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Chapeau
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65. Urteil vom 30. Oktober 1974 i.S. Derungs gegen Gemeinde St. Martin und Regierung des Kantons Graubünden.
Regeste
1. Liberté de la langue en tant que droit constitutionnel non écrit; compétence du canton de déterminer la langue dans laquelle l'enseignement est donné dans les écoles officielles; principe de la territorialité (consid. 2 a et b).
2. Pouvoir d'examen du Tribunal fédéral (consid. 3 a); interprétation non arbitraire du droit cantonal par les autorités cantonales (consid. 3 c).
3. Absence de violation de la liberté de la langue (consid. 4).
A.- Die Gemeinde St. Martin im bündnerischen Lugnez zählt rund 60 Einwohner, von denen die Mehrheit deutsch und etwa 20% romanisch sprechen. Der Unterricht in der im Gemeindeteil Lunschania gelegenen Schule wird durch einen Lehrer romanischer Muttersprache in deutscher Sprache erteilt. In den Schulen der rätoromanischen Nachbargemeinden Tersnaus und Uors wird in romanischer Sprache unterrichtet.
Die Familie des auf dem Hof St. Martin in der Gemeinde St. Martin als Landwirt tätigen Silvester Derungs spricht romanisch, wie das angeblich seit alters auf diesem Gehöft der im übrigen deutschen Valsergemeinde St. Martin der Fall ist. Als der älteste Sohn 1967 schulpflichtig wurde, schickte der Vater ihn nicht in die Schule der Wohngemeinde, sondern in jene von Tersnaus, damit er in seiner Muttersprache unterrichtet werde. Zunächst erhob die Gemeinde Tersnaus kein Schulgeld und die Gemeinde St. Martin übernahm die Kosten für die auswärtige Mittagsverpflegung. 1969 wurde der zweite, 1971 der dritte Sohn schulpflichtig. Sie besuchten ebenfalls die romanische Schule in der Nachbargemeinde. Die Gemeinde Tersnaus verlangte von 1969 an ein Schulgeld, ebenso von 1971 an die Gemeinde Uors, deren Schule ein Sohn des Silvester Derungs besuchte. Von 1969 an übernahm die Gemeinde St. Martin die Kosten für die auswärtige Verpflegung nicht mehr. Bis 1972 bezahlte Derungs Schulgeld und Mittagsverpflegung selber. Seither weigert er sich, den Gemeinden Tersnaus und Uors die Schulgelder zu entrichten.
B.- Im April 1973 stellte Derungs der Gemeinde St. Martin das Gesuch um Übernahme der Schulgelder und der Kosten für die auswärtige Verpflegung. Mit Beschluss vom 5. Mai 1973 lehnte die Gemeindebehörde das Begehren ab, teilte dem Gesuchsteller aber gleichzeitig mit, wenn seine Kinder die Schule in Lunschania besuchen würden, erhielten sie unentgeltlich Unterricht und Mittagsverpflegung.
Gegen diesen Gemeindebeschluss erhob Derungs Beschwerde beim Erziehungsdepartement des Kantons Graubünden, die am 7. Januar 1974 teilweise gutgeheissen wurde. Das Departement verpflichtete die Gemeinde Uors, das Schulgeld auf maximal Fr. 500.-- pro auswärtigen Schüler und Jahr anzusetzen und dem Rekurrenten allfällig zuviel bezahlte Beträge zurückzuerstatten oder mit Guthaben gegenüber dem Rekurrenten zu verrechnen. Im übrigen wies es die Beschwerde ab.
