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Chapeau

128 V 124


23. Urteil i.S. 1. H. und 2. L. gegen Personalvorsorgestiftung X. AG in Liquidation und Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden B 85/00 + 89/00 vom 14. Mai 2002

Regeste

Art. 52 et 73 al. 1 LPP: Compétence. Le tribunal compétent en matière de prévoyance professionnelle connaît des actions en responsabilité même lorsque l'état de fait s'est réalisé avant le 1er janvier 1997.
Art. 52 et 71 LPP; art. 49 ss OPP 2: Conditions de la responsabilité selon l'art. 52 LPP.
- L'illicéité en rapport avec le placement de capitaux de l'institution de prévoyance procède en premier lieu d'une violation des dispositions légales et réglementaires régissant le placement de la fortune.
- La responsabilité est déjà engagée par un comportement constitutif d'une négligence légère.
- Lorsque plusieurs membres d'un même organe sont tenus à réparation en raison d'une même faute, ils en répondent solidairement.
Art. 159 OJ: Dépens. Les institutions de prévoyance qui obtiennent gain de cause dans un procès en responsabilité ont droit à une indemnité de dépens.

Faits à partir de page 125

BGE 128 V 124 S. 125

A.- L. war seit 16. Juni 1988 Präsident und H. seit 9. September 1993 Mitglied des Stiftungsrates der Personalvorsorgestiftung der X. AG. Per Ende 1993 betrugen die ungesicherten Anlagen bei den beiden Arbeitgeberfirmen, der Y. AG und der Z. AG, Fr. 409'260.80 und damit rund 19% des Gesamtvermögens von Fr. 2'139'427.75. Im Februar 1994 gewährte die Personalvorsorgestiftung der Stifterfirma Y. AG ein Darlehen in Höhe von Fr. 100'000.-. In der Zeit vom 1. Juli 1993 bis zur Konkurseröffnung über die Y. AG am 1. April 1996 erhöhte sich ferner die Kontokorrentschuld um Fr. 55'811.-. Am 22. Mai 1996 meldete die Personalfürsorgestiftung im Konkurs der Stifterfirma eine Forderung von Fr. 474'034.20 an. Über diesen Betrag stellte ihr das Konkursamt am 16. Oktober 1997 einen Verlustschein aus.

B.- Am 27. August 1999 reichte die Personalvorsorgestiftung X. AG in Liquidation u.a. Klage gegen L. und H. beim Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden ein und machte Schadenersatz im Betrag von Fr. 155'811.- nebst Zins seit 1. April 1996 geltend. Mit Entscheid vom 21. Juni 2000 bejahte das Verwaltungsgericht seine Zuständigkeit und verpflichtete L. zur Bezahlung von Fr. 155'811.- und H. zur Bezahlung von Fr. 135'848.-, jeweils unter solidarischer Haftbarkeit bis zu letzterem Betrag sowie nebst Zins zu 5% seit 1. September 1999.

C.- H. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die Klage abzuweisen.
Die Personalvorsorgestiftung X. AG in Liquidation schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) bejaht in der Vernehmlassung die Zuständigkeit der Sozialversicherungsgerichtsbarkeit und enthält sich zur materiellen Frage der Verantwortlichkeit einer Stellungnahme. Der beigeladene L. verzichtet auf eine Vernehmlassung.

D.- L. reicht ebenfalls eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei auf die Klage nicht einzutreten. Eventuell sei die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Die Personalvorsorgestiftung X. AG in Liquidation lässt wiederum auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen. Das BSV verzichtet auf eine Vernehmlassung. Der beigeladene H. lässt die Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen.
BGE 128 V 124 S. 126

Considérants

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1. Da den beiden Verwaltungsgerichtsbeschwerden derselbe Sachverhalt zu Grunde liegt, sich die gleichen Rechtsfragen stellen und die Rechtsmittel den nämlichen vorinstanzlichen Entscheid betreffen, rechtfertigt es sich, die beiden Verfahren zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (BGE 123 V 215 Erw. 1, BGE 120 V 466 Erw. 1 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 127 V 33 Erw. 1, 157 Erw. 1, BGE 126 V 285 Erw. 1; POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. I, S. 343 unten f.).

