem Hintergrund erwog die Vorinstanz, dass die unterschiedlichen Aufenthaltsorte nicht ursächlich einer amtlichen Tätigkeit im Verantwortlichkeitsbereich des Bundes zugerechnet werden können (angefochtenes Urteil E. 9). Diese Feststellungen sind für das Bundesgericht verbindlich, zumal weder ersichtlich ist noch von den Beschwerdeführern geltend gemacht wird, dass die Vorinstanz den hypothetischen Kausalzusammenhang einzig gestützt auf die allgemeine Lebenserfahrung verneint hat (vorstehende E. 7.2). Auch dass die entsprechenden Feststellungen willkürlich wären (vorstehende E. 2.2), vermögen die Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen: Ihr Einwand, ohne die schuldhafte Unterlassung des Einsatzleiters hätte die Familie entweder in der Schweiz oder in Deutschland ihr Asylgesuch gestellt, reicht dafür nicht aus.
7.4. Nach Gesagtem war die vorgebrachte Unterlassung des Grenzwachtkorps demnach nicht (hypothetisch) kausal für die von den Beschwerdeführern sinngemäss vorgebrachte Persönlichkeitsverletzung und immaterielle Unbill (örtliche Trennung der Beschwerdeführer 1-4 vom Beschwerdeführer 5). Die Vorinstanz hat damit auch einen Genugtuungsanspruch der Beschwerdeführer für das Asylverfahren in Italien verneint, ohne damit Bundesrecht zu verletzen.
8.
8.1. Die Beschwerde erweist sich damit als teilweise begründet. Sie ist teilweise gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist insoweit aufzuheben, als die Schweizerische Eidgenossenschaft, vertreten durch das Eidgenössische Finanzdepartement, zu verpflichten ist, dem Beschwerdeführer 5 eine Genugtuung von Fr. 1'000.-- zuzüglich 5% Zins seit dem 4. Juli 2014 zu bezahlen. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen.
8.2. Bei diesem Verfahrensausgang unterliegen die Beschwerdeführer überwiegend, weshalb der in vermögensrechtlichen Interessen betroffenen Schweizerischen Eidgenossenschaft, vertreten durch das Eidgenössische Finanzdepartement, ermessensweise reduzierte Gerichtskosten aufzuerlegen sind (Art. 66 Abs. 4 BGG); den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführern, deren Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gutgeheissen werden kann, insoweit es nicht gegenstandslos geworden ist, sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihre Rechtsvertreterin hat zudem Anspruch auf eine reduzierte Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Die Sache ist zur Neuverlegung der Kosten und Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG )
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2022 wird insofern aufgehoben, als die Schweizerische Eidgenossenschaft, vertreten durch das Eidgenössische Finanzdepartement, verpflichtet wird, dem Beschwerdeführer 5 eine Genugtuung von Fr. 1'000.-- zuzüglich 5% Zins seit dem 4. Juli 2014 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen, soweit es nicht als gegenstandslos abgeschrieben wird. Rechtsanwältin Dina Raewel wird als unentgeltliche Rechtsanwältin der Beschwerdeführer bestellt.
3.
Der Schweizerischen Eidgenossenschaft, vertreten durch das Eidgenössische Finanzdepartement, werden reduzierte Gerichtskosten von Fr. 500.-- auferlegt.
4.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft, vertreten durch das Eidgenössische Finanzdepartement, hat Rechtsanwältin Dina Raewel für das bundesgerichtliche Verfahren eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 500.-- auszurichten.
5.
Rechtsanwältin Dina Raewel wird für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- ausgerichtet.
6.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.
7.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt.
Lausanne, 25. September 2024
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Der Gerichtsschreiber: C. Marti