Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
6B_307/2012
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Urteil vom 14. Februar 2013
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Denys, Schöbi,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Gregor Münch,
Beschwerdeführerin,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Mehrfache Widerhandlung gegen das Ausländergesetz, Genugtuung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zürich, I. Strafkammer,
vom 9. März 2012.
Sachverhalt:
A.
Die stark alkoholisierte X.________, eine brasilianische Staatsangehörige, wurde am 28. Januar 2011, um 07.15 Uhr, durch die Kantonspolizei Zürich in der "A.________-Bar", einer "Kontaktbar" im Kerngebiet des Stadtzürcher Milieus, angehalten. Da sie sich nicht ausweisen konnte (und wollte) und die Polizeibeamten in ihrer Handtasche keine Ausweispapiere fanden, wurde sie auf den Polizeiposten geführt. Im Zuge der auf dem Posten durchgeführten Durchsuchung wurden ein "Chip der Swisscom" und ein "I-Phone" gefunden sowie "offensichtliche Freier-Adressen", die darauf hinwiesen, X.________ sei ohne Bewilligung als Prostituierte erwerbstätig. Gestützt auf diese Daten kontaktierten die Polizeibeamten den späteren Zeugen B.________. Dieser gab an, mit X.________ Sexualverkehr gegen Geld gehabt zu haben.
B.
Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X.________ zweitinstanzlich am 9. März 2012 des rechtswidrigen Aufenthalts und der Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung gemäss Art. 115 Abs. 1 lit. b und c des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20) schuldig. In Bezug auf den Freispruch vom Vorwurf der Widerhandlung gegen Art. 115 Abs. 1 lit. a AuG (Verletzung von Einreisevorschriften) stellte es die Rechtskraft des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom 7. März 2011 fest. Es bestrafte X.________ mit 45 Tagen Freiheitsstrafe (wovon alle Tage durch Untersuchungs- und Sicherheitshaft erstanden sind). Den Vollzug der Freiheitsstrafe schob es nicht auf. Das Obergericht sprach X.________ keine Genugtuung zu und auferlegte ihr die Kosten des Berufungsverfahrens. Die erstinstanzliche Kostenregelung bestätigte es.
C.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, sie sei vom Vorwurf der mehrfachen Widerhandlung gegen das Ausländergesetz freizusprechen, und die Kosten des kantonalen Verfahrens seien auf die Gerichtskasse zu nehmen. Für die erlittene Untersuchungs- und Sicherheitshaft sei ihr eine Genugtuung von mindestens Fr. 4'500.-- zuzusprechen. Eventuell sei das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. X.________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
D.
Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich haben auf eine Stellungnahme zur Beschwerde verzichtet.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Vorinstanz ist der Auffassung, dass die "offensichtlichen Freier-Adressen" im Rahmen der bei der Anhaltung durchgeführten polizeilichen Effektenkontrolle "ermittelt" wurden, welche ohne vorgängige Bewilligung der Staatsanwaltschaft in Form eines Durchsuchungsbefehls vorgenommen werden durfte, und zwar unabhängig davon, ob die fraglichen "Adressdaten" in Papierform oder aufgrund einer Durchsuchung des Telefons gefunden wurden. Eine nachträgliche Information der Staatsanwaltschaft sei - soweit eine solche notwendig sei - spätestens mit der Aktenzustellung an die Staatsanwaltschaft zur formellen Verfahrenseröffnung erfolgt. Die entdeckten Beweise seien verwertbar. Die Vorinstanz stützt ihre Ansicht insbesondere auf Art. 215 Abs. 2 lit. c und d StPO i.V.m. Art. 241 Abs. 3 StPO (Entscheid, S. 6-10, S. 9 f.).
Die Beschwerdeführerin rügt eine unrichtige Anwendung von Art. 215 StPO respektive von Art. 241 Abs. 1 i.V.m. Art. 246 StPO bzw. Art. 250 StPO. Die Polizei habe Aufzeichnungen durchsucht, ohne dass die Verfahrensleitung diese Zwangsmassnahme vorgängig mündlich oder schriftlich angeordnet oder nachträglich bewilligt hätte. Da sie - die Beschwerdeführerin - in die polizeiliche Durchsuchung auch nicht eingewilligt habe, habe die Strafbehörde die "Freierliste" in Verletzung einer Gültigkeitsvorschrift gemäss Art. 141 Abs. 2 StPO erlangt. Die "offensichtlichen Freier-Adressen" und die in der Folge erhobenen Zeugenaussagen von B.________ seien nicht verwertbar.