2. Die beiden Beschwerdeführer stellen sich unter Berufung auf BGE 112 V 356 auf den Standpunkt, für die Beurteilung der Verantwortlichkeitsklage sei nicht die Sozialversicherungs-, sondern die Zivilgerichtsbarkeit zuständig.
Die Zuständigkeit des kantonalen und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nach Art. 73 Abs. 1 Satz 2 (in Kraft seit 1. Januar 1997) und Abs. 4 BVG ist offensichtlich gegeben. Die Zuweisung der Verantwortlichkeitsprozesse nach Art. 52 BVG durch Bundesgesetz vom 21. Juni 1996 an das Berufsvorsorgegericht per 1. Januar 1997 ist im Rahmen der Dringlichkeit dieser BVG-Revision (BBl 1996 I 571) zu betrachten: Auf dem Hintergrund der krisenbedingt zunehmenden Zahlungsunfähigkeiten von Vorsorgeeinrichtungen, deren angeschlossene Arbeitgeber den Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachzukommen vermochten, wurden die Leistungsgarantien des Sicherheitsfonds (Art. 56 BVG) auf die weitergehende (reglementarische) Vorsorge ausgedehnt (Art. 56 Abs. 1 lit. c BVG in der Fassung vom 21. Juni 1996). Gleichzeitig räumte der Gesetzgeber dem Sicherheitsfonds gegenüber Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit ein Verschulden trifft, ein Rückgriffsrecht ein (Art. 56a Abs. 1 BVG), betraute mit dessen Beurteilung das Gericht nach Art. 73 Abs. 1 Satz 2 BVG und fügte gleichzeitig in diesen ergänzten Satz die Zuständigkeit zur Entscheidung über Verantwortlichkeitsansprüche nach Art. 52 BVG ein. Die vom Bundesrat angestrebte prozessuale Vereinfachung der Durchsetzung von Verantwortlichkeits- und Rückgriffsansprüchen (BBl 1996 I 576) ist Bestandteil der als dringlich bezeichneten Gesetzesrevision. Daraus folgt, dass die beiden neu eingeführten Zuständigkeiten des Berufsvorsorgegerichts mit dem Inkrafttreten der Revision (1. Januar 1997) sofort anwendbar sein sollten. Anhaltspunkte für die von den Beschwerdeführern vertretene Auffassung, die neue Zuständigkeit erfasse nur Klagen aus nach dem 1. Januar 1997
BGE 128 V 124 S. 127
eingetretenen verantwortungs- oder rückgriffsrechtlich erheblichen Sachverhalten, sind nicht ersichtlich. Davon abgesehen geht es um eine punktuelle Änderung der Rechtspflegebestimmungen des BVG. Diese Änderung ist mit der Einführung der berufsvorsorgerechtlichen Spruchzuständigkeit im Rahmen der Einführung des BVG auf den 1. Januar 1985 nicht zu vergleichen, weshalb die Berufung des Beschwerdeführers H. (und ihm beipflichtend L.) auf BGE 112 V 356 nicht durchdringt. Gegenteils lässt sich, wie dargelegt, der Wille des Gesetzgebers erkennen, dass Verantwortlichkeitsstreitigkeiten nach Art. 52 BVG fortan durch das Berufsvorsorgegericht zu beurteilen seien, ein legislatorisches Regelungsziel, das noch während Jahren nicht erreicht worden wäre, wenn die zusätzlich geschaffene Rechtsprechungszuständigkeit des Berufsvorsorgerichters sich nicht auf haftungsbegründende Sachverhalte bezöge, die sich vor dem 1. Januar 1997 verwirklicht hatten.

3. Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

4. a) Nach Art. 52 BVG sind alle mit der Verwaltung, Geschäftsführung oder Kontrolle der Vorsorgeeinrichtung betrauten Personen für den Schaden verantwortlich, den sie ihr absichtlich oder fahrlässig zufügen. Diese Haftungsnorm, deren Anwendungsbereich sich auch auf die weitergehende Vorsorge erstreckt (Art. 49 Abs. 2 BVG; Art. 89bis Abs. 6 ZGB), kommt unabhängig von der Rechtsform der Vorsorgeeinrichtung (Art. 48 Abs. 2 BVG) zum Tragen (THOMAS GEISER, Haftung für Schäden der Pensionskassen: Überblick über die Haftungsregeln bei der 2. Säule, in: Mélanges en l'honneur de JEAN-LOUIS DUC, Lausanne 2001, S. 71). Sie räumt der geschädigten Vorsorgeeinrichtung einen direkten Anspruch gegenüber dem näher umschriebenen Kreis der haftpflichtigen Personen ein. Darunter fallen insbesondere die Organe der Vorsorgeeinrichtung, im vorliegenden Fall der Stiftungsrat (vgl. Art. 51 BVG). Diese Organeigenschaft kann wie im Rahmen der Verantwortlichkeitsvorschrift von Art. 52 AHVG (BGE 126 V 237 mit Hinweisen) auch eine bloss faktische sein (GEISER, a.a.O., S. 83; PIERRE-YVES GREBER,
BGE 128 V 124 S. 128
La responsabilité civile des personnes chargées de l'administration et de la gestion d'une institution de prévoyance, in: Konferenz der Geschäftsleiter von Personalversicherungen, 1986, S. 22; HELBLING/WYLER-SCHMELZER, Zur Verantwortlichkeit des Stiftungsrates: die Haftung des Stiftungsrates von Personalvorsorgestiftungen, in: Der Schweizer Treuhänder 2000 S. 11; KATHARINA ROHRBACH, Die Verteilung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten bei betrieblichen Personalvorsorgestiftungen, Diss. Basel 1983, S. 9 f.; anderer Auffassung MARCO LANTER, Die Verantwortlichkeit von Stiftungsorganen, Diss. Zürich 1984, S. 176). Neben der Zugehörigkeit zum Kreis der in Art. 52 BVG erwähnten Personen setzt die vermögensrechtliche Verantwortlichkeit als weitere kumulative Erfordernisse den Eintritt eines Schadens, Widerrechtlichkeit, Verschulden und einen Kausalzusammenhang voraus.
b) Die Organstellung des L., welcher seit 16. Juni 1988 als Präsident des Stiftungsrates der Beschwerdegegnerin amtete, ist ohne weiteres gegeben (vgl. Art. 51 BVG, Art. 83 und 89bis ZGB). Auch jene des Beschwerdeführers H., welcher ebenfalls als Arbeitgebervertreter im Stiftungsrat Einsitz genommen hatte, ist mit der Vorinstanz zu bejahen. Zunächst kommt es, so wenig wie im Bereich des Art. 52 AHVG, für die Begründung und Beendigung der formellen Organstellung nicht auf den Handelsregistereintrag an (vgl. statt vieler BGE 126 V 61 und 123 V 172). Ausschlaggebend ist vielmehr, wann die Organstellung effektiv begründet worden ist, was hier mit der Wahl an der Stiftungsratssitzung vom 9. September 1993 der Fall gewesen ist. Soweit in diesem Zusammenhang eine rechtsungleiche Behandlung mit Blick auf die vom kantonalen Gericht nicht für haftpflichtig erklärten eingeklagten Personen geltend gemacht wird, geht der Einwand fehl, da die drei Personen zwar an dieser Sitzung anwesend waren, ohne aber schon zu Stiftungsräten gewählt worden zu sein. Von diesem Gesichtspunkt der zur Passivlegitimation führenden formellen Organstellung abgesehen, ist aufgrund der aus den Akten sich ergebenden Befugnisse und Aufgaben des H. im Zusammenhang mit der Verwaltung der Vorsorgeeinrichtung davon auszugehen, dass H. längst faktische Organstellung hatte, bevor er auch formell zum Stiftungsrat gewählt worden ist.
c) Was die Haftungsvoraussetzung des Schadens betrifft, hat das kantonale Gericht für das Eidgenössische Versicherungsgericht in verbindlicher Weise festgestellt (vgl. Erw. 3 hievor), dass der Beschwerdegegnerin, ausgewiesen durch den Konkursverlustschein vom 16. Oktober 1997, unbestrittenermassen ein Schaden von
BGE 128 V 124 S. 129
