142 V 325
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Chapeau
142 V 325
36. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Atupri Krankenkasse gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
9C_667/2015 vom 7. Juni 2016
Regeste
Art. 32 al. 1, art. 34 al. 1 et art. 52 al. 1 let. b LAMal ; art. 71a al. 1 let. a et b ainsi qu'art. 73 OAMal; prise en charge des coûts d'un médicament qui figure sans limitation dans la liste des spécialités et est délivré à un dosage plus élevé que celui agréé par Swissmedic (Off-Label-Use).
Conditions pour la prise en charge des coûts d'un médicament utilisé à un dosage différent de celui approuvé selon les règles régissant l'homologation (consid. 2). Examen correspondant en ce qui concerne la préparation Sumatriptan-Mepha figurant dans la liste des spécialités comme anti-migraineux dans le cas d'un assuré souffrant d'une algie vasculaire de la face ("Cluster Headache"; consid. 3 et 4).
A. Der 1977 geborene A. ist bei der Atupri Krankenkasse (nachfolgend: Atupri) obligatorisch krankenpflegeversichert. Mit Verfügung vom 30. Dezember 2013 erklärte sich die Atupri bereit, für die Behandlung der Cluster-Kopfschmerzen des Versicherten die Kosten des Medikaments Sumatriptan-Mepha im Rahmen der Maximaldosierung gemäss behördlicher Zulassung (12 mg täglich) zu übernehmen. Die Kosten des Präparats Relpax sowie allfälliger weiterer Triptane würden demgegenüber "nicht gleichzeitig zur Anwendung von Sumatriptan-Mepha" erstattet. Auf Einsprache hin, der Berichte des behandelnden Arztes Dr. med. B., Neurologie FMH, Zentrum C., vom 5. Februar 2014 sowie der Frau PD Dr. med. D., Oberärztin, Klinik für Neurologie, Spital E., vom 24. April 2014 beilagen und in welcher auf ein bereits im Vorfeld eingereichtes Gutachten des Prof. Dr. med. F., Spezialarzt FMH für Neurologie, vom 24. Februar 2006 verwiesen wurde, holte der Krankenversicherer seinerseits u.a. ein zuhanden der Invalidenversicherung erstelltes Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) Ostschweiz vom 1. Dezember 2005 und einen Bericht des Prof. Dr. med. G., Facharzt für Neurologie FMH, vom 19. Januar 2015 ein. Gestützt darauf wies die Atupri die Einsprache mit der Feststellung ab, dass sie sowohl die
BGE 142 V 325 S. 327
Übernahme der Kosten der Medikamente Sumatriptan-Mepha und Relpax ausserhalb der Swissmedic-Zulassung als auch eine Ausdehnung der Kostengutsprache auf allfällige weitere Triptane ablehne; letztere müssten jeweils konkret beurteilt werden, sobald sie verordnet oder abgegeben worden seien (Einspracheentscheid vom 6. März 2015).
B. Die dagegen erhobene Beschwerde, mit der A. Berichte des Dr. med. B. vom 18. Januar 2015 und des PD Dr. med. H., Chefarzt Neurologie, Klinik I., vom 17. März 2015 hatte auflegen lassen, hiess das Obergericht des Kantons Schaffhausen, nachdem von Seiten der Atupri u.a. eine Stellungnahme ihres Vertrauensarztes Dr. med. J. vom 30. April 2015 eingereicht worden war, mit Entscheid vom 28. Juli 2015 in Aufhebung des angefochtenen Einspracheentscheids und der Verfügung der Atupri vom 30. Dezember 2013 teilweise gut. Es verpflichtete die Atupri, rückwirkend und weiterhin für A. die Kosten einer unlimitierten Anwendung des Medikaments Sumatriptan-Mepha (Injektionslösung) gemäss Verordnung des behandelnden Arztes zu übernehmen, solange keine adäquate alternative Behandlung zur Verfügung stehe. A. habe ferner ein Kopfschmerztagebuch zu führen und dieses regelmässig seinem behandelnden Arzt vorzuweisen. Für Relpax und weitere Triptane müsse keine Kostengutsprache geleistet werden.
