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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_632/2017  
 
 
Urteil vom 22. Februar 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Gerichtsschreiber Faga. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Fäs, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Haftentschädigung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 20. April 2017 (SBK.2017.14 / va). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Bezirksgericht Lenzburg verurteilte X.________ am 15. August 2013 im abgekürzten Verfahren unter anderem wegen mehrfacher versuchter schwerer Körperverletzung, gewerbsmässigen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfacher Drohung, mehrfacher falscher Anschuldigung sowie Gewalt und Drohung gegen Beamte zu einer Freiheitsstrafe von 2 1/2 Jahren (nebst einer Geldstrafe und einer Busse) unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft und des vorzeitigen Strafvollzugs von 213 Tagen. Das Strafende fiel auf den 13. Juli 2015. 
 
B.  
Das Amt für Justizvollzug des Kantons Aargau gelangte am 8. Juli 2015 an die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau und beantragte, die mit Urteil des Bezirksgerichts ausgesprochene Freiheitsstrafe in eine stationäre Massnahme nach Art. 65 Abs. 1 StGB umzuwandeln. Gleichzeitig stellte es den Antrag, es sei durch das zuständige Gericht Sicherheitshaft anzuordnen. 
Am 11. Juli 2015 versetzte das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau X.________ in Sicherheitshaft. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Aargau am 3. August 2015 ab. 
Das Bezirksgericht wies am 10. September 2015 den Antrag der Staatsanwaltschaft auf nachträgliche Änderung der Sanktion ab und ordnete die sofortige Haftentlassung von X.________ an. Die Genugtuung für die vom 14. Juli 2015 bis zum 10. September 2015 ausgestandene Haft setzte es auf Fr. 50.-- pro Tag fest. Dagegen meldete die Staatsanwaltschaft gleichentags Berufung an und stellte den Antrag auf Fortsetzung der Sicherheitshaft. 
Die Verfahrensleitung des Obergerichts verfügte am 16. September 2015, X.________ sei aus der Sicherheitshaft zu entlassen. Eine dagegen von der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau erhobene Beschwerde in Strafsachen hiess das Bundesgericht am 8. Oktober 2015 gut und wies die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurück (6B_942/2015). Gleichzeitig schrieb das Bundesgericht das Verfahren betreffend die am 3. August 2015 durch das Obergericht bestätigte Sicherheitshaft als gegenstandslos geworden ab (6B_850/2015). In der Folge ordnete die Verfahrensleitung des Obergerichts am 13. Oktober 2015 Sicherheitshaft an. 
Am 8. Dezember 2015 hob das Obergericht den Beschluss des Bezirksgerichts vom 10. September 2015 auf und ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme an. Das Bundesgericht kassierte am 13. Juni 2016 den Entscheid und wies die Sache zur neuen Beurteilung an das Obergericht zurück (BGE 142 IV 307). 
Am 5. Juli 2016 ordnete die vorinstanzliche Verfahrensleitung die sofortige Haftentlassung an, welche gleichentags vollzogen wurde. 
Am 10. August 2016 wies das Obergericht die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Bezirksgerichts vom 10. September 2015 ab. Betreffend die Genugtuung hob das Obergericht den erstinstanzlichen Beschluss auf und wies die Sache zur Neubeurteilung zurück. 
 
C.  
Am 21. Dezember 2016 richtete das Bezirksgericht X.________ für die vom 14. Juli 2015 bis zum 10. September 2015 ausgestandene Sicherheitshaft eine Genugtuung von Fr. 11'800.-- aus (59 Tage zu Fr. 200.--). Die von X.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht am 20. April 2017 ab. 
 
D.  
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der Entscheid des Obergerichts vom 20. April 2017 sei aufzuheben. Es sei ihm nebst der Genugtuungssumme von Fr. 11'800.-- eine zusätzliche Genugtuung für die Dauer der Sicherheitshaft vom 11. September 2015 bis zum 5. Juli 2016 von Fr. 59'800.-- zuzüglich Zins von 5 % ab 14. Juli 2015 auszurichten. Ebenso sei die Genugtuungssumme von Fr. 11'800.-- ab 14. Juli 2015 mit 5 % zu verzinsen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. X.________ ersucht zudem um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
E.  
Das Obergericht des Kantons Aargau verzichtet auf Vernehmlassung. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau beantragt die Abweisung der Beschwerde und verzichtet ebenfalls auf Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Der Beschwerdeführer befand sich ab 11. Juli 2015 bis zum 5. Juli 2016 in Sicherheitshaft. Das Strafende der im Jahre 2013 ausgefällten Freiheitsstrafe fiel auf den 13. Juli 2015. Die Haft diente der Sicherung des Massnahmevollzugs. Zu einer Änderung der Sanktion in Anwendung von Art. 65 Abs. 1 StGB kam es nicht. Die Vorinstanz bestätigte am 10. August 2016 den Beschluss des Bezirksgerichts vom 10. September 2015, wonach die Sanktion aus dem Jahre 2013 nicht nachträglich in eine therapeutische Massnahme geändert wird.  
Am 2. Dezember 2016 erhob die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau in einem weiteren Verfahren beim Bezirksgericht Lenzburg Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen verschiedener Delikte. Sie beantragte unter anderem eine unbedingte Freiheitsstrafe von zehn Monaten und die Anrechnung der im neuen Verfahren (vom 9. September 2016 bis zum 6. Dezember 2016) ausgestandenen Untersuchungshaft. 
 
1.2. Der Beschwerdeführer verlangte im vorinstanzlichen Verfahren in erster Linie eine zusätzliche Genugtuung für die vom 11. September 2015 bis zum 5. Juli 2016 erlittene Sicherheitshaft. Die Vorinstanz richtet eine solche nicht aus und weist die Beschwerde ab. Sie erwägt, für die Anrechnung der Haft sei weder Tat- noch Verfahrensidentität erforderlich. Nachdem die Staatsanwaltschaft am 2. Dezember 2016 beim Bezirksgericht erneut Anklage erhoben habe, sei über die geltend gemachte Genugtuung im neuen Verfahren zu befinden. Die Sicherheitshaft sei mithin zumindest teilweise an die möglicherweise auszusprechenden Sanktionen anzurechnen. Allenfalls sei im neu hängigen Verfahren eine Genugtuung für die hier interessierende Sicherheitshaft auszurichten. Darüber werde das Bezirksgericht im neuen Verfahren zu entscheiden haben (Entscheid S. 5 ff.).  
 
1.3. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 51 StGB und Art. 429 ff. StPO sowie unter Hinweis auf Art. 10 StPO und Art. 6 Ziff. 2 EMRK eine Verletzung der Unschuldsvermutung. Der Anspruch auf Genugtuung sei hier vor den neuen (mutmasslichen) Taten entstanden. Das Urteil, an dessen Sanktionen angerechnet werden soll, sei nicht rechtskräftig. Würden "Strafen für gar nicht begangene Straftaten, quasi vorzeitig vollzogen", erfolge kein Schuldausgleich. Künftiges Unrecht solle durch eine neue Strafe gesühnt werden. Es sei menschenrechtswidrig und widerspreche den rechtsstaatlichen Grundsätzen, jemanden präventiv zu bestrafen. Die Anrechnung könne nur auf rechtskräftige und vollstreckbare Urteile angewendet werden. Zudem sei der vorinstanzliche Entscheid widersprüchlich, wenn die Vorinstanz eine Rückweisung anordne, formell aber die Beschwerde abweise. Da sie keine Rückweisung verfügt habe, hätte das Bezirksgericht die Haftentschädigung nicht regeln dürfen (Beschwerde S. 8 ff.).  
 
1.4. Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit der Beschwerdeführer stichwortartig eine Verletzung von "Bundesrecht, Verfassungsrecht und Konventionsrecht" geltend macht sowie pauschale Rügen erhebt (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Ebenso wenig ist der Beschwerdeführer zu hören, soweit er das Urteil des Bezirksgerichts vom 27. April 2017 kritisiert. Anfechtungsobjekt bildet einzig das kantonal letztinstanzliche Urteil der Vorinstanz (Art. 80 Abs. 1 BGG).  
 
1.5. Sind gegenüber der beschuldigten Person rechtswidrig Zwangsmassnahmen angewandt worden, so spricht ihr die Strafbehörde eine angemessene Entschädigung und Genugtuung zu (Art. 431 Abs. 1 StPO). Im Fall von Untersuchungs- und Sicherheitshaft besteht der Anspruch, wenn die zulässige Haftdauer überschritten ist und der übermässige Freiheitsentzug nicht an die wegen anderer Straftaten ausgesprochenen Sanktionen angerechnet werden kann (Art. 431 Abs. 2 StPO).  
Art. 431 StPO gewährleistet mithin Anspruch auf Entschädigung und Genugtuung bei rechtswidrigen Zwangsmassnahmen (Abs. 1) oder bei Überhaft (Abs. 2). Sogenannte Überhaft liegt vor, wenn die Untersuchungs- und/oder Sicherheitshaft unter Einhaltung der formellen und materiellen Voraussetzungen rechtmässig angeordnet wurde, diese Haft den im Entscheid ausgesprochenen Freiheitsentzug aber überschreitet, also länger dauert als die tatsächlich ausgefällte Sanktion. Bei Überhaft nach Art. 431 Abs. 2 StPO ist also nicht die Haft per se, sondern nur die Haftlänge ungerechtfertigt. Sie wird erst im Nachhinein, das heisst nach Fällung des Urteils, übermässig (BGE 141 IV 236 E. 3.2 S. 238 mit Hinweis auf WEHRENBERG/FRANK, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, Bd. II, 2. Aufl. 2014, N. 3 und 21 zu Art. 431 StPO; YVONA GRIESSER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2. Aufl. 2014, N. 2 zu Art. 431 StPO; SCHMID/JOSITSCH, Schweizerische Strafprozessordnung [StPO], Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N. 4 zu Art. 431 StPO). 
Art. 431 Abs. 2 StPO stellt die Grundregel auf, dass Überhaft nur zu entschädigen ist, wenn sie nicht an die wegen anderer Straftaten ausgesprochenen Sanktionen angerechnet werden kann. Das steht im Einklang mit der im Kern kongruenten Regel von Art. 51 StGB. Gestützt auf diese Bestimmung rechnet das Gericht die Untersuchungshaft, die der Täter während dieses oder eines anderen Verfahrens ausgestanden hat, auf die Strafe an. Nach dem Wortlaut von Art. 51 StGB ist für die Anrechnung der Haft weder Tat- noch Verfahrensidentität erforderlich. Das Bundesgericht hielt fest, dass Art. 51 StGB der Grundsatz der umfassenden Haftanrechnung zugrunde liegt, der Ausgleich von Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft in erster Linie als Realersatz und nur subsidiär in Form einer Entschädigung erfolgen soll und der Betroffene diesbezüglich kein Wahlrecht hat (BGE 141 IV 236 E. 3.3 S. 238 f. mit Hinweisen). Dieser hat gegebenenfalls in Kauf zu nehmen, dass eine an sich mögliche Entschädigung wegen Anrechnung entfällt (Urteil 6B_1203/2017 vom 1. November 2017 E. 4.1.2 mit Hinweis). 
 
1.6. Das im Jahre 2015 unmittelbar vor dem Strafende eingeleitete Verfahren betreffend nachträgliche Anordnung einer Massnahme im Sinne von Art. 65 Abs. 1 StGB stellt ein Verfahren bei selbständigen nachträglichen Entscheiden des Gerichts nach Art. 363 ff. StPO dar (BGE 142 IV 307 E. 2.2 S. 309). Die Sicherheitshaft wurde im massnahmerechtlichen Nachverfahren gegenüber einem rechtskräftig Verurteilten verhängt. Da die Sicherheitshaft im Nachverfahren bereits auf einer früheren rechtskräftigen Verurteilung basiert, fällt eine Entschädigung nach Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO (infolge Freispruchs oder Einstellung) hier nicht in Betracht (vgl. Urteil 1B_270/2017 vom 28. Juli 2017 E. 7 betreffend eine formell unrechtmässige Haft). Die Vorinstanz bestätigte am 10. August 2016 den Beschluss des Bezirksgerichts vom 10. September 2015, wonach die Sanktion aus dem Jahre 2013 nicht nachträglich geändert wird. Damit fiel auch der zur Sicherung des Massnahmevollzugs während des Rechtsmittelverfahrens durch das Zwangsmassnahmengericht angeordnete strafprozessuale Hafttitel dahin. Demnach erweist sich die Sicherheitshaft seit 14. Juli 2015 bis zum 5. Juli 2016 nachträglich als ungerechtfertigt und übermässig im Sinne von Art. 431 Abs. 2 StPO (Urteil 6B_1213/2016 vom 8. März 2017 E. 2.3). Nach dieser Bestimmung richtet sich mangels Freispruchs oder Einstellung (in Abweichung des letztgenannten Urteils) die Entschädigung. Von einer Anrechnung respektive Entschädigung geht auch die Vorinstanz aus.  
 
1.7. Eine Verletzung von Bundesrecht (Art. 51 StGB und Art. 429 ff. StPO) liegt nicht vor. Der Argumentation des Beschwerdeführers, wonach die Vorinstanz die Überhaft (bereits) zwingend im vorinstanzlichen Entscheid hätte entschädigen müssen, kann nicht gefolgt werden. Die Anrechnung an Sanktionen, die in einem separaten Verfahren ausgefällt werden, ist zulässig (vgl. Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005, BBl 2006 1330 Ziff. 2.10.3.1). Der Beschwerdeführer verkennt, dass die Anrechnung der Haft keine Verfahrensidentität (und keine Tatidentität) bedingt. Es kann davon keine Rede sein, dass er "präventiv" bestraft oder sein Anspruch "nachträglich erlöschen" würde. Dabei gilt es zu unterstreichen, dass die Vorinstanz keine Anrechnung vornimmt, sondern diese dem Bezirksgericht vorbehält. Die Anrechnung an eine möglicherweise auszufällende Sanktion hat gegenüber einer Entschädigung Vorrang (Urteil 1B_179/2011 vom 17. Juni 2011 E. 4.2). Damit wird ein Realersatz ermöglicht. Erfolgt die Anrechnung wie hier durch die Behörde im zweiten Verfahren, welche die Sanktion wegen anderer Delikte ausspricht oder auszusprechen hat, stehen im Zeitpunkt der Anrechnung die Sanktionen zwangsläufig noch nicht rechtskräftig fest. Dies steht einer Haftanrechnung nicht entgegen, und die vom Beschwerdeführer zitierte Lehrmeinung hält nichts Gegenteiliges fest.  
Im Übrigen geht die Vorinstanz betreffend das neue Verfahren vor dem Bezirksgericht ausschliesslich von Hypothesen aus (beispielsweise, indem sie eine allenfalls auszusprechende weitere Sanktion thematisiert). Sie nimmt also offensichtlich nicht an, der Beschwerdeführer würde (erneut) verurteilt werden. Vielmehr hält sie fest, der Beschwerdeführer sei gegebenenfalls im neuen Verfahren zu entschädigen. Die Rüge der Verletzung der Unschuldsvermutung ist unbegründet (vgl. Urteil 1B_179/2011 vom 17. Juni 2011 E. 4.2). 
 
1.8. Der Beschwerdeführer beantragte im vorinstanzlichen Verfahren in der Hauptsache eine Genugtuung von Fr. 59'800.-- und die Vorinstanz weist die Beschwerde ab. Damit fällt die Vorinstanz einen Entscheid in der Sache, was nach der zutreffenden Kritik des Beschwerdeführers im Widerspruch zu ihren Erwägungen steht (vgl. Entscheid S. 9) und im Hinblick auf die von ihr verlangte spätere Anrechnung durch das Bezirksgericht die Frage nach der abgeurteilten Sache aufwirft. Soll ausgestandene Haft auf eine von einer anderen Behörde noch nicht verhängte Strafe angerechnet werden, hat die erstentscheidende Behörde ihren Entscheid zu Art. 431 Abs. 2 StPO auszusetzen respektive einen nachträglichen Entscheid im Sinne von Art. 363 ff. StPO zu fällen (SCHMID/JOSITSCH, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2017 [zit. Handbuch], N. 1827 Fn. 167). Der vorinstanzliche Entscheid ist deshalb aufzuheben und an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird die Sache nach rechtskräftiger Erledigung des neuen Verfahrens (ST.2016.204; ST.2016.7798) erneut zu beurteilen haben.  
 
2.  
Unangefochten blieb vor Vorinstanz die vom Bezirksgericht festgelegte Genugtuung von Fr. 11'800.-- für die vom 14. Juli 2015 bis zum 10. September 2015 ausgestandene 59-tägige Sicherheitshaft. Streitgegenstand ist deren Verzinsung. 
 
2.1. Die Vorinstanz erwägt, anlässlich der Verhandlung vom 10. September 2015 habe der Beschwerdeführer einzig eine angemessene Entschädigung beantragt. Werde eine Genugtuung ohne Zins verlangt, sei darin ein ausdrücklicher Verzicht auf eine Verzinsung zu erblicken (Entscheid S. 9).  
 
2.2. Der Beschwerdeführer verlangt einen Zins von 5 % auf Fr. 11'800.-- seit 14. Juli 2015. Die Forderung nach einer angemessenen Entschädigung umfasse die Verzinsung des Anspruchs. Deshalb habe er vor Bezirksgericht die Verzinsung der Genugtuung nicht beantragen müssen (Beschwerde S. 16 f.).  
 
2.3. Für die Art und den Umfang der Entschädigung nach Art. 429 ff. StPO dürfen die allgemeinen Bestimmungen der Art. 41 ff. OR herangezogen werden (BGE 142 IV 245 E. 4.1 S. 248 mit Hinweis). Zum Schaden gehört nach konstanter Rechtsprechung der Zins vom Zeitpunkt an, in welchem das schädigende Ereignis sich ausgewirkt hat. Der Zins bildet Teil der Genugtuung. Dessen Höhe beträgt gemäss Art. 73 OR 5 % (Urteil 6B_1404/2016 vom 13. Juni 2017 E. 2.2 mit Hinweisen).  
Unbestritten ist, dass der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer vor Erstinstanz einzig eine angemessene Entschädigung verlangte. Es stellt sich die Frage, ob er einen Zins ausdrücklich beantragen musste. Die Strafbehörde ist nicht verpflichtet, alle für die Beurteilung des Entschädigungsanspruchs bedeutsamen Tatsachen von Amtes wegen abzuklären. Gestützt auf Art. 429 Abs. 2 StPO hat sie die beschuldigte Person zur Frage der Entschädigung mindestens anzuhören und gegebenenfalls aufzufordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen. Dies bedeutet indessen nicht, dass die Strafbehörde im Sinne des Untersuchungsgrundsatzes von Art. 6 StPO alle für die Beurteilung des Entschädigungsanspruchs bedeutsamen Tatsachen von Amtes wegen abzuklären hat. Vielmehr obliegt es dem Antragsteller, seine Ansprüche zu begründen und auch zu belegen. Dies entspricht der zivilrechtlichen Regel gemäss Art. 42 Abs. 1 OR, wonach wer Schadenersatz beansprucht, den Schaden zu beweisen hat (BGE 142 IV 237 E. 1.3.1 S. 240; Urteil 6B_666/2014 vom 16. Dezember 2014 E. 4.1; je mit Hinweis). Unterlässt der zur Mitwirkung aufgeforderte Antragsteller, seine Ansprüche zu belegen und zu beziffern, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre, kann ein impliziter Verzicht auf die Entschädigung angenommen werden (Urteil 6B_156/2016 vom 8. März 2016 E. 2.1 mit Hinweis). Eine Entschädigung kann dann auch in einem späteren Verfahrensschritt nicht mehr geltend gemacht werden (WEHRENBERG/FRANK, a.a.O., N. 31b zu Art. 429 StPO; SCHMID/JOSITSCH, Handbuch, a.a.O., N. 1819 Fn. 154). 
 
2.4. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer verlangte vor der ersten Instanz, er sei für die erlittene Sicherheitshaft "angemessen zu entschädigen", ohne seine Forderung zu beziffern und einen Zins zu beantragen (vgl. Plädoyer S. 12 f.). Ein solcher Antrag impliziert entgegen dem Dafürhalten des Beschwerdeführers nicht eine Verzinsung. Diese zu verlangen, war dem Beschwerdeführer respektive seinem Rechtsvertreter zumutbar. Dennoch unterliess er solches. Indem die Vorinstanz dies als Verzicht wertet und dem Beschwerdeführer keinen Zins zuspricht, verletzt sie kein Bundesrecht.  
 
3.  
Die Vorinstanz wird ihren Entscheid nach rechtskräftiger Erledigung des neuen Verfahrens (ST.2016.204; ST.2016.7798) neu fällen müssen. Damit erübrigt es sich, die weiteren Rügen des Beschwerdeführers betreffend den Kostenentscheid näher zu prüfen. 
 
4.  
Der Beschwerdeführer obsiegt teilweise, soweit er geltend macht, die Vorinstanz habe in Abweisung seiner Beschwerde einen Sachentscheid gefällt, im Widerspruch dazu aber die Regelung der Genugtuung dem Bezirksgericht im neuen Verfahren vorbehalten (E. 1.8). Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird nach rechtskräftiger Erledigung des neuen Verfahrens (ST.2016.204; ST.2016.7798) den Entscheid neu fällen müssen. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
Der Beschwerdeführer wird im Umfang seines Unterliegens grundsätzlich kostenpflichtig. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Soweit er obsiegt, ist das Gesuch gegenstandslos geworden. Soweit er unterliegt, ist es abzuweisen, da die Beschwerde von vornherein aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 BGG e contrario). Ihm sind unter Berücksichtigung seiner angespannten finanziellen Verhältnisse Gerichtskosten im Umfang von Fr. 800.-- aufzuerlegen (Art. 65 Abs. 2 BGG). Dem Kanton Aargau sind keine Verfahrenskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). 
Der Kanton Aargau hat als teilweise unterliegende Partei dem Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Peter Fäs, eine reduzierte Entschädigung von Fr. 1'000.-- zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Beschluss des Obergerichts des Kantons Aargau vom 20. April 2017 wird aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen zur neuen Entscheidung nach rechtskräftiger Erledigung des Verfahrens ST.2016.204 respektive ST.2016.7798. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist. 
 
3.   
Die Gerichtskosten werden im Umfang von Fr. 800.-- dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Der Kanton Aargau hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Peter Fäs, eine Entschädigung von Fr. 1'000.-- zu bezahlen. 
 
5.   
D ieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. Februar 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Faga