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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_712/2020  
 
 
Urteil vom 24. Januar 2022  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiberin Stanger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Schaffhauser, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
CSS Krankenversicherung AG, Recht & Compliance, Tribschenstrasse 21, 6005 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Krankenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 23. September 2020 (5V 19 318). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1973 geborene A.________ ist bei der CSS Krankenversicherung AG (nachfolgend: CSS) obligatorisch krankenpflegeversichert. Nachdem bei der Versicherten ein Mammakarzinom erfolgreich operativ entfernt werden konnte, trat 2018 ein Lymphödem am rechten Arm auf. Dieses wurde zunächst konservativ mit manueller Lymphdrainage und Bestrumpfung behandelt, bevor es 2019 zu einer Zunahme der Schwellung kam. Der behandelnde PD Dr. med. B.________, Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, diagnostizierte ein Lymphödem Stadium II und empfahl eine Operation mittels lymphovenöser (Bybass-) Anastomose (nachfolgend: LVA), wofür er am 18. Januar 2019 bei der CSS um Kostengutsprache ersuchte. Diese lehnte das Gesuch mit Schreiben vom 4. Februar 2019 ab, woran sie auf ein Gesuch um Wiedererwägung hin festhielt. Dabei stützte sich die CSS auf die Beurteilung ihres Vertrauensarztes, wonach bezüglich LVA bisher Langzeit-Erfahrungswerte fehlten. Mit Verfügung vom 9. April 2019, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 26. Juli 2019, lehnte die CSS die Kostenübernahme für die offenbar am 30. April 2019 durchgeführte LVA ab. 
 
B.  
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern mit Urteil vom 23. September 2020 ab. 
 
C.  
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angeleg enheiten mit den Rechtsbegehren, das Urteil vom 23. September 2020 sei aufzuheben und die CSS sei zu verpflichten, die gesetzlichen und versicherten Leistungen für die operative Behandlung der LVA zu erbringen (einschliesslich Nachbehandlungen) sowie die Kosten für das Privatgutachten von Dr. med. C.________ vom 7. Mai 2019 im Betrag von Fr. 915.35 zu vergüten; eventualiter sei die Sache zur Veranlassung einer gerichtlichen Expertise betreffend die Klärung der medizinisch-wissenschaftlichen Relevanz der LVA an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das kantonale Gericht und die CSS schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
In ihrer Stellungnahme vom 22. Oktober 2021 hält A.________ an ihren Rechtsbegehren fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, als sie die Leistungspflicht der CSS für die bereits durchgeführte LVA verneinte. 
 
3.  
 
3.1. Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt die Kosten für die Leistungen gemäss den Art. 25-31 KVG nach Massgabe der in den Art. 32-34 KVG festgelegten Voraussetzungen (Art. 24 Abs. 1 KVG). Darunter fallen in erster Linie die Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen (Art. 25 Abs. 1 KVG).  
 
3.2. Gemäss Art. 32 Abs. 1 KVG müssen die Leistungen nach den Art. 25-31 KVG wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein (Satz 1). Die Wirksamkeit muss nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen sein (Satz 2). Es handelt sich bei den in dieser Bestimmung statuierten Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (sog. WZW-Kriterien) um die grundlegenden, kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen jeder Leistung. Ihr Zweck ist es, eine effiziente, qualitativ hochstehende und zweckmässige Gesundheitsversorgung zu möglichst günstigen Kosten sicherzustellen. An diesem Ziel haben sich alle Akteure im Bereich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (d.h. neben den Versicherten insbesondere auch die Leistungserbringer und die Tarifgenehmigungsbehörden) zu orientieren (BGE 127 V 80 E. 3c/aa; Urteil 9C_176/2016 vom 21. Februar 2017 E. 6.2.1 in fine, in: SVR 2017 KV Nr. 13 S. 59). Die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistungen werden periodisch überprüft (Art. 32 Abs. 2 KVG).  
 