C. Die Atupri führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids.
Während A. auf Abweisung der Beschwerde schliessen lässt, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
Aus den Erwägungen:
2.1 Die soziale Krankenversicherung gewährt Leistungen u.a. bei Krankheit (Art. 3 ATSG [SR 830.1]; Art. 1a Abs. 2 lit. a KVG). Im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung dürfen die Versicherer keine anderen Kosten als diejenigen für die Leistungen nach den Art. 25-33 KVG übernehmen (Art. 34 Abs. 1 KVG). Dazu zählen auch die Kosten für die Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen. Diese Leistungen umfassen u.a. die ärztlich verordneten Arzneimittel der
BGE 142 V 325 S. 328
Spezialitätenliste (SL; Art. 25 Abs. 1 und 2 lit. b sowie Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG). Voraussetzung für eine Kostenübernahme im Einzelfall ist neben der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung (Art. 32 Abs. 1 KVG), dass der Einsatz des Medikaments im Rahmen der von der Heilmittelbehörde (Swissmedic) genehmigten medizinischen Indikationen und Dosierungen (BGE 131 V 349) sowie gemäss den Limitierungen nach Art. 73 KVV (SR 832.102; zu deren Bedeutung: BGE 130 V 532 E. 3.1 S. 536; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts K 43/99 vom 22. Dezember 2000 E. 2d, in: RKUV 2001 Nr. KV 158 S. 155) erfolgt (BGE 136 V 395 E. 5.1 S. 398; Urteil 9C_785/2011 vom 25. April 2012 E. 2.1.1, in: SVR 2012 KV Nr. 20 S. 71).
2.2 Die Vergütungspflicht erstreckt sich nach Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG grundsätzlich nur auf Arzneimittel, die in der SL aufgeführt sind. Die SL zählt die pharmazeutischen Spezialitäten und konfektionierten Arzneimittel im Sinne einer Positivliste abschliessend auf (BGE 139 V 375 E. 4.2 S. 377 mit diversen Hinweisen). Aufgenommen werden nur Spezialitäten, für welche die Pharmahersteller oder Importeure einen Antrag stellen (BGE 139 V 375 E. 4.2 am Ende S. 377 mit Hinweis).
2.3 Kassenpflichtig sind pharmazeutische Spezialitäten des Weitern lediglich im Rahmen von Indikationen und Anwendungsvorschriften, die bei Swissmedic registriert sind (BGE 130 V 532 E. 5.2 S. 541 f.). Die Anwendung eines Arzneimittels ausserhalb der registrierten Indikationen und Anwendungsvorschriften macht dieses zu einem solchen "ausserhalb der Liste" bzw. zu einem "Off-Label-Use" und damit grundsätzlich zur Nichtpflichtleistung (BGE 139 V 375 E. 4.3 S. 377; BGE 136 V 395 E. 5.1 S. 398 f.; BGE 130 V 532 E. 3.2.2 S. 538 und E. 3.4 S. 540; Urteil 9C_785/2011 vom 25. April 2012 E. 2.1.2.1 mit Hinweisen, in: SVR 2012 KV Nr. 20 S. 71; zum Ganzen: LORIS MAGISTRINI, L'utilisation hors étiquette de médicaments et son remboursement par l'assurance-maladie, Jusletter vom 31. Januar 2011).
2.3.1 Nach der Rechtsprechung sind ausnahmsweise auch die Kosten von nicht in der SL aufgeführten Arzneimitteln und von Arzneimitteln der SL ausserhalb der registrierten Indikationen und Anwendungsvorschriften zu übernehmen. Voraussetzung ist, dass ein sogenannter Behandlungskomplex vorliegt oder dass für eine Krankheit, die für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Probleme nach sich ziehen kann,
BGE 142 V 325 S. 329
wegen fehlender therapeutischer Alternativen keine andere wirksame Behandlungsmethode verfügbar ist; diesfalls muss das Arzneimittel einen hohen therapeutischen (kurativen oder palliativen) Nutzen haben (BGE 139 V 375 E. 4.4 S. 378; BGE 136 V 395 E. 5.2 S. 399 mit Hinweisen; Urteil 9C_785/2011 vom 25. April 2012 E. 2.1.2.1 mit Hinweisen, in: SVR 2012 KV Nr. 20 S. 71; MAGISTRINI, a.a.O., Rz. 112 ff.).
