Chapeau
149 III 93
13. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B.B. und C.B. (Revisionsgesuch)
4F_16/2022 vom 25. November 2022
Regeste
Art. 76 al. 1 et art. 121 ss LTF;
art. 395 al. 4 CPC; qualité pour former une demande de révision.
Qualité de l'arbitre unique pour former une demande de révision d'un arrêt du Tribunal fédéral par lequel celui-ci a réduit les honoraires dudit arbitre et l'a condamné au paiement de frais judiciaires conformément à l'art. 395 al. 4 CPC (consid. 1).
Faits à partir de page 93
A. B.B. (Kläger; Beschwerdeführer) und C.B. (Beklagter; Beschwerdegegner) standen sich in einem Schiedsverfahren gegenüber betreffend ein Kaufrecht an einer Liegenschaft. Als Einzelschiedsrichter amtete Rechtsanwalt A.
Am 26. August 2021 teilte der Beklagte dem Einzelschiedsrichter mit, dass eine aussergerichtliche Einigung gefunden worden sei. Daraufhin schrieb der Einzelschiedsrichter mit Verfügung vom 22. Dezember 2021 das Schiedsverfahren ab (Dispositivziffer 1). Die Verfahrenskosten (Schiedsrichterhonorar inkl. kanzellarischer Aufwand) setzte er auf total Fr. 96'600.- fest und auferlegte sie dem Kläger (Dispositivziffer 2.1).
BGE 149 III 93 S. 94
B. Dagegen erhob der Kläger Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht und beantragte insbesondere, Dispositivziffer 2.1 aufzuheben und die Verfahrenskosten des Schiedsverfahrens
ex aequo et bono auf Fr. 30'000.-, eventualiter auf einen angemessenen Betrag, herabzusetzen. Der Einzelschiedsrichter liess sich vernehmen und beantragte in seiner Vernehmlassung, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Mit Urteil 4A_30/2022 vom 3. Mai 2022 hiess das Bundesgericht die Beschwerde teilweise gut, soweit es darauf eintrat. Es hob die Dispositivziffer 2.1 der Abschreibungsverfügung des Schiedsgerichts vom 22. Dezember 2021 auf und fasste sie wie folgt neu:
"2.1 Die Verfahrenskosten (Schiedsrichterhonorar inkl. kanzellarischer Auslagen) werden auf total Fr. 30'000.00 festgesetzt und dem Kläger auferlegt."
Die Gerichtskosten von Fr. 3'500.- auferlegte es je hälftig dem Beschwerdeführer und dem Schiedsgericht. Ausserdem verpflichtete es den Beschwerdeführer, den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.- zu entschädigen.
Das Bundesgericht erachtete die auf total Fr. 96'600.- festgesetzten Verfahrenskosten als offensichtlich übersetzt und reduzierte sie auf Fr. 30'000.-, entsprechend dem Hauptantrag des Beschwerdeführers.
C. Der Einzelschiedsrichter, Rechtsanwalt A. (Revisionsgesuchsteller), ersucht mit Eingabe vom 13. Juli 2022 um Revision des Urteils des Bundesgerichts vom 3. Mai 2022. Er beantragt im Hauptpunkt, das Dispositiv des Urteils 4A_30/2022 neu wie folgt zu fassen:
"1. Das Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.- zu entschädigen."
Das Bundesgericht weist das Revisionsgesuch ab.
(Zusammenfassung)
Aus den Erwägungen:
1.1 Urteile des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (
Art. 61 BGG). Sie können mit keinem ordentlichen
BGE 149 III 93 S. 95
Rechtsmittel angefochten werden und eine nochmalige Überprüfung der einem Urteil des Bundesgerichts zu Grunde liegenden Streitsache ist grundsätzlich ausgeschlossen. Das Bundesgericht kann aber auf sein Urteil zurückkommen, wenn einer der in den
Art. 121-123 BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt.
Der Revisionsgesuchsteller beruft sich auf die Revisionsgründe nach
Art. 121 lit. b, Art. 121 lit. d und Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG. Auch im Übrigen sind die Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass (siehe aber sogleich E. 1.2).
1.2 Nähere Betrachtung erfordert jedoch die Legitimation des Revisionsgesuchstellers, mithin des Einzelschiedsrichters, der nicht Prozesspartei im Hauptverfahren war, sondern urteilende Instanz.