Fr. 474'034.20 erwachsen ist. Davon hat die Beschwerdegegnerin den Betrag von Fr. 155'811.- (nebst Zins) eingeklagt, welcher sich aus der im Februar 1994 erfolgten Gewährung eines zusätzlichen Darlehens von Fr. 100'000.- an die ursprüngliche Stifterfirma, die Y. AG, und aus dem Anwachsenlassen der Kontokorrentausstände in der Folgezeit zusammensetzt. Unbegründet ist in diesem Zusammenhang der Einwand des H. in seiner Stellungnahme als Mitinteressierter, die Beschwerdegegnerin bringe in ihrer Vernehmlassung selbst vor, die Arbeitgeberfirma habe noch zweimal Fr. 30'000.- zurückbezahlt, wodurch sich die Kreditschuld von Fr. 100'000.- jedenfalls auf Fr. 40'000.- vermindert habe. Damit übersieht er, dass sich die Schuld der Stifterfirma bei ihrer Vorsorgeeinrichtung nicht nur auf die Gegenstand der Klage bildenden Fr. 100'000.- belief, sondern wegen der schon früher wiederholt gewährten Kredite im Betrag von über Fr. 200'000.- auf eine viel höhere Summe. Wenn die Beschwerdegegnerin in der Vernehmlassung ausführt, "der Kredit" sei um zweimal Fr. 30'000.- vermindert worden, so bezieht sich diese Feststellung auf den gesamten der Stifterfirma gewährten Kredit. Da diese weder vor noch nach dem am 1. April 1996 eröffneten Konkurs in der Lage war, die eingeklagten Fr. 100'000.- (Kredit) und Fr. 55'811.- (angewachsene Kontokorrentausstände mitsamt Nebenkosten) zurückzuzahlen, ist der Vorsorgeeinrichtung im Umfange dieser Beträge ein Schaden entstanden.
d) Als weitere Haftungsvoraussetzung ist ein widerrechtliches Verhalten der verantwortlichen Person erforderlich. Widerrechtlichkeit liegt vor, wenn die sich aus Gesetz und Verordnungen, aus der Stiftungsurkunde und den Reglementen, den Beschlüssen des Stiftungsrates, einem Vertragsverhältnis sowie den Weisungen der Aufsichtsbehörde ergebenden Pflichten, wozu auch die allgemeine Sorgfaltspflicht gehört, verletzt werden (DOMENICO GULLO, Die Verantwortlichkeit des Stiftungsrats in der Vorsorgeeinrichtung und die Delegation von Aufgaben, in: SZS 2001 S. 45; HELBLING/WYLER-SCHMELZER, a.a.O., S. 12; GREBER, a.a.O., S. 26 ff.). Im Bereich der Vermögensanlage besteht die Widerrechtlichkeit in erster Linie in einer Verletzung der gesetzlichen (Art. 71 BVG, Art. 49 ff. BVV 2) und reglementarischen Anlagevorschriften (vgl. Art. 49a BVV 2). Speziell Art. 50 BVV 2 bringt in Konkretisierung der allgemeinen Sorgfaltspflicht die bei der Vermögensanlage gebotene erhöhte Sorgfalt zum Ausdruck.
aa) Nach Art. 57 Abs. 1 BVV 2 (in der Fassung gemäss Ziff. I der Verordnung vom 1. Juni 1993, in Kraft seit 1. Juli 1993) darf das
BGE 128 V 124 S. 130
Vermögen, soweit es zur Deckung der Freizügigkeitsleistungen sowie zur Deckung der laufenden Renten gebunden ist, nicht ungesichert beim Arbeitgeber angelegt werden. Gerade im Hinblick auf die gefährlichen Auswirkungen, die sich aus den engen persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Vorsorgeeinrichtung und Arbeitgeber im Anlagebereich ergeben können (vgl. Mitteilungen des BSV über die berufliche Vorsorge Nr. 11 vom 28. Dezember 1988, Ziff. 65, und Nr. 25 vom 26. Juli 1993, Ziff. 155) ist mit der auf 1. Juli 1993 in Kraft gesetzten Revision von Art. 57 Abs. 1 BVV 2 die ungesicherte Anlage von Vorsorgegeldern beim Arbeitgeber auf die Höhe der ungebundenen Mittel begrenzt worden, d.h. auf das freie Stiftungskapital und die Arbeitgeber-Beitragsreserve (MARTIN TH. MARIA EISENRING, Die Verantwortlichkeit für Vermögensanlagen von Vorsorgeeinrichtungen, Diss. Zürich 1999, S. 162). Diesbezüglich weist die Beschwerdegegnerin in ihrer Vernehmlassung zu Recht darauf hin, dass bei ausstehenden Forderungen gegen die Stifterfirma von Fr. 291'760.- gemäss Jahresabschluss 1992 nur gerade Fr. 172'125.55 freie Stiftungsmittel bilanziert waren. Weil im Februar 1994 der revidierte Art. 57 Abs. 1 BVV 2 schon in Kraft war (seit 1. Juli 1993), da ferner die Stiftungsverantwortlichen noch nicht über den Jahresabschluss 1993 verfügten, fiel, wie in der Vernehmlassung ebenfalls richtig bemerkt wird, eine weitere Kreditvergabe schlechthin ausser Betracht. Denn die Stiftungsräte durften nicht davon ausgehen, dass sich das Verhältnis von ausstehenden Forderungen gegen den Arbeitgeber und das freie Stiftungskapital seit 31. Dezember 1992, dem letzten im Februar 1994 vorliegenden Jahresabschluss, wesentlich verbessert hätte. Ein Verstoss gegen diese (und, wie nachfolgend zu zeigen sein wird, andere) Anlagevorschriften der BVV 2 erfüllt jedenfalls die Widerrechtlichkeit als Haftungsvoraussetzung nach Art. 52 BVG (vgl. auch EISENRING, a.a.O., S. 193 Fn 1011 unter Hinweis auf BGE 110 II 394 Erw. 2).