Den Entscheid des Erziehungsdepartements focht Derungs mit Verwaltungsbeschwerde bei der Regierung des Kantons Graubünden an. Er stellte das Begehren, für das Schuljahr 1972/73 sei er vom Schulgeld für die drei schulpflichtigen Kinder zu entlasten. Dieselbe Befreiung möge man ferner für das Schuljahr 1973/74 verfügen, wobei ab Herbst 1973 auch das
BGE 100 Ia 462 S. 464
Schulgeld für den vierten Knaben einbezogen werden sollte, der in diesem Zeitpunkt in die Schulpflicht eingetreten sei. Für das Schuljahr 1971/72 möge das bezahlte Schulgeld mindestens teilweise zurückerstattet werden, und es seien angemessene Rückerstattungen für die weiter zurückliegenden Schuljahre zu gewähren. Für die Schuljahre 1971 bis 1974 sollten ihm jene Betreffnisse der kantonalen Schulkinderfürsorge zugesprochen werden, deren Geltendmachung die Gemeinden zu seinem Nachteil unterlassen hätten.Die Regierung wies die Beschwerde am 20. Mai 1974 ab. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus: Grundsätzlich habe jedes Kind die Schule der Gemeinde zu besuchen, in der es sich mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters aufhalte. Der Schulort der Kinder Derungs sei die Gemeinde St. Martin. In der kleinen Gesamtschule Lunschania der Gemeinde St. Martin unterrichte seit Jahren ein romanischsprechender Lehrer aus Tersnaus. Er sei fähig und bereit, die Kinder Derungs solange deutsch und romanisch zu unterrichten, bis sie genügende Kenntnisse der deutschen Sprache hätten, um ausschliesslich dem Unterricht in dieser Sprache folgen zu können. Die Möglichkeit des unentgeltlichen Primarschulunterrichts bestehe somit am Schulort, obwohl die Muttersprache der Kinder romanisch sei. Zu weitern Leistungen könne die Gemeinde St. Martin nicht verpflichtet werden, zumal Art. 11 Abs. 2 des Bündner Schulgesetzes eine Kann-Vorschrift sei, die nicht extensiv interpretiert werden dürfe. Der Schulbesuch in den Nachbargemeinden könne nicht mit Sprachschwierigkeiten begründet werden. Der Grund liege in persönlichen Verhältnissen. Die Nachbargemeinden Uors und Tersnaus könnten nicht gezwungen werden, die Kinder Derungs in ihre Schulen aufzunehmen. Die Aufnahme erfolge freiwillig, weshalb das Erziehungsdepartement keine Möglichkeit gehabt habe, das Schulgeld der Gemeinde Uors auf das in Graubünden übliche Minimum pro auswärtigen Schüler und Jahr anzusetzen. Mit dem Antrag betreffend Ersatz der Kosten für die auswärtige Verpflegung der Kinder Derungs durch die Gemeinden Uors und Tersnaus habe sich die Regierung in diesem Verfahren nicht zu beschäftigen, da es sich um eine Erweiterung des erstinstanzlichen Rekursbegehrens handle.
C.- Gegen diesen Entscheid führt Silvester Derungs gestützt
BGE 100 Ia 462 S. 465
auf die Art. 4, 27 Abs. 2 und 116 Abs. 1 BV staatsrechtliche Beschwerde. Er verlangt die Aufhebung des Entscheids und bestimmte Anordnungen des Bundesgerichts. Auf die Begründung der Beschwerde ist, soweit nötig, in den folgenden Erwägungen einzugehen.
D.- Die Regierung des Kantons Graubünden beantragt Abweisung der Beschwerde. Die Gemeinde St. Martin stellt sinngemäss den gleichen Antrag.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
2. a) Nach Lehre und Rechtsprechung gehört die Sprachenfreiheit, d.h. die Befugnis zum Gebrauch der Muttersprache, zu den ungeschriebenen Freiheitsrechten der Bundesverfassung (BGE 91 I 485; FLEINER/GIACOMETTI, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, S. 390 ff.; AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, I N 31 l'II N 1754; SCHÄPPI, Der Schutz sprachlicher und konfessioneller Minderheiten im Recht von Bund und Kantonen, Diss. Zürich 1971. S. 55 ff.). Soweit die Muttersprache zugleich eine der Nationalsprachen des Bundes ist, stellt die Sprachenfreiheit zudem die Grundlage für die Erhaltung der Sprachgebiete in der Schweiz dar, die Gegenstand des Art. 116 BV bildet. Die in Abs. 1 dieser Verfassungsvorschrift enthaltene Garantie des Fortbestands der vier Nationalsprachen wäre undenkbar, wenn der Gebrauch dieser Sprachen in ihrem Geltungsbereich nicht gewährleistet wäre. Der Art. 116 BV garantiert die Sprachenfreiheit allerdings nicht selbst; er setzt sie vielmehr voraus und zieht ihr im öffentlichen Interesse gewisse Schranken (BGE 91 I 486).
Die Kompetenz zur Ordnung des Sprachengebrauchs Privater steht den Kantonen zu. Das ergibt sich aus Art. 116 Abs. 2 BV, der nur die Amtssprachen der Bundesbehörden festlegt (FLEINER/GIACOMETTI, a.a.O. S. 395; THILO, FJS 301 S. 2 f.; SCHÄPPI, a.a.O. S. 60 ff.; anderer Meinung: BERNHARD, Die Sprachen und der Aufbau schweizerischer Gemeinwesen, in Europa Ethnica, Heft 11970 S. 4). In der öffentlichen Schule wird der Unterricht in der Regel in der Amtssprache des Einzugsgebiets erteilt. Die Befugnis, die Unterrichtssprache festzulegen, ist in dieser Hinsicht bereits in der allgemeinen Zuständigkeit des Kantons zur Bestimmung seiner Amtssprache enthalten (BGE 911 487).
BGE 100 Ia 462 S. 466
b) Das Sprachenrecht der Schweiz wird vom sogenannten Territorialitätsprinzip beherrscht. Darnach dürfen im Interesse des Sprachfriedens die überlieferten Grenzen der Sprachgebiete und Sprachinseln nicht, jedenfalls nicht bewusst verschoben werden (VEB 1956 S. 58; HEGNAUER, Das Sprachenrecht der Schweiz, Diss. Zürich 1947 S. 261 ff.; GIAN-RETO GIERE, Die Rechtsstellung des Rätoromanischen in der Schweiz, Diss. Zürich 1956, S. 56; SCHÄPPI, a.a.O. S. 59 f.). In der Gemeinde, in der nur eine Sprache gesprochen wird oder die weitaus grösste Mehrheit die nämliche Muttersprache hat, wird der Unterricht regelmässig in dieser Sprache erteilt. Ob in grossen Ortschaften mit einer starken sprachlichen Minderheit eine Pflicht des Gemeinwesens bestehen könnte, eine öffentliche Schule einzurichten, in der die Schüler der Minderheit in ihrer Sprache unterrichtet werden, mag dahingestellt bleiben. Sicher kann die kleine Gemeinde St. Martin, deren Bevölkerung zum weitaus grössten Teil deutsch spricht, nicht verhalten werden, neben ihrer kleinen Gesamtschule, in der deutsch unterrichtet wird, auch Klassen zu führen, in welchen der Unterricht in romanischer Sprache erteilt wird. Der Beschwerdeführer selber behauptet das mit Recht nicht.
Derungs verlangt vielmehr, es sei ihm das Schulgeld für den Besuch der romanischen Schule durch seine Kinder in den Nachbargemeinden zu erlassen und es seien die Kosten für die auswärtige Mittagsverpflegung der Kinder vom Gemeinwesen zu übernehmen.
3. a) Ob der Beschwerdeführer für Schulgeld und Mittagsverpflegung der Kinder selber aufzukommen hat, bestimmt sich zunächst nach kantonalem Recht. Dessen Anwendung kann das Bundesgericht grundsätzlich nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür überprüfen. Anders wäre es bloss, wenn sich der Eingriff in das Grundrecht der Sprachenfreiheit besonders einschneidend auswirken würde. Das ist nicht der Fall. Die Kinder des Beschwerdeführers hätten die Möglichkeit, den Schulunterricht in St. Martin unentgeltlich zu besuchen, wobei sie der Lehrer romanischer Muttersprache solange in romanischer und deutscher Sprache unterrichten würde, bis sie dem Unterricht in dieser Sprache zu folgen vermöchten. Auf ihre Muttersprache würde also weitgehend Rücksicht genommen. Es bedeutet keinen besonders schweren Eingriff in die Sprachenfreiheit, dass dem Beschwerdeführer
BGE 100 Ia 462 S. 467
dann, wenn er es vorzieht, die Kinder in romanische Schulen der Nachbargemeinden zu schicken, die Übernahme des Schulgeldes und der Kosten für die Mittagsverpflegung zugemutet wird. Im Bereich der Sprachenfreiheit wird es wohl ohnehin nur selten zu besonders schweren Eingriffen kommen (BGE 91 I 488). Die Auslegung des kantonalen Gesetzes- und Verordnungsrechts hat das Bundesgericht demnach im zu beurteilenden Fall nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür zu überprüfen. Erweist es sich, dass die Regierung bei Anwendung des kantonalen Rechts nicht in Willkür verfiel, so prüft das Bundesgericht hernach frei, ob bei dieser Anwendung des kantonalen Rechts das in Frage stehende Grundrecht, d.h. die Sprachenfreiheit, gewahrt ist.b) Der Beschwerdeführer beklagt sich darüber, dass er die Kosten für die auswärtige Verpflegung seiner Kinder selber zu tragen hat. Die Regierung führte im angefochtenen Entscheid aus, mit dem Antrag betreffend Ersatz der Kosten für die auswärtige Verpflegung habe sich die Beschwerdeinstanz nicht zu befassen, da es sich um eine Erweiterung des erstinstanzlichen Rekursbegehrens handle. Derungs könnte in diesem Punkt mit seiner Beschwerde nur mit der Begründung durchdringen, es verstosse gegen Art. 4 BV, dass sich die Regierung nicht mit diesem Antrag beschäftigte. Eine solche Rüge erhebt er aber nicht. Vielmehr begründet er die Beschwerde so, wie wenn die Regierung in diesem Punkt auf seinen Antrag eingetreten wäre. Da der Beschwerdeführer nicht dartut, dass es die Regierung in Verletzung des Art. 4 BV ablehnte, auf den die Verpflegungskosten betreffenden Antrag einzutreten, erweist sich die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet.
c) Nach Art. 11 Abs. 1 des Bündner Schulgesetzes hat jedes Kind die Schule der Gemeinde zu besuchen, in der es sich mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters dauernd aufhält. Nach Abs. 2 kann ein Kind auf Gesuch hin in die Schule einer Nachbargemeinde aufgenommen werden, wenn der Schulbesuch wesentlich erleichtert wird. Die beteiligten Gemeinden einigen sich über ein allfälliges Schulgeld, das in der Regel die Wohngemeinde des Kindes entrichtet. In Streitfällen entscheidet das Erziehungsdepartement über Zuweisung und Schulgeld. Art. 12 der Vollziehungsverordnung zum Schulgesetz (VV) lautet:
BGE 100 Ia 462 S. 468
"Das Gesuch um Zulassung zur Schule in einer Nachbargemeinde ist an deren Schulrat zu richten. Dieser entscheidet über die Aufnahme nach Anhören des Schulrates der Wohngemeinde und setzt im Benehmen mit ihm ein allfälliges Schulgeld fest. Dieses entrichtet die Wohngemeinde.
Das Schulgeld haben der gesetzliche Vertreter oder die Pflegeeltern selber zu entrtchten, sofern der Schulbesuch in der Nachbargemeinde aus Gründen erfolgt, die in ihren oder des Kindes persönlichen Verhältnissen liegen."