1.2.1 Der Revisionsgesuchsteller meint, der Gesetzestext ("Die Revision kann verlangt werden [...]") erlaube grundsätzlich jedermann, ein Revisionsgesuch zu stellen. Dem ist zu widersprechen. Nicht jedermann, sondern nur dazu Legitimierte können um Revision eines bundesgerichtlichen Urteils ersuchen (
BGE 144 I 214 E. 2.1).
1.2.2 Die Bestimmungen über die Revision im 7. Kapitel des BGG (
Art. 121 ff. BGG) regeln die Befugnis zur Einreichung eines Revisionsgesuchs (
qualité pour former une demande de révision) nicht explizit. Gemäss Bundesgericht knüpft die Legitimation zu einem Revisionsgesuch an die Beschwerdelegitimation an, respektive ist mit dieser identisch (
BGE 138 V 161 E. 2.5.2; CHRISTIAN DENYS, in: Commentaire de la LTF, 3. Aufl. 2022, N. 9 zu
Art. 121 BGG). Im vorliegenden Fall, in dem die Revision eines Bundesgerichtsurteils verlangt wird, mit dem über eine Beschwerde gegen einen nationalen Schiedsentscheid befunden wurde, ist demnach
Art. 76 BGG massgebend (
Art. 77 Abs. 2 BGG, der
Art. 76 BGG nicht ausschliesst; vgl. auch
BGE 143 III 578 E. 3.2.2.2).
Gemäss
Art. 76 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Zivilsachen berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), und durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. b). Das trifft in der Regel auf die Prozessparteien zu. Die desavouierte Vorinstanz ist hingegen nicht beschwerdelegitimiert (
BGE 141 II 161 E. 2.1 in fine;
BGE 140 V 321 E. 2.1.1 mit Hinweisen). Gleiches gilt in der nationalen Schiedsgerichtsbarkeit für das Schiedsgericht als urteilende Instanz.
BGE 149 III 93 S. 96
Entsprechend kommt die Befugnis zur Einreichung eines Revisionsgesuchs den Parteien des vorangehenden Verfahrens zu, nicht jedoch der Vorinstanz bzw. der urteilenden Instanz, sei dies ein staatliches Gericht, sei dies ein Schiedsgericht.
1.2.3 Es fragt sich, ob von dieser Regel eine Ausnahme zu machen ist, wenn das Bundesgericht in Gutheissung einer Rüge nach
Art. 393 lit. f ZPO das Schiedsrichterhonorar gestützt auf
Art. 395 Abs. 4 ZPO herabsetzt. Auch ein solcher Entscheid kann von Mängeln, die einen Revisionsgrund begründen, behaftet sein. Es wäre stossend, wenn diese nicht mittels Revision behoben werden könnten. Die Parteien des Hauptverfahrens haben aber regelmässig kein schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung, namentlich wenn das Honorar - wie
in casu - auf den von ihnen beantragten Betrag herabgesetzt wurde. Der Schiedsrichter hingegen, dem das Honorar gestützt auf das Schiedsrichtermandat persönlich zusteht und der durch eine Honorarkürzung daher direkt in seinen eigenen finanziellen Interessen beschnitten wird, ist von der Herabsetzung seines Honorars besonders berührt und hat als Dritter auch ein schutzwürdiges Interesse im Sinne von
Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG, da ihm die Aufhebung oder Änderung des diesbezüglichen Entscheids einen praktischen Nutzen bringt. Zudem kann das Schiedsgericht bei Gutheissung einer Beschwerde gestützt auf
Art. 393 lit. f ZPO mit den Kosten- und Entschädigungsfolgen belastet werden (Urteil 4A_30/2022 vom 3. Mai 2022 E. 5 mit Hinweisen). Auch dies kann persönliche Betroffenheit begründen.
Das bedeutet im vorliegenden Fall, dass die Befugnis des Einzelschiedsrichters zur Einreichung einer Revision gegen das Urteil des Bundesgerichts vom 3. Mai 2022 zu bejahen ist, soweit damit sein Honorar herabgesetzt wurde und ihm Gerichtskosten auferlegt wurden.
Auf das Revisionsgesuch ist mithin einzutreten.