2.3.2 Seit 1. März 2011 sind die Ausnahmetatbestände der "Übernahme der Kosten eines Arzneimittels der Spezialitätenliste ausserhalb der genehmigten Fachinformation oder Limitierung" in Anlehnung an die Rechtsprechung positivrechtlich in Art. 71a Abs. 1 KVV normiert.
2.3.2.1 Gemäss dessen lit. a besteht eine Leistungspflicht, wenn der Einsatz des Arzneimittels eine unerlässliche Voraussetzung für die Durchführung einer anderen von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommenen Leistung bildet und diese eindeutig im Vordergrund steht (Behandlungskomplex; vgl. BGE 130 V 532 E. 6.1 S. 544).
2.3.2.2 Der zweite, in lit. b geregelte Tatbestand ist gegeben, wenn vom Einsatz des Arzneimittels ein grosser therapeutischer Nutzen gegen eine Krankheit erwartet wird, die für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann, und wegen fehlender therapeutischer Alternativen keine andere wirksame und zugelassene Behandlungsmethode verfügbar ist. Die Frage, ob ein für die Kostenübernahme vorausgesetzter hoher therapeutischer Nutzen vorliegt, ist sowohl in allgemeiner Weise als auch bezogen auf den konkreten Einzelfall zu beurteilen (BGE 136 V 395 E. 6.4 und 6.5 S. 401 f.). Der Nachweis der allgemeinen Eignung, den angestrebten therapeutischen Nutzen zu erzielen, muss nach wissenschaftlichen Methoden erbracht werden (BGE 136 V 395 E. 6.5 S. 401 f. mit Hinweisen; Urteil 9C_572/2013 vom 27. November 2013 E. 4.3). Der Begriff des hohen therapeutischen Nutzens orientiert sich grundsätzlich an der gleichlautenden Voraussetzung für eine befristete Bewilligung nicht zugelassener Arzneimittel im Sinne von Art. 9 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (HMG; SR 812.21). Eine solche Zulassung setzt nach Art. 19 Abs. 1 lit. c der Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 22. Juni 2006 über die vereinfachte Zulassung von Arzneimitteln und die Zulassung von Arzneimitteln im
BGE 142 V 325 S. 330
Meldeverfahren (VAZV; SR 812.212.23) voraus, dass zumindest Zwischenergebnisse von (publizierten) klinischen Studien vorliegen, die darauf hinweisen, dass von der Anwendung ein grosser therapeutischer Nutzen zu erwarten ist (BGE 136 V 395 E. 6.5 S. 402 mit Hinweisen; Urteil 9C_785/2011 vom 25. April 2012 E. 2.1.2.2, in: SVR 2012 KV Nr. 20 S. 71). Es reichen sodann auch anderweitige veröffentlichte Erkenntnisse aus, die wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über die Wirksamkeit des in Frage stehenden Arzneimittels im neuen Anwendungsgebiet zulassen und auf Grund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlich hohen therapeutischen Nutzen besteht (vgl. GEBHARD EUGSTER, Die obligatorische Krankenpflegeversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Aufl. 2016, S. 535 Rz. 420). Es müssen in rechtlicher Hinsicht somit nicht bereits die (höheren) Voraussetzungen für eine Aufnahme in die SL erfüllt sein (BGE 136 V 395 E. 6.5 S. 402; Urteil 9C_550/2011 vom 23. März 2012 E. 6.1). Liegen keine derartigen klinischen Studien bzw. anderweitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die eine therapeutische Wirksamkeit nachweisen, so kann eine solche nicht bejaht werden mit dem blossen Hinweis darauf, dass im Einzelfall eine Wirkung eingetreten sei. Dies würde auf die blosse Formel "post hoc ergo propter hoc" hinauslaufen, was nicht angeht; denn eine Besserung kann auch spontan bzw. aus anderen Gründen eintreten (BGE 136 V 395 E. 6.5 S. 402; BGE 130 V 299 E. 5.2 S. 303). Entscheidend ist, dass für die Zulassung eines "Off-Label-Use" nicht jeglicher therapeutische Nutzen genügen kann, könnte doch sonst in jedem Einzelfall die Beurteilung des Nutzens an die Stelle der heilmittelrechtlichen Zulassung treten; dadurch würde das gesetzliche System der SL unterwandert (Urteil 9C_56/2008 vom 6. Oktober 2008 E. 2.3 mit Hinweisen, in: SVR 2009 KV Nr. 1 S. 1).