1.2. Die polizeiliche Anhaltung im Sinne von Art. 215 StPO dient der Ermittlung einer allfälligen Verbindung zwischen der angehaltenen Person und einer Straftat. Gemäss Art. 215 Abs. 1 StPO kann die Polizei eine Person anhalten, um ihre Identität festzustellen (lit. a), sie kurz zu befragen (lit. b), abzuklären, ob sie eine Straftat begangen hat (lit. c) oder ob sich in ihrem Gewahrsam Gegenstände befinden, nach denen gefahndet wird (lit. d). Die angehaltene Person ist nach Art. 215 Abs. 2 StPO verpflichtet, ihre Personalien anzugeben (lit. a), Ausweispapiere vorzulegen (lit. b), mitgeführte Sachen vorzuzeigen (lit. c) und Behältnisse oder Fahrzeuge zu öffnen (lit. d). Ziel der Anhaltung ist, die Identität zu überprüfen und festzustellen, ob nach den Umständen der konkreten Situation ein Zusammenhang der betreffenden Person mit Delikten als möglich erscheint (Niklaus Schmid, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, Zürich/St. Gallen 2009, S. 432 Rz. 1002; Ders., Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, Zürich/St. Gallen 2009, Art. 215 Rz. 6). Ein konkreter Tatverdacht wird nicht vorausgesetzt ( NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. Aufl., 2012, S. 323 N. 884). Können die Abklärungen nach Art. 215 StPO nicht vor Ort erfolgen, ist die Polizei gemäss Abs. 1 der Bestimmung befugt, die angehaltene Person auf den Polizeiposten zu führen.
Zur Anhaltung benötigt die Polizei keine vorgängige Anordnung oder Bewilligung der Staatsanwaltschaft im Sinne von Art. 198 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 241 StPO (vgl. J ONAS WEBER, in: Schweizerische Strafprozessordnung, Basler Kommentar, Basel 2011, Art. 198 N. 9). Kommt die angehaltene Person ihrer Pflicht nach Art. 215 Abs. 2 lit. c und d StPO zur Vorlage von Ausweispapieren und Gegenständen sowie zum Öffnen von Behältnissen und Fahrzeugen nicht nach, darf die Polizei Kleider, mitgeführte Gegenstände, Behältnisse oder Fahrzeuge ohne staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungsbefehl unter den Voraussetzungen von Art. 241 Abs. 3 StPO i.V.m. Art. 250 StPO durchsuchen (siehe Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1085 ff., S. 1225; Gianfranco Albertini/Thomas Ambruster, in: Schweizerische Strafprozessordnung, Basler Kommentar, Basel 2011, Art. 215 N. 16; vgl. OBERHOLZER, a.a.O., S. 323 N. 885). Diese Durchsuchungen sind auf die Sicherung der Ziele der Anhaltung nach Art. 215 Abs. 1 StPO beschränkt (Schmid, Praxiskommentar, a.a.O., Art. 215 Rz. 17). Ebenfalls in eigener Kompetenz darf die Polizei die angehaltene Person aus Sicherheitsgründen - zum Zwecke der Gefahrenabwehr - gestützt auf Art. 241 Abs. 4 StPO durchsuchen.
