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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_596/2021  
 
 
Urteil vom 12. Juli 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Bundesrichter Abrecht, 
Gerichtsschreiber Walther. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Bütikofer, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 30. Juni 2021 (UV 2020/44). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren 1966, erlitt am 4. Oktober 1989 bei einem Sturz auf einer Baustelle eine komplette Paraplegie ab Th 7 und ist seither für die Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) sprach ihm ab 1. Oktober 1993 eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 66.66 %, ab 1. August 1993 eine Hilflosenentschädigung sowie eine Integritätsentschädigung basierend auf einer Integritätseinbusse von 90 % zu. 
Nachdem A.________ seit längerem Schmerzen in der rechten Schulter beklagt hatte, welche er auf eine Verletzung während des Autofahrens am 27. April 2015 zurückführte, wurde in der Klinik B.________ am 4. Februar 2019 eine grosse Rotatorenmanschettenruptur rechts diagnostiziert. Am 14. Februar 2019 erfolgte ein operativer Eingriff an der rechten Schulter, wobei die Suva eine diesbezügliche Leistungspflicht bereits am 7. Februar 2019 abgelehnt hatte, weil A.________ für den Unfall vom 27. April 2015 nicht bei ihr versichert gewesen sei. 
Am 9. Juli 2019 meldete A.________ der Suva, dass er am Tag zuvor beim Rückwärtsfahren mit dem Rollstuhl an der Bettkante hängengeblieben und mit der linken Schulter auf den Boden gestürzt sei. Die indirekte Magnetresonanz-Arthrographie des linken Schultergelenks vom 16. Juli 2019 zeigte u.a. eine komplette Ruptur der ansatznahen Supraspinatus- und der Infraspinatussehne, woraufhin am 31. Juli 2019 eine Operation an der linken Schulter durchgeführt wurde. Mit Verfügung vom 13. Dezember 2019 verneinte die Suva ihre Leistungspflicht mit der Begründung, dass A.________ für die Folgen des Unfalls vom 8. Juli 2019 nicht bei ihr unfallversichert gewesen sei und auch kein adäquater Kausalzusammenhang zum Unfall vom 4. Oktober 1989 bestehe. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 14. Mai 2020 fest. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 30. Juni 2021 ab. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Gerichts- und des Einspracheentscheids der Suva seien ihm die im Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 8. Juli 2019 zustehenden Leistungen der Unfallversicherung zu erbringen; eventualiter sei die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen an die Vorinstanz oder an die Suva zurückzuweisen. 
Während die Suva auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichten die Vorinstanz und das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung. Am 1. November 2021 lässt der Beschwerdeführer eine weitere Eingabe einreichen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.  
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie den leistungsverweigernden Einspracheentscheid der Suva vom 14. Mai 2020 bestätigte. 
 
3.  
Nach Art. 6 Abs. 1 UVG gewährt der Unfallversicherer seine Leistungen bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Leistungspflicht des Unfallversicherers setzt dabei (u.a.) voraus, dass zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod) ein natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang besteht. Ursachen im Sinne des natürlichen Kausalzusammenhangs sind alle Umstände, ohne deren Vorhandensein der eingetretene Erfolg nicht als eingetreten oder nicht als in der gleichen Weise bzw. nicht zur gleichen Zeit eingetreten gedacht werden kann (BGE 142 V 435 E. 1; 129 V 177 E. 3.1 mit Hinweisen). Als adäquate Ursache eines Erfolges hat ein Ereignis dann zu gelten, wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung an sich geeignet ist, einen Erfolg von der Art des eingetretenen herbeizuführen, der Eintritt dieses Erfolges also durch das Ereignis allgemein als begünstigt erscheint (BGE 129 V 177 E. 3.2; 125 V 461 E. 5a mit Hinweisen). Rechtspolitischer Zweck der Adäquanz ist eine Begrenzung der Haftung (BGE 145 III 72 E. 2.3.1; 122 V 415 E. 2c; 117 V 369 E. 4a). Sie dient als Korrektiv zum naturwissenschaftlichen Ursachenbegriff, der unter Umständen der Einschränkung bedarf, um für die rechtliche Verantwortung tragbar zu sein (BGE 145 III 72 E. 2.3.1; 142 III 433 E. 4.5; 122 V 415 E. 2c). Im Recht der sozialen Unfallversicherung geht es im Zusammenhang mit Verletzungen gemäss der Rechtsprechung jeweils darum, im Einzelfall unter Wertung von Indizien, die für oder gegen die - rechtliche - Zuordnung bestimmter Funktionsausfälle zum Unfall sprechen, im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu einer versicherungsmässig vernünftigen und gerechten Abgrenzung haftungsbegründender und haftungsausschliessender Unfälle zu gelangen (BGE 122 V 415 E. 2c; Urteil 8C_493/2021 vom 4. März 2022 E. 3.3.6). 
Nach der Rechtsprechung haftet der Unfallversicherer grundsätzlich für alle Folgen, mithin auch mittelbare Folgeschäden, die mit einem versicherten Unfall natürlich und adäquat kausal zusammenhängen (Urteile 8C_629/2013 vom 29. Januar 2014 E. 4; U 4/81 vom 6. Oktober 1981 E. 2e). 
 
