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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1B_223/2019  
 
 
Urteil vom 29. Mai 2019  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Muschietti, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Dr. Stefan Suter, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, 
Binningerstrasse 21, Postfach 1348, 4001 Basel. 
 
Gegenstand 
Haft, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Appellationsgerichts Basel-Stadt, Präsidentin, 
vom 25. April 2019 (SB.2018.52). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ befindet sich seit dem 15. März 2017 in strafprozessualer Haft bzw. im vorzeitigen Strafvollzug. Das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt verurteilte ihn am 11. Januar 2018 wegen schwerer Körperverletzung, mehrfacher einfacher Körperverletzung, mehrfachen Tätlichkeiten, mehrfacher Nötigung, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes. Es erklärte eine am 12. Juli 2013 wegen Strassenverkehrsdelikten bedingt ausgesprochene Freiheitsstrafe von 8 Monaten für vollziehbar und bildete eine Gesamtstrafe von 4 1/4 Jahren Freiheitsstrafe und Busse. Im Berufungsverfahren erhöhte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt die Freiheitsstrafe mit Urteil vom 27. Februar 2019 auf 4 1/2 Jahre. 
Am 11. April 2019 stellte A.________ ein Gesuch um Versetzung in eine offene Vollzugsanstalt. Mit Verfügung vom 25. April 2019 wies die Präsidentin des Appellationsgerichts das Gesuch ab. 
 
B.   
Mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht vom 10. Mai 2019 beantragt A.________, die Verfügung vom 25. April 2019 sei aufzuheben und er sei in eine offene Vollzugsanstalt einzuweisen. 
Das Appellationsgericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt beantragen die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer hat dazu Stellung genommen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer strafrechtlichen Angelegenheit, gegen den die Beschwerde in Strafsachen offen steht (Art. 78 ff. BGG). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ein aktuelles rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Er ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.   
Der Beschwerdeführer beantragt, seine Ehefrau sei zur Vernehmlassung einzuladen. Der rechtserhebliche Sachverhalt geht jedoch aus den Akten hinreichend hervor, weshalb der Antrag abzulehnen ist. 
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 76 Abs. 2 StGB und macht geltend, er und seine Ehefrau hätten sich mittlerweile versöhnt. Sie habe ihr Desinteresse am Strafverfahren erklärt und setze sich dafür ein, dass er in den offenen Vollzug versetzt werde. Sie besuche ihn ein- bis zweimal pro Monat zusammen mit den Kindern. Die Besuche würden nicht überwacht und seien problemlos verlaufen. In einer offenen Anstalt könnten die Besuche für die Familie erträglicher gestaltet werden. Zu berücksichtigen sei auch, dass er nicht einschlägig vorbestraft sei. Die Jahre zurückliegende Verurteilung wegen Raufhandel habe mit dem vorliegenden Verfahren nichts zu tun.  
 
3.2. Das Appellationsgericht verweist in der angefochtenen Verfügung auf seinen Entscheid vom 27. März 2019. Es habe darin festgehalten, dass die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Delikte eine grosse Reizbarkeit und ein erschreckendes Gewaltpotenzial zum Ausdruck bringen. Dadurch werde die Sicherheit seiner Ehefrau, aber auch seiner Kinder und weiterer Personen, erheblich gefährdet. Angesichts der Vielzahl von Delikten über mehrere Jahre hinweg sei von einer sehr ungünstigen Rückfallprognose auszugehen. Insbesondere nach der Eröffnung des Berufungsurteils habe er seine nach wie vor bestehende Reizbarkeit deutlich zu erkennen gegeben. Die Abteilung Strafvollzug gebe zudem zu bedenken, dass er bis anhin weder glaubhaft Reue gezeigt noch mit der Tatbearbeitung begonnen habe, insbesondere auch, was die Gewaltproblematik betreffe.  
 