3. Zu prüfen ist, inwieweit aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung heraus Anspruch auf Vergütung der Kosten durch die Behandlung mit dem Medikament Sumatriptan-Mepha besteht.
3.1 Dabei ist zu Recht allseits unstrittig, dass das Präparat in der hier applizierten Verabreichungsform (Ampullen à 6 mg) als Migränemittel in der SL aufgeführt und der entsprechende Eintrag nicht mit einer Limitierung versehen ist (SL, Stand 1. Februar 2015, S. 75).
3.2 Im Arzneimittelkompendium der Schweiz finden sich unter dem Stichwort "IMIGRAN Inj Lös 6 mg/0,5ml (Sumatriptan)" u.a. folgende Einträge (www.compendium.ch [besucht am 30. Mai 2016]):
BGE 142 V 325 S. 331
"... Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten: Zur akuten Behandlung von Migräneanfällen mit oder ohne Aura. Die Injektionslösung ist auch zur akuten Behandlung von Cluster Headache (Graupelkopfweh) indiziert. Imigran darf nicht zur Prophylaxe von Migräne und Cluster Headache verwendet werden. Dosierung/Anwendung: Die empfohlene Dosis von Sumatriptan soll nicht überschritten werden. ... Injektionslösung: Empfohlen wird eine Injektion zu 6 mg. Falls der Patient auf die erste Dosis angesprochen hat, die Symptome jedoch wieder auftreten, kann innerhalb der nächsten 24 Stunden eine weitere Injektion zu 6 mg verabreicht werden, vorausgesetzt, dass mindestens 1 Stunde seit der 1. Injektion verstrichen ist. Die Maximaldosis für 24 Stunden beträgt 2 Injektionen (12 mg). Zusätzlich zu den beiden Injektionen sollen innerhalb dieser 24 Stunden keine anderen Darreichungsformen von Imigran verwendet werden. Hingegen ist es möglich, die zweite Injektion einmalig durch eine andere Darreichungsform (Filmtabletten, Nasal Spray, Suppositorien) in der jeweilig empfohlenen Dosierung zu ersetzen. ..." (vgl. auch BGE 131 V 349 E. 1.1 S. 350).
4.1 Während ein Behandlungskomplex gemäss Art. 71a Abs. 1 lit. a KVV offenkundig nicht vorliegt, ist das in Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV umschriebene Erfordernis einer schweren und chronischen Beeinträchtigung der Gesundheit angesichts der starken Ausprägung des Cluster-Kopfschmerzes (Cluster Headache) des Versicherten in Form von seit Jahren täglich mehrmals wiederkehrenden Anfällen erfüllt (vgl. dazu auch Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts K 100/04 vom 21. September 2005 E. 4, nicht publ. in: BGE 131 V 349, aber in: RKUV 2005 Nr. KV 349 S. 417). Der Rechtsstreit dreht sich daher im Wesentlichen um die Frage, ob bei Fehlen einer der Wirtschaftlichkeitskontrolle dienenden mengenmässigen Limitierung gemäss Art. 73 KVV (vgl. E. 2.1 am Ende hiervor) angesichts eines von Vorinstanz und Beschwerdegegner bejahten "grossen therapeutischen Nutzens" im Sinne von Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV Anspruch auf Vergütung der Kosten einer unlimitierten - "Off-Label-Use" - Anwendung des Medikaments gemäss der vom behandelnden Arzt verschriebenen Dosierung besteht oder ob, so der Rechtsstandpunkt der Beschwerdeführerin, die vom Hersteller empfohlene und von der Swissmedic genehmigte maximale Dosierung von zwei Injektionslösungen pro Tag (12 mg) einer weitergehenden gesetzlichen Vergütungspflicht entgegensteht.
BGE 142 V 325 S. 332
4.2 Ob ein therapeutischer Nutzen vorliegt, ist Tatfrage. Insoweit sind die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich ( Art. 97 und 105 BGG ). Ob ein bestimmter Nutzen als "gross" im Sinne der Rechtslage zu bezeichnen ist, stellt hingegen eine Rechtsfrage dar (BGE 136 V 395 E. 6.3 S. 401; vgl. nicht publ. E. 1 hiervor).