1.3. Die Polizei führte die Beschwerdeführerin nach erfolglos gebliebener Ausweiskontrolle vor Ort auf den Polizeiposten, weil Anhaltspunkte für Widerhandlungen gegen das Ausländergesetz bestanden (Antreffen der stark alkoholisierten Beschwerdeführerin in einer einschlägigen "Kontakt-Bar" im Stadtzürcher Rotlichtmilieu; Weigerung, sich auszuweisen; keine Ausweispapiere). Die auf dem Polizeiposten durchgeführte Kontrolle der Beschwerdeführerin förderte u.a. "offensichtliche Freier-Adressen" zu Tage. Wie die Polizeibeamten auf diese Daten stiessen, geht aus den Akten nicht klar hervor. Auszugehen ist davon, dass die Beamten das mitgeführte I-Phone der Beschwerdeführerin bzw. - genauer - die darin gespeicherten Adressen durchsuchten. Darauf deuten verschiedene Hinweise im Polizeirapport vom 28. Januar 2011 hin (vgl. kantonale Akten, act. 1, S. 3 und 4). Eine solche Durchsuchung von Unterlagen - seien sie auf einem Datenträger gespeichert oder physisch im Sinne eines Schriftstücks ("Adressbüchlein") vorhanden - geht über den Zweck der Anhaltung hinaus. Die Befugnis der Polizei, mitgeführte Sachen sowie Behältnisse und Fahrzeuge ohne Befehl zu kontrollieren, geht nach Art. 215 Abs. 2 lit. c und d StPO nicht weiter als die Verpflichtung der angehaltenen Person, diese Sachen vorzuzeigen sowie Behältnisse und Fahrzeuge zu öffnen. Für eine weitergehende Durchsuchung der Effekten bietet die Anhaltung keine Rechtsgrundlage. Der Sache nach handelt es sich bei der zu beurteilenden Durchsuchung des I-Phones entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht (mehr) um eine zulässige Effektenkontrolle im Sinne von Art. 215 Abs. 2 lit. c und d StPO i.V.m. Art. 250 StPO (und ebenso wenig um eine Sicherheitsdurchsuchung der angehaltenen Person zur Gefahrenabwehr gemäss Art. 215 i.V.m Art. 241 Abs. 4 StPO), sondern um eine Durchsuchung von Aufzeichnungen im Sinne von Art. 246 StPO.
1.4. Von einer Durchsuchung von Aufzeichnungen gemäss Art. 246 StPO wird gesprochen, wenn die Schriftstücke oder Datenträger im Hinblick auf ihren Inhalt oder ihre Beschaffenheit durchgelesen bzw. besichtigt werden, um ihre Beweiseignung festzustellen, sie allenfalls zu beschlagnahmen und zu den Akten zu nehmen (vgl. zu Art. 50 VStrR BGE 109 IV 154 E. 1). Solche Durchsuchungen von Unterlagen und Datenträgern sind nach Art. 198 StPO i.V.m. Art. 241 Abs. 1 StPO grundsätzlich von der Staatsanwaltschaft (allenfalls vom Sachgericht) anzuordnen bzw. vorzunehmen (vgl. Botschaft, a.a.O., BBl 2006 S. 1238). Es ist der Staatsanwaltschaft aber unbenommen, die Polizei im Rahmen von Art. 312 StPO damit zu beauftragen, die auf die Amtsstelle verbrachten bzw. entsiegelten Aufzeichnungen nach bestimmten Kriterien zu durchsuchen bzw. auszuwerten (Andreas J. Keller, in Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO), Zürich 2010, Art. 246 Rz. 4). Sofern im Sinne von Art. 241 Abs. 3 StPO "Gefahr in Verzug" vorliegt, kann die Polizei Unterlagen und Aufzeichnungen auch ohne besonderen Befehl der Staatsanwaltschaft durchsuchen. Das polizeiliche Handeln muss sich dann allerdings - wie bei einer allfälligen Delegation von der Staatsanwaltschaft an die Polizei nach Art. 312 StPO - angesichts der besonderen Relevanz des Eingriffs in die Privatsphäre der betroffenen Person (oder Dritter) auf einfache Sachverhalte beschränken (Schmid, Handbuch, a.a.O., S. 474 Rz. 1074; Ders., Praxiskommentar, a.a.O., Art. 246 Rz. 3; Diego R. Gfeller, Schweizerische Strafprozessordnung, Basler Kommentar, 2011, Art. 241 Rz. 32 ff.; vgl. Catherine Chirazzi in: Commentaire romand, Code de procédure pénale, 2010, Art. 241 Rz. 28 und 33).
1.5. Inwiefern vorliegend "Gefahr in Verzug" war, welche die Polizei zu selbständigem Handeln im Sinne von Art. 241 Abs. 3 StPO ermächtigte, ist nicht erkennbar. Der Umstand, dass die Anhaltung nach Art. 215 StPO und die damit einhergehende Beschränkung der Bewegungsfreiheit der angehaltenen Person nur kurze Zeit dauern darf (vgl. Botschaft, BBl 2006 S. 1224; Schmid, Handbuch, a.a.O., S. 433 Rz. 1003), vermag jedenfalls keine Dringlichkeit im Sinne von Art. 241 Abs. 3 StPO zu begründen (so aber angefochtener Entscheid, S. 9). Andernfalls wäre die Polizei bei einer Anhaltung unter Hinweis auf die engen zeitlichen Grenzen stets und ohne weiteres befugt, Durchsuchungen nach Art. 246 StPO selbständig anzuordnen und durchzuführen. Das entspricht nicht dem Sinn des Gesetzes. Art. 241 Abs. 3 StPO kommt (nur) zum Tragen, wenn ohne sofortige Durchsuchung ein Beweisverlust zu befürchten ist (Gfeller, a.a.O., Art. 241 Rz. 33; Schmid, Handbuch, a.a.O., S. 468 f. Rz. 1064). Das ist hier nicht der Fall. Die "offensichtlichen Freier-Adressen" waren auf dem I-Phone gespeichert und konnten ohne Manipulation des Geräts nicht verloren gehen. Zwar durften die Polizeibeamten das I-Phone - ohne entsprechende Beschlagnahme - nur so lange (zurück-) behalten, als es der Beschwerdeführerin selber untersagt war, sich vom Ort der Massnahme zu entfernen. Das begründet aber für sich allein keine dringliche Situation im Sinne von Art. 241 Abs. 3 StPO, zumal nicht erstellt und angesichts des Zeitpunkts der Kontrolle auch nicht wahrscheinlich ist, dass die Staatsanwaltschaft für eine (mindestens mündliche) Anordnung der Durchsuchung des I-Phones nicht erreichbar war (Keller, a.a.O., Art. 241 Rz. 23 und Art. 246 Rz. 4, welcher Dringlichkeit bei Durchsuchungen von Aufzeichnungen praktisch für ausgeschlossen hält). Das selbständige Handeln der Polizei ohne staatsanwaltschaftlichen Befehl war regelwidrig. Es stellt sich die Frage nach den prozessualen Folgen dieses Verstosses.
1.6. Die Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweise ist in Art. 141 StPO geregelt. Für Beweise, die durch verbotene Beweiserhebungsmethoden erlangt werden, sieht Art. 141 Abs. 1 Satz 1 StPO ein absolutes Beweisverwertungsverbot vor. Dasselbe gilt, wenn das Gesetz einen Beweis als unverwertbar bezeichnet (Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO). Beweise, die Strafbehörden in strafbarer Weise oder unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften erhoben haben, dürfen nach Art. 141 Abs. 2 StPO grundsätzlich nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich. Beweise, bei deren Erhebung lediglich Ordnungsvorschriften verletzt wurden, sind dagegen gemäss Art. 141 Abs. 3 StPO verwertbar. Ob im Einzelfall eine Gültigkeits- oder eine Ordnungsvorschrift vorliegt, bestimmt sich (sofern das Gesetz die Norm nicht selber als Gültigkeitsvorschrift bezeichnet) primär nach dem Schutzzweck der Norm: Hat die Verfahrensvorschrift für die Wahrung der zu schützenden Interessen der betreffenden Person eine derart erhebliche Bedeutung, dass sie ihr Ziel nur erreichen kann, wenn bei Nichtbeachtung die Verfahrenshandlung ungültig ist, liegt eine Gültigkeitsvorschrift vor (zum Ganzen vgl. Botschaft, a.a.O., BBl 2006 S. 1183 f.).
1.7. Dass die Polizeibeamten das I-Phone der Beschwerdeführerin bzw. die darin gespeicherten Adressen ohne die grundsätzlich erforderliche Bewilligung der Staatsanwaltschaft durchsuchten, führt nicht zu einem Verbot der Verwertung der erwähnten Freier-Adressen. Die Voraussetzungen für die Durchsuchung des (offenkundig nicht mittels eines Codes verschlossenen) I-Phones waren an sich erfüllt. Die Durchsuchung als solche war auch nicht unverhältnismässig. Die Polizeibeamten beschränkten sich offenbar darauf, (nur) Einsicht in die im Gerät abgelegten Adressen zu nehmen (vgl. hierzu Hinweis im Polizeirapport vom 28. Januar 2011, act. 1, S. 3 und 4, wonach "über die Agenda" eventuell noch weitere Freier ermittelt werden könnten). Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beamten vorsätzlich und rechtsmissbräuchlich über die gesetzliche Zuständigkeitsordnung im Sinne von Art. 198 StPO hinwegsetzten bzw. den staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungsbefehl bewusst nicht einholten, bestehen nicht. Das gilt umso mehr, als selbständiges polizeiliches Handeln im Rahmen von Art. 246 StPO nicht kategorisch ausgeschlossen, sondern bei Dringlichkeit (Art. 241 Abs. 3 StPO) möglich ist. Die Zuständigkeiten sind hier in einer gewissen Hinsicht "fliessend". Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände stellt das Erfordernis des staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungsbefehls im vorliegenden Fall eine blosse Ordnungsvorschrift im Sinne von Art. 141 Abs. 3 StPO dar (vgl. insoweit auch Gfeller, a.a.O., Art. 246 Rz. 10 mit Hinweisen). Demnach sind die ermittelten "offensichtlichen Freier-Adressen" und die gestützt darauf erlangten Aussagen des Zeugen B.________ verwertbar.