bb) Zweitens ist Art. 57 Abs. 2 BVV 2 zu beachten, wonach ungesicherte Anlagen beim Arbeitgeber 20% des Vermögens nicht übersteigen dürfen (Fassung gemäss Ziff. I der Verordnung vom 28. Oktober 1992, in Kraft seit 1. Januar 1993 [AS 1992 2234]). Es handelt sich hiebei um eine zusätzlich zur Begrenzung nach Art. 57 Abs. 1 BVV 2 zu beachtende Anlagevorschrift (EISENRING, a.a.O., S. 162).
Das kantonale Gericht hat in Übereinstimmung mit der Aktenlage für das Eidgenössische Versicherungsgericht verbindlich festgestellt
BGE 128 V 124 S. 131
(Erw. 3 hievor), dass die Anlage der Vorsorgemittel bei den beiden Arbeitgeberfirmen per 31. Dezember 1993 als ungedeckte Forderungen 19% des Gesamtvermögens erreichten (Fr. 409'260.- von Fr. 2'139'427.-). Ende 1994 betrug die ungedeckte Forderung 21,6%, resultierend aus dem Verhältnis von Fr. 651'575.10 (Bericht Treuhand A. AG vom 8. Juni 1995) zu Fr. 3'014'221.20 (gemäss Schlussbilanz per 31. Dezember 1994), wobei, entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers L., auch die Anlagen bei der zweiten Arbeitgeberin, der Z. AG, mit zu berücksichtigen sind. Dass bei diesen Verhältnissen mit der Erhöhung des Kredites um Fr. 100'000.- im Februar 1994 die 20% Grenze nicht überschritten worden sein sollte, ist von vornherein höchst unwahrscheinlich. Zwar sind wohl, wie der Beschwerdeführer H. an sich richtig bemerkt, in den Monaten Januar und Februar 1994 erfolgte Rückzahlungen von je Fr. 22'000.- seitens der Y. AG auf dem Kontokorrent ausgewiesen. Dabei übersieht er aber, wie die Beschwerdegegnerin zu Recht einwendet, dass in den gleichen zwei Monaten die aufgrund der laufenden Vorsorgeverhältnisse - bei einem Jahresprämienvolumen von Fr. 334'053.- - geschuldeten BVG-Zahlungen von monatlich 2 x Fr. 27'837.70 zu Buche schlugen. Diese Gegebenheit wird durch H. in seiner Stellungnahme als Mitinteressierter in der Beschwerdesache L. nicht entkräftet. Selbst wenn es sich aber, wie die Beschwerdeführer - unbelegt - behaupten, so verhielte, dass die ungesicherten Anlagen bei den Arbeitgeberfirmen die 20% Grenze Ende Februar 1994 rechnerisch so weit unterschritten, dass eine weitere Kreditvergabe in Betracht gefallen wäre, müsste die erfolgte Krediterhöhung um weitere Fr. 100'000.- an die eine Stifterfirma als rechtswidrig betrachtet werden. Denn es steht fest, was seitens der Beschwerdeführer ausdrücklich eingeräumt wird, dass die Stiftungsräte damals (Februar 1994) subjektiv nicht wussten, noch wissen konnten, ob dennoch Spielraum für die Vergabe eines weiteren Kredites an die Arbeitgeberfirma bestand, da der entsprechende Bericht der Kontrollstelle vom 12. August 1994 damals noch nicht verfügbar war. Gerade weil aber die Verantwortlichen im Moment der Krediterhöhung sich über die tatsächliche Situation keine Rechenschaft geben konnten, durften sie angesichts der Ende 1993 bereits bei 19% liegenden Anlagequote der Kreditvergabe von Fr. 100'000.- nicht zustimmen.
cc) Nach Art. 58a BVV 2 in der Fassung der Verordnung vom 1. Juni 1993, in Kraft seit 1. Juli 1993 (AS 1993 1881), muss die Vorsorgeeinrichtung ihrer Aufsichtsbehörde innert drei Monaten
BGE 128 V 124 S. 132
nach dem vereinbarten Fälligkeitstermin melden, wenn reglementarische Beiträge noch nicht überwiesen sind (Abs. 1). Bevor die Vorsorgeeinrichtung beim Arbeitgeber Mittel ungesichert neu anlegt, die nicht zweifelsfrei nach Art. 57 Abs. 1 und 2 BVV 2 auf diese Weise angelegt werden dürfen, muss sie ihrer Aufsichtsbehörde von dieser Neuanlage mit ausreichender Begründung Meldung erstatten (Abs. 2). Wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, liegt auch eine Verletzung dieser verordnungsmässigen Meldepflicht vor.