4.  
 
4.1. Zwischen den Parteien ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Sturzes vom 8. Juli 2019 bei der Suva nicht mehr unfallversichert war. Einigkeit besteht auch insofern, dass dieser Sturz - ungeachtet der vorbestehenden degenerativen Beschwerden der linken Schulter - ursächlich war für die Ruptur der Supra- und der Infraspinatussehne, und dass diese Verletzungen den operativen Eingriff vom 31. Juli 2019 erforderlich machten. Gleichzeitig steht damit (unbestrittenermassen) auch fest, dass ein Rückfall oder Spätfolgen bzw. eine damit verbundene Leistungspflicht der Suva (Art. 11 UVV) nach der Rechtsprechung ausser Betracht fallen (vgl. zum Ganzen SVR 2003 UV Nr. 14 S. 42, U 86/02 E. 4.2; Urteile 8C_66/2016 vom 9. Mai 2016 E. 4.3; 8C_934/2014 vom 8. Januar 2016 E. 3.3).  
 
4.2. Umstritten und zu prüfen ist demgegenüber, ob der Sturz aus dem Rollstuhl vom 8. Juli 2019 und die dabei erlittenen Verletzungen der linken Schulter als mittelbare Folge auf den ersten, versicherten Unfall vom 4. Oktober 1989 zurückzuführen sind und damit eine Leistungspflicht der Suva begründen.  
 
5.  
 
5.1. Die Vorinstanz erwog, der Beschwerdeführer sei aufgrund des Unfalls vom 4. Oktober 1989 bzw. der dabei erlittenen Paraplegie auf einen Rollstuhl angewiesen. Wäre dies nicht der Fall, hätte es nicht zu einem Sturz aus demselben kommen können. Der natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall vom 4. Oktober 1989 und dem Sturz aus dem Rollstuhl am 8. Juli 2019 sei deshalb ohne Weiteres zu bejahen.  
Hinsichtlich des adäquaten Kausalzusammenhangs gelangte die Vorinstanz sodann zum Schluss, der Sturz vom 8. Juli 2019 sei nicht hinlänglich der Paraplegie anzulasten. Nicht die Rollstuhlabhängigkeit und die damit verbundenen körperlichen Defizite hätten zum Sturz geführt, sondern vielmehr das unerwartete Hängenbleiben an der Bettkante beim Rückwärtsfahren. Die seit 30 Jahren bestehende Paraplegie und die damit einhergehende Rollstuhlabhängigkeit erschienen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung somit nicht geeignet, den neuerlichen Sturz herbeizuführen. Mangels Adäquanz sei die Suva für die Folgen des Unfallereignisses vom 8. Juli 2019 entsprechend nicht leistungspflichtig. 
 
5.2. Der Beschwerdeführer hält dafür, die unfallbedingt erlittene Paraplegie und die damit einhergehende gefahrengeneigte Rollstuhlpflicht seien geeignet, die hier in Frage stehende Ruptur der Rotatorenmanschette links zu verursachen. Auch die adäquate Kausalität sei damit erfüllt und der Schulterschaden somit Folge des bei der Suva versicherten Unfalls von 1989, weswegen diese als zuständiger Unfallversicherer die gesetzlichen Leistungen zu erbringen habe.  
 