2.
Die Beschwerdeführerin rügt einen Verstoss gegen Art. 243 StPO. Die angebliche Ermittlung von "offensichtlichen Freier-Adressen" habe nicht im Zusammenhang mit der ursprünglich abzuklärenden Straftat (rechtswidrige Einreise, allenfalls rechtswidriger Aufenthalt) gestanden, sondern auf eine "andere Straftat" im Sinne von Art. 243 StPO (Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung) hingewiesen. Die vorinstanzliche Schlussfolgerung, aufgrund des Kontrollorts und der starken Alkoholisierung der Beschwerdeführerin habe der Verdacht der Schwarzarbeit nicht von Beginn weg ausgeschlossen werden können, sei willkürlich. Die "Freierliste" hätte als Zufallsfund behandelt werden müssen. Sie sei - ebenso wie die in der Folge durchgeführte Befragung des Zeugen B.________ - nach Art. 141 StPO nicht verwertbar (Beschwerde, S. 5-9).
2.1. Unter Zufallsfunden nach Art. 243 StPO versteht man die bei der Durchführung von Zwangsmassnahmen allgemein und bei Durchsuchungen und Untersuchungen im Besonderen zufällig entdeckten Beweismittel, Spuren, Gegenstände oder Vermögenswerte, die mit der abzuklärenden Straftat in keinem direkten Zusammenhang stehen und den ursprünglichen Verdacht weder erhärten noch widerlegen, aber auf eine weitere Straftat hinweisen (Diego R. Gfeller/Olivier Thormann, Basler Kommentar (BSK), Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, Art. 243 Rz. 6; Schmid, Praxiskommentar, a.a.O., Art. 243 Rz. 1; Ders., Handbuch, a.a.O., S. 470 Rz. 1066; Andreas J. Keller, in Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO), Zürich 2010, Art. 243 Rz. 1). Kein Zufallsfund liegt dagegen vor, wenn eine Spur bzw. ein Gegenstand in einem direkten Zusammenhang mit der abzuklärenden Straftat steht. Abzugrenzen sind Zufallsfunde von unzulässigen Beweisausforschungen, sogenannten "Fishing-Expeditions". Eine solche besteht, wenn einer Zwangsmassnahme kein genügender Tatverdacht zugrunde liegt, sondern aufs Geratewohl Beweisaufnahmen getätigt werden. Aus Beweisausforschungen resultierende Ergebnisse sind nicht verwertbar (siehe BGE 137 I 218 E. 2.3.2 mit zahlreichen Hinweisen auf Rechtsprechung und Lehre).