Grundsätzlich hat demnach die Wohngemeinde das von einer Nachbargemeinde verlangte Schulgeld zu übernehmen. Anders verhält es sich, wenn der Schulbesuch in der Nachbargemeinde aus Gründen erfolgt, die in den persönlichen Verhältnissen der Eltern bzw. Pflegeeltern oder des Kindes liegen. Die Vorschrift lässt verschiedener Auslegung Raum. Sie kann mit Fug in dem Sinn ausgelegt werden, dass die Wohngemeinde das Schulgeld nur zu übernehmen hat, wenn der auswärtige Schulbesuch in sachlichen Umständen begründet ist, so etwa, wenn der Weg zur Schule der Wohngemeinde lang und beschwerlich, jener zur Schule der Nachbargemeinde kurz und bequem ist. Ob die Muttersprache als sachlicher Umstand oder als persönliches Verhältnis zu werten ist, mag hier dahingestellt bleiben. Jedenfalls erscheint die Erklärung der Regierung nicht als willkürlich, im hier zu beurteilenden Fall, da die Kinder des Beschwerdeführers in der Schule der Wohngemeinde zunächst in romanischer und deutscher Sprache unterrichtet worden wären und sich somit keine schwerwiegenden Sprachprobleme ergeben hätten, erfolge der Schulbesuch in den Nachbargemeinden aus "in den persönlichen Verhältnissen" liegenden Gründen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung liegt Willkür nur vor, wenn der Entscheid nicht nur unrichtig, sondern darüber hinaus schlechthin unhaltbar ist, namentlich wenn er einen allgemeinen Rechtsgrundsatz offensichtlich schwer verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 97 I 352 mit Verweisungen). Die Regierung musste zudem bei der Auslegung des Art. 12 VV auch Art. 11 Abs. 2 des Schulgesetzes beachten, wonach der Besuch der Schule in einer Nachbargemeinde nur zu gestatten ist, wenn dadurch "der Schulbesuch wesentlich erleichtert" wird. Nachdem der Schullehrer der Wohnortsgemeinde St. Martin fähig und bereit gewesen
BGE 100 Ia 462 S. 469
wäre, die Kinder des Beschwerdeführers solange in romanischer und deutscher Sprache zu unterrichten, bis sie ausschliesslich dem deutschen Unterricht hätten folgen können, erweist sich die regierungsrätliche Auffassung nicht als geradezu unhaltbar, der Schulbesuch in Lunschania sei nicht dermassen erschwert gewesen, dass sich der auswärtige Schulbesuch zu rechtfertigen vermöchte. Ist dem aber so, durfte die Regierung ohne Willkür erwägen, zu einer Übernahme des Schulgeldes sei die Gemeinde St. Martin nach dem Sinn des Gesetzes nicht verpflichtet. Sie hat das kantonale Recht, soweit es die Bezahlung des Schulgeldes regelt, somit nicht willkürlich ausgelegt, was das Bundesgericht nach der oben angeführten Rechtsprechung allein prüfen kann. Der Beschwerdeführer selber behauptet das im übrigen nicht. Er macht nur im Zusammenhang mit dem Kostgeld Willkür geltend.
4. Hält die Auslegung der kantonalen Vorschriften über die Bezahlung des Schulgeldes vor Art. 4 BV stand, so stellt sich die Frage, ob durch diese Rechtsanwendung die Sprachenfreiheit verletzt wird. Normalerweise schützen die Grundrechte nur gegen Eingriffe des Staates. Sie geben im allgemeinen nicht Anspruch auf positive staatliche Leistungen. Die Beschwerde zielt darauf ab, dass das Gemeinwesen das Schulgeld für den romanischen Unterricht der Kinder Derungs in den Nachbargemeinden zu bezahlen habe. Es wird damit eine positive Leistung des Gemeinwesens verlangt. Ob die Sprachenfreiheit zu den wenigen Grundrechten zu rechnen ist, die Anspruch auf positive Leistungen geben, mag bezweifelt werden, kann aber, wie sich zeigen wird, offen bleiben (vgl. AUBERT, a.a.O. II S. 630 N 1750 ff.).