6.  
 
6.1. Was zunächst den vorinstanzlich bejahten natürlichen Kausalzusammenhang betrifft, wurde diese Tatfrage weder im Einspracheentscheid noch in den danach verfassten Rechtsschriften erörtert. Auch vor Bundesgericht wird sie nicht aufgegriffen, weshalb sich vertiefende Ausführungen dazu erübrigen.  
Im Zentrum des Rechtsstreits steht wie bereits im Einspracheentscheid die Adäquanz, mithin die ("normative") Wertungsfrage der rechtlichen Relevanz des ersten Unfalls vom 4. Oktober 1989 für die Folgen des hier streitbetroffenen Unfallereignisses. 
 
6.2. Mit der Thematik, ob ein zweiter, nicht versicherter Unfall adäquat kausale Folge eines ersten (versicherten) Unfalls bildet und damit eine Leistungspflicht des für den ersten Unfall zuständigen Unfallversicherers auslöst, hatte sich die höchstrichterliche Rechtsprechung seit längerem nicht mehr zu befassen. Soweit ersichtlich wurde diese Thematik auch in der Literatur kaum (mehr) aufgegriffen (vgl. etwa Alfred Maurer, Recht und Praxis der schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung, 2. Aufl. 1963, S. 291 f.; derselbe, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, 1985, S. 464 f. und Fn. 1220, je mit Hinweis auf EVGE 1960 S. 158 [Squaratti]; Raoul Morell, Der Kausalbegriff in der Unfallversicherung, SZS 1965 S. 37; André Nabold, in: Hürzeler/Kieser [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Sozialversicherungsrecht, UVG, 2018, N. 64 zu Art. 6 UVG).  
 
6.3. Bereits mit Urteil i.S. Biel vom 15. Januar 1919 (auszugsweise wiedergegeben in Werner Lauber, Praxis des sozialen Unfallversicherungsrechts der Schweiz, 1928, S. 24 ff.) erwog das damalige Eidg. Versicherungsgericht (heute: die Erste und Zweite sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts), dass ein weiterer, nicht versicherter Unfall jedenfalls dann als mittelbare Folge eines früheren Unfalls erscheine, wenn:  
 
1. der zweite Unfall sich während der Heilungsdauer des ersten Unfalls ereigne; 
2. der Versicherte durch den früheren Unfall seinem Wirkungskreis und seinen bisherigen Lebensgewohnheiten entrissen worden war und es im Moment des zweiten Unfalls noch gewesen ist; und schliesslich 
3. der Versicherte der Gefahr eines zweiten Unfalls infolge des durch den ersten bewirkten körperlichen oder geistigen Zustands in erhöhtem Masse ausgesetzt war. 
Unter diesen drei Voraussetzungen bestehe im Allgemeinen eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass sich der zweite Unfall ohne den ersten nicht ereignet haben würde; der zweite Unfall erscheine rechtlich als eine blosse Komplikation des ersten, als eine Störung des Heilungsprozesses, mit deren Möglichkeit der Versicherer von vornherein rechnen müsse und für deren Folgen er daher in gleicher Weise aufzukommen habe wie für die unmittelbaren Folgen des ersten Unfalls (E. 6 des genannten Urteils; in diese Richtung zielend auch das Urteil i.S. Hubler vom 3. Mai 1923 E. 1 f.). Mit EVGE 1960 S. 158 ("Squaratti") fasste das Eidg. Versicherungsgericht die Problematik im Hinblick auf selbstständige Versicherungsansprüche von Hinterlassenen ausdrücklich als Anwendungsfall der adäquaten Kausalität auf. Zu den von der älteren Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen hielt es fest, diese liefen im Wesentlichen auf den Adäquanzbegriff hinaus. Inwieweit sie für Ansprüche des (beim zweiten, nicht versicherten Unfall verstorbenen) Versicherten selber massgebend seien, liess es im Weiteren jedoch offen. Für die eigenständigen Ansprüche der Hinterlassenen sei einzig ausschlaggebend, ob der Tod in rechtserheblichem Kausalzusammenhang mit dem versicherten ersten Unfall gestanden habe, wobei unter einen solchen Zusammenhang auch ein mittelbarer fallen könne, sofern nur die Qualität des Zusammenhanges genüge (E. 2 f. des Urteils). In Urteil U 4/81 vom 6. Oktober 1981 E. 2e beurteilte das Eidg. Versicherungsgericht den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen einem ersten und einem zweiten, nicht mehr versicherten Unfall, ohne dass es dies in grundsätzlicher Hinsicht erörtert hätte, wiederum explizit unter Bezugnahme auf die drei kumulativen Kriterien gemäss dem Urteil i.S. Biel vom 15. Januar 1919. Im Urteil U 71/97 vom 6. Juli 1998 erachtete es, unter Verweis auf EVGE 1960 S. 158, jedoch ebenfalls ohne grundsätzliche Erörterung, für die Beurteilung der Adäquanz in einem vergleichbaren Fall demgegenüber die allgemeine Adäquanzformel als massgebend (E. 2a, 2b und 4b des genannten Urteils). 
 