2.2. Gemäss Polizeirapport vom 28. Januar 2011 wurde gegen die Beschwerdeführerin wegen Verletzung von Art. 115 Abs. 1 lit. a und c AuG ermittelt (Entscheid, S. 10; kantonale Akten, act. 1 S. 1). Es bestand der Verdacht der illegalen Einreise in die Schweiz zur Ausübung der Prostitution ohne Bewilligung. Die Polizei führte die Beschwerdeführerin gemäss Rapport zwar primär deshalb auf den Polizeiposten, weil sich diese nicht ausweisen konnte und Anhaltspunkte dafür bestanden, sie sei ohne gültige Ausweispapiere in der Schweiz anwesend (Entscheid, S. 11). Damit stand für die Polizei nach Ansicht der Vorinstanz anfänglich zwar ein allfälliger Verstoss gegen Einreisevorschriften im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. a AuG im Vordergrund, ohne dass aber Widerhandlungen gegen Art. 115 Abs. 1 lit. b und c AuG (rechtswidriger Aufenthalt, Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung) ausgeschlossen werden konnten. Solche Verstösse schienen vielmehr ebenso wahrscheinlich (Entscheid, S. 11). Dieser Schluss der Vorinstanz ist nicht willkürlich. Er folgt aus der Gesamtsituation anlässlich der Kontrolle der Beschwerdeführerin (Einsatzörtlichkeit der Polizei in einer einschlägigen "Kontakt-Bar" im Kerngebiet des Stadtzürcher Milieus; starke Alkoholisierung der Beschwerdeführerin; Weigerung, sich auszuweisen; keine Ausweispapiere). Deren Einwand, nicht jede Frau, die sich im "Chreis Cheib" die "Nacht um die Ohren schlage", sei ein "leichtes Mädchen", ist nicht geeignet, den vorinstanzlichen Schluss in Frage zu stellen (Beschwerde, S. 7). Mit der Vorinstanz kann ohne Willkür davon ausgegangen werden, gegenüber der Beschwerdeführerin habe von Anbeginn an ein (Anfangs-) Verdacht bestanden, sie weile ohne gültige Papiere in der Schweiz und übe eine nicht bewilligte Erwerbstätigkeit aus. Die ermittelten Adressdaten von Freiern stehen demnach in direktem Zusammenhang mit den abzuklärenden Straftaten und stellen keinen Zufallsfund dar.
3.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Grundsatzes der Aktenführungs- und Dokumentationspflicht (Art. 77 lit. g, Art. 100 Abs. 1 lit. b und Art. 192 StPO ) sowie der Verteidigungsrechte im Sinne des rechtlichen Gehörs. Die "Adressliste der Freier" habe keinen Eingang in die Untersuchungsakten gefunden. Es sei daher nicht überprüfbar, weshalb "offensichtlich" von Freier-Daten habe ausgegangen werden müssen. Nur wenn die damals bei ihr angeblich sichergestellten Kontaktdaten von B.________ Rückschlüsse auf Prostitution zugelassen hätten, könnte dessen telefonische Kontaktierung als zulässige Ermittlungshandlung bezeichnet werden. Das polizeiliche Vorgehen im Zusammenhang mit dem späteren Zeugen B.________ deute auf eine illegale Beweisausforschung hin. Die fehlende Dokumentierung der Adressen in den Akten verunmögliche ihr, den "Entlastungsbeweis" zu erbringen (Beschwerde, S. 9-12).
3.1. Zu den elementaren Grundsätzen des Strafprozessrechts gehört, dass Erhebungen im Rahmen des Verfahrens aktenkundig gemacht werden (BGE 115 Ia 97 E. 4c). Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) ergibt sich der Anspruch auf Akteneinsicht. Soll dieser effizient wahrgenommen werden können, ist erforderlich, dass alles in den Akten festgehalten wird, was zur Sache gehört und entscheidwesentlich sein kann. Damit besteht spiegelbildlich zum Recht auf Akteneinsicht eine Aktenführungs- und Dokumentationspflicht der Behörden. Diese sind verpflichtet, alle verfahrensrelevanten Vorgänge schriftlich festzuhalten und die Akten vollständig und korrekt anzulegen und zu führen. In einem Strafverfahren bedeutet dies, dass die Beweismittel, jedenfalls soweit sie nicht unmittelbar an der gerichtlichen Hauptverhandlung erhoben werden, in den Untersuchungsakten vorhanden sein müssen und dass aktenmässig belegt sein muss, wie sie produziert wurden, damit der Beschuldigte in der Lage ist zu prüfen, ob sie inhaltliche oder formelle Mängel aufweisen und gegebenenfalls Einwände gegen deren Verwertbarkeit erheben kann. Dies ist Voraussetzung dafür, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahrnehmen kann (BGE 129 I 85 E. 4.1 S. 88 f. mit Hinweisen; vgl. Urteil 6B_719/2011 vom 12. November 2012 E. 4.5).