4.3.1 Die Vorinstanz ist insbesondere in Berücksichtigung der Berichte und Gutachten des Dr. med. B. vom 5. Februar 2014 und 18. Januar 2015, der Frau PD Dr. med. D. vom 24. April 2014, des Prof. Dr. med. F. vom 24. Februar 2006 und des PD Dr. med. H. vom 17. März 2015 zum Schluss gelangt, die Spezialisten seien sich dahingehend einig, dass es bei Cluster-Kopfschmerzen nicht zu einem Medikamentenübergebrauchs-Kopfschmerz kommen könne, dass kein Gewöhnungseffekt eintrete und dass auch bei längerfristiger hoher Dosierung von Sumatriptan-Mepha keine ernsthaften Nebenwirkungen zu befürchten seien. Diese Aussagen basierten zwar - so das kantonale Gericht im Weiteren - nicht auf eigentlichen wissenschaftlichen Studien, sondern hauptsächlich auf der Erfahrung der beigezogenen Spezialisten mit ihren Patienten, welche grösstenteils auch durch die Literatur gestützt würden. Der in der MEDAS-Expertise vom 1. Dezember 2005 angeregte, im Sinne eines wissenschaftlichen Beweises stationär durchzuführende Triptan-Entzug erscheine für den Versicherten nicht zumutbar. Er wäre mit den beschriebenen unerträglichen Schmerzen verbunden und ein daraus resultierender Nutzen sei angesichts der Stellungnahmen nicht nur des behandelnden Arztes Dr. med. B. sondern auch von PD Dr. med. H. als unwahrscheinlich einzustufen. Die einhelligen Meinungsäusserungen der Spezialisten müssten daher vorliegend als Beweis für die Wirksamkeit von höheren Dosen Sumatriptan-Mepha genügen. Dies gelte umso mehr, als im Rahmen eines "Off-Label-Use" weniger hohe Anforderungen an den Beweis der Wirksamkeit zu stellen seien als bei der Zulassung eines Medikaments.
4.3.2 Die Beschwerdeführerin bringt dagegen im Wesentlichen vor, die Vorinstanz verkenne bzw. lasse gänzlich unberücksichtigt, dass gemäss Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV der "grosse therapeutische Nutzen" die zentrale Voraussetzung für die ausnahmsweise Kostenübernahme im Rahmen eines "Off-Label-Use" bilde. Der im angefochtenen Entscheid mehrfach verwendete - und im Sinne des
BGE 142 V 325 S. 333
Nichtvorhandenseins negativer Wirkungen bejahte - Begriff der Wirksamkeit stelle nur einen Teil davon dar. Obwohl das in Frage stehende Medikament seit über zwanzig Jahren zugelassen sei und es sich beim Cluster Headache weder um eine neue noch um eine sehr seltene Erkrankung handle, zeige das kantonale Gericht keinen wissenschaftlichen Nachweis (in Form von mindestens erforderlichen Zwischenergebnissen klinischer Studien) für den therapeutischen Nutzen der bis zu zehnfachen Überschreitung der Maximaldosierung des Präparats auf. Liege jedoch kein Nachweis eines therapeutischen Nutzens vor, könne dieser erst recht nicht "gross" im Sinne der Verordnungsbestimmung sein. Ferner weckten die von der Vorinstanz als nicht beweiskräftig eingestuften Einschätzungen der MEDAS-Gutachter (vom 1. Dezember 2005), des Prof. Dr. med. G. (vom 19. Januar 2015) und des Vertrauensarztes Dr. med. J. (vom 30. April 2015) durchaus Zweifel an der Zweckmässigkeit und namentlich Wirksamkeit der vom Versicherten geforderten erhöhten Dosis an Sumatriptan-Mepha. Schliesslich könne für die hier zu beurteilende Konstellation nicht unbesehen auf das im Nachgang zu BGE 131 V 349 (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts K 100/04 vom 21. September 2005) erstellte und daher - auch bezüglich dessen generellen Aussagen und Verweise - auf die Verhältnisse des damaligen Falles fokussierende Gutachten des Prof. Dr. med. F. vom 24. Februar 2006 abgestellt werden.
