Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
4A_275/2019
Urteil vom 29. August 2019
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Klett, May Canellas,
Gerichtsschreiber Hug.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Born, Beschwerdeführerin,
gegen
Verein B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Herter,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unterrichtsvertrag;
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer,
vom 2. Mai 2019 (NP180028-O/U).
Sachverhalt:
A.
Der Verein B.________ (Klägerin, Beschwerdegegnerin) mit Sitz in Zürich betreibt die Hotelfachschule C.________, welche unter eigenem Namen am Markt auftritt, aber rechtlich unselbständig ist.
Am 26. August respektive 5. September 2014 schloss A.________ (Studentin, Beklagte, Beschwerdeführerin) mit dem Verein B.________ einen Vertrag betreffend ihre sechssemestrige Ausbildung an der Hotelfachschule ab. In Ziff. 4 dieses Unterrichtsvertrags wurde bestimmt, dass das Schulgeld von insgesamt Fr. 50'004.-- auch verfalle, falls die Studentin die Schule unabhängig von ihrem Verschulden nicht beende. Als Beispiel für eine unverschuldete vorzeitige Beendigung der Ausbildung wurde im Vertrag ausdrücklich der Fall von Krankheit erwähnt.
Nach drei absolvierten Semestern an der Hotelfachschule brach die Studentin im Jahr 2016 die Ausbildung aus gesundheitlichen Gründen ab und liess die im Anschluss erhaltene Rechnung für das verbleibende Schulgeld von Fr. 22'172.-- unbeglichen.
B.
Mit Eingabe vom 18. September 2017 stellte der Verein B.________ beim Bezirksgericht Zürich das Rechtsbegehren, die Studentin sei zu verpflichten, ihr den Betrag von Fr. 22'172 zuzüglich Zins zu 5 % seit dem 11. Januar 2017 zu bezahlen.
Das Bezirksgericht Zürich hiess die Klage mit Urteil vom 28. September 2018 gut und verurteilte die Beklagte, der Klägerin Fr. 22'172.-- nebst Zins zu 5 % seit dem 11. Januar 2017 zu bezahlen. Das Bezirksgericht schloss, die Vertragskündigung seitens der Studentin sei zur Unzeit im Sinne von Art. 404 Abs. 2 OR erfolgt, weshalb sie den vertraglich pauschalisierten Schaden zu ersetzen habe. Im Übrigen verneinte das Bezirksgericht die Anwendbarkeit von Art. 8 UWG auf den Unterrichtsvertrag.
Das Obergericht des Kantons Zürich teilte im Wesentlichen die Rechtsauffassung des Bezirksgerichts Zürich und wies mit Entscheid vom 2. Mai 2019 die Berufung der Beklagten ab.
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen begehrt die Beklagte, es sei das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 2. Mai 2019 aufzuheben und die Klage sei abzuweisen; eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Bezirksgericht Zürich zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt in ihrer Beschwerdeantwort, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventuell sei die Beschwerde abzuweisen.
Das Obergericht des Kantons Zürich sandte die Akten unter Verzicht auf Stellungnahme ein.
D.
Mit Verfügung vom 8. Juli 2019 wurde der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung erteilt.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 141 III 395 E. 2.1 mit Hinweisen).
1.1. Die Beschwerdeführerin erhebt ausschliesslich eine Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 ff. BGG), deren erforderliche Streitwert von Fr. 30'000.-- nicht erreicht ist (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerdeführerin macht geltend, es stellten sich zwei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG). So sei einerseits durch das Bundesgericht zu klären, ob eine Kündigung eines Auftrags aus gesundheitlichen (unverschuldeten) Gründen eine Beendigung zur Unzeit im Sinne von Art. 404 Abs. 2 OR darstellen könne. Andererseits stelle sich die ihrer Ansicht nach ebenfalls umstrittene Rechtsfrage, ob Art. 8 UWG auf einen Schul- bzw. Unterrichtsvertrag anwendbar sei.
1.2. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist gemäss ständiger Rechtsprechung zurückhaltend anzunehmen. Soweit es bei der aufgeworfenen Frage lediglich um die Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf einen konkreten Fall geht, handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (BGE 135 III 1 E. 1.3 S. 4, 397 E. 1.2 S. 399; 133 III 493 E. 1.1; je mit Hinweisen). Die Voraussetzung von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ist hingegen erfüllt, wenn ein allgemeines und dringendes Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit auszuräumen (BGE 144 III 164 E. 1; 141 III 159 E. 1.2; 139 III 209 E. 1.2 S. 210; 137 III 580 E. 1.1).