7.  
 
7.1. Die Vorinstanz erwog, nach der unbestritten gebliebenen Hergangsschilderung des Beschwerdeführers vom 9. Juli 2019 sei er am Tag zuvor mit dem Rollstuhl rückwärts gefahren. Dabei sei er "irgendwie" mit dem Rollstuhl an der Bettkante hängengeblieben und mit der linken Schulter auf den Boden gestürzt. Er habe instinktiv versucht, die operierte rechte Schulter zu schonen, weshalb er auf die linke Schulter gestürzt sei.  
Weiter legte das kantonale Gericht dar, der Beschwerdeführer sei seit dem Unfall am 4. Oktober 1989 auf einen Rollstuhl angewiesen. Über die vielen Jahre bis zum Sturz vom 8. Juli 2019 habe er sich ohne Zweifel an den Rollstuhl gewöhnt und sei diesbezüglich geübt. Damit seien aber die Kriterien, welche für eine Adäquanz sprechen würden, nicht erfüllt. Weder habe sich der Unfall während der Heilungsdauer des ersten Unfalls ereignet, noch könne gesagt werden, dass der Beschwerdeführer nach dieser langen Zeit weiterhin seinen Lebensgewohnheiten und seinem Wirkungskreis entrissen gewesen sei. Denn nach 30 Jahren im Rollstuhl sei ohne Weiteres von den neuen Lebensgewohnheiten und vom neuen Wirkungskreis als Rollstuhlfahrer auszugehen. Auch habe bei vieljähriger Rollstuhlabhängigkeit und Gewöhnung an die körperlichen Defizite (insbesondere Nichtgebrauch der unteren Extremitäten, verminderte Rumpfkraft und Stabilität) kein relevant erhöhtes Unfallrisiko mehr bestanden. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte verminderte Rumpfkraft und -stabilität sei denn auch in dem Sinne zu relativieren, als es ihm gelungen sei, sich während des Sturzes instinktiv auf die linke Seite zu drehen. Damit sei der Sturz vom 8. Juli 2019 nicht mehr hinlänglich der Paraplegie anzulasten bzw. führten nicht hauptsächlich die Rollstuhlabhängigkeit und die damit verbundenen körperlichen Defizite zum Sturz, sondern vielmehr das unerwartete Hängenbleiben an der Bettkante beim Rückwärtsfahren. Die seit 30 Jahren bestehende Paraplegie und die damit einhergehende Rollstuhlabhängigkeit erschienen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht geeignet, den Sturz im Jahr 2019 herbeizuführen; mangels Adäquanz sei die Suva für die Folgen des Unfallereignisses vom 8. Juli 2019 somit nicht leistungspflichtig. 
 