4.4.1 Für die ausnahmsweise Übernahme der Kosten von Arzneimitteln der SL ausserhalb der registrierten Anwendungsvorschriften durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung bedarf es u.a. eines vom Einsatz des Medikaments zu erwartenden hohen bzw. grossen therapeutischen Nutzens. Ein diesbezüglicher Nachweis ist mittels publizierter klinischer Studien, die mindestens in Form von Zwischenergebnissen einen entsprechenden Schluss zulassen, oder anderweitiger veröffentlichter wissenschaftlicher Erkenntnisse zu erbringen. Eine Einzelfallbeurteilung mit dem Hinweis darauf, dass das fragliche Präparat Wirkung gezeigt habe, reicht dafür nicht (vgl. E. 2.3.2.2 hiervor). Die Vorinstanz räumt in ihren Erwägungen ein, die Wirksamkeit einer regelmässig erhöhten Dosierung des Präparats Sumatriptan-Mepha beim Beschwerdegegner sei nicht auf Grund von eigentlichen wissenschaftlichen Studien, sondern hauptsächlich basierend auf Meinungsäusserungen der involvierten Spezialisten, welche wiederum auf individuellen Erfahrungswerten beruhten, zu Art. 105 Abs. 2 BGG nicht abzustellen ist.
BGE 142 V 325 S. 334
bejahen. Diese müssten als Beweis ausreichen, da überdies im Rahmen der Prüfung eines "Off-Label-Use" geringere Anforderungen gälten als bei der Zulassung eines Medikaments. Dem ist zum einen entgegenzuhalten, dass die gerichtlichen Schlussfolgerungen in erster Linie gestützt auf die Angaben des langjährig behandelnden Neurologen (Dr. med. B.), eines vor über zehn Jahren im Rahmen eines anderweitigen Prozesses verfassten Gutachtens (Prof. Dr. med. F.) und eines im Laufe des Gerichtsverfahrens vom Versicherten konsultativ beigezogenen Arztes (PD Dr. med. H.) gezogen wurden. Selbst unter der Annahme, dass ärztliche Auskünfte fehlende wissenschaftliche Erkenntnisse der genannten Art im vorliegenden Kontext grundsätzlich zu substituieren vermöchten, kann den entsprechenden Unterlagen für die hier zu beurteilenden Belange nicht uneingeschränkte Beweiskraft beigemessen werden. Während mit Blick auf die Auskünfte des Dr. med. B. auf die Unterscheidung von Behandlungs- und Sachverständigenauftrag zu verweisen ist (vgl. statt vieler Urteil 9C_383/2015 vom 18. September 2015 E. 4.4 mit Hinweisen), entsprechen die gutachtlichen Ausführungen des Prof. Dr. med. F. vom 24. Februar 2006 nicht mehr dem aktuellen sachbezüglichen Wissensstand und ergingen zudem, auch hinsichtlich der generellen Aussagen und Verweise, bezogen auf den damaligen konkreten Einzelfall. Zu beachten ist überdies, dass andere beteiligte Fachärzte wie die MEDAS-Gutachter, Prof. Dr. med. G. und der Vertrauensarzt Dr. med. J. in ihren Einschätzungen erhebliche Zweifel an der Zweckmässigkeit und namentlich auch Wirksamkeit der vom Versicherten beanspruchten hohen Dosierung von Sumatriptan-Mepha geäussert haben. Von "einhelligen Meinungsäusserungen der Spezialisten" kann demnach nicht gesprochen werden, weshalb auf die entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen des kantonalen Gerichts infolge qualifizierter Unrichtigkeit im Sinne von Art. 97 Abs. 1 und
4.4.2 Sodann wird die Wirksamkeit der Dosen von Sumatriptan-Mepha, welche die zugelassene Anzahl von zwei Injektionen täglich über einen längeren Zeitraum hinweg beträchtlich überschreiten, im angefochtenen Entscheid zusammenfassend damit erklärt, dass keine negativen Wirkungen wie ein Medikamentenübergebrauchs-Kopfschmerz, eine Gewöhnung oder gravierende Nebenwirkungen ausgewiesen seien. Auch eine derartige Anwendung mindere die Wirksamkeit des Präparats demnach nicht. Die Vorinstanz übersieht dabei, dass der zu prüfende Ausnahmetatbestand des Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV
BGE 142 V 325 S. 335
insbesondere einen "grossen" therapeutischen Nutzen des Einsatzes des fraglichen Medikaments voraussetzt. Die von ihr bejahte Wirksamkeit allein - im Sinne eines blossen therapeutischen Nutzens - genügt diesem Erfordernis nicht (vgl. BGE 136 V 395 E. 6.10 S. 406), zumal sie, worauf die Beschwerdeführerin zutreffend hinweist, primär mit der Absenz negativer (Neben-)Wirkungen begründet wird. An diesem Ergebnis ändert nichts, dass in Bezug auf den Wirksamkeitsnachweis die (vereinfachten) Bedingungen über die befristete Bewilligung nicht zugelassener Arzneimittel gelten (Art. 9 Abs. 4 HMG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 lit. c VAZV; E. 2.3.2.2 hiervor). Zu berücksichtigen gilt es in diesem Zusammenhang mit der Beschwerdeführerin schliesslich auch, dass die Fachinformation bezüglich der Sumatriptan-Injektionen letztmals im September 2014 durch die Swissmedic überprüft worden war. Die Maximal-Dosierung von zwei Injektionen à 6 mg pro 24 Stunden wurde dabei unverändert übernommen (vgl. www.swissmedicinfo.ch [besucht am 30. Mai 2016]).