dd) Die beiden Stiftungsräte haben demnach mit der im Februar 1994 gewährten Krediterhöhung an die Stifterfirma und dem Anwachsenlassen der Kontokorrentausstände mehrfach gegen die Anlagevorschriften der BVV 2 verstossen und damit widerrechtlich gehandelt.
e) In verschuldensmässiger Hinsicht genügt im Rahmen von Art. 52 BVG leichte Fahrlässigkeit (Amtl.Bull. 1980 S 295; JÜRG BRÜHWILER, Die betriebliche Personalvorsorge in der Schweiz, Bern 1989, S. 403; GEISER, a.a.O., S. 76; GREBER, a.a.O., S. 38; HELBLING/WYLER-SCHMELZER, a.a.O., S. 16). Leichte Fahrlässigkeit liegt bei geringfügiger Verletzung der erforderlichen Sorgfalt vor (HEINZ REY, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 2. Aufl., Zürich 1998, Rz. 863), das heisst, wenn vom Sorgfaltsmassstab, den ein gewissenhafter und sachkundiger Stiftungsrat in einer vergleichbaren Lage bei der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben beachten würde, abgewichen wird (GULLO, a.a.O., S. 45 f.; HELBLING/WYLER-SCHMELZER, a.a.O., S. 16; vgl. auch CARL HELBLING, Personalvorsorge und BVG, 7. Aufl., Bern 2000, S. 610). Was als (leichte oder grobe) Fahrlässigkeit anzusehen ist, muss im Einzelfall nach richterlichem Ermessen verdeutlicht werden; die Beantwortung der Frage beruht auf einem Werturteil (BGE 103 Ia 502 f. Erw. 7 und BGE 123 III 112 Erw. 3a betreffend Adäquanz; OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Bd. I, 5. Aufl., Zürich 1995, § 5 Rz 95 f., § 14 Rz 13-16).
Von einer leichten Fahrlässigkeit kann im vorliegenden Fall jedoch ohnehin nicht gesprochen werden. Es liegt vielmehr eine grobe Pflichtwidrigkeit vor, indem die beiden Stiftungsräte als Arbeitgebervertreter offensichtlich im Banne der Interessenwahrung für die Stifterfirma standen und die ihnen im Rahmen der paritätischen Verwaltung auferlegte Pflicht zu einer selbstständigen, unabhängigen Beurteilung der finanziellen Situation nur ungenügend wahrnahmen und gegen verschiedene elementare Anlagevorschriften im Bereich der beruflichen Vorsorge verstiessen.
BGE 128 V 124 S. 133
f) Zwischen dem eingetretenen Schaden und dem pflichtwidrigen Verhalten der verantwortlichen Organe muss ferner der adäquate Kausalzusammenhang (zum Begriff BGE 125 V 461 Erw. 5a mit Hinweisen) gegeben sein. Diese Voraussetzung ist ebenfalls erfüllt. Hätten die beiden Stiftungsräte die erwähnten Anlagevorschriften beachtet und die Fr. 100'000.- nicht gesprochen, so wäre der Gesamtschaden entsprechend tiefer ausgefallen. Das Gleiche gilt sinngemäss für den zweiten eingeklagten Schadensposten, da sie bei rechtzeitigem Einschreiten das weitere Anwachsen der Kontokorrentausstände hätten verhindern können.
g) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das kantonale Gericht zu Recht sämtliche Haftungsvoraussetzungen bejaht und die beiden Beschwerdeführer verpflichtet hat, der Vorsorgeeinrichtung Schadenersatz zu leisten im jeweils festgesetzten, im letztinstanzlichen Verfahren in betraglicher Hinsicht nicht bestrittenen Umfang. Die beiden für grobfahrlässige Schadenszufügung Verantwortlichen gehören dem gleichen Organ innerhalb des in Art. 52 BVG erwähnten Kreises der Haftpflichtigen an. Wie das kantonale Gericht zutreffend ausgeführt hat, haften sie damit solidarisch für denselben Schaden (EISENRING, a.a.O., S. 213; GEISER, a.a.O., S. 78; HELBLING, a.a.O., S. 610; HELBLING/WYLER-SCHMELZER, a.a.O., S. 11; LANTER, a.a.O., S. 214; ISABELLE VETTER-SCHREIBER, Staatliche Haftung bei mangelhafter BVG-Aufsichtstätigkeit, Diss. Zürich 1996, S. 231). Ob bei unterschiedlichem Verschulden mehrerer Ersatzpflichtiger des gleichen Organs analog Art. 759 Abs. 1 OR eine differenzierte Solidarität in Betracht kommt (vgl. dazu ROHRBACH, a.a.O., S. 86 ff.), kann im vorliegenden Fall ebenso offen bleiben wie die Frage, wie es sich bei verschiedenen Organen verhält (vgl. dazu die Entstehungsgeschichte des Art. 52 BVG [Amtl.Bull. 1980 S 295] und GREBER, a.a.O., S. 11 ff.).