Eine vom Bundesgericht bereits entschiedene Rechtsfrage kann von grundsätzlicher Bedeutung sein, wenn sich die erneute Überprüfung aufdrängt. Dies kann zutreffen, wenn die Rechtsprechung nicht einheitlich oder in der massgebenden Lehre auf erhebliche Kritik gestossen ist (BGE 134 III 354 E. 1.3). Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, ist in der Beschwerdeschrift auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt sein sollte (Art. 42 Abs. 2 BGG), ansonsten die Beschwerde in Zivilsachen unzulässig ist (BGE 133 III 439 E. 2.2.2.1, 645 E. 2.4; Urteil 4A_141/2011 vom 6. Juli 2011 E. 1.2).
1.3. Die Beschwerdeführerin macht vorerst geltend, die Vorinstanz habe selbst erwogen, dass von der Rechtsprechung "nicht restlos geklärt" worden sei, ob die vorzeitige Vertragskündigung aus unverschuldeten, gesundheitlichen Gründen, eine Beendigung zur Unzeit im Sinne von Art. 404 Abs. 2 OR darstellen könne. Sie fügt an, auch in der Literatur würden unterschiedliche Meinungen zu dieser Frage vertreten.
Mit dieser kurzen und wenig konkreten Begründung vermag die Beschwerdeführerin die Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht zu erfüllen. Aus ihrer Begründung ergeht nicht hinreichend deutlich, inwieweit diese Rechtsfrage umstritten sein sollte. Der Beschwerde ist überdies mit keinem Wort zu entnehmen, inwiefern ein allgemeines und dringendes Interesse bestehen sollte, diese angeblich umstrittene Rechtsfrage höchstrichterlich zu klären.
1.3.1. Doch selbst wenn die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllt hätte, könnte ihrer Ansicht nicht gefolgt werden. Wie die Beschwerdegegnerin zu Recht vorbringt, hat das Bundesgericht die Voraussetzungen einer Entschädigungspflicht nach Art. 404 Abs. 2 OR definiert, indem es sich dazu mehrfach in publizierten sowie jüngeren unpublizierten Urteilen äusserte (vgl. BGE 134 II 297 E. 5; 110 II 380 E. 3b; 106 II 157 E. 2c; Urteile 4A_129/2017 vom 11. Juni 2018 E. 7.1; 4A_601/2015 vom 19. April 2016 E. 1.2.1; 4A_36/2013 vom 4. Juni 2013 E. 2.5; 4A_141/2011 vom 6. Juli 2011 E. 2.4; 4A_237/2008 vom 29. Juli 2008 E. 3.2; 4C.78/2007 vom 9. Januar 2008 E. 5.4). Namentlich besteht auch in Bezug auf den zwischen den Parteien geschlossenen Unterrichtsvertrag, der als gemischter Vertrag zu qualifizieren ist, auf den hauptsächlich Auftragsrecht zur Anwendung gelangt (Urteile 4A_601/2015 vom 19. April 2016 E. 1.2.1; 4A_141/2011 vom 6. Juli 2011 E. 2.2; je mit Hinweisen), eine höchstgerichtliche Praxis. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung setzt die Annahme eines unzeitigen Widerrufs durch die Studentin voraus, dass die Beauftragte - wie bei jedem anderen Auftragsverhältnis - dazu keinen begründeten Anlass gegeben hat und die Vertragsauflösung für die Beauftragte hinsichtlich des Zeitpunkts und der von ihr getroffenen Dispositionen nachteilig ist (Urteile 4A_601/2015 vom 19. April 2016 E. 1.2.1; 4A_141/2011 vom 6. Juli 2011 E. 2.4; 4A_237/2008 vom 29. Juli 2008 E. 3.2).
1.3.2. Insoweit die Beschwerdeführerin hiergegen einwendet, es sei aufgrund der Rechtsprechung nicht klar, ob eine vorzeitige Auflösung des Auftrags aus unverschuldeten Gründen eine Beendigung aus begründetem Anlass ("juste motif") darstellen könne, greift ihre Argumentation zu kurz:
Die Beschwerdeführerin stützt ihren Rechtsstandpunkt einzig auf Urteil 4A_129/2017 vom 11. Juni 2018 E. 7.1, wonach Folgendes gilt: "Selon la jurisprudence, il y a résiliation en temps inopportun lorsqu'elle intervient sans motif sérieux, c'est-à-dire si l'on ne discerne pas de circonstances qui soient de nature, d'un point de vue objectif, à rendre insupportable la continuation du contrat, en particulier à rompre le rapport de confiance avec le cocontractant (cf. ATF 134 II 297 consid. 5.2 p. 306; arrêts 4A_601/2015 du 19 avril 2016 consid. 1.2.1; 4A_36/2013 du 4 juin 2013 consid. 2.5). Si la résiliation est fondée sur un juste motif, elle n'oblige pas à réparation (arrêt 4A_237/2008 du 29 juillet 2008 consid. 3.2 et les arrêts cités) ". Bereits aus dem ersten Satz der allgemeinen Erwägung geht hervor, dass ein begründeter Anlass ("juste motif") entgegen der Unterstellung der Beschwerdeführerin nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht bereits gegeben ist, wenn die zurücktretende Partei kein Verschulden an ihrem Kündigungsgrund trifft, sondern erst, wenn sie den Vertrag aus einem Grund kündigt, welche der anderen Partei vorzuwerfen ist, insbesondere wenn deren Verhalten das Vertrauensverhältnis zerrüttet. Zwar wurde im soeben zitierten Entscheid die Subsumtion, ob "motifs sérieux" existierten, dem oberen kantonalen Gericht überlassen (vgl. Urteil 4A_129/2017 vom 11. Juni 2018 E. 7.4
in fine); die weiteren in diesem Urteil zitierten Entscheide bestätigen aber allesamt, dass eine Auftragskündigung aus einem der Risikosphäre der zurücktretenden Partei zuzuschreibenden Grund nie ein "juste motif/motif sérieux" darstellen kann. Vielmehr ist hierfür gefordert, dass die nicht zurücktretende Partei der anderen Partei einen Anlass für deren Rücktritt setzt (vgl. BGE 134 II 297 E. 5.1-5.2; Urteil 4A_601/2015 vom 19. April 2016 E. 1.2.1; 4A_36/2013 vom 4. Juni 2013 E. 2.5; 4A_237/2008 vom 29. Juli 2008 E. 3.2-3.3 "et les arrêts cités" [Urteile 4C.323/1999 vom 22. Dezember 1999 E. 1a/bb; 4C.362/1997 vom 5. Februar 1998 E. 2]).
Sofern aus dem angefochtenen Urteil gefolgert werden könnte, das Bundesgericht habe die Frage nach den Voraussetzungen der Entschädigung im Sinne von Art. 404 Abs. 2 OR nicht abschliessend beantwortet, ist die Begründung der Vorinstanz unzutreffend bzw. zu wenig differenziert. Die Rechtslage ist insoweit geklärt, als die gesetzgeberische Interessenabwägung nach ständiger Rechtsprechung bezweckt, die vertragstreue Partei für die erlittenen Nachteile des unzeitigen Vertragsrücktritts zu entschädigen, solange sie hierfür keinen begründeten Anlass gegeben hat. Ein Bedürfnis zur Überprüfung der konstanten Rechtsprechung besteht schliesslich entgegen den Andeutungen der Beschwerdeführerin auch dann nicht, wenn diese von einzelnen Stimmen in der Lehre kritisiert werden sollte (vgl. vorstehend E. 1.2 sowie insbesondere Urteil 4A_141/2011 vom 6. Juli 2011 E. 2.3).
1.4. Die Beschwerdeführerin führt sodann aus, das Bundesgericht habe sich noch in keinem publizierten Urteil mit dem Konsumentenbegriff von Art. 8 UWG befasst. Sie macht geltend, es stelle eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar, ob Schülerinnen, die mit privaten Ausbildungsstätten Verträge mit AGB abschliessen, Konsumentinnen im Sinne des UWG seien. In Anbetracht des grossen Angebots privater Ausbildungsstätten mit Preisen unter der Streitwertgrenze von Fr. 30'000.-- seien denn auch immer wieder gleichartige Fälle von unteren Instanzen zu beurteilen.
Es mag zutreffen, dass sich das Bundesgericht noch in keinem publizierten Entscheid konkret zum Konsumentenbegriff des Art. 8 UWG äusserte. Doch kann hieraus nicht geschlossen werden, dass die Rechtsfrage umstritten sei und schon gar nicht, dass ihr grundsätzliche Bedeutung im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG zukomme. Die Beschwerdeführerin stützt ihren Rechtsstandpunkt im Übrigen einzig auf die nicht weiter substanziierte Behauptung, untere Instanzen hätten regelmässig ähnlich gelagerte Fälle zu beurteilen. Damit zeigt sie überdies nicht auf, inwiefern ein allgemeines und dringendes Interesse bestehe, die ihrer Ansicht nach umstrittene Rechtsfrage zu klären. Es stellt eine Einzelfallfrage und keine zurückhaltend anzunehmende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar, ob die Beschwerdeführerin in Bezug auf die dem abgeschlossenen Unterrichtsvertrag zugrunde liegenden allgemeinen Geschäftsbedingungen den Schutz einer Konsumentin im Sinne von Art. 8 UWG erfährt.
1.5. Nachdem sich herausgestellt hat, dass entgegen dem Standpunkt der Beschwerdeführerin keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG aufgeworfen wird, kann auf ihre Vorbringen in der Sache nicht eingegangen werden.
2.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen ist nicht einzutreten. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat die Beschwerdegegnerin, die sich mit anwaltlich verfasster Beschwerdeantwort vernehmen liess, für das Verfahren vor Bundesgericht zu entschädigen ( Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin mit Fr. 2'500.-- für das Verfahren vor Bundesgericht zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 29. August 2019
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Kiss
Der Gerichtsschreiber: Hug