3.3. Zur Wahrung dieser für das Leistungsrecht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung fundamentalen Prinzipien der wissenschaftlich nachgewiesenen Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit sieht Art. 33 KVG ein System zur Bezeichnung der vergütungsfähigen Leistungen vor. Die in Art. 33 KVG verankerte gesetzliche Ordnung unterscheidet dabei danach, um welche Art von Leistungserbringern und/oder um welche Art von erbrachten Leistungen (Leistungsarten) es geht (BGE 129 V 167 E. 3.2).  
Nach Art. 33 Abs. 1 KVG kann der Bundesrat die von Ärzten und Ärztinnen oder von Chiropraktoren und Chiropraktorinnen erbrachten Leistungen bezeichnen, deren Kosten von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen übernommen werden (vgl. Art. 33 lit. a KVV [SR 832.102] und Art. 1 KLV [832.112.31] in Verbindung mit Anhang 1 KLV). 
Art. 33 Abs. 1 KVG erteilt dem Bundesrat somit im Bereich der ärztlichen und chiropraktorischen Heilanwendungen die Befugnis zur Bezeichnung einer Negativliste, die abschliessend ist (BGE 125 V 21 E. 5b). Diese gesetzliche Ordnung enthält insofern eine für den die Kostenvergütung anbegehrenden Versicherten vorteilhafte Ordnung, als im Falle einer seitens eines Arztes (oder Chiropraktors) erbrachten Leistung die Kostenvergütungspflicht der Kasse zu bejahen ist, sofern die ärztlich erbrachte Leistung nicht (seitens des Bundesrates bzw. des Eidgenössischen Departementes des Innern nach Anhörung der beratenden Kommissionen; Art. 33 Abs. 5 KVG) von der Kostenvergütungspflicht ausgenommen worden ist. Die von Ärzten (und Chiropraktoren) als Angehörige eines freien Berufes applizierten Heilanwendungen haben somit die gesetzliche Vermutung für sich, dass sie den Voraussetzungen für eine Kostenübernahme durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung entsprechen (BGE 125 V 21 E. 5b). Hält ein Krankenversicherer dafür, dass eine bestimmte nicht ausgeschlossene ärztliche (oder chiropraktorische) Therapie unwirksam, unzweckmässig oder unwirtschaftlich sei (Art. 32 Abs. 1 KVG), hat er im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes die Verhältnisse abzuklären (z.B. durch Einholung eines Gutachtens) und hernach über die Leistungspflicht im Einzelfall zu verfügen (BGE 129 V 167 E. 3.2; vgl. auch BGE 136 V 84 E. 2.1). Die Pflichtleistungsvermutung kann somit im Einzelfall durch den Krankenversicherer im Rahmen einer Verfügung oder gestützt auf Art. 33 Abs. 1 KVG durch den Verordnungsgeber im Sinne einer abschliessenden Negativliste umgestossen werden (vgl. KERSTIN NOËLLE VOKINGER/MARTIN ZOBL, Basler Kommentar Krankenversicherungsgesetz/Krankenversicherungsaufsichtsgesetz, 2020, N. 2 zu Art. 33 KVG). 
 
3.4.  
 
3.4.1. Der Sozialversicherungsprozess ist vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Danach hat das Gericht von Amtes wegen für die richtige und vollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts zu sorgen. Die Verwaltung als verfügende Instanz und - im Beschwerdefall - das Gericht dürfen eine Tatsache nur dann als bewiesen annehmen, wenn sie von ihrem Bestehen überzeugt sind. Im Sozialversicherungsrecht hat das Gericht seinen Entscheid, sofern das Gesetz nicht etwas Abweichendes vorsieht, nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen. Die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den Beweisanforderungen nicht. Der Richter und die Richterin haben vielmehr jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die sie von allen möglichen Geschehensabläufen als die wahrscheinlichste würdigen (BGE 138 V 218 E. 6 mit Hinweisen).  
 
3.4.2. Der Untersuchungsgrundsatz schliesst die Beweislast im Sinne der Beweisführungslast begriffsnotwendig aus, da es Sache des Sozialversicherungsgerichts (oder der verfügenden Verwaltungsstelle) ist, für die Zusammentragung des Beweismaterials besorgt zu sein. Im Sozialversicherungsprozess tragen mithin die Parteien in der Regel eine Beweislast nur insofern, als im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Diese Beweisregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf Grund einer Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 138 V 218 E. 6 mit Hinweisen).  
 
4.  
Das kantonale Gericht hat zutreffend erkannt, dass das bei der Beschwerdeführerin diagnostizierte Lymphödem ein Leiden mit Krankheitswert darstellt (Art. 25 Abs. 1 KVG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 ATSG) und dass die LVA in Anhang 1 der KLV nicht geregelt ist. Damit besteht grundsätzlich eine Leistungspflicht des Krankenversicherers, es sei denn, ihm gelinge im Einzelfall der Nachweis, dass die Therapie entgegen der gesetzlichen Vermutung unwirksam, unzweckmässig oder unwirtschaftlich wäre (vgl. E. 3.3). 
 
5.  
 