Die Grundsätze zur Aktenführungs- und Dokumentationspflicht werden in der StPO konkretisiert (vgl. Schmid, Handbuch, a.a.O., S. 221 Rz. 566, Ders., Praxiskommentar, a.a.O., Vor Art. 76-99, Rz. 1; Markus Schmutz, Schweizerische Strafprozessordnung, Basler Kommentar, Art. 100 Rz. 1). Sie gelten (grundsätzlich) auch für das polizeiliche Ermittlungsverfahren (Botschaft, a.a.O., BBl 2006 S. 1155; Schmid, Handbuch, a.a.O., S. 222 Rz. 568; Ders., Praxiskommentar, a.a.O., Art. 76 Rz. 2, 3; Art. 77 Rz. 4; Art. 307 Rz. 6).
3.2. Die "offensichtlichen Freier-Adressen" sind in den Akten nicht enthalten (Entscheid, S. 15). Aus dem Polizei- und Verhaftrapport vom 28. Januar 2011 ergeben sich lediglich Hinweise darauf, dass solche gefunden wurden (vgl. kantonale Akten, act. 1 S. 3 sowie act. 16/1 S. 2). Mit der Vorinstanz (Entscheid, S. 14 f.) ist davon auszugehen, dass die Kontaktdaten des späteren Zeugen B.________ gestützt auf die ermittelten "offensichtlichen Freier-Adressen" eruiert wurden. Das ergibt sich schon daraus, dass die Polizei den Zeugen telefonisch kontaktierte, unmittelbar nachdem sie die Beschwerdeführerin angehalten und die Freier-Adressen gefunden hatte. Unter diesen Umständen sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass sich die Polizei aufs Geratewohl mit dem Zeugen B.________ in Verbindung setzte und Beweiserhebungen tätigte, um einen Tatverdacht gegenüber der Beschwerdeführerin in Bezug auf eine allfällige nicht bewilligte Erwerbstätigkeit als Prostituierte überhaupt erst begründen zu können. Die Polizei ging vielmehr einem aus den sichergestellten Adressdaten resultierenden konkreten Hinweis zum bereits im Raum stehenden Verdacht nach. Das ist weder unüblich noch unzulässig. Der Vorwurf, die telefonische Kontaktierung des späteren Zeugen B.________ lege eine unzulässige Beweisausforschung nahe, geht damit fehl. Dass die Polizei die "offensichtlichen Freier-Adressen" nicht aktenkundig machte und den Inhalt des Telefongesprächs mit dem Zeugen B.________ nicht in einer Aktennotiz protokollierte, begründet zwar allenfalls eine Verletzung der Dokumentationspflicht (wobei der Umstand, dass die Polizei den Zeugen B.________ telefonisch kontaktierte, aktenkundig ist [vgl. kantonale Akten, act. 2, S. 1; act. 5, S. 7]). Daraus resultiert jedoch weder eine Verletzung des Rechts auf eine wirksame Strafverteidigung noch ein Verbot der Verwertung der "Freier-Adressen" und der Aussagen des Zeugen B.________. Der Beschwerdeführerin wurde nicht verunmöglicht, sich wirksam zu verteidigen. Sie weiss, wie bzw. nach welchen Grundsätzen sie ihre Adressen führt (e), und hätte daher geltend machen können (und müssen), dass und weshalb sich aus ihren Adressdaten kein Schluss auf "offensichtliche Freier-Adressen" ziehen lässt. Überdies machte der Zeuge B.________ anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 4. Februar 2011 im Beisein der Beschwerdeführerin und ihres Rechtsvertreters (auf deren Fragen hin) präzise Angaben zum Inhalt des polizeilichen Telefongesprächs. Demnach hatte die Beschwerdeführerin auch hierüber Kenntnis.
4.
Die Rügen der Beschwerdeführerin erweisen sich als unbegründet. Die Genugtuung beantragt sie für den Fall des Freispruchs (Beschwerde, S. 11 f.). Da es bei der Verurteilung bleibt, ist darauf nicht weiter einzugehen.
5.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Die Kosten des Verfahrens wären bei diesem Ausgang der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt, das gutzuheissen ist. Die Bedürftigkeit ist ausgewiesen und die Beschwerde war nicht von vornherein aussichtslos. Daher sind keine Kosten zu erheben (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Vertreter der Beschwerdeführerin ist aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen (Art. 64 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen. Der Beschwerdeführerin wird Rechtsanwalt Gregor Münch als unentgeltlicher Rechtsbeistand beigegeben.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin wird für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. Februar 2013
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill