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Chapeau

103 II 211


36. Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. August 1977 i.S. Denner AG gegen Disch AG

Regeste

Art. 1 al. 2 litt. d LCD. Contrefaçon d'une marchandise.
1. Les contestations en matière de concurrence déloyale sont soumises à l'art. 46 OJ (consid. 1).
2. Risque de confusion entre des boîtes servant d'emballage à des fruits secs enrobés de chocolat (consid. 2).
3. Motifs pour lesquels la contrefaçon d'un emballage doit être qualifiée de concurrence déloyale (consid. 3).

Faits à partir de page 211

BGE 103 II 211 S. 211

A.- Die Disch AG stellt Confiserie-Waren her, die von zahlreichen Fachgeschäften in der ganzen Schweiz vertrieben werden. Seit 1961 bringt sie mit Schokolade überzogene Trockenfrüchte, wie Mandeln, Haselnüsse, Sultaninen usw. auf den Markt, die in einer zylinderförmigen Dose zu 250 g verpackt sind. Die erste Dose war mit einem Papierband in weisser Grundfarbe umhüllt. Im untern Teil des Bandes waren angehäufte "Choco-Dragées" abgebildet, während im oberen
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wechselweise die Warenbezeichnung sowie die Marke "Disch" in einem goldenen Stern angebracht waren. Im Jahre 1965 ergänzte die Firma Disch AG ihr Angebot durch eine Sackpackung zu 125 g in ähnlicher Aufmachung. Seit 1972 lässt sie zudem "Choco Nuts" verkaufen, die vor allem aus Hasel-, Mahagoni- und Erdnüssen sowie Mandeln bestehen und ebenfalls in einer zylinderförmigen Dose zu 250 g angeboten werden. Diese Dose ist nur etwa 5 cm hoch, aber weiter als die erste. Ihr Deckel ist mit einem Rosenmuster ausgeschmückt. Das Papierband unterscheidet sich von demjenigen der ersten Dose nur durch die rote Grundfarbe. Seit 1975 verwendet die Disch AG eine weitere Dose, die das Format der ersten aufweist, deren Band in der Ausstattung aber dem der zweiten entspricht. Dies trifft weitgehend auch auf eine flache Dose zu, welche die Firma seit anfangs 1977 benützt.
Die Disch AG liess ihre "Choco Dragées" und "Choco Nuts" während Jahren u.a. durch die Denner AG vertreiben. Diese bringt seit 1976 auch eigene "Choco-Dragées" in einer zylinderförmigen Dose zu 250 g auf den Markt. Im untern Teil des Papierstreifens, der die Dose von Rand zu Rand umhüllt, sind gleich wie bei den Disch-Dosen angehäufte "Dragées" in Schokoladenfarben abgebildet, während im obern Teil auf rotem Grund die Warenbezeichnung und dazwischen in einem weissen Oval die Marke "Rast" angebracht sind. Der Deckel der Dose ist mit dem gleichen Motiv versehen.

B.- Die Disch AG erblickte in der Grösse, Form und Aufmachung dieser Dose eine Verletzung ihrer Rechte. Im April 1976 klagte sie gegen die Denner AG mit dem Begehren, der Beklagten bei Strafe zu verbieten, Schokoladen-Dragées in Packungen "gemäss beiliegendem Muster" zu verkaufen, feilzuhalten oder in den Verkehr zu bringen. Beim Muster handelt es sich um die von der Klägerin seit 1972 für "Choco-Nuts" verwendete Dose, die 5 cm hoch ist und 13,5 cm Durchmesser hat.
Das Handelsgericht des Kantons Zürich hiess die Klage am 13. Januar 1977 gestützt auf Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG gut.

C.- Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Sie beantragt, es aufzuheben und die Klage abzuweisen oder die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.

Considérants

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Beklagte ist der Meinung, der eingeklagte Anspruch hange mit einer zivilrechtlichen Streitigkeit über den Schutz von Fabrik- und Handelsmarken zusammen, weshalb die Berufung ohne Rücksicht auf den Streitwert zulässig sei.
Diese Auffassung ist unzutreffend. Streitig ist gemäss dem Klagebegehren nur, ob die Beklagte Dosen der Klägerin in einer gegen Treu und Glauben verstossenden Weise nachgeahmt und dadurch unlauteren Wettbewerb begangen habe. Aus BGE 95 II 193, wo es auch um Markenrecht ging, kann die Beklagte nichts für ihre Auffassung ableiten. Streitigkeiten aus unlauterem Wettbewerb unterstehen der Vorschrift des Art. 46 OG, sind also nur berufungsfähig, wenn der Streitwert wenigstens Fr. 8'000.-- beträgt. Dies gilt selbst dann, wenn nicht auf Schadenersatz, sondern bloss auf Feststellung oder Unterlassung unlauteren Wettbewerbs geklagt wird (BGE 100 II 397 und dort angeführte Urteil). Dieser Streitwert ist hier aber gegeben. Er wird vom Handelsgericht auf Fr. 20'000.-- bis Fr. 40'000.-- beziffert, wogegen die Parteien nichts einwenden.

2. Nach Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG begeht unlauteren Wettbewerb, wer Massnahmen trifft, die bestimmt oder geeignet sind, Verwechslungen mit Waren eines anderen herbeizuführen. Die Bestimmung setzt voraus, dass die Ware eines Konkurrenten wegen ihrer äusseren Ausstattung für das bereits auf dem Markte befindliche Erzeugnis eines andern gehalten werden kann (BGE 83 II 162). Ob eine solche Verwechselbarkeit zweier Waren vorliege, ist nach dem Gesamteindruck zu beurteilen, den sie dem Durchschnittskäufer bieten (BGE 84 II 581, BGE 83 II 157). Dabei ist zu beachten, dass dieser selten beide gleichzeitig vor Augen hat; wenn er das eine Erzeugnis betrachtet und es mit dem andern vergleichen will, ist er in der Regel auf blosse Erinnerungen angewiesen (vgl. BGE 96 II 404, BGE 95 II 194 mit Zitaten).
Die Klägerin begründete die Verwechslungsgefahr zwischen den streitigen Packungen schon in der Klage vor allem mit der von ihr seit 1972 für "Choco-Nuts" verwendeten Dose, auf
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deren Deckel drei Rosen auf weisser Grundfarbe abgebildet sind. Sie hat diese Dose im Klagebegehren denn auch als Vergleichsmuster angegeben und ihre charakteristischen Merkmale aufgezählt. Die Beklagte macht in der Berufung mit Recht nicht mehr geltend, die Klägerin habe kein schutzwürdiges Interesse am Entscheid, weil die Dose mit dem Rosenbild nicht mehr hergestellt werde. Sie beharrt vielmehr auf ihrem Standpunkt, dass zwischen den streitigen Dosen keine Verwechslungsgefahr bestehe, von unlauterem Wettbewerb folglich keine Rede sein könne (vgl. BGE 102 II 124 E. 1).
Die Dose der Beklagten und die von der Klägerin als Muster angeführte Dose zeigen auf den ersten Blick sehr grosse Ähnlichkeit. Sie bestehen beide aus Leichtmetall mit dem gleichen Farbton, haben dieselbe Form und weisen fast auf den Millimeter genau die gleichen Masse auf. Wegen der gleichartigen Ausgestaltung des Deckels, der insbesondere für ein sicheres Aufschichten in den Läden Gewähr bietet, können sie sogar untereinander gestapelt werden. Diesfalls ist ihre äussere Ähnlichkeit besonders gross. In der roten Grundfarbe ihrer Papierbänder ist überhaupt kein Unterschied zu erkennen. Die Abbildungen im unteren Teil des Bandes sind sich täuschend ähnlich; sie stellen angehäufte Schokoladen-Dragées dar, die durchwegs gleichartige Formen und Farben aufweisen und den Eindruck erwecken, man habe eine halb gefüllte Dose vor sich. Auf beiden Dosen sind ferner die Warenbezeichnungen und die Marken der Hersteller in gleicher Höhe rund um den Behälter angebracht, und zwar die Bezeichnungen in weisser Schrift auf roten Grund, die Marke "Rast" in goldener Schrift auf einem weissen Oval und die Marke "Disch" in weisser Schrift auf einem goldenen Stern.
Gewiss sind bei näherer Betrachtung kleinere Unterschiede feststellbar. So weichen z.B. die Schriften, in denen die Warenbezeichnungen und die Marken auf den Dosen angegeben werden, deutlich von einander ab. Auch weisen die "Choco-Dragées" der Beklagten teils andere Grössen oder dunklere Schokoladenfarben auf als die "Choco-Nuts" der Klägerin. Diese Unterschiede betreffen jedoch Einzelheiten und vermögen den Gesamteindruck, auf den es ankommt, entgegen den Einwänden der Beklagten nicht entscheidend zu beeinflussen. Daran ändern auch die Marken nichts, denen die
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Beklagte Gewicht beimessen zu können glaubt, weil sie mit der Kurzbezeichnung der Herstellerfirmen übereinstimmen und daher allein über die Herkunft der Ware Auskunft gäben. Die Bezeichnungen "Rast" und "Disch" fallen an der einzelnen Dose wenig oder kaum auf. Sie vermögen die Gefahr einer Verwechslung umsoweniger auszuschliessen, als die Ware der Klägerin nach dem angefochtenen Urteil nicht durch die Herstellerin, sondern durch zahlreiche Fachgeschäfte an das breite Publikum verkauft wird.
Werden die Dosen stapelweise aufgeschichtet, wozu sie ihrer Form nach geeignet sind, so fällt das Rosenbild auf dem Deckel des Vergleichsmusters als Unterscheidungsmerkmal zum vorneherein ausser Betracht; das gilt auch vom Motiv auf dem Deckel der Rast-Dose, das übrigens dem der Aussenseite entspricht. Als charakteristisches Kennzeichen bleibt dann nur das Papierband mit seinen auffallenden Farben und Abbildungen, welche den Gesamteindruck bestimmen. Rosen werden zudem vorwiegend vor Festtagen auf Verpackungen verwendet, um Angebote als Geschenke attraktiver zu gestalten. Sie taugen deshalb nicht, eine Packung dauernd zu individualisieren oder eine auffallende Ähnlichkeit mit einer anderen Packung, wie sie hier besteht, zu beseitigen.

3. Die Nachahmung einer Ware ist nach Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG nur unzulässig, wenn sie unlauter ist, d.h. gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstösst. Erlaubt ist die Nachahmung insbesondere, wenn sie nicht zu Verwechslungen mit den Waren des Konkurrenten führen kann, weil die Ausgestaltung der Ware dem kaufenden Publikum über die Herkunft nichts sagt. Die Nachahmung widerspricht ferner nicht Treu und Glauben, wenn der Gebrauch, dem das Erzeugnis dienen soll, sie rechtfertigt. Die Form einer Ware darf auch aus ästhetischen Gründen nachgeahmt werden, wenn sie nicht oder nicht mehr unter dem Schutz des Muster- und Modellgesetzes steht.
a) Das Handelsgericht räumt ein, dass das Format der nachgeahmten Dose weitgehend standardisiert sein und die bildliche Wiedergabe des Inhaltes auf der Verpackung vor allem in Selbstbedienungsläden einer verkaufstechnischen Notwendigkeit entsprechen dürfte. Es lässt jedoch offen, ob solche Merkmale eine Verpackung schutzunfähig machen können, weil es im vorliegenden Fall nicht nur um die Grösse
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der streitigen Dosen und die bildliche Darstellung der Ware geht. Es hält der Beklagten mit Recht entgegen, dass die gesamte äussere Aufmachung, also auch die Verpackung zur Aufmachung der Ware gehört, die Verpackung der Klägerin sich aber gerade wegen der graphischen und farblichen Gestaltung des Papierbandes als Herkunftszeichen für gleichartige Waren aus ihrem Betrieb im Verkehr durchgesetzt hat. Der Anspruch der Klägerin, die von ihr gewählte Aufmachung vor Nachahmung zu schützen, ist nach dieser Feststellung umsoweniger zu beanstanden, als andere Formate und Grundfarben zur Verfügung stehen. Die Beklagte macht denn auch nicht geltend, dass alle Dosen mit 250 g Schokoladen-Dragées gleich oder ungefähr gleich aussähen und sich deshalb nicht sagen liesse, das kaufende Publikum könne aus ihrem Aussehen nicht auf die Herkunft der Ware schliessen.
Die Beklagte durfte ihre Dose zylindrisch und deren Deckel so gestalten, dass die Dosen stapelweise aufgeschichtet werden können; denn diese Formen weisen allgemeine technische Vorteile auf, die jedermann ausnutzen darf. Technische Überlegungen rechtfertigten es dagegen nicht, dass die Beklagte ihrer Dose fast auf den Millimeter genau die gleichen Ausmasse gab wie die Klägerin und dass sie deren Dose auch in der äusseren Ausgestaltung sklavisch nachahmte. Da diese Ausgestaltung nicht bloss bestimmt ist, das Angebot schön und damit besonders verkäuflich zu machen, sondern Kennzeichnungskraft besitzt, um die Herkunft der Ware von gleichen oder gleichartigen Erzeugnissen anderer Firmen zu unterscheiden, durfte die Beklagte ihre charakteristischen Merkmale auch aus ästhetischen Gründen nicht übernehmen. Sie muss sich wiederum entgegenhalten lassen, dass es möglich und zumutbar gewesen wäre, eine andere Gestaltung zu wählen, um ihr Angebot von demjenigen der Klägerin zu unterscheiden und der Gefahr von Verwechslungen vorzubeugen (vgl. BGE 82 II 353 und 362 Nr. 48, 61 II 387, BGE 58 II 454, BGE 37 II 175).
b) Aus BGE 90 IV 174 kann die Beklagte nichts für sich ableiten. Gewiss wurde in diesem Entscheid ausgeführt, Hausfrauen wüssten aus Erfahrung, dass Formen und Farben der Verpackung nicht selten wechseln, so dass sie gewohnt seien, mehr auf die auf allen Verpackungen wiederkehrenden Wort- oder Bildzeichen eines bestimmten Herstellers zu achten, als
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auf die übrigen Merkmale der Verpackung; das habe zur Folge, dass die Formen und Farben der Ausstattung sich weniger im Gedächtnis einprägen und keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dass bei kombinierten Warenzeichen, insbesondere Wort/Bild-Marken, dem Bildbestandteil in der Regel entscheidende Bedeutung zukommt, weil dieser dem Durchschnittskäufer erfahrungsgemäss besser im Gedächtnis haften bleibt als ein Wort, wurde in der Rechtssprechung jedoch wiederholt hervorgehoben (vgl. statt vieler: BGE 95 II 194 E. 2 und 465 E. 1 mit Zitaten). Auch im vorliegenden Fall ist die Wirkung der streitigen Disch-Dosen vor allem dem originellen Bildteil zuzuschreiben, in dessen Farben sich die Warenbezeichnung und die Marke der Herstellerin harmonisch einfügen. Diesen Bildteil mit seinen auffallenden Farben hat die Beklagte aber durchwegs übernommen. Entgegen der Auffassung der Beklagten geht es auch nicht an, die zu vergleichenden Aufmachungen in ihre einzelnen Bestandteile zu zergliedern und diese gesondert zu betrachten (BGE 98 II 141 und BGE 90 IV 174 mit Zitaten). Es erübrigt sich daher, sich mit ihren Ausführungen zu einzelnen Teilen auseinanderzusetzen.
Das Vorgehen der Beklagten lässt sich auch nicht damit verharmlosen, dass es bloss um bildliche Beschaffenheitsangaben oder Angleichungen auf gleicher Grundfarbe gehe, welche die Klägerin nicht monopolisieren dürfe. Es handelt sich vielmehr um einen krassen Fall von Nachahmung, die offensichtlich in der Absicht unternommen worden ist, Käufer irrezuführen und aus dem Good-will der Klägerin Nutzen zu ziehen. Das braucht die Klägerin sich nicht gefallen zu lassen. Die Beklagte schweigt sich denn auch darüber aus, welche anderen Gründe sie veranlasst haben könnten, die Aufmachung der streitigen Disch-Dosen in so auffälliger Weise nachzuahmen.

Dispositif

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 13. Januar 1977 bestätigt.