7.2. Der Beschwerdeführer rügt, die Rechtsprechung habe in einem älteren Entscheid Voraussetzungen genannt, bei deren Erfüllung eine Leistungspflicht der Suva für einen zweiten, grundsätzlich nicht versicherten, Unfall mit grosser Wahrscheinlichkeit bestehe. Zu diesen alternativen Voraussetzungen zähle ein erhöhtes Unfallrisiko infolge der ersten Unfallfolgen. Aufgrund des ersten Unfallereignisses vom 4. Oktober 1989 sei er für die individuelle Fortbewegung ständig auf die Verwendung eines manuellen Rollstuhls angewiesen. Gleich der in EVGE 1960 S. 158 erwähnten unfallbedingten Schädigung des Schwindelapparats gehe auch von der Verwendung eines Handrollstuhls eine erhöhte Gefahr für das Erleiden weiterer Unfälle aus.  
 
 
7.3.  
 
7.3.1. Auch nach EVGE 1960 S. 158, mit welchem die Theorie des adäquaten Kausalzusammenhangs im schweizerischen Sozialversicherungsrecht Einzug gehalten hat (Meyer-Blaser, Kausalitätsfragen auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts, in SZS 1994 S. 82), hielt das Eidg. Versicherungsgericht mit Urteil U 4/81 vom 6. Oktober 1981 an der 1919 aufgestellten Formel im Sinne der drei kumulativen Voraussetzungen fest. Mit Urteil U 71/97 vom 6. Juli 1998 ging es hingegen von der allgemeinen Adäquanzformel aus (vgl. E. 6.3 hiervor). Auch die Vorinstanz hat sich von der 1919 begründeten Rechtsprechung ein Stück weit gelöst, indem sie dem Grundsatz nach die allgemeine Adäquanzformel für massgeblich erachtete, letztlich aber gleichwohl die drei kumulativen Voraussetzungen in ihre Beurteilung der Adäquanz einfliessen liess und allesamt verneinte.  
Ob es sich bei der mit Urteil i.S. Biel vom 15. Januar 1919 aufgestellten Formel um eine spezielle - und allenfalls beizubehaltende - Adäquanzprüfung handelt, ähnlich etwa jener bei organisch nicht hinreichend nachweisbaren Unfallfolgen (vgl. zum Ganzen BGE 115 V 133), oder ob sie - wie vom Eidg. Versicherungsgericht in EVGE 1960 S. 158 angedeutet und von der Vorinstanz angenommen - in der allgemeinen Adäquanzformel aufgeht, kann hier offengelassen werden: Wie der Beschwerdeführer zu Recht anerkennt, ist in der vorliegenden Konstellation auch bei einer Beurteilung nach der allgemeinen Adäquanzformel massgeblich, ob der unfallbedingte Vorzustand im Sinne der Paraplegie und Rollstuhlabhängigkeit zu einem erhöhten Unfallrisiko, d.h. einer erhöhten Sturzgefahr geführt hatte. Wie es sich demgegenüber mit den beiden anderen Voraussetzungen verhält, die der Beschwerdeführer wohl aufgrund einer missverständlichen Formulierung im angefochtenen Urteil als alternativ und damit entbehrlich erachtet, braucht dabei keiner weiteren Erörterung. Es erscheint zwar durchaus fraglich, inwieweit die Prüfung, ob sich der zweite Unfall während der Heilungsphase des ersten Unfalls ereignete, bei endgültigen Unfallfolgen wie einer Paraplegie zur Beurteilung der Adäquanz geeignet ist. Nachdem die Adäquanz mangels einer erhöhten Unfallgefahr jedoch so oder so zu verneinen ist (vgl. E. 7.3.2 ff. hiernach), erübrigen sich diesbezüglich weitere Ausführungen. 
 