4.5 Entgegen der Betrachtungsweise der Beschwerdeführerin kann eine Leistungspflicht indessen auch nicht allein gestützt auf die von ihr beigebrachten medizinischen Unterlagen (Expertise der MEDAS vom 1. Dezember 2005, Bericht des Prof. Dr. med. G. vom 19. Januar 2015, Stellungnahme des Vertrauensarztes Dr. med. J. vom 30. April 2015) verneint werden. Insbesondere bestehen hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzung des grossen therapeutischen Nutzens der erhöhten Dosierung von Sumatriptan-Mepha verschiedene ungeklärte Fragen, welchen im Rahmen ergänzender medizinischer Vorkehren nachzugehen ist. In Anbetracht der äusserst hohen, unter Umständen bis ans Toxische reichenden Dosierung (die ihrerseits Schmerzen verursachen kann) bedarf der Beschwerdegegner eines ärztlich überwachten Behandlungsplanes. Zudem ist unklar, ob von einem erheblichen Risiko irreversibler Nebenwirkungen oder Spätfolgen (insbesondere Gefässverengungen) auszugehen ist. Eine Vergütung fortgesetzter Mehrfachapplikationen zu Lasten der Versicherung lässt sich alsdann nur vertreten, wenn daraus ein objektiv feststellbarer therapeutischer Effekt resultiert, und nicht nur eine subjektive Placebowirkung. Des Weitern wird zu prüfen sein, wie es sich mit der Notwendigkeit und Zumutbarkeit einer verschiedentlich empfohlenen Abklärung in stationärem Rahmen verhält (stationärer Aufenthalt zur Entzugstherapie [Triptane und Amphetamine; MEDAS-Gutachten vom 1. Dezember 2005, S. 14]; stationäre
BGE 142 V 325 S. 336
Abklärung und Therapieeinleitung [Bericht des Prof. Dr. med. G. vom 19. Januar 2015, S. 3]; Abklärung in einem stationären Setting [vertrauensärztliche Stellungnahme des Dr. med. J. vom 30. April 2015]). Schliesslich muss geklärt werden, ob die ärztlicherseits mehrfach erwähnte okzipitale Neuromodulation oder SPG-Stimulation eine in wirtschaftlicher, wirksamer und zweckmässiger Hinsicht gangbare Behandlungsalternative zur schmerzstillenden Bedarfsmedikation darstellte (vgl. Berichte des Dr. med. B. vom 30. Mai 2012 und 18. Januar 2015, der Frau PD Dr. med. D. vom 24. April 2014 sowie des PD Dr. med. H. vom 17. März 2015; vorinstanzlicher Entscheid, S. 16 unten f. E. 2.4.5).Weil die Sache insofern nicht spruchreif ist, geht sie zurück an die Beschwerdeführerin, damit diese ein medizinisches Administrativgutachten einhole, das sich nebst den aufgeführten Punkten auch zum aktuellen wissenschaftlichen Stand im Bereich der Sumatriptan-Mepha-Anwendung zu äussern hat. Danach wird sie erneut über ihre Leistungspflicht nach Massgabe des zum "Off-Label-Use" Gesagten befinden. (...)