3.3. Im Gegensatz zu geschlossenen Anstalten, die durch bauliche, technische, organisatorische und personelle Massnahmen und Mittel sicherstellen sollen, dass Inhaftierte weder fliehen noch weitere Straftaten begehen können, fehlen bei offenen Anstalten solche Abgrenzungen, weil auf die Einsicht der Gefangenen vertraut wird. Dementsprechend sieht Art. 76 Abs. 2 StGB vor, dass der Inhaftierte bei Vorliegen von Flucht- oder Wiederholungsgefahr in einer geschlossenen Strafanstalt oder in einer geschlossenen Abteilung einer offenen Strafanstalt unterzubringen ist (zum Ganzen: Urteil 1B_69/2016 vom 21. März 2016 E. 3.2 mit Hinweisen).  
 
3.4. Aus dem Entscheid vom 27. März 2019, auf den das Appellationsgericht verweist, geht hervor, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2009 wegen Raufhandel und Unterlassen der Nothilfe verurteilt wurde. Der in zweiter Instanz bestätigten Verurteilung im vorliegenden Verfahren liegen ebenfalls Gewaltdelikte zugrunde. Danach hat der Beschwerdeführer seine Ehefrau während mehrerer Jahre körperlich und psychisch misshandelt, indem er sie gewürgt, geschlagen und beleidigt hat. Zudem habe er sie dazu genötigt, niemandem etwas über die Ursachen ihrer Verletzungen zu sagen. Die schwerste Tat der Deliktsserie habe er begangen, als er am 23. Juli 2017 im Verlauf einer Auseinandersetzung auf seine die zwei Monate alte Tochter im Arm haltende Ehefrau einschlug, dabei die Tochter traf und ihr den Schädel brach. Selbst ein am 3. August 2015 verhängter dreitägiger Polizeigewahrsam habe ihn nicht davon abgehalten, später wieder massive Gewalt gegen seine Ehefrau anzuwenden. Schliesslich wird in dem Entscheid darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer auch wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte verurteilt worden sei. Er sei nach einer nicht bestandenen Führerprüfung dem Prüfungsexperten gegenüber verbal ausfällig geworden und habe ihn bedroht.  
 
3.5. Gestützt auf diese Ausführungen ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz davon ausgeht, im offenen Vollzug lasse sich die Wiederholungsgefahr nicht hinreichend bannen. Ihre Feststellungen zeugen von Impulsivität und einem erheblichen Gewaltpotenzial des Beschwerdeführers. Zu berücksichtigen ist auch, dass gemäss dem erstinstanzlichen Urteil dessen Verhalten gegenüber seiner Ehefrau manipulative Züge aufwies. Er habe sie jeweils mit überschwänglichen Liebesbekundungen überhäuft und Besserung gelobt, wenn er die Gefahr erkannte, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden. Unbehelflich ist schliesslich das Vorbringen, die bisherigen Besuche seiner Ehefrau, die ja in der geschlossenen Strafanstalt erfolgt sind, seien problemlos verlaufen. Bereits aus diesen Gründen erweist sich seine Kritik am angefochtenen Entscheid als unbegründet.  
 
3.6. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die kantonale Straf- und Massnahmenvollzugsbehörde mit Verfügung vom 10. Mai 2019 die Einweisung des Beschwerdeführers in die Sicherheitsabteilung II der Justizvollzugsanstalt Lenzburg angeordnet hat, weil sie selbst den Normalvollzug in einer geschlossenen Strafanstalt als untragbar erachtet. Der Beschwerdeführer habe einen Schmuggel bzw. Handel mit illegalen Kommunikationsmitteln organisiert, wobei er andere Gefängnisinsassen zu seinen Gunsten zu manipulieren gewusst habe. Eine engere Führung und Überwachung sei dringend notwendig.  
 
4.   
Die Beschwerde ist aus diesen Erwägungen abzuweisen. 
Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann wegen Aussichtslosigkeit der Vorbringen nicht entsprochen werden (vgl. Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt und dem Appellationsgericht Basel-Stadt, Präsidentin, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 29. Mai 2019 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold