Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
4A_440/2023
Urteil vom 9. Oktober 2023
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Kiss, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterinnen Hohl, May Canellas,
Gerichtsschreiber Leemann.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marc Wolfer,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________ GmbH,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Art. 8 UWG, Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 19. Juli 2023 (PP230005-O/U).
Sachverhalt:
A.
Zwischen A.________ (Kläger, Beschwerdeführer) und der B.________ GmbH (Beklagte, Beschwerdegegnerin), einer Betreiberin von Telekommunikationsnetzen und Anbieterin von Dienstleistungen und Produkten im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie, besteht ein Vertragsverhältnis unter Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) durch die Beklagte. Der Kläger beanstandet zwei AGB-Bestimmungen betreffend die Kündigung (Ziffer 16 "Ordentliche Kündigung" und Ziffer 18 "Vorzeitige Kündigung - Kostenfolge").
B.
Am 20. August 2021 klagte A.________ beim Bezirksgericht Bülach gegen die Beklagte und verlangte im Wesentlichen eine abstrakte Kontrolle der beanstandeten AGB-Bestimmungen gemäss Art. 8 UWG. Er stellte entsprechende Feststellungs-, Unterlagenvernichtungs-, Unterlassungs-, Beseitigungs-, Verbots- und Urteilsveröffentlichungsbegehren.
Mit Urteil vom 22. Dezember 2022 wies das Bezirksgericht die Klage ab, soweit es darauf eintrat. Auf die Feststellungsbegehren trat es mangels Rechtsschutzinteresses, auf die Unterlassungs- und Unterlagenvernichtungsbegehren mangels hinreichender Bestimmtheit nicht ein. Das Beseitigungs- bzw. Verbotsbegehren (Klagebegehren Ziffer 3) wies das Bezirksgericht ab, da es die beiden beanstandeten AGB-Bestimmungen nach eingehender Prüfung nicht als missbräuchlich im Sinne von Art. 8 UWG beurteilte. Damit entfiel auch die verlangte Urteilspublikation.
Gegen dieses Urteil erhob der Kläger Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich, wobei er an seinen Klagebegehren festhielt.
Mit Urteil vom 19. Juli 2023 wies das Obergericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat, und bestätigte das Urteil des Bezirksgerichts. Das erstinstanzliche Nichteintreten auf die Feststellungs-, Unterlassungs- und Unterlagenvernichtungsbegehren wurde vom Beschwerdeführer nicht rechtsgenüglich begründet angefochten, weshalb das Obergericht insoweit nicht auf die Beschwerde eintrat. Es schützte sodann die Abweisung des Beseitigungs- bzw. Verbotsbegehrens, wobei es auch diesbezüglich über weite Strecken keine hinlängliche bzw. sachdienliche Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Erwägungen monierte.
C.
Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde, das Urteil des Obergerichts vom 19. Juli 2023 sei aufzuheben und in teilweiser Gutheissung der Klage seien die Ziffern 16 und 18 der AGB der Beschwerdegegnerin zu beseitigen und der Beschwerdegegnerin die künftige Verwendung der Ziffern 16 und 18 ihrer AGB zu verbieten. Sodann sei das Urteil zu publizieren. Eventualiter sei die Sache zu neuem Entscheid an das Obergericht zurückzuweisen. Er präzisiert, seine Beschwerde richte sich ausschliesslich gegen den Schutz der Abweisung seines Beseitigungs- bzw. Verbotbegehrens sowie des akzessorischen Urteilspublikationsbegehrens.
Das Bundesgericht holte keine Vernehmlassungen ein.
Erwägungen:
1.
1.1. Der Streitwert der vorliegenden Streitsache beträgt nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, denen sich die Beschwerdegegnerin und die Vorinstanzen angeschlossen haben, Fr. 480.--. Er erreicht damit die für die Beschwerde in Zivilsachen erforderliche Grenze von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) nicht.
1.2. Da keiner der Ausnahmefälle nach Art. 74 Abs. 2 lit. b-e BGG für eine streitwertunabhängige Zulassung der Beschwerde in Zivilsachen vorliegt, ist diese demnach nur zulässig, wenn sich im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG). Dies trifft zu, wenn ein allgemeines und dringendes Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit auszuräumen (BGE 146 III 237 E. 1; 144 III 164 E. 1; 141 III 159 E. 1.2 mit Hinweisen). Der Begriff der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist restriktiv auszulegen. Soweit es bei der aufgeworfenen Frage lediglich um die Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf einen konkreten Fall geht, handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (BGE 140 III 501 E. 1.3; 135 III 1 E. 1.3 mit weiteren Hinweisen).
In Fällen, in denen die Beschwerde in Zivilsachen nur unter dieser Voraussetzung zulässig ist, muss in der Beschwerdeschrift ausgeführt werden, warum sie erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 BGG), ansonsten die Beschwerde in Zivilsachen unzulässig ist (BGE 133 III 439 E. 2.2.2.1 und 645 E. 2.4).
1.3. Der Beschwerdeführer meint, es bestehe in mehrfacher Hinsicht "Klärungsbedarf betreffend die Anwendung von Art. 8 UWG", mindestens aber zu folgenden drei Fragen:
"Wie ist bei der Prüfung einer AGB-Klausel im Lichte von Art. 8 UWG vorzugehen? Insbesondere: Sind AGB-Klauseln bei einer Prüfung auf Missbräuchlichkeit gemäss Art. 8 UWG aus sich heraus zu interpretieren oder dürfen im Rahmen der Überprüfung Umstände berücksichtigt werden, welche von einer Partei in Ergänzung zu einer angefochtenen AGB-Bestimmung geltend gemacht werden?
Ist es mit Art. 8 UWG vereinbar, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Konsumenten unterschiedliche Formvorschriften für eine Kündigung durch die beiden Parteien aufzunehmen und dabei die Kündigungsmodalitäten für den Konsumenten so einzuschränken, dass dieser für die Kündigung auf die Mitwirkung der Gegenpartei angewiesen ist?
Ist es mit Art. 8 UWG vereinbar, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Konsumenten für eine Kündigung ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist nebst der Bezahlung der monatlichen Grundgebühren eine Gebühr (von in casu CHF 100) vorzusehen?"
1.4. Damit verkennt er den Begriff der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG, wie sie den Weg ans Bundesgericht öffnet. Die aufgeworfene Frage muss sich im konkreten Fall so stellen und zwar in einer für den betreffenden Fall entscheidenden Weise. Das Bundesgericht gibt keine allgemeinen Rechtsmeinungen ab zu Rechtsfragen, die sich bei der Anwendung einer Norm stellen können, auch wenn es sich um eine neuere Norm handelt, zu der noch kaum Rechtsprechung besteht. Das gilt auch für die beschränkte Inhaltskontrolle, welche der Gesetzgeber per 1. Juli 2012 mit Art. 8 UWG für allgemeine Geschäftsbedingungen in Verträgen eingeführt hat. Zwar kann der Konsument diese Inhaltskontrolle betreffend eine beanstandete AGB-Bestimmung insofern abstrakt verlangen, als sie (noch) nicht auf den Kläger angewendet worden sein muss (vgl. etwa Florent Thouvenin, Basler Kommentar, 2013, N. 75 und 92 zu Art. 8 UWG; Thomas Probst, in: Jung/Spitz [Hrsg.], Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb [UWG], Handkommentar, 3. Aufl. 2023, N. 479 ff. zu Art. 8 UWG), also etwa betreffend eine Kündigungsklausel nicht erst dann, wenn dem Kläger gestützt auf diese Klausel gekündigt worden ist. Das heisst aber nicht, dass sämtliche Rechtsfragen, die im Zusammenhang mit der AGB-Kontrolle gemäss Art. 8 UWG auftreten können und die noch nie entschieden worden sind, solche von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG darstellen. Das Bundesgericht hat auch zu Art. 8 UWG keine allgemeinen Anwendungsfragen zu klären, also etwa vorzugeben, "wie bei der Prüfung einer AGB-Klausel im Lichte von Art. 8 UWG vorzugehen ist", wie dies der Beschwerdeführer mit seiner ersten Frage anstrebt. Ansonsten müsste jedes Mal eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bejaht werden, wenn eine AGB-Kontrolle verlangt wird. Dies ist nicht der Sinn von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG. In Bezug auf die weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen betreffend Kündigungsmodalitäten und Kündigungsgebühr von Fr. 100.-- ist zudem die Grundsätzlichkeit nicht dargetan.
Vorliegend kommt ein Weiteres hinzu: Die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen stellen sich im bundesgerichtlichen Verfahren gar nicht, da die Vorinstanz auch betreffend das Beseitigungs- und Verbotsbegehren mangels hinreichender Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Erwägungen über weite Strecken nicht auf die Beschwerde eingetreten ist und sich demzufolge ihrerseits nicht eingehend mit den aufgeworfenen Fragen befasst hat. Bei erfolgreicher Beschwerde wäre die Sache daher zur Einhaltung des Instanzenzuges an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Beschwerde in Zivilsachen ist daher auch unter dem Titel der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gegeben. Es ist darauf nicht einzutreten.
2.
Der Beschwerdeführer erhebt auch subsidiäre Verfassungsbeschwerde im Sinne der Art. 113 ff. BGG. Mit dieser kann ausschliesslich die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Diesbezüglich gilt eine qualifizierte Rügepflicht. Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten nicht von Amtes wegen, sondern nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 117 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG). Dies bedeutet, dass klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 135 III 232 E. 1.2; 134 I 83 E. 3.2). Macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des Willkürverbots nach Art. 9 BV geltend, ist im Einzelnen zu zeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist; es genügt namentlich nicht, wenn einfach behauptet wird, der angefochtene Entscheid sei willkürlich (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG ; vgl. BGE 135 III 513 E. 4.3; 134 II 349 E. 3; 133 I 1 E. 5.5, 133 III 393 E. 7.1).
Der Beschwerdeführer erfüllt die genannten Begründungsanforderungen nicht. Er zeigt nicht unter Bezugnahme auf die Erwägungen des angefochtenen Urteils des Obergerichts auf, inwiefern dieses verfassungsmässige Rechte verletzt hätte. Vielmehr begnügt er sich damit, den "Vorinstanzen" pauschal vorzuwerfen, mit ihrer von der seinigen abweichenden Beurteilung in Willkür verfallen zu sein, wobei er diesen Vorwurf namentlich gegen die erste Instanz richtet und übersieht, dass er vorab als willkürlich ausweisen müsste, dass das Obergericht seine Beschwerdebegründung über weite Strecken mangels hinreichender Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Erwägungen als ungenügend erachtete.
3.
Weder auf die Beschwerde in Zivilsachen noch auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde kann eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da ihr aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand erwachsen ist (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.
2.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 9. Oktober 2023
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Kiss
Der Gerichtsschreiber: Leemann