Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_454/2020
Urteil vom 13. Oktober 2021
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Buss.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Davide Loss,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Monika Fehlmann,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Definitive Rechtsöffnung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des
Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 27. April 2020
(RT190212-O/U).
Sachverhalt:
A.
A.________ (Jahrgang 1996) stellte am 6. August 2019 das Begehren, es sei ihm in der gegen seinen Vater B.________ eingeleiteten Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamts Zürich 1 (Zahlungsbefehl vom 21. Mai 2019) definitive Rechtsöffnung für Fr. 68'250.-- (Unterhaltsbeiträge vom 15. Oktober 2014 bis 30. April 2019) sowie für Fr. 1'7 22.90 zu erteilen. Mit Urteil vom 9. Dezember 2019 wies das Bezirksgericht Zürich das Rechtsöffnungsbegehren ab.
B.
Am 23. Dezember 2019 erhob A.________ Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich. Dieses hiess die Beschwerde teilweise gut und erteilte A.________ definitive Rechtsöffnung für Fr. 1'403.25. Im Mehrbetrag wies es die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintrat.
C.
A.________ ist mit Beschwerde in Zivilsachen vom 4. Juni 2020 an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt, es sei der obergerichtliche Entscheid aufzuheben und ihm in der gegen B.________ (nachfolgend: Beschwerdegegner) eingeleiteten Betreibung Nr. xxx für Fr. 68'250.-- sowie für Fr. 1'722.90 die definitive Rechtsöffnung zu erteilen.
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt.
Erwägungen:
1.
1.1. Angefochten ist der Entscheid einer kantonalen Rechtsmittelinstanz, die über ein Rechtsöffnungsbegehren mit einem Streitwert über Fr. 30'000.-- befunden hat. Die Beschwerde in Zivilsachen ist gegeben (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 1 lit. b und Art. 75 Abs. 1 BGG ).
1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 86 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2).
2.
2.1. Der Beschwerdeführer fordert definitive Rechtsöffnung gestützt auf das Eheschutzurteil seiner Eltern bzw. die darin enthaltene Vereinbarung. Das im Verfahren zwischen C.________ (Mutter des Beschwerdeführers; heute D.________) und dem Beschwerdegegner ergangene Eheschutzurteil des Familiengerichts Baden datiert vom 22. April 2015. Dispositiv-Ziffer 2 lautet wie folgt:
" Die Parteien haben am 25. März 2015 eine Vereinbarung getroffen. Soweit diese Punkte betrifft, die der Offizialmaxime unterliegen, werden sie mit dem Wortlaut der Parteien zum Entscheid erhoben, in den übrigen Punkten wird das Verfahren als durch Vergleich erledigt von der Kontrolle abgeschrieben. Die Vereinbarung lautet:
(...)
6. Unterhalt
Der Ehemann verpflichtet sich, der Ehefrau für die Dauer des Getrenntlebens monatlich für sich persönlich Fr. 2'000.-- und an die Kosten des gemeinsamen Sohnes A.________ Fr. 1'500.-- zu bezahlen (zuzüglich allfälliger Familien-, Kinder und/oder Ausbildungszulagen für den Sohn A.________), zahlbar monatlich je auf den Ersten eines Monats.
(...) "
2.2. Die Vorinstanz hat dazu ausgeführt, der Beschwerdeführer sei bereits im Februar 2014 volljährig geworden und bei Einleitung des Eheschutzverfahrens seiner Eltern am 4. März 2015 19 Jahre alt gewesen. Es handle sich bei den strittigen Unterhaltsbeiträgen daher um Belange, die vom Eheschutzgericht nicht mehr zu regeln gewesen seien und in der freien Disposition der Parteien gestanden hätten. Die Parteivereinbarung in Bezug auf den Volljährigenunterhalt stelle einen Vertrag zugunsten Dritter dar. Die Möglichkeit, in einem gerichtlichen Vergleich auch von der Klage nicht erfasste, ausserhalb des Verfahrens liegende Streitfragen einzubeziehen, sei für das Schlichtungsverfahren in Art. 201 Abs. 1 ZPO ausdrücklich vorgesehen. Sie gelte aber auch für das gerichtliche Verfahren nach Art. 241 ZPO. Die von C.________ und dem Beschwerdegegner im Rahmen des seinerzeit hängigen Eheschutzverfahrens geschlossene Vereinbarung betreffend den Unterhalt des Beschwerdeführers habe damit die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheids und bilde einen definitiven Rechtsöffnungstitel im Sinne von Art. 80 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG. Ebenso seien die im Entscheid als Gläubiger bezeichnete Person und der Betreibende identisch. Allerdings sei die Ehe der Eltern mit Urteil des Gerichtsbezirks Nr. 4 der Stadt U.________ (Tatarstan, Russland) vom 19. Juni 2015, rechtskräftig geworden am 13. August 2015 und in der Schweiz anerkannt mit Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau vom 18. September 2017, geschieden worden. Der Beschwerdegegner habe damit den Urkundenbeweis dafür vorgelegt, dass die auflösende Bedingung "für die Dauer des Getrenntlebens" eingetreten und die davon abhängige Unterhaltspflicht entfallen sei. Gemäss Eheschutzurteil vom 22. April 2015 hätten die Eltern des Beschwerdeführers ab dem 15. Oktober 2014 getrennt gelebt. Bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils am 13. August 2015 seien neun monatliche Unterhaltsbeiträge (November 2014 bis Juli 2015) sowie Unterhalt für 15. Oktober bis 31. Oktober 2014 und 1. August 2015 bis 12. August 2015 aufgelaufen, mithin Fr. 14'903.25. Unbestritten sei, dass der Beschwerdegegner Fr. 13'500.-- bezahlt habe. Folglich sei ein Betrag von Fr. 1'403.25 ausstehend, für den Rechtsöffnung zu erteilen sei.
3.
3.1. Gegenstand des Rechtsöffnungsverfahrens nach Art. 80 ff. SchKG bildet die Frage, ob für den in Betreibung gesetzten Betrag ein Rechtstitel besteht, der die hemmende Wirkung des Rechtsvorschlags zu beseitigen vermag. Der Rechtsöffnungsentscheid hat ausschliesslich betreibungsrechtliche Wirkung (BGE 135 III 315 E. 2.3; AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl. 2013, § 19 Rz. 22). Das Rechtsöffnungsgericht befindet nicht über den materiellen Bestand der in Betreibung gesetzten Forderung, sondern einzig über deren Vollstreckbarkeit (BGE 136 III 583 E. 2.3).
3.2. Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Einleitung des Eheschutzverfahrens (4. März 2015), in dessen Rahmen seine Eltern die vorstehend wiedergegebene Vereinbarung abgeschlossen haben, bereits volljährig gewesen. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind die Eltern in einem solchen Fall nicht mehr befugt, als Prozessstandschafter des Kindes dessen Volljährigenunterhalt im Verfahren geltend zu machen (BGE 142 III 78 E. 3.3; Urteile 5A_600/2019 vom 9. Dezember 2020 E. 8.2; 5A_287/2012 vom 14. August 2012 E. 3.1). Rechtlich nicht zu beanstanden ist jedoch die Annahme der Vorinstanz, dass der gerichtliche Vergleich im Sinne von Art. 241 ZPO auch einen Sachverhalt mit einbeziehen kann, der nicht zum Prozessgegenstand gehört (SPÜHLER, Der gerichtliche Vergleich, 2015, S. 7; TAPPY, in: Commentaire romand, Code de procédure civile, 2. Aufl. 2019, N. 18a zu Art. 241 ZPO). Über den Vergleichsgegenstand hinausgehende Vergleichsbestimmungen haben ebenfalls an der Rechtskraftwirkung teil (REISER/JENT-SØRENSEN, Der Vergleich und seine Anfechtung, in: Festschrift für Isaak Meier, 2015, S. 565; PLATZ, Der Vergleich im schweizerischen Recht, 2013, S. 141 und S. 155). Eine im gerichtlichen Verfahren abgeschlossene Elternvereinbarung über den Volljährigenunterhalt kann dem Kind deshalb einen definitiven Rechtsöffnungstitel im Sinne von Art. 80 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG verschaffen, auch wenn der Volljährigenunterhalt an und für sich nicht Streitgegenstand des Ehescheidungs- bzw. vorliegend Eheschutzverfahrens gebildet hat; es handelt sich um einen Vertrag zugunsten eines Dritten im Sinne von Art. 112 OR (vgl. BGE 107 II 465 E. 6a). Weil es dem volljährigen Kind offensteht, durch eine Klage gegebenenfalls einen höheren Unterhalt zu erwirken und seine Rechtsstellung durch eine solche Vereinbarung folglich nicht verschlechtert wird, ist sein Einverständnis nicht erforderlich (vgl. PLATZ, a.a.O., S. 339). Damit der gerichtliche Vergleich als definitiver Rechtsöffnungstitel dienen kann, muss er allerdings, nicht anders als ein Urteil, den Schuldner eindeutig und unzweifelhaft zur Zahlung eines bestimmten Betrags verpflichten (BGE 143 III 564 E. 4.4.4; Urteil 5A_444/2020 vom 28. August 2020 E. 6.2.3). Dies ist bezüglich des vor Bundesgericht noch strittig gebliebenen Zeitraums (13. August 2015 bis 30. April 2019) aus nachfolgenden Gründen nicht der Fall.