5. a) Da es nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen geht, ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Die Beschwerdeführer haben als unterliegende Parteien die Gerichtskosten zu bezahlen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG).
b) Hinsichtlich der Parteientschädigung (Art. 159 OG), ist vom Grundsatz auszugehen, dass die Vorsorgeeinrichtung als mit der Durchführung öffentlicher Aufgaben betraute Institution im Obsiegensfall grundsätzlich keine Parteientschädigung beanspruchen kann. Davon ist nach der Rechtsprechung abzuweichen, wenn das Verhalten der Gegenpartei leichtsinnig oder mutwillig ist (BGE
BGE 128 V 124 S. 134
BGE 126 V 150 Erw. 4b). Davon kann im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden, auch wenn einzelne der von den Beschwerdeführern vorgetragenen Argumente trölerischen Charakter haben. Hingegen hat die Rechtsprechung zum fehlenden Parteientschädigungsanspruch - wie in den anderen Sozialversicherungszweigen auch - stets Ausnahmen vorbehalten, wenn die besondere Art des Prozesses die Zusprechung von Parteikosten rechtfertigt. Eine solche Ausnahme ist für den Haftungsprozess nach Art. 52 BVG zu bejahen. Es ist einer Vorsorgeeinrichtung nicht zuzumuten, ihre Anwaltskosten selbst tragen zu müssen, welche sie auf sich nehmen musste, um Ersatz von jenen zu bekommen, welche sie geschädigt haben. Was für das Krankenversicherungsrecht im Rahmen des Prozesses betreffend Honorarrückforderungen der Kassen aus unwirtschaftlicher Behandlungsweise des Leistungserbringers gilt (BGE 119 V 456 Erw. 6b mit Hinweisen; SVR 1995 KV Nr. 40 S. 125 Erw. 5b), hat seine Richtigkeit auch für den Verantwortlichkeitsprozess nach Art. 52 BVG.

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Etat de fait

Considérants 1 2 3 4 5

références

ATF: 112 V 356, 123 V 215, 120 V 466, 127 V 33 suite...

Article: Art. 52 et 73 al. 1 LPP, Art. 57 Abs. 1 BVV 2, Art. 52 et 71 LPP, art. 49 ss OPP 2 suite...