7.3.2. Im vom Beschwerdeführer angerufenen EVGE 1960 S. 158 präsentierte sich die Ausgangslage grundsätzlich anders: Als bleibende Folgen des ersten Unfalls litt der Versicherte dort an Schwindel- und Schwächeanfällen, die jederzeit überraschend auftreten konnten und aufgrund derer er befürchtete umzufallen, "sobald er auf der Strasse sich umkehrte, sich bückte oder nach oben blickte". Es war denn gerade auch eine solch plötzlich auftretende Schwindelerscheinung, welche auf einer Bergwanderung in steil abfallendem Gebiet zum tödlichen Absturz führte (Sachverhalt Bst. A., E. 1 und E. 3 des genannten Urteils). Im vorliegend zu beurteilenden Fall war der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Sturzes vom 8. Juli 2019 zwar unfallbedingt auf einen Rollstuhl angewiesen; dies allerdings bereits seit beinahe 30 Jahren. Wie das kantonale Gericht festhielt, ist aufgrund des langen Zeitraums ohne Weiteres davon auszugehen, dass er sich zwischenzeitlich an die paraplegiebedingten körperlichen Einschränkungen gewöhnt hatte und in der Benutzung des Rollstuhls entsprechend geübt war. Dies wird vom Beschwerdeführer letztinstanzlich denn auch gar nicht bestritten. Zusätzliche Faktoren, welche im Zusammenhang mit der Fortbewegung im Rollstuhl allenfalls mit einer erhöhten Gefahrenlage einhergehen könnten (z.B. Bergauf- und Talfahrten, das Überwinden von Hindernissen), werden in der letztinstanzlichen Beschwerde nicht geltend gemacht und sind angesichts des Unfallorts im Wohnbereich auch nicht ersichtlich. Unter den gegebenen Umständen ist die vorinstanzliche Schlussfolgerung, wonach aufgrund der Paraplegie resp. der Rollstuhlabhängigkeit beim Beschwerdeführer in der hier zu beurteilenden Situation vom 8. Juli 2019 keine erhöhte Gefährdung zu einem Sturz vorlag, somit nicht zu beanstanden.  
 
7.3.3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren aufgelegten Publikation (Kerr, Der Schulterschaden und operative Therapieoptionen, in: Paracontact 3/2016 S. 20 f.). Dieser lässt sich entnehmen, dass die Fortbewegung im Rollstuhl die am meisten schädigende Belastung für das Schultergelenk darstellt, und dass Sehnenrisse bei Rollstuhlfahrern die mit Abstand häufigste Schädigung im Bereich des Schultergelenks bilden. Im Weiteren nennt die Publikation vor allem auch den "Sturz rückwärts" als eine Alltagsbelastung, die längerfristig zu einem Schulterschaden führen könne. Damit wird vor allem aufgezeigt, dass die Fortbewegung im Rollstuhl zu einem erhöhten Verschleiss im Bereich der Schultern führen kann, wobei derartige Verschleissschäden allenfalls im Zusammenhang mit - hier gerade nicht zur Diskussion stehenden (vgl. E. 4.1 hiervor) - Spätfolgen des Unfalls vom 4. Oktober 1989 relevant wären. Dass in der vorliegend zu beurteilenden Situation vom 8. Juli 2019 rollstuhlbedingt ein erhöhtes Unfallrisiko vorlag, lässt sich daraus allerdings nicht herleiten.  
 
7.4. Insgesamt kommen dem Unfallereignis vom 4. Oktober 1989 bzw. der Paraplegie und Rollstuhlabhängigkeit somit keine derart massgebende Bedeutung zu, dass sie nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet waren, den neuerlichen Sturz herbeizuführen. Wie das kantonale Gericht zu Recht erkannte, standen diesbezüglich nicht die Folgen des früheren Unfalls, sondern das unerwartete Hängenbleiben an der Bettkante im Vordergrund. Soweit es den adäquaten Kausalzusammenhang und eine Leistungspflicht der Suva entsprechend verneinte, ist darin keine Verletzung von Bundesrecht zu erkennen.  
Auf die vom Beschwerdeführer verlangten weiteren Abklärungen zum konkreten Gefahrenpotential durch die ständige Verwendung eines Handrollstuhls durften das kantonale Gericht und die Suva ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1; Art. 61 lit. c ATSG) verzichten (zur zulässigen antizipierten Beweiswürdigung vgl. BGE 144 V 361 E. 6.5), erscheinen doch die zur Prüfung der Adäquanz erforderlichen tatsächlichen Grundlagen im Lichte des Gesagten als genügend abgeklärt. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. 
 
8.  
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, Abteilung III, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 12. Juli 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Walther