3.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe davon ausgehen dürfen und müssen, dass der Unterhaltsanspruch ungeachtet des russischen Scheidungsurteils weiterbesteht. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb er hätte annehmen müssen, dass die Unterhaltsverpflichtung mit der Ehescheidung seiner Eltern ohne weiteres dahinfällt, habe doch die Ehescheidung der Eltern überhaupt nichts mit seinem Unterhaltsanspruch zu tun. Seine Eltern hätten - getreu den Intentionen des Gesetzgebers - die Sicherstellung seines Erwachsenenunterhalts beabsichtigt. Der in Ziff. 6 der Trennungsvereinbarung vom 25. März 2015 in der Form eines Vertrags zugunsten Dritter vereinbarte Erwachsenenunterhalt zu seinen Gunsten entfalle bei einer Ehescheidung der Eltern bereits mangels Konnexität nicht automatisch. Mit der Unterhaltspflicht zu seinen Gunsten "für die Dauer des Getrenntlebens" sei entgegen der Auffassung des Obergerichts keine Resolutivbedingung für den Fall einer Ehescheidung vereinbart worden. Es sei darauf hinzuweisen, dass Eheschutzmassnahmen stets "für die Dauer des Getrenntlebens" vereinbart würden, spreche doch auch die Marginalie von Art. 176 ZGB von der "Regelung des Getrenntlebens". Vorliegend habe das russische Scheidungsurteil die Scheidungsfolgen nicht im Ansatz geregelt oder die schweizerischen Eheschutzmassnahmen ausdrücklich ausser Kraft gesetzt, weshalb diese weiterhin Geltung beanspruchen würden.
3.4. Dem ist vorab zu entgegnen, dass der strittige Volljährigenunterhalt nicht Gegenstand des Eheschutzverfahrens gebildet hat (vorne E. 3.2) und ebenso wenig Gegenstand einer allfälligen Klage auf Ergänzung eines (lückenhaften) ausländischen Scheidungsurteils sein könnte. Der Umstand, dass sich das russische Scheidungsurteil zum Unterhaltsanspruch des Beschwerdeführers nicht äussert, ist wenig überraschend, zumal dieser bereits volljährig und am Scheidungsverfahren seiner Eltern in keiner Weise beteiligt war. Sodann wurde in der Vereinbarung vom 25. März 2015 - aus welchen Gründen auch immer - gerade nicht festgehalten, dass die Pflicht, an den Unterhalt des Beschwerdeführers einen Betrag von Fr. 1'500.-- zu bezahlen, bis zum Abschluss von dessen Erstausbildung dauert. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann der Wortlaut der Vereinbarung mit dem Obergericht zwanglos dahingehend verstanden werden, dass Volljährigenunterhalt an den Beschwerdeführer gestützt darauf längstens bis zur Scheidung der Ehe seiner Eltern geschuldet ist und der Beschwerdeführer seinen allenfalls bestehenden gesetzlichen Anspruch danach nötigenfalls selbständig einzuklagen hat. Dem Obergericht ist deshalb darin beizupflichten, dass die Eltern des Beschwerdeführers, was die Dauer der Pflicht zur Zahlung des Volljährigenunterhalts betrifft, in Ziff. 6 der Vereinbarung vom 25. März 2015 eine Regelung getroffen haben, aus welcher das vom Beschwerdeführer nun im Rechtsöffnungsverfahren Verlangte keineswegs klar hervorgeht. Die in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen des Beschwerdeführers zu den angeblichen Absichten des Beschwerdegegners im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung sprengen den Rahmen des Rechtsöffnungsverfahrens. Entsprechend hat das Obergericht kein Bundesrecht verletzt, wenn es das Rechtsöffnungsbegehren für den geltend gemachten Volljährigenunterhalt ab 13. August 2015 (Zeitpunkt der Rechtskraft des später in der Schweiz anerkannten Scheidungsurteils) abgewiesen hat.
4.
Mit Bezug auf den Antrag, es sei auch definitive Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 1'722.90 zu gewähren, hat die Vorinstanz festgehalten, dass dieser nicht begründet worden sei, weshalb nicht darauf einzutreten sei. Vor Bundesgericht müsste der Beschwerdeführer aufzeigen, dass die kantonale Beschwerde den Begründungsanforderungen genügte und die Vorinstanz daher zu Unrecht auf diesen Antrag nicht eingetreten ist. Damit befasst sich der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht, womit die Beschwerde in diesem Punkt den Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 2 BGG) nicht genügt. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer in seiner kantonalen Beschwerde nicht einmal ausgeführt, worum es sich bei dem erwähnten Betrag von Fr. 1'722.90 überhaupt handelt, womit die vorinstanzliche Annahme eines Begründungsmangels auch nicht zu beanstanden wäre.
5.
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gegenpartei ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. Oktober 2021
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Herrmann
Der Gerichtsschreiber: Buss