Die Behauptung des Beschwerdeführers, es sei der Entwicklung seiner Kinder förderlich, wenn sie in den ersten Schuljahren in ihrer Muttersprache unterrichtet werden, leuchtet ein. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass nur eine kleine Minderheit des Schweizervolkes romanisch spricht und die Gefahr besteht, dass der Bereich dieser Sprache noch mehr eingeschränkt wird. Die Erhaltung der romanischen Sprache liegt im schweizerischen Interesse. Der Bund und der Kanton Graubünden bemühen sich darum, die vierte Nationalsprache zu erhalten und zu fördern (vgl. Botschaft des Bundesrates über die Gewährung eines jährlichen Beitrages an die Ligia
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Romontscha/Lia Rumantscha vom 21.12.1973, BBl 1974 Nr. 6 S. 275 ff. und BB über die Unterstützung der Ligia Romontscha/Lia Rumantscha vom 23.9.1974, AS 1974 Nr. 45 S. 1797/8). Wenn ein Kind romanischer Muttersprache schon von den ersten Schuljahren an dem deutschsprachigen Unterricht folgen muss, ist zu erwarten, dass es seine Muttersprache nicht im gleichen Masse bewahrt, wie wenn es in der Schule zunächst in seiner Sprache unterrichtet würde. Es dürfen aber die tatsächlichen Gegebenheiten nicht aus den Augen verloren werden. Da wegen des kleinen Sprachbereichs des Rätoromanischen die Kinder dieser Sprache ohnehin deutsch lernen müssen, ist es aus praktischen Gründen geboten, sie schon früh in deutscher Sprache zu unterrichten (HEGNAUER, a.a.O. S. 265/6; GIERE, a.a.O. S. 81/2). Bekanntlich bestehen in den rätoromanischen Gemeinden vielfach Kleinkinderschulen, in denen ausschliesslich romanisch gesprochen wird. In der Primarschule wird der Unterricht in den ersten Jahren nur in romanischer Sprache erteilt, in der vierten oder fünften Klasse beginnt man mit dem Deutschunterricht und spätestens in der siebten Klasse ist die Unterrichtssprache mit wenigen Ausnahmen ausschliesslich deutsch. Im gemischten deutsch-rätoromanischen Sprachgebiet unterrichtet man zumeist von Anfang an in deutscher Sprache, während das Romanische von der ersten Klasse an als Sprachfach in ein bis zwei Wochenstunden unterrichtet wird (vgl. GIERE, a.a.O. S. 75 ff.; SCHÄPPI, a.a.O. S. 111 ff.). Selbst in romanischen Gemeinden werden die Schüler also zu einem grossen Teil in deutscher Sprache unterrichtet. Man wird nun kaum behaupten können, diese auf die praktischen Bedürfnisse ausgerichtete Ordnung verletze die Sprachenfreiheit. Umso eher muss sich der Vater einer rätoromanischen Familie damit abfinden, dass seine Kinder in der Schule in deutscher Sprache unterrichtet werden, wenn er in einer Gemeinde wohnt, in der die grosse Mehrheit der Bevölkerung deutsch spricht. Vor allem kann dann nicht von einer Verletzung des Grundrechtes gesprochen werden, wenn trotz der deutschen Unterrichtssprache der romanisch sprechende Lehrer fähig und bereit ist, die Kinder solange in romanischer und deutscher Sprache zu unterrichten, bis sie dem Unterricht in deutscher Sprache zu folgen vermögen. Hat der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Sprachenfreiheit also keinen Anspruch darauf, dass seine Kinder in romanischer BGE 100 Ia 462 S. 471
Sprache unterrichtet werden, so kann er unter dem nämlichen Gesichtswinkel auch keinen Anspruch auf Bezahlung des Schulgeldes durch die Gemeinde erheben, wenn er es vorzieht, seine Kinder ausserhalb der Wohngemeinde in eine Schule mit romanischer Unterrichtssprache zu schicken. Eine Verletzung der Sprachenfreiheit ist hier nicht gegeben, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist. Ob der Art. 27 BV Ansprüche gewährleistet, die über die aus der Sprachenfreiheit fliessenden hinausgehen, braucht nach dem Gesagten (Erw. 1b) hier nicht entschieden zu werden.
5. Wenn auch im vorliegenden Fall von Willkür und Verletzung eines Grundrechtes nicht gesprochen werden kann, so ist immerhin zu bedauern, dass die kantonalen Behörden nicht Mittel und Wege gefunden haben, um im Interesse der Erhaltung der romanischen Sprache dem Anliegen des Beschwerdeführers Rechnung zu tragen. Es kann nicht übersehen werden, dass der angefochtene Entscheid sich nur schwerlich mit den in der Schweiz und in Graubünden allgemein unternommenen Bestrebungen zur Wahrung und Förderung der rätoromanischen Sprache vereinbaren lässt (vgl. u.a. BB vom 23.9.1974 über die Unterstützung der Ligia Romontscha/Lia Rumantscha, a.a.O.).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.