5.1. Zur Beurteilung der Wirksamkeit der LVA stützte sich die Vorinstanz - wie die CSS - namentlich auf die Studie des Ludwig Boltzmann Instituts, Wien 2018 (K. ROSIAN, M. STANAK, "Lymphovenous anastomoses in patients with primary and secondary lymphoedema"; abrufbar unter: https://eprints.aihta.at/1170/1/DSD_110.pdf). Darin führten die Autoren aus, zur Beurteilung der Wirksamkeit der LVA zur Behandlung von Lymphödemen habe nur eine nicht-randomisierte kontrollierte Studie identifiziert werden können. Aufgrund der methodischen Mängel der vorliegenden Evidenz könnten keine Rückschlüsse auf die Wirksamkeit des Verfahrens gezogen werden. Qualitativ hochwertige Studien seien aufgrund konsistenter positiver Befunde, die auf Beobachtungsdaten in Bezug auf die Volumenreduktion der Extremitäten basierten, erforderlich. Eine Re-Evaluierung werde 2021 empfohlen, wenn die potenziell relevanten laufenden Studien abgeschlossen seien.  
Das kantonale Gericht erwog, aus der österreichischen Studie ergebe sich, dass die Wirksamkeit der LVA noch keineswegs verlässlich gesichert sei. Für diese Folgerung sprächen auch die Empfehlungen der Lymphödem Vereinigung Schweiz und der Krebsliga Schweiz. Bei mangels gesicherten wissenschaftlichen Konsenses nicht überwiegend wahrscheinlich nachgewiesener Wirksamkeit der LVA als Behandlung eines Lymphödems seien die Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit grundsätzlich nicht weiter zu prüfen. Aus dem beschwerdeweise eingereichten Artikel "Economics of Lymphovenous Bypass" von L.K. Head und M. Momtazi aus dem Jahr 2019 ergebe sich indes, dass neben der Wirksamkeit auch die Wirtschaftlichkeit der LVA noch nicht belegt sei. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Voraussetzungen der Kostenübernahme gemäss Art. 32 Abs. 1 KVG für die bereits durchgeführte LVA nicht erfüllt seien. 
 
5.2. Aus dem Dargelegten erhellt, dass die Vorinstanz die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der LVA zur Behandlung eines Lymphödems als (noch) nicht genügend erwiesen erachtete und gestützt auf diese Beurteilung die Leistungspflicht der CSS verneinte. Damit übersieht sie, dass in Anwendung von Art. 33 Abs. 1 KVG es für die Leistungsablehnung des Krankenversicherers nicht ausreicht, die Wirksamkeit (resp. die weiteren WZW-Kriterien) in Zweifel zu ziehen. Im Falle einer Beweislosigkeit (vgl. dazu E. 5.3 nachfolgend) käme die gesetzliche Vermutung zum Tragen, wonach die von einem Arzt durchgeführte Behandlung als wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich gilt, wenn sie - wie vorliegend - nicht in der abschliessenden Negativliste gemäss Anhang 1 KLV von der Leistungspflicht ausgenommen ist (vgl. E. 3.3). Die Vorinstanz verstiess somit gegen Bundesrecht, wenn sie die Leistungspflicht der CSS mit der Begründung verneinte, die Wirksamkeit wie auch die Wirtschaftlichkeit seien (noch) nicht genügend nachgewiesen.  
 
5.3. Wie dargelegt (vgl. E. 3.4.2), darf im Sozialversicherungsrecht von einer Beweislosigkeit erst ausgegangen werden, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf Grund einer Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen. Ob diese Voraussetzung für eine Verteilung der Beweislast vorliegend gegeben ist, erscheint zweifelhaft; jedenfalls hat das kantonale Gericht hierzu keine Feststellungen getroffen.  
Entsprechend ist - in teilweiser Gutheissung der Beschwerde - die Sache an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit dieses darüber entscheide, ob es nicht möglich ist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes durch weitere Sachverhaltsabklärungen bezüglich der Frage der Wirksamkeit der LVA zu einem Beweisergebnis zu gelangen. Sollte nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten zu weiteren Abklärungen bezüglich der Wirksamkeit der Zustand der Beweislosigkeit herrschen - resp. ergibt sich aus den weiteren Abklärungen, dass die Wirksamkeit zu bejahen ist -, so wird das kantonale Gericht die weiteren Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere die Zweckmässigkeit und die Wirtschaftlichkeit der LVA, unter Berücksichtigung der oben dargelegten Rechtsprechung (vgl. E. 3.3 f.) zu prüfen und über die Leistungspflicht der CSS neu zu befinden haben. Sollte sich aus den weiteren Abklärungen ergeben, dass die beantragte Therapie überwiegend wahrscheinlich unwirksam ist, so wird die Vorinstanz die von der Versicherten erhobene Beschwerde abzuweisen haben. Weiter wird das kantonale Gericht erneut über die von der Versicherten beantragte Überbindung der Kosten für das Privatgutachten der Dr. med. C.________ vom 7. Mai 2019 an die Beschwerdegegnerin zu befinden haben. 
 
6.  
Mit Blick auf den Ausgang des Verfahrens braucht auf die weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin, unter anderem betreffend die geltend gemachte Verletzung des Gleichbehandlungsgebots, nicht näher eingegangen zu werden. 
 
7.  
 
7.1. Die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz (mit noch offenem Ausgang) gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt und ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 141 V 281 E. 11.1; 137 V 210 E. 7.1).  
 
7.2. Demgemäss sind die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen und hat diese der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung auszurichten.  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Kantonsgericht Luzern vom 23. September 2020 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 24. Januar 2022 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Stanger